Franz Baumann: Unterschied zwischen den Versionen

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==Wirken in der NS-Zeit==
 
==Wirken in der NS-Zeit==
Franz Baumann war in der Zeit von 25. Juni 1937<ref>Beschluss zur Ernennung vom 25.6.1937, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45| StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45]]</ref> bis 9. Mai 1945<ref>Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945 zur Ernennung von Josef Estermann als nachfolgenden Bürgermeister, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141| StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141]]</ref> Bürgermeister der Stadt Wasserburg am Inn. Seiner Ernennung zum Bürgermeister ging keine Wahl voraus, sondern sie erfolgte auf Vorschlag des NSDAP-Kreisleiters Fritz Schwägerl und nach Einverständnis der Aufsichtsbehörden.<ref> [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45| StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45]]</ref>. Baumann gehörte schon 1933 dem Stadtrat Wasserburg an und übte seit 1934 das Amt eines 1. Beigeordneten aus, was dem Stellvertreter des Bürgermeisters entspricht.  
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Franz Baumann war in der Zeit von 25. Juni 1937<ref>Beschluss zur Ernennung vom 25.6.1937, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45| StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45]]</ref> bis 9. Mai 1945<ref>Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945 zur Ernennung von Josef Estermann als nachfolgenden Bürgermeister, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141| StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141]]</ref> Bürgermeister der Stadt Wasserburg am Inn. Seiner Ernennung zum Bürgermeister ging keine Wahl voraus, sondern sie erfolgte auf Vorschlag des NSDAP-Kreisleiters Fritz Schwägerl und nach Einverständnis der Aufsichtsbehörden<ref> [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45| StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45]]</ref>. Baumann gehörte bereits 1933 dem Stadtrat Wasserburg an und übte seit 1934 das Amt eines 1. Beigeordneten aus, was dem Stellvertreter des Bürgermeisters entspricht.  
Nach dem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern am 28. April 1945 unterzeichnete er mit weiteren Wasserburgern den Aufruf zur Nichtverteidigung der Stadt, den er über Lautsprecher am Rathaus bekanntgeben ließ.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Obermayr, Jetzt kommt da Estermann|Obermayr, Jetzt kommt da Estermann]], 112ff.</ref>  
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Nach dem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern am 28. April 1945 unterzeichnete er mit weiteren Wasserburgern den Aufruf zur Nichtverteidigung der Stadt, den er über Lautsprecher am Rathaus bekanntgeben ließ.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Obermayr, Jetzt kommt da Estermann|Obermayr, Jetzt kommt da Estermann]], 112ff.</ref> Die Spruchkammern Wasserburg und Rosenheim werteten dies entlastend als aktiven Widerstand und stuften ihn trotz seiner hohen formellen Belastung im Nachverfahren als „Mitläufer“ ein.<ref> Spruch der Hauptkammer Rosenheim vom 29.04.1949, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3790| StAM, SpkA K3790]].</ref> Mehrere Zeugen bestätigten, er habe sich als Bürgermeister ''gerecht, unparteiisch und stets hilfsbereit''<ref> Ermittlungsbericht der Spruchkammer Wasserburg vom 15.12.1947, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]].</ref> gezeigt. Obwohl er einst als ''eifriger, überzeugter und zum Teil fanatischer Nationalsozialist''<ref> Klage der Spruchkammer Wasserburg vom 15.1.1948, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]].</ref> in Erscheinung getreten sei, habe er sich seit Kriegsbeginn innerlich vom Nationalsozialismus abgewandt. Eine missbräuchliche Amtsausübung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.
Die Spruchkammern Wasserburg und Rosenheim werteten dies entlastend als aktiven Widerstand und stuften ihn trotz seiner hohen formellen Belastung im Nachverfahren als „Mitläufer“ ein.<ref> Spruch der Hauptkammer Rosenheim vom 29.04.1949, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3790| StAM, SpkA K3790]].</ref> Mehrere Zeugen bestätigten, er habe sich als Bürgermeister "gerecht, umparteiisch und stets hilfsbereit"<ref> Ermittlungsbericht der Spruchkammer Wasserburg vom 15.12.1947, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]].</ref> gezeigt. Obwohl er einst als „eifriger, überzeugter und zum Teil fanatischer Nationalsozialist“<ref> Klage der Spruchkammer Wasserburg vom 15.1.1948, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]].</ref> in Erscheinung getreten sei, soll er sich seit Kriegsbeginn innerlich vom Nationalsozialismus abgewandt haben. Eine missbräuchliche Amtsausübung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.
 
  
 
==Die Zeit vor 1933==  
 
==Die Zeit vor 1933==  
Der damals 23jährige Baumann kam im Jahr 1919 nach Wasserburg und wurde Inhaber des Betriebs „Optik-, Uhren- und Goldwaren A. Rauch“. Er trat nachweislich am 1. Juli 1930 der NSDAP und in den Folgejahren mehreren NS-Gliederungen bei. Eine frühere NSDAP-Mitgliedschaft bereits im Jahr 1922 bestritt er ebenso wie eine aktive Rolle beim Aufbau der Wasserburger Ortsgruppe der NSDAP nach 1930.  
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Der damals 23jährige Baumann kam im Jahr 1919 nach Wasserburg und wurde Inhaber des Betriebs ''Optik-, Uhren- und Goldwaren A. Rauch''.<ref> Mitteilung der Lagerspruchkammer Garmisch v. 02.12.1947,[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]]. Er trat nachweislich am 1. Juli 1930 der NSDAP und in den Folgejahren mehreren NS-Gliederungen bei.<ref>Liste Mitglieder NSDAP, Ortsgruppe Wasserburg, 1 [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, NSDAP2466| StAM, NSDAP2466]]. Eine frühere NSDAP-Mitgliedschaft bereits im Jahr 1922 bestritt er ebenso wie eine aktive Rolle beim Aufbau der Wasserburger Ortsgruppe der NSDAP nach 1930.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Obermayr, Jetzt kommt da Estermann|Obermayr, Jetzt kommt da Estermann]], 374ff.</ref>
  
 
==Nach 1945==
 
==Nach 1945==
Der Vater von sechs Kindern musste auf Anordnung der US-Militärregierung die Zeit von Dezember 1945 bis Juni 1947 in verschiedenen Internierungslagern verbringen. Nach Ablauf der einjährigen Bewährungsfrist im Entnazifizierungsverfahren konnte er im April 1949 wieder seinem Beruf als selbständiger Optiker und Uhrmacher in der Wasserburger Bruckgasse nachgehen. Franz Baumann verstarb am 18. April 1963 im alter von 66 Jahren.
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Der Vater von sechs Kindern musste auf Anordnung der US-Militärregierung die Zeit von Dezember 1945 bis Juni 1947 in verschiedenen Internierungslagern verbringen.<ref>Entlassungsschein vom 19.06.1947, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, SpkA K3792| StAM, SpkA K3792]].</ref>  Nach Ablauf der einjährigen Bewährungsfrist im Entnazifizierungsverfahren konnte er im April 1949 wieder seinem Beruf als selbständiger Optiker und Uhrmacher in der Wasserburger Bruckgasse nachgehen. Franz Baumann verstarb am 18. April 1963 im alter von 66 Jahren.

Version vom 23. November 2021, 19:48 Uhr

Franz Baumann, 1930er Jahre

Kurzbiografie Franz Baumann
Autor: Robert Obermayr

Lebensdaten

Franz Baumann, * 1. Dezember 1896 in Berchtesgaden[1], † 18. April 1963 in Haag in Oberbayern[2]

Wirken in der NS-Zeit

Franz Baumann war in der Zeit von 25. Juni 1937[3] bis 9. Mai 1945[4] Bürgermeister der Stadt Wasserburg am Inn. Seiner Ernennung zum Bürgermeister ging keine Wahl voraus, sondern sie erfolgte auf Vorschlag des NSDAP-Kreisleiters Fritz Schwägerl und nach Einverständnis der Aufsichtsbehörden[5]. Baumann gehörte bereits 1933 dem Stadtrat Wasserburg an und übte seit 1934 das Amt eines 1. Beigeordneten aus, was dem Stellvertreter des Bürgermeisters entspricht. Nach dem Aufruf der Freiheitsaktion Bayern am 28. April 1945 unterzeichnete er mit weiteren Wasserburgern den Aufruf zur Nichtverteidigung der Stadt, den er über Lautsprecher am Rathaus bekanntgeben ließ.[6] Die Spruchkammern Wasserburg und Rosenheim werteten dies entlastend als aktiven Widerstand und stuften ihn trotz seiner hohen formellen Belastung im Nachverfahren als „Mitläufer“ ein.[7] Mehrere Zeugen bestätigten, er habe sich als Bürgermeister gerecht, unparteiisch und stets hilfsbereit[8] gezeigt. Obwohl er einst als eifriger, überzeugter und zum Teil fanatischer Nationalsozialist[9] in Erscheinung getreten sei, habe er sich seit Kriegsbeginn innerlich vom Nationalsozialismus abgewandt. Eine missbräuchliche Amtsausübung konnte ihm nicht nachgewiesen werden.

Die Zeit vor 1933

Der damals 23jährige Baumann kam im Jahr 1919 nach Wasserburg und wurde Inhaber des Betriebs Optik-, Uhren- und Goldwaren A. Rauch.Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

Nach 1945

Der Vater von sechs Kindern musste auf Anordnung der US-Militärregierung die Zeit von Dezember 1945 bis Juni 1947 in verschiedenen Internierungslagern verbringen.[10] Nach Ablauf der einjährigen Bewährungsfrist im Entnazifizierungsverfahren konnte er im April 1949 wieder seinem Beruf als selbständiger Optiker und Uhrmacher in der Wasserburger Bruckgasse nachgehen. Franz Baumann verstarb am 18. April 1963 im alter von 66 Jahren.

  1. Meldebogen vom 19.1.1947, StAM, SpkA K3790.
  2. Sterbebild, StadtA Wasserburg a. Inn, V4a1-M2.
  3. Beschluss zur Ernennung vom 25.6.1937, StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45
  4. Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945 zur Ernennung von Josef Estermann als nachfolgenden Bürgermeister, StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141
  5. StadtA Wasserburg a. Inn, Reg.Verz.Teil2-XB45
  6. Obermayr, Jetzt kommt da Estermann, 112ff.
  7. Spruch der Hauptkammer Rosenheim vom 29.04.1949, StAM, SpkA K3790.
  8. Ermittlungsbericht der Spruchkammer Wasserburg vom 15.12.1947, StAM, SpkA K3792.
  9. Klage der Spruchkammer Wasserburg vom 15.1.1948, StAM, SpkA K3792.
  10. Entlassungsschein vom 19.06.1947, StAM, SpkA K3792.