Grabdenkmäler und Gedenksteine (Epigraphik)

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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Autor: Ferdinand Steffan/Redaktion

Grabdenkmäler und Gedenksteine (Epigraphik)

Einführung und Forschungsgeschichte

Grabdenkmal, Nr. 10, Bauer, 1800 an der Pfarrkirche St. Jakob, Nordseite, rechts vom Nordportal.

Die historischen Inschriften auf Grabsteinen gehören zu einer Quellen- und teilweise auch Literaturgattung (lateinische Distichen, barocke Reime), die sich nur noch einem kleinen Kreis erschließen. Die Abfassung der Texte für die Geistlichkeit und das gebildete Bürgertum in Latein, die Verwendung gotischer Minuskeln und Majuskeln sowie von Abkürzungen, der oft schlechte Erhaltungszustand durch Verwitterung und Verwendung als Bodenbelag erschweren eine Beschäftigung mit diesen Objekten, die jedoch wichtige Informationen enthalten. Sofern es sich nicht um Reliefs namhafter Steinmetze und Bildhauer handelt, werden sie achtlos übergangen oder finden nur in Spezialliteratur über regionale Werkstätten eine Behandlung und Beachtung, zumal Epitaphe höherer Geistlicher (Äbte, Pröpste) oder des Hochadels fehlen. Erste Erwähnung von herausragenden Grabdenkmälern in der Pfarrkirche St. Jakob finden sich im Grabsteinbuch des Eckher von Kapfing und Liechteneck (1649-1727), ab 1695 Fürstbischof von Freising, der genealogische Daten gesammelt hat.[1] Seine Tätigkeit als Fürstbischof ließ ihm nur noch wenig Zeit für seine Forschungs- und Sammlertätigkeit, sodass er ab 1713 Johann Michael Wilhelm von Prey zu Straßkirchen (1690 – 1747), den er als Hof- und Kammerrat und Archivar angestellt hatte, die Arbeiten fortführen ließ.[2] Sowohl die Skizzen als auch die Standortangaben bei Eckher von Kapfing (Johann Franz) sind recht ungenau. Eine Vollständigkeit des Denkmälerbestandes war offensichtlich nicht angestrebt.

Am Ende des 18./Beginn des 19. Jahrhunderts hat Johann Nepomuk Felix Reichsgraf Zech von Lobming auf Neuhofen, kurfürstlicher Kämmerer und Geheimer Rat sowie letzter Vicedom des Rentamtes Straubing (1746 - 1814) eine umfangreiche Dokumentation zu den Grabmälern in Wasserburg angefertigt.[3] Sie umfasst die Pfarrkirche, den Friedhof um die Pfarrkirche, das Hl. Geist-Spital, die Frauenkirche, die Michaelskirche, die Gruftkirche, die Gottesacker-Kirche am Friedhof Im Hag, die Burgkapelle St. Ägidius, das kurfürstliche Schloss und drei Privatkapellen. Dabei hat Zech v. Lobming nicht nur Grabdenkmäler erfasst, sondern auch Fenster mit Wappen, Fresken und Inschriften an Altären. Neben einer fortlaufenden Nummerierung gibt er den jeweiligen Standort und die entsprechenden Maße an und fügt eine recht detailgenaue Zeichnung mit Inschrift bei. Jedes Blatt ist gesiegelt und mit der Bemerkung versehen Das[s] gegenwärtige Abzeichnung ihrem Originali in allem durchgehend und vollkom̅en gleichförmig seye, bezeugen Nepom. Felix Reichsgraf etc., gefolgt von der Unterschrift. Die Blattgröße beträgt 37 x 24 cm. Graf Zech von Lobming war 1793 zum Vicedom von Staubing berufen worden. Am 25.6.1799 wurden alle Vicedominate aufgelöst und somit der Graf in den Ruhestand versetzt. Da er sich auf den Blättern als letzten Vicedom von Straubing bezeichnet, dürften sie also erst ab Mitte 1799 angefertigt worden sein. Eine präzise Datumsangabe auf den Blättern fehlt, von denen er einige wohl auch farbig ausgeführt hat.[4]

Beispiel aus der Dokumentation Lobming, hier: Grabdenkmal, Nr. 104, von Cilla, 1687.

Im Zuge der Umbau- und Renovierungsmaßnahmen von St. Jakob 1826 ff. und 1860 ff. haben Stadtschreiber Joseph Heiserer[5] und später Eduard Wimmer[6] Inschriften festgehalten, vornehmlich von Grabsteinen, die versetzt oder zu Treppenstufen verarbeitet wurden. Die Abschriften sind ungenau, Personen- und technische Daten fehlen, sodass diese Angaben kaum verwertbar sind.

Der Wasserburger Zuckerbäcker und spätere Zeichenlehrer an der seit 1818 bestehenden Zeichenschule Joseph Springer (* 4.3.1812 in Wasserburg, † 21.8.1870 in Wasserburg) hat um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine umfangreiche Sammlung kolorierter Tuschezeichnungen[7] von Grabmälern hinterlassen, die vor allem die damals teilweise noch farbige Gestaltung der Denkmäler wiedergeben.

Beispiel aus der Dokumentation Springer, hier: Grabdenkmal, Nr. 36, Altershamer, 1614.

Die knapp 60 Blätter lassen sich gut mit den Skizzen des Zech v. Lobming[8] und den späteren detailgetreuen Zeichnungen von August Geigenberger[9] vergleichen und liefern Details, die heute nicht mehr vorhanden sind. Spätere Bearbeiter haben teilweise Blätter entnommen und in ihre Arbeiten eingefügt, etwa M. J. Lehner-Burgstall.[10]

Die Bestandsaufnahme der Kunstdenkmäler des Königreiches Bayern[11] gibt eine große Anzahl von Grabdenkmälern, vor allem in und an St. Jakob wieder, doch reichen die Angaben von der bloßen Namensnennung samt Todesjahr über Namensangabe, Todesdatum, Wappen, Materialangabe und Maße bis hin zu vollständigen Textwiedergaben, ausführlichen Darstellungen und kunstgeschichtlichen Einordnungen. Eine Vollständigkeit wurde nicht angestrebt, die Objekte des 19. Jahrhunderts sind vom Ansatz der Bestandsaufnahme gänzlich ausgeklammert. Angaben zu den Grabmälern in der Frauenkirche, im Hl. Geist Spital und in der Michaels- und Gruftkirche fehlen völlig, diejenigen zum Friedhof im Hag sind lückenhaft. Diese Auflistung ist eine gute Basisdokumentation, die später in Auszügen und auf wenige Beispiele reduziert in das Standardwerk Dehio übernommen wurde.[12] Vornehmlich sind es die großen spätgotischen Epitaphe mit ihren Wappendarstellungen und geharnischten Personen, die in den Reise- und Kunstführern zur Stadt und ihrem Umland Erwähnung finden.

Um 1913 hat schließlich der Archivar M. J. Lehner-Burgstall, der sich für das Vorhaben wohl längere Zeit in Wasserburg aufgehalten haben muss, den Versuch unternommen alphabetisch geordnet ein handschriftliches Verzeichnis sämtlicher Grabinschriften in der Stadt zu erstellen.[13] Dabei hat Lehner-Burgstall auch auf die genealogischen Angaben zurückgegriffen, die Ernest Geiß[14] und Georg Ferchl[15]zu den Beamten und Amtsinhabern der Pfleggerichte erarbeitet hatten, und diese in sein Mansukript eingearbeitet. Damit erhielten erstmals die in den Inschriften genannten Personen eine Biographie und Verbindung zur Geschichte der Stadt. Die Textwiedergaben sind jedoch nicht zeilenkonform und verzichten häufig auf die Abkürzungen. Spätere Heimatforscher haben die Angaben von Lehner-Burgstall handschriftlich ergänzt und korrigiert sowie frühe Fotos beigefügt.

Einen breiten Raum bei seiner Geschichte der Pfarrkirche St. Jakob[16] widmet Stadtarchivar und Studienprofessor Kaspar Brunhuber den Grabdenkmälern im Innern und an den Außenwänden der Kirche. Dabei kommt es ihm aber weniger auf die Texte und ihre Wiedergabe an als vielmehr auf die Stellung und Bedeutung der Personen innerhalb der Stadtgeschichte. Für seine Illustrationen kann er auf die hervorragenden Zeichnungen von Mitgliedern der Familie Geigenberger[17] zurückgreifen, die vom Hist. Verein teilweise als Postkarten herausgegeben wurden.

Im Rahmen der bei Kapiteljahrtagen des Dekanatsklerus früher üblichen Vorträge hat Josef Höckmayr, Oberpfarrer i. R. von Gabersee, 1945 ein Maschinenskript über Die Friedhöfe und Grabdenkmäler in Wasserburg a/Inn[18] vorgelegt, wobei er sich im Wesentlichen auf die Vorarbeit von Lehner-Burgstall stützt. Ergänzend bringt er kurze Angaben zu den Friedhöfen.

Da in der Regel die lateinischen Inschriften aus Unkenntnis der Sprache übergangen werden, hat die Fachschaft Latein am Luitpold-Gymnasium im Rahmen von Facharbeiten im Leistungskurs Latein 1976/78 die Aufgabe vergeben, die lateinischen Inschriften zu bearbeiten.[19] Neben den üblichen Daten zu Material, Standort und Größe sollte eine buchstabengetreue Abschrift, eine fotographische Dokumentation, eine Transkription mit den aufgelösten Abkürzungen und eine entsprechende Übersetzung erarbeitet werden. Die Aufgabenstellung fand bei den Kursteilnehmern so guten Anklang, dass im Laufe der nächsten Jahre die lateinischen Inschriften des gesamten Altlandkreises und der angrenzenden Gebiete inventarisiert wurden. Die vollständige Dokumentation wurde der Inschriftenkommission der Bayer. Akademie der Wissenschaften übergeben und liegt in Kopie beim Verfasser, der die meisten Inventarisationen als Lehrer begleitet hat. Unberücksichtigt waren durch diese Aufgabenstellung die zahlreichen deutschen Inschriften geblieben.

Ein der Bau- und Ausstattungsgeschichte von St. Jakob gewidmeter Band der Heimat am Inn befasste sich ausschließlich mit der spätgotischen Grabplastik in der Stadt, wobei der Verfasser auch die Arbeiten von Eckher und Lobming erstmals berücksichtigen konnte.[20] Der eng gesteckte zeitliche Rahmen von 1400 – 1513 umfasst 27 Grabmäler, von denen jedoch nur noch 14 vorhanden sind. Diese Zahlen belegen einen Verlust von ca. der Hälfte des einstigen Bestandes, wobei zu bedenken ist, dass Eckher und Lobming sicher nicht alle Grabmäler dokumentiert hatten. Inwieweit diese Verlustquote auch auf die Denkmäler des 16. bis 19. Jahrhunderts übertragbar ist, muss eine Auswertung am Ende der Inventarisation ergeben.[21]

Nachdem ein Versuch, den gesamten Inschriftenbestand in Wasserburg in Bild und Text zu erfassen, auf Grund technischer Schwierigkeiten zunächst nur die Epitaphe an den Außenwänden von St. Jakob dokumentieren konnte, war es mit Hilfe der modernen Datenverarbeitung nun möglich, endlich ein vollständiges Inventar zu erarbeiten, in das die Vorarbeiten einbezogen wurden. Als Handreichung für die Stadtführer hatte zwischenzeitlich Fritz Pröls auf mehreren Leporello die Standorte der Grabmäler, Daten zu den Verstorbenen, Querbezüge zu Porträts und teilweise die Inschriften zusammengestellt.[22]

Das vorliegende Inventar versucht die bisherigen Daten in Wort und Bild zusammenzuführen und die aktuellen Standorte zu berücksichtigen, nachdem jede Renovierungsmaßnahme Versetzungen von Grabmälern mit sich gebracht hatte.


Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Steffan, Grabdenkmäler und Gedenksteine (Epigraphik), publiziert am 10.07.2020 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Grabdenkm%C3%A4ler_und_Gedenksteine_(Epigraphik) (19.04.2024)
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  1. Franz, Grabsteine in Bayern, 1./ Franz, Grabsteine in Bayern, 2./ Franz, Grabsteine in Bayern, 3./ Franz, Grabsteine in Bayern, 4. Z.B. die Beschreibung/Zeichnung der spätgotischen Sepulkralplastik des Michael Egkstetter, in: Franz, Grabsteine in Bayern, 1, fol. 51. URL: http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00010325/image_55 (29.5.2019).
  2. Prey, Genealogie des bayrischen Adels.
  3. Lobming, Epitaphien Pfarrkirche S. Jacobi.
  4. Anmerkung der Redaktion: Dem Verfasser lagen s/w Kopien des Originals vor, die ihm zur Auswertung zur Verfügung gestellt worden sind. Eine Einsicht in das Original erfolgte nicht.
  5. StadtA Wasserburg a. Inn, I1b597./ StadtA Wasserburg a. Inn, I1b780.
  6. StadtA Wasserburg a. Inn, I1b611.
  7. StadtA Wasserburg a. Inn, VI1943.
  8. Lobming, Epitaphien Pfarrkirche S. Jacobi.
  9. Enthalten in: StadtA Wasserburg a. Inn, VI5779.
  10. Lehner, Wasserburger Grabsteinbuch.
  11. Bezold, Bezirksämter Traunstein und Wasserburg.
  12. Dehio, Kunstdenkmäler Oberbayern.
  13. Lehner, Wasserburger Grabsteinbuch.
  14. Geiß, Verwaltungs-Beamte Altbayerns.
  15. Ferchl, Behörden und Beamte 1./ Ferchl, Behörden und Beamte 2.
  16. Brunhuber, Zur Geschichte St.Jakobs.
  17. Einge Zeichnungen sind mit dem Signum von August Geigenberger (1875-1909) und den Jahreszahlen 1894 bzw. 1898 signiert. Andere tragen nur die Jahreszahl 1875 und könnten Simon Geigenberger d.Ä. (1808 - 1880), Heinrich Geigenberger (1844 – 1913) oder Simon Geigenberger d.J. (1846 - 1885) zugeschrieben werden. Sie befinden sich in StadtA Wasserburg a. Inn, VI5779.
  18. Höckmayr, Friedhöfe und Grabdenkmäler.
  19. Maier, Lateinische Grabinschriften.
  20. Steffan, Spätgotische Sepulkralplastik zu St. Jakob.
  21. Verfasserangabe. Der Nachtrag erfolgt mit Abschluss der Bearbeitung für dieses Lexikon.
  22. Mittlerweile von Herrn Pröls an das Stadtarchiv abgegeben und dort zugänglich, StadtA Wasserburg a. Inn, VI5680.