Josef Estermann: Unterschied zwischen den Versionen

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Josef Estermann * 28.12.1898 in Wasserburg am Inn, † 8.11.1982 in Wasserburg am Inn (...).
 
Josef Estermann * 28.12.1898 in Wasserburg am Inn, † 8.11.1982 in Wasserburg am Inn (...).
  
==Kaiserzeit: "freie Kindheit", Landsturmpflicht und Revolution==
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==Kaiserzeit: Kindheit, Krieg und Revolution==
  
 
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'''Von der Wanderschaft zur Landsturmpflicht'''<br>
 
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Noch nicht volljährig, begab sich Josef Estermann auf Wanderschaft und heuerte in Hamburg auf einem Schiff an, wohl auch, um sich ''dem Barras'', also dem Dienst an der Waffe im mittlerweile entbrannten Ersten Weltkrieg, zu entziehen. Er soll auf See bis nach Schweden gekommen sein, wurde aber im Dezember 1916 in Hamburg „vom Schiff runter“ <ref>Tonband-Interview von Hans Klinger mit Josef Estermann vom 17.6.1975, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082|StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082]].</ref> geholt und als Landsturmpflichtiger in das Infanterieregiment 76 eingezogen.  
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Noch nicht volljährig, begab sich Josef Estermann auf Wanderschaft und heuerte in Hamburg auf einem Schiff an, wohl auch, um sich ''dem Barras'', also dem Dienst an der Waffe im mittlerweile entbrannten Ersten Weltkrieg, zu entziehen. Er soll auf See bis nach Schweden gekommen sein, wurde aber im Dezember 1916 in Hamburg ''vom Schiff runter'' <ref>Tonband-Interview von Hans Klinger mit Josef Estermann vom 17.6.1975, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082|StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082]].</ref> geholt und als Landsturmpflichtiger in das Infanterieregiment 76 eingezogen.  
 
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Nach einer Verwundung an der Westfront in Flandern und einem Lazarettaufenthalt in Witten im Ruhrgebiet, wo er seine spätere Frau, die Lazaretthelferin Johanna Kirsten, kennenlernte, versetzte man ihn zum 7. Bayerischen Feldartillerie-Regiment. Dort diente er bis Kriegsende und soll dabei das Eiserne Kreuz erhalten haben, da er einem Offizier das Leben rettete.
 
 
Nach dem Schulbesuch arbeitete Josef Estermann in der Landwirtschaft und war immer wieder von Arbeitslosigkeit betroffen, bis er 1916 zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Während eines Lazarettaufenthalts lernte er die aus Witten an der Ruhr stammende Krankenhelferin Johanna Kirsten kennen, die er am 27.11.1923 in Wasserburg heiratete. 1924 und 1927 wurden seine beiden Söhne geboren.  
 
  
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'''Räterepublik München'''<br>
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Im Frühjahr 1919 landete er nach den Kriegswirren im vom revolutionären Umsturz erfassten München und schloss sich zur Verteidigung der Münchner Räterepublik der sogenannten Roten Armee an. Nachdem die Stadt von Truppen der Reichswehr und Freikorpsverbänden eingenommen wurde, geriet auch Estermann in Gefangenschaft. Seinen Schilderungen zufolge wäre er fast ein Opfer der Erschießungen geworden, die Anfang Mai 1919 nach Niederschlagung der Räterepublik im Gefängnis Stadelheim stattfanden. In einem Interview beschreibt er, wie er dem Tod nur knapp entkam, da ihn der befehligende Offizier als seinen früheren Regimentsangehörigen und tüchtigen Soldaten wiedererkannte:
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''Des [Erschießungs-)Kommando is hervorn g‘standen, ungefähr 9 oder 10 Mann, die haben ihr Gewehr schon geladen gehabt. Und dann geht der Offizier nochmal unsre Front ab, schaut uns allesamt an und dann geht er zu mir und sagt er: „Ja, Estermann“, sagt er, „was machst denn du da?“ Des war mein Kompanieführer, […] der Oberleutnant Metzger. […] Dann sagt er, „Geh einmal raus. Den Mann kenn ich ja gut“, sagt er, „des is ja a guter Soldat gwesen“ […]. Und ich bin dann wieder reinkommen, die andren sind umgelegt worden.''
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Estermann erhielt dann einen Passierschein ausgestellt, mit dem er unversehrt nach Hause zurückkehren konnte.<ref>Ausweis der Stadtkommandantur München vom 1.5.1919, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI4041|StadtA Wasserburg a. Inn, VI4041]].</ref>
  
 
==Amtszeit als Erster Bürgermeister der Stadt Wasserburg a. Inn==
 
==Amtszeit als Erster Bürgermeister der Stadt Wasserburg a. Inn==
10.05.1945 bis 03.10.1945. Josef Estermann wurde am 10. Mai von der US-Militärregierung zum Bürgermeister ernannt.<ref>Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945,[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141|StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141]].</ref>
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10.05.1945 bis 03.10.1945. Josef Estermann wurde am 10. Mai von der US-Militärregierung zum Bürgermeister ernannt.<ref>Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945,[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141|StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141]].</ref>Ausweis der Stadtkommandantur München vom 1.05.1919,
  
 
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Version vom 7. Januar 2022, 17:58 Uhr

Autor: Robert Obermayr

Biografie Josef Estermann
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Einführung

Josef Estermann war der erste von der US-Militärverwaltung eingesetzte Bürgermeister der Stadt Wasserburg am Inn nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und zudem für fast ein Jahr Landrat des Landkreises Wasserburg. In den 1920er Jahren leitete in die Ortsgruppe der kommunistischen Partei und führte in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs die Wasserburger Freiheitsaktion an. Estermann war in der Stadt als Geschäftsmann bekannt und galt als Wasserburger Original. Sein in verschiedenen Quellen gut dokumentierter Lebenslauf spiegelt das 20. Jahrhundert mit seinen Hoffnungen, Wirrungen und Katastrophen wider.

Lebensdaten

Josef Estermann * 28.12.1898 in Wasserburg am Inn, † 8.11.1982 in Wasserburg am Inn (...).

Kaiserzeit: Kindheit, Krieg und Revolution

Kindheit und Jugend in Wasserburg
Josef Estermann stammt aus einfachen Verhältnissen und einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus.[1]. Sein Vater war der Forstarbeiter Georg Estermann, verheiratet mit Sofie Estermann, geborene Peintinger. Während beide Eltern die meiste Zeit im Wald[2] arbeiteten,erlebten Josef und seine zwei Brüder eine freie Kindheit im sogenannten Hering-Haus in der Wasserburger Neustraße. Nach Ende der Volksschulzeit, Estermann spricht von täglichen Prügeln durch den Lehrer, schickte ihn der Vater zur Arbeit in die Landwirtschaft. Die harten Arbeitsbedingungen, den Tag a 14 Stund g’arbat, […] koan Urlaub ned und d‘Woch a Mark [3] dürften seine politische Einstellung mit geprägt haben.

Von der Wanderschaft zur Landsturmpflicht
Noch nicht volljährig, begab sich Josef Estermann auf Wanderschaft und heuerte in Hamburg auf einem Schiff an, wohl auch, um sich dem Barras, also dem Dienst an der Waffe im mittlerweile entbrannten Ersten Weltkrieg, zu entziehen. Er soll auf See bis nach Schweden gekommen sein, wurde aber im Dezember 1916 in Hamburg vom Schiff runter [4] geholt und als Landsturmpflichtiger in das Infanterieregiment 76 eingezogen. Nach einer Verwundung an der Westfront in Flandern und einem Lazarettaufenthalt in Witten im Ruhrgebiet, wo er seine spätere Frau, die Lazaretthelferin Johanna Kirsten, kennenlernte, versetzte man ihn zum 7. Bayerischen Feldartillerie-Regiment. Dort diente er bis Kriegsende und soll dabei das Eiserne Kreuz erhalten haben, da er einem Offizier das Leben rettete.

Räterepublik München
Im Frühjahr 1919 landete er nach den Kriegswirren im vom revolutionären Umsturz erfassten München und schloss sich zur Verteidigung der Münchner Räterepublik der sogenannten Roten Armee an. Nachdem die Stadt von Truppen der Reichswehr und Freikorpsverbänden eingenommen wurde, geriet auch Estermann in Gefangenschaft. Seinen Schilderungen zufolge wäre er fast ein Opfer der Erschießungen geworden, die Anfang Mai 1919 nach Niederschlagung der Räterepublik im Gefängnis Stadelheim stattfanden. In einem Interview beschreibt er, wie er dem Tod nur knapp entkam, da ihn der befehligende Offizier als seinen früheren Regimentsangehörigen und tüchtigen Soldaten wiedererkannte: Des [Erschießungs-)Kommando is hervorn g‘standen, ungefähr 9 oder 10 Mann, die haben ihr Gewehr schon geladen gehabt. Und dann geht der Offizier nochmal unsre Front ab, schaut uns allesamt an und dann geht er zu mir und sagt er: „Ja, Estermann“, sagt er, „was machst denn du da?“ Des war mein Kompanieführer, […] der Oberleutnant Metzger. […] Dann sagt er, „Geh einmal raus. Den Mann kenn ich ja gut“, sagt er, „des is ja a guter Soldat gwesen“ […]. Und ich bin dann wieder reinkommen, die andren sind umgelegt worden. Estermann erhielt dann einen Passierschein ausgestellt, mit dem er unversehrt nach Hause zurückkehren konnte.[5]

Amtszeit als Erster Bürgermeister der Stadt Wasserburg a. Inn

10.05.1945 bis 03.10.1945. Josef Estermann wurde am 10. Mai von der US-Militärregierung zum Bürgermeister ernannt.[6]Ausweis der Stadtkommandantur München vom 1.05.1919,

Daten/???




Empfohlene Zitierweise:

Robert Obermayr, Josef Estermann, publiziert am 07.01.2022 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Josef_Estermann (29.03.2024)
Creative Commons Lizenzvertrag. Lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.

  1. Tonband-Interview von Hans Klinger mit Josef Estermann vom 17.6.1975, StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082.
  2. Aufzeichnungen Josef Estermann, Heft 1, 1, StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141.
  3. Tonband-Interview von Hans Klinger mit Josef Estermann vom 17.6.1975, StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082.
  4. Tonband-Interview von Hans Klinger mit Josef Estermann vom 17.6.1975, StadtA Wasserburg a. Inn, VIT-082.
  5. Ausweis der Stadtkommandantur München vom 1.5.1919, StadtA Wasserburg a. Inn, VI4041.
  6. Befehl der US-Militärregierung vom 10.5.1945,StadtA Wasserburg a. Inn, VI1141.