Ludwig Weninger

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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Autor: Franziska Honer

Biografie Ludwig Weninger [1]

Lebensdaten

Ludwig Josef Weninger * 2.7.1904 Gunzenhausen in Mittelfranken, † 12.4.1945 Gaibach in Mainfranken

Ludwig Weninger: Selbstporträt, 1920er Jahre

Lebenslauf

Kindheit und Jugend

Ludwig Weninger wurde als erstes von drei Kindern des Freisinger Studienprofessors Ludwig Weninger und seiner Frau Hildegard Weninger geboren. Hildegard Weninger, eine geborene Kanzler, stammte aus Wasserburg und war über ihre Mutter mit der Familie Stechl verwandt.[2] Die Verbindung in die ehemalige Heimat war stark und man kann annehmen, dass der spätere Künstler schon als Kind häufiger in Wasserburg gewesen sein dürfte. Seine Jugend verbrachte Ludwig Weninger in Franken, wo der Vater eine Anstellung hatte. Nach dem Abschluss an der Oberrealschule in Würzburg schrieb er sich 1923 für ein Studium der Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte in München ein. Dieses brach er aber schon bald darauf wieder ab, um sich der bildenden Kunst zuzuwenden.

Studium an der Schule für Bildende Kunst, Hans Hofmann

Schon als Jugendlicher begeisterte sich Ludwig Weninger für Kunst und seine Zeichnungen und Bilder aus den späten 1910er und frühen 1920er Jahren zeigen sein noch ungeschultes Talent. Für seine Ausbildung zum Künstler entschied sich Weninger für die "Schule für bildende Kunst, Hans Hofmann", die in einem Gartenhaus in der Georgenstraße 40 in München (Stadtteil Schwabing/Maxvorstadt) logierte.

Die Hans Hofmann Schule wurde von ihrem Namensgeber 1915 als eine der ersten Schulen für moderne Kunst in München gegründet. Hans Hofmann (1880-1966) experimentierte mit verschiedenen modernen Kunststilen, wie Fauvismus, Kubismus sowie Expressionismus und unterrichtete diese auch bis 1932 in Deutschland. Danach verlegte er aufgrund von Anfeindungen durch die Nationalsozialisten seine Lehrtätigkeit in die USA, wo er an der Entwicklung des Abstrakten Expressionismus mitwirkte. Die Münchner Schule wurde 1934 geschlossen.[3]

Ludwig Weninger war bis 1927 ein Schüler der Hans Hofmannschule und setzte sich in dieser Zeit intensiv mit denen von Hans Hofmann gelehrten Kunststilen auseinander. Dafür besuchte er an den Vormittagen und an den Abenden die Aktsitzungen, nachmittags das Portraitzeichnen und Malklassen. Aus dieser Lehrzeit sind noch zahlreiche Kohleskizzen erhalten, die Ersten noch zögerlich mit Anmerkungen und Verbesserungen. Der junge Künstler entwickelte sich aber rasch weiter und bald entstanden mit nur wenigen kräftigen und zielsicheren Strichen Gesichter, Körper und auch Räume auf dem Papier.[4] Weningers Schaffen wurde von Hans Hofmann sehr geschätzt, wie das Angebot einer Lehrtätigkeit an der Münchner Schule von 1933 zeigt.

Bühnenbildner, freischaffender Maler und Umzug nach Wasserburg

Nach seiner Zeit in München verdingte Ludwig Weninger sich als Bühnenbildner unteranderem an der Bayerischen Landesbühne in München. Am Theater begegnete er dem erfolgreichen Illustrator, Graphiker und Bühnenbildner Emil Preetorius (1883-1973), der ihn in seine Klasse an der Staatsschule für angewandte Kunst in München aufnahm.

Herr Ludwig Weninger war 4 Semester in meiner Klasse für Theaterknust tätig. Er hat sich durch seinen Ideenreichtum, sein Verständnis für theatralische Probleme und insbesonde durch seine Begabung dramatische Situationen durch mannigfache szenische Gestaltungen anschaulich zu machen, stets ausgezeichnet. Ich bin überzeugt, daß der begabte junge Mann sich vor den kommenden praktischen Aufgaben auf's beste bewähren und darzu sich weiter entwickeln wird. Ich gebe ihm alle guten Wünsche mit auf den Weg.[5]

Während seiner Zeit am Theater entwickelte Weninger auch seinen eigenen charakteristischen Malstil: als Motive wählt er seine direkte Umgebung und so entstanden zahlreiche Aquarelle, die Landschaften und Industrie zeigen sowie Stillleben und Porträts in Öl oder als Kohleskizzen. An der Motivwahl zeigt sich, dass der Künstler sich auch stark von Neuen Sachlichkeit, der vorherrschenden Kunstrichtung während der Weimarer Republik, beeinflussen ließ. Die ersten Erfolge als Künstler stellten sich bei einem längeren Aufenthalt in Hof (Saale) ein, wo Weninger seine Werke beim dortigen Kunstverein ausstellte und positive Kritiken dafür erntete:

Ludwig Weninger stellt aus. Ein junger Hofer Maler [sic!], Ludwig Weninger, bringt in diesen Tagen in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins im städtischen Museum eine Ausstellung seiner Bilder. Weninger zeigt vorwiegend Aquarelle, Bilder, die in den letzten Monaten entstanden sind und meistens Landschaften aus der nähren und weiteren Umgebung zum Vorwurf haben. Der Maler besitzt ein eigenartiges und bemerkenswertes Talent in der der Erfassung des Gesichts einer Landschaft; was er malt, ist aus einem kräftigen und entschiedenen Zupacken gegenüber dem gemalten Gegenstand entstanden, keine Photographie, sondern ein entschiedener Versuch eigener Gestaltung. Mag sein, daß dieser Versuch zuweilen noch etwas robust ausfällt, - es wirkt sich das in einer gewissen Eintönigkeit der Farben aus -, so ist doch eine lebendige Erfassung der Wirklichkeit für einen Künstler von größerer Bedeutung als die behende Routine im Auftrag der Farben. Es gelingt Weninger in manchen seiner Landschaften ein ganz lockerer, perspektivisch zwingender Einblick, der dem Betrachter Freude macht und ihn veranlaßt, anderen den Besuch dieser Ausstellung zu empfehlen. Weninger war längere Zeit an der Bayerischen Landesbühen in München tätig. Er wird auch einige Ölbilder und dekorative Entwürfe zeigen.[6]


Seit dem Erstarken der Nationalsozialisten ist Weninger in der Öffentlichkeit kaum noch zu finden, die neue Politik lehnte den Expressionismus, die Neue Sachlichkeit und den Kubismus als entartete Kunst ab. Der Künstler zog gemeinsam mit seinen Eltern nach Wasserburg a. Inn, wo er als Kunstmaler aktiv blieb und es entstanden zahlreiche Landschaftsbilder sowie Ansichten seiner neuen Heimatstadt. Die Bilder und Skizzen zeigen Weningers großartiges Spiel mit dem Kubismus und dem Expressionismus. So werden manche Innstadthäuser zu einfachen Würfeln, die Burg verliert ihre Zinnen, Häuser wechseln ihre Farbe und einige Gebäude tauchen gar nicht auf. Trotzdem schafft es der Künstler, dass die Stadt auf einen Blick zu erkennen ist.

In Kroatien mit Anka Kricmanić

1934 unternahm er eine Reise nach Kroatien. In Dubrovnik lernte er die Künstlerin Anka Krizmanić (1896-1987) kennen und es entwickelte sich eine intensive Liebesbeziehung zwischen den beiden. Briefe von Krizmanić an Weninger haben sich erhalten und geben Einblick in diese private Zeit. In den folgenden Jahren hielt sich der ehemalige Bühnenbildner oft monatelang in Kroatien bei seiner Geliebten auf. Es scheint, als versuchte er dem nationalsozialistischen Deutschland zu entfliehen. Während seiner Aufenthalte im Süden entstand ein ganz eigener Bilderkomplex. Als Künstler blieb sich Weninger was Motivwahl und Stil betrifft treu, aber die südländische Architektur und Natur geben den Bildern einen einzigartigen Charme, der durch die teilweise intensive und leuchtende Farbgebung unterstützt wird. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges endete die Beziehung abrupt.

Zweiter Weltkrieg

Wie viele junge Männer wurde Ludwig Weninger 1939 zur Wehrmacht eingezogen und er diente als Funker und Berichterstatter bei der Luftwaffe. Es folgten drei Einsätze in Russland, bei denen er für die Dokumentation zuständig war. In den späten Kriegsjahren verlieren sich die Spuren des Künstlers, er taucht erst im April 1945 in Gaibach wieder auf. Dort versteckte er sich in einer Scheune vor feindlichen Soldaten. In der Dämmerung unternahm er einen Fluchtversuch, wurde aber von einem wachestehenden GI entdeckt und erschossen. Ludwig Weninger fällt am 12. April 1945, drei Wochen vor Kriegsende.[7]

Künstlerisches Nachlass

Die Familie von Ludwig Weninger wurde in den 1930er und 40er Jahren schwer gezeichnet: der Vater verstarb 1939 und zwei Söhne, Ludwig und der mittlere Bruder Rudolf, fielen im 2. Weltkrieg. Die Mutter erlag 1947 einem schweren Leiden.[8] Damit war das letzte verbleibende Kind, Hermann Weninger, für den gesamten Nachlass der Familie in Wasserburg zuständig. Ihn zog es aber aus beruflichen Gründen erst nach München und später nach Hamburg. Sein Erbe, das auch das fast vollständige künstlerische Vermächtnis seines ältesten Bruders umfasste, wurde bei der entfernt verwandten Familie Stechel in der Salzsenderzeile 4 eingelagert und geriet bald in vergessenheit. Erst 1994 bei Renovierungsarbeiten im Haus wurde der verschlossene Holzverschlag auf dem Dachboden geöffnet und man entdeckte den dort verborgenen Schatz. Der Großteil der Sammlung wurde in Privatbesitz verkauft, nur wenige Bilder befinden sich in öffentlicher Hand und sind heute in der Sammlung Wasserburg aus fünf Jahrhunderten ausgestellt.


Empfohlene Zitierweise:
Franziska Honer, Ludwig Weninger, publiziert am 21.01.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Ludwig_Weninger (28.03.2024)


  1. Diese Biografie wurde auf der Grundlage von Forschungsarbeiten für die Sonderausstellung ‚Wasserburger Maler der Vergangenheit: Ludwig Weninger‘ (17. Oktober 2018 bis 6. Januar 2019 im Museum Wasserburg) erstellt. Es gibt allerdings noch viele Lücken im Lebenslauf, da sich viele persönliche Dokumente des Künstlers in Privatbesitz befinden und noch nicht ausgewertet werden konnten.
  2. Hildegard Weninger war die Tochter von Johann B. und Kreszentia Kanzler, geborene Stechl. Meldekarte Ludwig Josef Weninger StadtA Wasserburg a. Inn, II945-28505.
  3. Vgl. Tina Dickey, Hans Hofmann Schule für Bildende Kunst, publiziert am 11.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Hans Hofmann Schule für Bildende Kunst> (18.12.2018).
  4. Über Ludwig Weningers Zeit in München ist bisher nur wenig bekannt. Einen Einblick über die Abläufe und das künstlerische Schaffen an der Hans Hofmann Schule gibt die Publikation von Peter Ruthenberg. Peter Ruthenberg (Hrsg.), Vergessene Bilder. Alf Bayrle, Arnold Fiedler, Heinrich Fischer, Elsa-Bertha Fischer-Ginsburg, Carl Heidenreich, Marianne Herberg, Waldtraut Niepmann, Ludwig Weninger. 8 Studenten der "Schule für Bildende Kunst, Hans Hofmann, München" (1915 - 1932), 1986.
  5. Zeugnis von Emil Preetorius zu Ludwig Weningers Leistungen an der Staatsschule für angewandte Kunst/München vom 14. Juli 1931. Kopie im StadtA Wasserburg a. Inn, VI2419.
  6. Hofer Anzeiger vom 16. November 1929.
  7. Die Stelle, wo Weninger den Tod fand, kennzeichnete seine Familie mit einem steinernen Kreuz. Sein Grab auf dem Friedhof von Gaibach ist heute noch erhalten.
  8. Siehe Sterbebild Hildegard Weninger. StadtA Wasserburg a. Inn, Sterbebildslg-003.