Museum
Autor: Gerald Dobler
Museum Wasserburg (Herrengasse 15, 17)
Einführung
Das Museum Wasserburg ist in zwei benachbarten Wasserburger Patrizierhäusern untergebracht, wobei das Haus Herrengasse 15 vollständig, das Haus Herrengasse 17 nur in den Obergeschossen durch das Museum genutzt wird. Die beiden Häuser erstrecken sie sich von der Herrengasse in nordwestlicher Richtung bis zur Färbergasse. Die Bezeichnung Herrengasse, die den Wohnsitz von Ratsherren und wohlhabenden Kaufleuten bezeichnet, ist erstmals Anfang des 17. Jahrhunderts greifbar. Die Färbergasse hieß im 15. Jahrhundert vergessene Zeil, vor 1813 bürgerten sich die Bezeichnungen Färbergasse und vor 1833 verlorene Zeil ein.[1] Die allgemeine ursprüngliche Disposition der beiden Häuser aus Vorderhaus, Innenhof und Rückgebäude zeigt eine spiegelsymmetrische Anlage: bei Herrengasse 15 besteht eine Durchfahrt im östlichen Teil, bei Herrengasse 17 im westlichen Teil. Dazwischen liegt eine Abfallgasse (Reihe).[2]
Haus Herrengasse 15 (alte Hausnummer 42)
Allgemeine und Besitzgeschichte
Nach Steffan wurde das Haus wohl spätestens in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet. An anderer Stelle impliziert er durch den Satz: Auch die meisten Bürgerhäuser werden wohl in dieser Zeit entstanden sein, nachdem beim Stadtbrand von 1339 ein großer Teil der Häuser niedergebrannt sein dürfte, eine Errichtung ab 1339 bis um 1500.[3]
Ihm zufolge entspricht das Gebäude dem Bautyp des Innstadthauses und weist mit ca. 51 m Tiefe und 12,5-13 m Breite etwa die Durchschnittsgröße anderer bedeutender Bürgerhäuser in Wasserburg auf. Das Vorderhaus ist ca. 27 m tief.[4] Neben den spitzbogigen, kreuzrippengewölbten Arkaden belegen noch vier spitzbogige Türen bzw. Durchgänge in der so genannten gotischen Wohnhalle im ersten Obergeschoss des Vorderhauses ihre Entstehung in der gotischen Stilepoche. In gotischer Zeit besaß das Haus nach Steffan im zweiten und dritten Obergeschoss (Dachgeschoss) zwei übereinanderliegende Speicher. Er vermutet als ursprünglichen oberen Abschluss der Vorschussmauer einen Zinnenkranz.[5] Die Fassade besaß ihm zufolge ursprünglich eine gotische Quaderbemalung mit den Quadermaßen 34 x 51 cm und 34 x 60 cm.
Im 16. Jahrhundert befand sich das Haus dem Allianzwappen von 1565 in der gotischen Wohnhalle im ersten Obergeschoss zufolge im Besitz der Familie Altershamer, einer Händlerfamilie, die wohl an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert in Wasserburg auftaucht.[6] Der Besitzer Matheus Altershamer, vermählt mit Ehrentraud Kulbinger (Allianzwappen Altershamer/Kulbinger), wird zwischen 1544 und 1578 erwähnt. In dieser Zeit gehörte er nacheinander dem Gemeinen Rat, dem Äußeren und dem Inneren Rat der Stadt an. 1547 wird ein Matheus Altershamer, ehemaliges Mitglied des Inneren Rates genannt (wohl Vater des Ersteren, des Manns von Ehrentraud Kulbinger?). Nächster Besitzer ist nach Steffan der Sohn Thomas Altershamer († 1614). Nach 1654 sind die Altershamer in Wasserburg nicht mehr nachweisbar.[7]
Danach sind die Besitzer erst wieder ab dem Ende des 18. Jahrhundert bekannt.
Bereits vor 1791 bestand in dem Haus eine Metzgerei, Besitzerin ist Elisabeth Koller.[8]
1791/92 erwarb der Metzger und Koch Jakob Eberl das Haus, 1850 übernahm es der Sohn oder Enkel Jakob Eberl von seiner Mutter Anna, ab 1871 gehörte es Viktoria Eberl, der Witwe von Jakob Eberl.[9]
Von 1875 an bis in die 1930er Jahre wechseln die Eigentümer dann in rascher Folge, wobei das Haus bis um 1920 offenbar weiterhin eine Metzgerei beherbergte:
1875 erwarben es Nikolaus und Elise Baumgartner, ab 1889 gehörte es Nikolaus Baumgartner nach dem Tod seiner Frau alleine.[10]
1891 kaufte Sebastian Peringer das Haus, im Jahr darauf von ihm seine Mutter Katharina Peringer, Metzgerswitwe.[11]
Schon 1893 ging es durch Kauf an Maria Hager, von der es 1899 ihre Tochter Maria, verheiratete Furtmaier, übernahm.[12]
1900 wurde es an Josef Stimmer versteigert, 1904 an Josef Keiler, der es sofort an Franz Heitmayer weiterverkaufte.[13]
Ab 19.1.1907 folgen Josef und Katharina Keiler, durch Kauf.[14]
Ab 23.1.1907 Georg Grasser, Metzger, ab 1914 seine Witwe, Rosalie Grasser.[15]
Ab 2.5.1919 Sofie Wagner, Metzgersehefrau, durch Kauf.[16]
Ab 30.9.1919 Lüsegger Sophie, Sebastian und Anton Wagner, durch Erbfolge.[17]
Ab 1920 Sebastian Wagner, Metzger, durch Abtretung.[18]
Ab 20.2.1922 dessen Sohn Anton Wagner, durch Übergabe.[19] Anton Wagner handelte nach der Aufschrift auf der Südfassade auf einer Aufnahme der 1920er / 1930er Jahre mit Häuten, Leder und Treibriemen.
Ab 4.4.1930 Johann Kieslinger, Erbhofbauer zu Reipersberg, durch Zwangsversteigerung.[20]
Ab 7.12.1936 Historischer Verein für Wasserburg und Umgebung e.V., durch Kauf.[21]
Ab 27.4.1945 Stadt Wasserburg, durch Überlassung.[22]
Vor dem Umbau zum Heimathaus 1937/38 waren im Haus ab den 1920er Jahren mehrere Mietwohnungen untergebracht.
Baugeschichte
Vor Mitte des 15. Jahrhunderts: Keller des Vorderhauses, Kommunwände und Teile des Rückgebäudes?
Das Vorderhaus ebenso wie das Rückgebäude könnten im Kern noch der Zeit vor der Mitte des 15. Jahrhundert angehören. Dieser Kern könnte neben den Außenwänden der beiden Keller, der Bogenwand im nördlichen Keller und des Tonnengewölbes des südlichen Kellers die Kommunwände im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss, vielleicht sogar noch im zweiten Obergeschoss (im Rückgebäude jedenfalls bis zum zweiten Obergeschoss) umfassen, daneben im Rückgebäude die Südwand des Laubenganges im Erdgeschoss und dessen Nordwand im Erdgeschoss und im ersten und zweiten Obergeschoss. Der nördliche Keller besaß wohl ursprünglich eine hölzerne Flachdecke. Zugänge zu den Kellern befanden sich an der Nord- und Südseite.
Einziges Indiz für diese Datierung sind der Befund von Mischmauerwerk aus Ziegeln, Bruchsteinen und Bachkieseln, während das Mauerwerk sämtlicher späterer Bauphasen aus reinem Ziegelmauerwerk besteht und der Befund von Setzmörteln mit sehr großen, kantigen Kalkspatzen (nicht aufgelöste Kalkbröckchen im Mörtel) und verstreuten großen Kieseln.
Das Rückgebäude diente wohl von Anfang an als landwirtschaftliches Gebäude mit Stallungen im Erdgeschoss und Scheune in den oberen Geschossen. Jedoch kann eine zumindest teilweise Wohnnutzung im späten Mittelalter nicht ausgeschlossen werden. Hinweise darauf könnten die eng nebeneinander stehende Nord- und Südwand von Raum 00.10 (südwestlicher Raum neben der ehem. Durchfahrt) sein, die bei einer rein landwirtschaftlichen Nutzung nur schwer zu erklären sind. Hier befand sich vielleicht wie noch im 19. Jahrhundert die Erschließung des Rückgebäudes mit Treppen zu den oberen Geschossen. Dem Spätmittelalter könnte noch das Tonnengewölbe am südlichen Ende der Durchfahrt angehören.
In der Reihe zum Haus Herrengasse 17 mit ca. 80 cm Breite wurde 1967/69 eine Grabung durchgeführt, die als ältesten Bodenbelag ca. 75 cm unter dem letzten Niveau Vollziegel mit dem Format 32 x 15 x 5 cm erbrachte, die eine Rinne bildeten. Darüber folgte in einem ca. 25 cm starken Sandbett ein Boden aus Kieseln, darüber mehrere ungeordnete Lagen Schutt.[23]
Um 1453: Errichtung des Vorderhauses in der heutigen Tiefe und Höhe.
Um 1453 (d, Fachwerkwände im zweiten Obergeschoss) wurde das Vorderhaus in seiner bis heute kaum veränderten Grundstruktur errichtet, im Erdgeschoss mit einer tonnengewölbten Durchfahrt im östlichen und wohl einem einzigen großen Saal mit Holzdecke im westlichen Teil, mit einer offenen Treppe zum ersten Obergeschoss, die sich vermutlich wie die heutige Treppe vor der Westwand befand. Eine Unterteilung dieses Saales ist derzeit nicht belegbar. Ebensowenig sind die ursprünglichen Zugänge und Fenster bekannt. Der Saal diente jedenfalls als Lager- und Verkaufshalle.
Im Erdgeschoss wurden der Südfassade die Arkaden vorgelegt (die beiden Joche der Arkaden weichen von der Einteilung der dahinterliegenden Südwand des Erdgeschosses ab, das Netzrippengewölbe mit zwei tellerförmigen Schlußsteinen nimmt jedoch Bezug auf die Öffnungen dieser Wand und ist dementsprechend deutlich asymetrisch gebildet).
Die Einteilung des Ergeschosses mit Durchfahrt im östlichen und Halle im westlichen Teil zieht sich auch durch die beiden oberen Geschosse: Im ersten Obergeschoss besteht im nordwestlichen Teil eine große Wohndiele, östlich derselben liegen über der Durchfahrt, nach den spitzbogigen Türöffnungen in der Ostwand der Halle zu schließen, vier Räume, der südlichste mit der Küche, nördlich anschließend wohl die Speise. Im nördlichen Raum ist offenbar noch ein bauzeitlicher oder früher offener Kamin erhalten. Vor der Südfassade liegen östlich die große Wohnstube und westlich ein weiteres Zimmer. Anstelle der beiden Fenster dieses Zimmers konnten 1937 noch langgestreckte spitzbogige Fensteröffnungen, anstelle der beiden Fenster zuseiten des Erkers noch segmentbogige Fensteröffnungen festgestellt werden. Die segmentbogigen Fensteröffnungen deuten nach Steffan auf einen Umbau in der Zeit der Renaissance,[24] also etwa in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Sie können jedoch auch gleichzeitig mit den spitzbogigen Fensteröffnungen sein. Neben der großen Wohnstube liegt wohl ein herrschaftlicher Abtritt in der Reihe, der ursprünglich vermutlich eine hölzerne Decke besaß. Das zweite Obergeschoss besaß wohl von vornherein eine weitestgehend identische Einteilung, mit einer großen Diele im nordwestlichen Teil und Zimmern im östlichen Teil und vor der Südfassade, diente also zumindest teilweise ebenfalls bereits ursprünglich der Wohnnutzung. In der Südfassade befanden sich dem Befund von 1937/38 zufolge anstelle des dritten und vierten Fensters von Westen, also im Bereich des heutigen östlichen Raumes zwei großformatige spitzbogige Fensteröffnungen, Hinweis auf einen Repräsentationsraum. Die bauzeitlichen Innenwände in diesem Geschoss bestehen aus Fachwerk. Das Dachgeschoss wurde vermutlich ebenfalls bereits um 1453 errichtet, spätestens jedoch 1571 mit der (Teil-?)Erneuerung des Dachstuhles. Der nördliche Zugang zu den Kellern wurde mit Errichtung des Vorderhauses zu einer Wandnische zugesetzt.
Die Wandoberflächen standen zunächst offenbar durchgehend ziegelsichtig mit verstrichenen Fugen, wobei jedoch nicht auszuschließen ist, dass es sich dabei um einen verlängerten Rohbauzustand handelte. Für die Wohnräume des Hauses sind in der Spätgotik und in der frühen Neuzeit Wandvertäfelungen nicht auszuschließen bzw. sogar sehr wahrscheinlich.
Bereits zur Zeit der Errichtung des Vorderhauses befand sich offenbar ein Laubengang im ersten Obergeschoss an der Westseite des Innenhofes, vielleicht aus Holz, wie die offenbar bauzeitliche spitzbogige Türe in der Nordwand des Vorderhauses belegt. Als erste Fassungen der meisten Innenräume sind nur Kalktünchen nachweisbar. Mehrere Räume besaßen jedoch bereits ab etwa 1500 bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts farbige, wohl malerisch gestaltete Fassungen. Die Südfassade erhielt bald nach 1453 eine Quaderbemalung mit schwarzen Fugen auf gebrochen weißem Grund. Die Gewölbefelder der Arkaden waren bereits ursprünglich in kräftigem Ocker gefasst. Die Fassung wurde einmal wiederholt.
1500: Errichtung des Laubenganges im ersten Obergeschoss des Innenhofes.
Wohl genau im Jahr 1500 erfolgte die Errichtung des Laubenganges mit großformatigen segmentbogigen Fensteröffnungen an der West- und Nordseite des Innenhofes im ersten Obergeschoss (d). Der Laubengang dürfte sich auch über die Ostseite des Hofes erstreckt haben. Der Ansatz dieses Gangs vor der Ostseite am Vorderhaus ist nicht geklärt, ebensowenig, ob derselbe vom Vorderhaus aus zugänglich war.
Um 1565/70: Durchgreifende Erneuerung des Hauses.
1565 erhielt die Wohndiele im ersten Obergeschoss des Vorderhauses eine aufwendige Ausmalung im Stil des Manierismus. Sichtbar erhalten sind von Nord nach Süd:
1. Rollwerk mit Fruchtgehänge östlich über dem westlichen Fenster der Nordwand, im Bogenbereich.
2. Rollwerk mit Fruchtgehänge oberhalb und südlich des Bogens des nördlichen Portals.
3. Kranz mit Bändern und Früchten.
4. Allianzwappen Altershamer / Kulbinger vor Vorhang, von Engeln gehalten, darunter die Jahreszahl 1505. Links Wappen Altershamer, ein Geharnischter mit Streithammer vor schwarzem Grund, rechts Wappen Kulbinger, ein Narr in Rot und Weiß vor Grund in Rot und Weiß.
5. Kranz mit Bändern und Früchten.
6. Rollwerk mit Fruchtgehänge oberhalb und zuseiten des Bogens des zweiten Portals von Norden.
7. Rollwerk mit Fruchtgehänge oberhalb und zuseiten des Bogens des dritten Portals von Norden.
8. Rollwerk mit Früchten und vielleicht grotesken Masken um das hochliegende quadratische Fensterchen.
9. Rollwerk mit Fruchtgehänge, vielleicht oberhalb und zuseiten eines nicht freigelegten Portals zur Küche.
10. Blüten seitlich oberhalb des großen spitzgiebeligen Fensters am Südende der Wand.
Die Malereien sind in Secco-Technik ca. auf der vierten bis sechsten Tünche ausgeführt, in Grautönen (Rollwerk), Ockertönen und Grün. Sie sind stark retuschiert und ergänzt, z. T. sind die Formen jedenfalls verfälscht (z. B. Schwäne in der Malerei um das dritte Portal von Norden).
Die Malereien sind zwingend erst in die Zeit um 1560/70 zu datieren, wie das Rollwerk belegt, das erst in dieser Zeit erstmalig in der Ornamentik auftritt. Stilistisch gehören sie dem Manierismus an. Die Jahreszahl 1505 ist richtig wohl 1565 zu lesen, eine Null und eine Sechs sind im fragmentierten Zustand leicht zu verwechseln. Die Engelsfiguren im Bereich des Wappens erinnern trotz ihres stark reduzierten und restaurierten Zustandes sehr deutlich an die Engel in der zeitgleichen Gruppe von Wandmalereien in Seeon, in St. Walburgis und in der sogenannten Alten Abtskapelle, sowie im Kreuzgang von Beyharting (und an die ebenfalls sehr stark restaurierten Malereien im kleinen Rathaussaal in Wasserburg). Charakteristisch sind jeweils die hohen Stirnen der Figuren mit ihren Geheimratsecken.[25]
Nach Steffan wurde das Wappen der Altershamer nach 1567 mit dem Wappen der Donnersberg übermalt, als Thomas Altershamer Elisabeth Donnersberg heiratete. Die Übermalung wurde 1981 zusammen mit einer Renaissance-Umrahmung mit seitlichen Säulen und ornamentalem Abschluß der Basisleiste abgenommen bzw. überfasst.[26] Die Übermalung erscheint jedoch erst unter einem männlichen Hausbesitzer aus der Familie Donnersberg, wohl nach dem Tode des Thomas Altershamer 1614 sinnvoll, da ansonsten nur die Wappen von eingeheirateten Ehefrauen aus den Familien Kulbinger und Donnersberg nebeneinander sichtbar gewesen wären.
In diese Bauphase fallen außerdem wohl im Erdgeschoss des Vorderhauses der Einbau der Innenwände im westlichen Teil, der Einbau segmentbogiger Tür- und Fensternischen in der Südfassade und die Abteilung der Durchfahrt im östlichen Teil. Die Funktion des neuen Raumes in der Nordwestecke und dessen merkwürdiges halbes Tonnengewölbe sind unklar. Im ersten Obergeschoss erfolgte der Anbau des Erkers der Südfassade, verbunden mit der Zusetzung der spätgotischen Fensteröffnungen, die Einwölbung des herrschaftlichen Abtritts neben der Wohnstube und der Einbau der Fensternische im nordöstlichen Raum. Im zweiten Obergeschoss erfolgte ebenfalls die Zusetzung der großformatigen spitzbogigen Fensteröffnungen in der Südfassade und der Einbau der bestehenden Fensternische im nordöstlichen Raum. Mit dem Einbau der Innenwände im westlichen Teil des Erdgeschosses wurde auch der nördliche Keller eingewölbt und der bestehende Zugang von der ehemaligen Durchfahrt aus angelegt. Das Rückgebäude bestand bereits 1567 in der heutigen Ausdehnung und Höhe, da es wohl in diesem Jahr einen neuen Dachstuhl erhielt (d). Vermutlich 1571 wurde auch der Dachstuhl des Vorderhauses in der bis heute bestehenden Form als Grabendach mit mächtigen, sehr langen Bindern neu errichtet oder erneuert (d). Malerische Gestaltungen erhielten außer der Wohndiele die Wohnstube im ersten Obergeschoss und der herrschaftliche Abtritt neben dieser sowie die Wohnstube im zweiten Obergeschoss. Im Bereich des großen südlichen Raumes 00.02 befand sich vielleicht eine Wandvertäfelung. Die Südfassade war in dieser Zeit wohl architektonisch oder ornamental in grünlichen Grautönen gestaltet.
Die genannten Baumaßnahmen lassen von einer umfangreichen Erneuerung des Hauses in dieser Zeit sprechen.
Im 17./18. Jahrhundert: Abbruch des Laubengangs vor der Ostfassade des Innenhofs, Einbau der Weißdecken, Teilerneuerung der Dachstühle des Rückgebäudes und vielleicht des Vorderhauses, verschiedene weitere kleinere Baumaßnahmen.
1663 wurde der Dachstuhl des Rückgebäudes teilweise erneuert (d). Das eingeschnitzte Graffiti am südlichen Binder des Dachstuhls des Vorderhauses mit der Datierung 1661 und den Initialen A. S., E. S. und E. P. dreier Personen oder den Initialen A. E. E. und S. S. P. zweier Personen könnte vielleicht auf Erneuerungsarbeiten am Dachstuhl in diesem Jahr hindeuten. Wohl noch im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde der Lichtschacht im mittleren Teil vor der Ostwand (Raum 02.16) zur Belichtung des darunterliegenden Raumes (Raum 01.11) eingebaut. Das Fenster in diesem Lichtschacht erscheint noch bauzeitlich und ist damit als absolute Rarität zu betrachten.
1730 wurde der westliche Teil des Laubengangs im ersten Obergeschoss vom nördlichen Teil durch eine Wand abgeteilt und durch den Einbau von Fenstern zu einem geschlossenen Raum umgebaut (d). Das nördliche Fenster ist noch erhalten.
Wohl in der Zeit vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zum früheren 18. Jahrhundert wurde im Erdgeschoss des Zwischenbaus der südliche Raum (Raum 00.07) mit seinem Kappengewölbe eingebaut.
Im ersten Obergeschoss wurde der nordöstliche Raum 01.10 in zwei Räume unterteilt. Zwischen den südlich anschließenden Räumen 01.11 und 01.12 wurden eine Türe und Fenster eingebaut, die Wand zwischen Raum 01.12 und dem südöstlichen Raum 01.13 wurde erneuert, im südwestlichen Raum 01.01 wurden die bestehenden Fensternischen hergestellt.
Im zweiten Obergeschoss wurden in mehreren kurz aufeinanderfolgenden Baumaßnahmen die Innenwände der südlichen Räume 02.01 und 02.17 neu hergestellt und die Fensternischen in der Südwand dieser Räume eingebaut, außerdem ein Fenster in der Nordwand von Raum 02.01.
Schließlich wurden sämtliche Holzdecken im Vorderhaus und im Zwischenbau mit Putzdecken verkleidet. Im nordöstlichen Raum 01.10 wurde im nördlichen Teilraum an der Decke im nördlichen Teil ein Medaillon mit einem Christusmonogramm aufgemalt.
Das zweite Obergeschoss des Zwischenbaus ist nicht näher datierbar, es wurde wohl im 18. oder 19. Jahrhundert errichtet.
1803 wurde der Dachstuhl des Vorderhauses teilweise erneuert (d).
1839 erfolgte eine Erweiterung der Färbergasse (Vergessene Zeil),[27] die nach den Vermessungsplänen von 1813 und 1854 jedoch nur das östliche Ende der Gasse betraf.
1858: Umbau des Rückgebäudes.
1858 wurden die Nordfassade des Rückgebäudes neu aufgeführt, das Erdgeschoss über Granitsäulen eingewölbt und im Zwischengeschoss und im ersten Obergeschoss in der Südostecke zwei Kammern eingebaut. Die Obergeschosse dienten ansonsten als Heulager, im Erdgeschoss befanden sich neben der Durchfahrt Stallungen für Kühe, Pferde und Schweine, vor der südlichen Außenwand eine Knechtkammer und eine Treppe von der Durchfahrt zum Zwischengeschoss, darüber vom Zwischengeschoss zum ersten Obergeschoss.
Wohl im späteren Verlauf des 19. Jahrhundert bis zum frühen 20. Jahrhundert erfolgte außerdem der Einbau zahlreicher Binnenwände im Vorderhaus und umgekehrt wohl der Abbruch zweier Trennwände spätestens des 18. Jahrhunderts in den nordöstlichen Räumen 01.10 und 02.12.
1904 baute man die Stallungen im Erdgeschoss des Rückgebäudes zu einem reinen Pferdestall mit Remise um, d. h. die landwirtschaftliche Nutzung wurde weitestgehend aufgegeben.
Vor 1919 erfolgte nach Berg der Ausbau des Rückgebäudes zu Wohnzwecken. Diese Vermutung beruht einzig auf der Beschreibung als bewohnbares Hintergebäude mit Einfahrt, Stallungen, Wagenremise und Heuboden im Jahr 1919.[28]
1929 wurde in der Nordwestecke des Vorderhauses ein russischer Kamin eingebaut. An der Westseite des Innenhofes bestand im ersten Obergeschoss eine hölzerne Altane, die über eine Treppe am nördlichen Ende vom Innenhof aus und über 2 Türen an der Nord- und Südseite on Vorderhaus und Rückgebäude zugänglich war.
1937/38: Umbau zum Museum (Heimathaus), Einbau der Stadtbibliothek und einer Hausmeisterwohnung im Rückgebäude.
Vom 1.7.1937 bis 25.5.1938 wurde das Gebäude zum Museum umgebaut.[29] Architekt war der Münchner Michael Steinbrecher, einer der wichtigsten südbayerischen Architekten im Sakralbau der 1930er Jahre und der Nachkriegszeit.[30]
Die wesentlichen Maßnahmen dieses Umbaus waren:
Im Vorderhaus:
Im Erdgeschoss Abbruch einer Zwischenwand im großen südlichen Raum 00.02 und zweier Zwischenwände im nördlich anschließenden Raum 00.05. Die Gestaltung des Aufgangs mit Einbau des Tonnengewölbes im Eingangsbereich aus verputzten Heraklithplatten und Erneuerung der Treppe in das erste Obergeschoss, Einbruch einer großformatigen rundbogigen Wandöffnung zwischen Raum 00.02 und 00.05, Einbau von hölzernen Stützen und Unterzügen in Raum 00.05. Weiter der Einbau des großformatigen rundbogigen Fensters anstelle zweier kleiner Fenster in der Nordwand von Raum 00.05; Einbau eines Fensters anstelle der Türe im östlichen Teil der Südfassade, Abänderung der segmentbogigen Fensteröffnungen in rundbogige mit um ca. 30 cm tiefergesetzten Brüstungen, Einbau der bestehenden Eingangstüre; Einbau der verglasten Holztrennwand in Raum 00.12/00.13 im nördlichen Teil der ehemaligen Durchfahrt. Ersetzen der gesamten Fussböden durch Plattenbelag. In Raum 00.12/13 befanden sich seitlich ca. 25 cm starke vorgemauerte Isoliermauern, die abgetragen wurden. Im ersten Obergeschoss Abbruch mehrerer Binnenwände in der Wohndiele (Raum 01.02) und in der Wohnstube (Raum 01.13). Einbau von hölzernen Stützen und Unterzügen vor der Westwand in Raum 01.02. Einbau eines Fensters anstelle der Türe zur Altane in der westlichen Fensternische der Nordwand, Herstellung des östlichen Fensters anstelle zweier kleinerer Fenster. Einbruch einer breiten Türöffnung zwischen dem nordöstlichen Raum 01.10 und dem südlich anschließenden Raum 01.11, Rekonstruktion der Kochstelle in der ehem. Küche (Raum 01.12). Im zweiten Obergeschoss der Abbruch von Binnenwänden wohl des 19. Jahrhunderts in der Wohndiele 02.02 und in der Wohnstube 02.17 und eines zweiten Lichtschachtes südlich des bestehenden in der ehem. Küche 02.16, die Herstellung des östlichen Fensters in der Nordwand der Wohndiele 02.02 anstelle zweier kleinerer Fenster sowie die Zusetzung und Neuanlage mehrerer Türstellen. Die Abdeckung von Fensterbrüstungen erfolgte mit vorhandenen Bodenplatten. Abschließend wurden sämtliche Innenräume getüncht. Für die Unterzüge wurde Holz der abgebrochenen Brücke in Gars am Inn verwendet.
Im Zuge des Umbaus wurde auch die Fassade des Vorderhauses zur Herrengasse renoviert, wobei die vorhandenen Fassadenputze jedenfalls weitestgehend abgeschlagen wurden, da im Zuge der Maßnahme die erwähnten spätgotischen Fensteröffnungen im ersten und zweiten Obergeschoss sichtbar wurden.[31]
Im Bereich des Zwischenbaus: Abbruch der hölzernen Altane im ersten Obergeschoss. Im Erdgeschoss Einbau des Raumes am Nordende mit Zugang zum Rückgebäude und Toiletten in Höhe des Zwischengeschosses. Einbruch der Türe in der Westwand. Zusetzung der südlichen Türe in der Ostwand, Einbau des Granitsturz mit der Jahreszahl 1568 über der Türe im mittleren Teil, Zusetzung der Fensteröffnung im nördlichen Teil. Im zweiten Obergeschoss Abbruch der Weißdecke, der Treppe zum zweiten Obergeschoss und des Kamins in der Südwestecke, Öffnung der Türe zum Vorderhaus, Einbruch der Türe zum zweiten Obergeschoss des Rückgebäudes, Ergänzung der Holzdecke. Im zweiten Obergeschoss Einbau der Toilette am östlichen Ende.
Im Rückgebäude: Einbau der Stadtbibliothek und einer Hausmeisterwohnung im zweiten Obergeschoss. Dazu im Erdgeschoss Abbruch der Westwand der Durchfahrt und weiterer Binnenwände, Verstärkung des Gewölbes durch Ummanteln der Granitsäulen mit Eisenbeton, Tieferlegen des Bodens um ca. 0,8 m, Abbruch der Treppen von 1858 vom Erdgeschoss zum Zwischengeschoss und vom Zwischengeschoss zum ersten Obergeschoss. Ausbau der drei Obergeschosse, Einziehen neuer Decken über eisernen Ständern und Unterzügen. Neue Zwischenwände z. T. offenbar aus Holz mit Verputzung über Rapitz (Drahtgeflecht mit Ziegelmasse). Einbau der Steintreppe vom Innenhof zum Zwischengeschoss, Einbau von Holztreppen in den Obergeschossen. Ersatz des Ziegeldaches durch ein Dach aus verzinktem Eisenblech. Weitestgehende Erneuerung des Dachstuhls. Renovierung der Nordfassade zur Färbergasse, Anlage der drei segmentbogigen Fensteröffnungen im Erdgeschoss, des Erkers im ersten Obergeschoss, Einbau von Fenstern anstelle der Ladeöffnungen im Zwischengeschoss und im zweiten Obergeschoss, Neuverputzung der gesamten Fassade bis auf das Mauerwerk.
Am 26.6.1938 erfolgte die Eröffnung des Museums.
Der Umbau von 1937/38 erfolgte zumindest im Vorderhaus und im Zwischenbau bewusst mit möglichst geringen Eingriffen, zum einen aufgrund der denkmalpflegerischen Zielsetzung, zum anderen sicher auch wegen der knappen Geldmittel. Schön abzulesen ist diese Art der Sanierung auch an den zahlreichen älteren Türblättern, die nur mit antikisierenden Aufdoppelungen und Beschlägen versehen wieder eingebaut wurden. Infolge der relativ sparsamen Eingriffe im Inneren sind die älteren Wandputze und Anstriche im Vorderhaus und im Zwischenbau noch in großem Umfang bis heute erhalten geblieben.
1960 wurde eine Renovierung der Südfassade durchgeführt. Dabei erfolgte der Anstrich der Fassade mit kunstharzhaltiger Farbe.
1962 Erneuerung der Pflasterung des Innenhofes.
1966-69: Erweiterung durch Museums- und Depoträume in den oberen Geschossen des Hauses Herrengasse 17 (siehe weiter unten).
Herstellung der Durchgänge zum Haus Herrengasse 17 im ersten Obergeschoss und im Dachgeschoss.
1974 Heranziehung des nordwestlichen Raumes 00.06 im Erdgeschoss des Vorderhauses, der zuvor nicht als Ausstellungsraum verwendet worden war, für das Museum, Zusetzung der Türöffnung in dessen Nordwand.
1981/82: Wiederherstellung der spätgotischen Wohndiele im ersten Obergeschoss des Vorderhauses mit Freilegung der Wandmalereien von 1565, Ausbau des Dachgeschosses.
Wiederherstellung der spätgotischen Wohndiele im ersten Obergeschoss des Vorderhauses durch Abbruch eines Raumes aus dem frühen 19. Jahrhundert in der Südwestecke, Öffnung/Wiederherstellung der drei spätgotischen Türen und zweier Fenster in der Ostwand und Freilegung und Restaurierung der Wandmalereien von 1565 an der Nord- und Ostwand. Erneuerung der Treppe zum zweiten Obergeschoss in umgekehrter Laufrichtung, Ergänzung des Unterzuges von 1937/38, Erneuerung des Bodens. Freilegung des gemalten barocken Deckenmedaillons im nordöstlichen Raum 01.10. Im zweiten Obergeschoss Verlegung der Treppe zum Dachgeschoss von Raum 02.16 vor der Ostwand in die Wohndiele 02.02, Einbau des Unterzuges im Bereich der Treppe, Erneuerung der Decke und des Bodens in Raum 02.02. Ausbau des Dachgeschosses des Vorderhauses, Erneuerung und Anhebung des Grabendaches um ca. 0,5 m unter Erhaltung der alten Binder, Vormauerung sämtlicher Außenwände. Vermutlich Wiederholungsfassung der Südfassade unter Abnahme der Fassungen von 1937/38 und 1960.
Die Wiedereröffnung des Museums erfolgte am 16.-18.7.1982.
1987-89: Verlegung des Zugangs zum Rückgebäude, Einbau eines gläsernen Pultdaches im östlichen Teil des Innenhofs.
Verlegung des Zugangs zum Rückgebäude von der West- an die Ostseite der Südwand. Zusetzung des alten Eingangs von 1937/38, Erweiterung eines Fensters von 1937/38 für den neuen Eingang, Einbau einer zweiflügeligen barocken Türe mit Jahreszahl 1749. Einbau des gläsernen Pultdaches vor der Ostfassade des Innenhofes, Tünchen des Innenhofes mit mineralischer Farbe. Wohl zeitgleich Zusetzung des Fensters am südlichen Ende des Zwischenbaus im Erdgeschoss.
Ca. 1998 Einbau des gläsernen Pultdaches im westlichen Teil des Innenhofs.
1999 Erneuerung der Fenster in der Nordfassade des Rückgebäudes, damit verbunden wohl Wiederholung der Fassadenfassung von 1937/38. 2007 Adaptierung der ehem. Personalwohnung im zweiten Obergeschoss von Haus Herrengasse 17 als Büroräume für das Museum (siehe unter Haus Herrengasse 17).
Haus Herrengasse 17 (alte Hausnummer 41)
Allgemeine und Besitzgeschichte
Nach Haupt wurde das Haus Anfang des 16. Jahrhunderts erbaut. Im Zwischengeschoss befinden sich an der Innenseite des Erkers zwei Rotmarmorsäulen mit Wappenschilden, die wohl auf Achaz Fröhlich zu beziehen sind, der 1504-1525 Bürgermeister und Rat der Stadt Wasserburg war.[32] Nach Ernst erwarb Achaz Fröhlich um 1500 das Haus, das bis etwa 1563 im Besitz der Familie blieb, in welchem Jahr angeblich ein weiterer Achaz Fröhlich erwähnt wird. Das Haus diente in dieser Zeit dem Tuch-, Salz, Wein- und Getreidehandel. Außerdem wurde ein Weißbierausschank betrieben.[33] Ab etwa 1700 besaß Martin Kreiterer/Greiderer das Haus. Die Greiderer blieben Besitzer bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.[34]
Mindestens seit 1796 war es im Besitz der Familie Obermaier und diente als Wein- und Gasthaus[35]:
1808, 1814 und 1833 erscheint Paul Obermaier[36], 1858, 1860 und 1865 Georg Obermaier als Besitzer.[37]
1907/1908 ist Sebastian Dratschmid Eigentümer.[38]
Vor 1919 erwirbt Emil Willmann das Haus, am 22.1.1919 Anna Schneider. 1959 erbt es Frieda Schneider.[39] Unter der Familie dient es als Kaffee- und Weinhaus Schneider.
1963 erfolgte der Ankauf durch die Stadt Wasserburg zur Erweiterung des Museums.[40] Das Erdgeschoss und das darüberliegende Zwischengeschoss (bzw. erstes Obergeschoss des Hauses) werden durch das Restaurant Herrenhaus genutzt.
Baugeschichte
Spätes 14. Jahrhundert / um 1400: Errichtung des Hauses?
Das Haus könnte im Kern noch dem späten 14. Jahrhundert oder der Zeit um 1400 entstammen. Nach Burmeister bestehen die tragenden Wände des Hauses z. T. 'aus einer Verbindung von Naturstein und Mauerziegeln: Ein oder zwei Ziegellagerschichten wechseln mit Lagen von Innkieseln ab, die je nach Größe der Steine unterschiedliche Lagerhöhen ergeben.' Die Zwischenwände im ersten Obergeschoss bestehen aus Fachwerk.[41] Die Holzaltersbestimmung eines Rähm aus den Fachwerkwänden im ersten Obergeschoss erbrachte die Zeit wohl bald nach 1375 als Verbauungszeit (d), wobei Friederike Gschwind auch die Möglichkeit eines musealen Einbaus in Erwägung zieht.[42] Das Holz für die Fachwerkwände wurde nach Beobachtung von Gschwind zumindest teilweise aus den Bergen nach Wasserburg geflößt.
Um 1528: Umbau des Hauses, Einbau von Balken-Bohlendecken, Anbau des Erkers an der Südfassade mit Rotmarmorsäulen mit Wappen an der Innenseite, Anbringung des Juristenfreskos.
Die beiden Balken-Bohlendecken im ersten Obergeschoss wurden um 1528 eingebaut (d). Sie zeigen nach Beobachtung von Gschwind eine für diese Region im 15. und 16. Jahrhundert charakteristische Dekoration mit dezenter, querlaufender Kammzug-Ornamentik. Im Zuge dieser Umbauarbeiten wurde wohl auch der Erker an der Südfassade angebaut (Rotmarmorsäulen mit Wappen Fröhlich (Lamm in Seitenansicht auf Rasenstück) und Wappen mit Hausmarke? im Inneren) und das sogenannte Juristenfresko angebracht. Das stark restaurierte Bild zeigt drei stehende Figuren unter einem angedeuteten Baum, die durch eine fünfzeilige Bildunterschrift bezeichnet sind: Der Ivrist mit seinem Buch / der Jvd mit se(i)nem Gsuch vnd / das vnder der Fraven Firtuch [Schürze] / die drev Geschir machen / die gannczen Welt ier. In dem Bild werden also die persönlichen Probleme des damaligen Hausbesitzers mit der Justiz, dem Kreditwesen und der weiblichen Sexualität bzw. dem männlichen Trieb thematisiert.
Wann der Erker an der Südfassade abgebrochen wurde, ist nicht bekannt.
Wohl bald nach 1656 wurden die Fachwerkwände im ersten Obergeschoss teilweise erneuert (d).
1966-1969: durchgreifende Sanierung.
1966-69 erfolgte die Generalsanierung des Hauses unter dem Architekten Enno Burmeister, München.
Die Maßnahmen umfassten in den untersuchten Bereichen im Wesentlichen:
- Den Einbau eines Treppenturmes in Form einer Wendeltreppe.
- Im ersten Obergeschoss die teilweise Erneuerung und Ergänzung des Fachwerks der Innenwände, die Neuausfachung mit Leichtbauziegeln und die Herstellung des Durchgangs zum Haus Herrengasse 15. Hier befand sich zuvor in der Reihe eine Treppe vom Zwischengeschoss zum ersten Obergeschoss. Angeblich Belassung des Aufbaus der Fußböden und der Fenster in den Innenwänden. Abbruch der Treppe und des Lichtschachtes an der westlichen Außenwand, in der Nordwestecke von Raum 01.16. Wohl Freilegung der Balken-Bohlendecken in den südlichen Räumen 01.15 und 01.21 und im nordöstlichen Raum 01.19.
- Im zweiten Obergeschoss den Abbruch der Innenwände und die Herstellung einer Dreizimmer-Wohnung. Der Fußboden der Wohnräume entspricht dem historischen Aufbau. Vor dem Umbau bestanden hier Wohnräume im südlichen und ein Speicher im nördlichen Teil.
- Im Dachgeschoss die Rekonstruktion eines doppelten Grabendaches anstelle des zuvor vorhandenen Satteldaches und die Herstellung des Durchgangs zum Dachgeschoss von Haus Herrengasse 15.
- An der Südfassade die Abnahme des gesamten Altputzes, die Rekonstruktion der Ladeöffnung und der zwei Fenster im Dachgeschoss, die Rekonstruktion des Erkers und eine leichte Erhöhung der Vorschussmauer; die Neufassung der Fassade nach Befund einer nachmittelalterlichen, wohl barocken Fassung in hellem Grün mit weißen Fensterrahmungen. Weiterhin die Restaurierung des Juristenfreskos, die Öffnung der segmentbogigen Wandnische am Westende der Fassade und die Neuherstellung des Wappenbildes der Familie Fröhlich in der Nische, mit den Initialen A.[chaz] F.[röhlich], nach Befund. [43] Schließlich die Anbringung einer Malerei mit dem Wasserburger Löwen zwischen einer Darstellung der beiden Rotmarmorsäulen im Inneren des Zwischengeschosses am Erker zwischen Zwischengeschoss und ersten Obergeschoss.
Im Gegensatz zu dem eher zurückhaltenden Umbau des Hauses Herrengasse 15 in den 1930er Jahren ist die Sanierung des Hauses Herrengasse 17 der 1960er Jahre aus heutiger Sicht als sehr radikale Maßnahme zu bezeichnen, die zumindest im ersten und zweiten Obergeschoss praktisch einer Entkernung gleichkam. Ältere Putze und Oberflächen sind in diesen beiden Geschossen und an der Südfassade infolge des Umbaus allenfalls noch in geringen Resten vorhanden.
Nach Haupt wurde nach 1973 im Auftrag des Pächters der Gaststätte am Erker in Malerei das Wappen des Klosters Attel angebracht,[44] was in der Folgezeit z. T. zu der falschen Annahme führte, das Haus sei früher im Besitz des Klosters gewesen.
2007 erfolgte die Adaption der Räume der ehemaligen Personalwohnung der Gastwirtschaft im zweiten Obergeschoss für das Museum, verbunden mit einer durchgreifenden Modernisierung der Räume. Weiterhin erhielt die Südfassade einen Wiederholungsanstrich, verbunden mit der Überfassung des Wappens des Klosters Attel im unteren Teil des Erkers und der weißen Fensterrahmungen.
Quellen
Gschwind, Herrengasse 15 und 17, Dendrochronologie.
Literatur
Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Museum, publiziert am 23.04.2020 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Museum (04.12.2024)
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- ↑ Haupt, Straßennamen, 40, 36.
- ↑ Der Artikel fußt auf der Bauforschung des Verfassers von 2014: Dobler, Herrengasse 15, 17.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 6.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 6; Anm. 1. Archäologische Funde aus der Abfallgasse zwischen Herrengasse 15 und 17 lassen sich ihm zufolge nur allgemein in das 16. und 17. Jh. datieren, waren jedoch bis 1997 nicht im Detail ausgewertet.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 8.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 9.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 32.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 32.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 5ff.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 7.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 7./ StadtA Wasserburg a. Inn, II2174.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 7.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 7f.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 8.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 8./ Steffan, Herrengasse 15, 32.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 8.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9./ Steffan, Herrengasse 15, 32.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9./ Steffan, Herrengasse 15, 34.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9, Steffan, Herrengasse 15, 34.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 9.
- ↑ Burmeister, Herrengasse 17, 7.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 8.
- ↑ Vgl. Dobler, Seeon, St. Walburgis.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 15.
- ↑ Heiserer, Geschichte Wasserburg, 277.
- ↑ StAM, Kataster 24064, 24065 zitiert nach Berg, Herrengasse 15, 3f.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 34. Auf Seite 7 gibt er 1935 bis 1938 an.
- ↑ Zu Steinbrecher und seinen Werken vgl. Wikipedia, Michael Steinbrecher. Der Nachlass Steinbrechers wird im Architekturmuseum der TU München verwahrt.
- ↑ Steffan, Herrengasse 15, 7; Anm. 4 mit einer detaillierten maßlichen Auswertung der 1937/38 von Heinrich Kastner angefertigten Skizzen.
- ↑ Haupt, Herrengasse 17, 3.
- ↑ Ernst, Schneiderhaus.
- ↑ Notiz des früheren 20. Jh., StadtA Wasserburg a. Inn, II475.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, BB 123
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 5f.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 6f.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, II2633.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 8.
- ↑ Berg, Herrengasse 15, 4.
- ↑ Burmeister, Herrengasse 17, 6f.
- ↑ Gschwind, Herrengasse 15 und 17, Dendrochronologie, 3.
- ↑ Burmeister, Herrengasse 17, 9ff.; Liste der Einzelmaßnahmen.
- ↑ Haupt, Herrengasse 17.