Truppendurchzüge im 16. Jahrhundert: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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===Vorbereitung des Durchzugs===
 
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In einem Schreiben des bayerischen Herzogs Maximilian I. an den Pfleger [https://www.deutsche-biographie.de/pnd136647715.html Ulrich von Preising]<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Preysing, Preysing, Ulrich|Preysing, Preysing, Ulrich]].</ref> sowie Bürgermeister und Rat zu Wasserburg vom 29. August 1594 teilte der Landesfürst dem Pfleger und der Stadt mit, dass das Kriegsvolk des Markgrafen Karl von Burgau, etwa 4.000 Mann, auf dem Wasserweg nach Ungarn unterwegs sei und es sein könne, dass die Truppen ihr Nachtlager bei Wasserburg aufschlagen, was ein Kommissar aber rechtzeitig ankündigen würde. Im Namen des Markgrafen befahl er, eine Verordnung zu erlassen sowie Vorkehrungen zu treffen, um das Kriegsvolk unterzubringen und gegen Bezahlung nach Gebühr mit Proviant zu versorgen.<ref>Herzog Maximilian I. an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, Befehl vom 29.8.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Im Folgenden entwickelte sich ein reger Schriftverkehr zwischen Stadt, Herzog, Pfleger und dem herzoglichen Rat Karl Khullmayr, welcher auch den von Maximilian I. genannten Kommissar darstellte. Die Stadt Wasserburg bat Khullmayr zunächst am 3. September 1594 darum, dass nicht das ganze Kriegsvolk auf eine Nacht bei ihnen abgesetzt werde, sondern es entweder auf andere Orte oder auf mehrere Nächte verteilt werde.<ref>Stadt Wasserburg an Karl Khullmayr am 3.9.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Eine Antwort ist leider nicht überliefert, weshalb die Stadt Wasserburg sich wohl als nächstes an den Herzog wandte. Sie fragte am 7. September 1594 bei ihm nach, ob das Kriegsvolk innerhalb oder außerhalb der Stadt vor der Innbrücke untergebracht werden solle, da dies aus dem Befehl nicht hervorgegangen sei. Auch wurde angemerkt, dass zu den 4.000 Soldaten zusätzlich 5.500 Frauen und Trosspersonen dazukämen. Die Stadt fürchtete das Ausbrechen eines Feuers aufgrund einer Unachtsamkeit, was angesichts der mit Holz gedeckten Häuser einen großen Schaden anrichten könnte. In der Vergangenheit wären durchziehende Truppen immer in den Stadeln, Häusern und Mühlen vor der Innbrücke untergebracht worden. Es wurde auch angeboten, zusätzliche Hütten und Küchen bzw. Kochstellen (''khuchel'') zu errichten.<ref>Stadt Wasserburg am 7.9.1594 an Herzog Maximilian I., [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Leider ist auch hier keine Antwort in den Beständen des Stadtarchivs Wasserburg überliefert. In zwei weiteren Schreiben zwischen der Stadt Wasserburg und Khullmayr vom 9. und 10. September 1594 wurde das konkrete Anlanden der Soldaten in Wasserburg und deren Verteilung auf die Quartiere besprochen. Der Vorschlag der Stadt, Khullmayr solle den Soldaten auf dem Inn eine halbe Meile entgegenfahren und sie dann zur Lände geleiten, wurde von diesem gut geheißen. Ebenso bat ihn die Stadt, dass Kommen der Soldaten einige Tage vorher anzukündigen.<ref>Stadt Wasserburg am 9.9.1594 an Karl Khullmayr, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> In seinem Schreiben vom 10. September 1594 teilte Khullmayr dann der Stadt mit, die ersten drei Fähnlein würden morgen nach Wasserburg abfahren.<ref>Karl Khullmayr am 10.9.1594 an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref>  
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In einem Schreiben des bayerischen Herzogs Maximilian I. an den Pfleger [https://www.deutsche-biographie.de/pnd136647715.html Ulrich von Preising]<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Preysing, Preysing, Ulrich|Preysing, Preysing, Ulrich]].</ref> sowie Bürgermeister und Rat zu Wasserburg vom 29. August 1594 teilte der Landesfürst dem Pfleger und der Stadt mit, dass das Kriegsvolk des Markgrafen Karl von Burgau, etwa 4.000 Mann, auf dem Wasserweg nach Ungarn unterwegs sei und es sein könne, dass die Truppen ihr Nachtlager bei Wasserburg aufschlagen, was ein Kommissar aber rechtzeitig ankündigen würde. Im Namen des Markgrafen befahl er, eine Verordnung zu erlassen sowie Vorkehrungen zu treffen, um das Kriegsvolk unterzubringen und gegen Bezahlung nach Gebühr mit Proviant zu versorgen.<ref>Herzog Maximilian I. an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, Befehl vom 29.8.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Im Folgenden entwickelte sich ein reger Schriftverkehr zwischen Stadt, Herzog, Pfleger und dem herzoglichen Rat Karl Khullmayr, welcher auch den von Maximilian I. genannten Kommissar darstellte. Die Stadt Wasserburg bat Khullmayr zunächst am 3. September 1594 darum, dass nicht das ganze Kriegsvolk auf eine Nacht bei ihnen abgesetzt werde, sondern es entweder auf andere Orte oder auf mehrere Nächte verteilt werde.<ref>Stadt Wasserburg an Karl Khullmayr am 3.9.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Eine Antwort ist leider nicht überliefert, weshalb die Stadt Wasserburg sich wohl als nächstes an den Herzog wandte. Sie fragte am 7. September 1594 bei ihm nach, ob das Kriegsvolk innerhalb oder außerhalb der Stadt vor der Innbrücke untergebracht werden solle, da dies aus dem Befehl nicht hervorgegangen sei. Auch wurde angemerkt, dass zu den 4.000 Soldaten zusätzlich 5.500 Frauen und Trosspersonen dazukämen. Die Stadt fürchtete das Ausbrechen eines Feuers aufgrund einer Unachtsamkeit, was angesichts der mit Holz gedeckten Häuser einen großen Schaden anrichten könnte. In der Vergangenheit wären durchziehende Truppen immer in den Stadeln, Häusern und Mühlen vor der Innbrücke untergebracht worden. Es wurde auch angeboten, zusätzliche Hütten und Küchen bzw. Kochstellen (''khuchel'') zu errichten.<ref>Stadt Wasserburg am 7.9.1594 an Herzog Maximilian I., [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> Leider ist auch hier keine Antwort in den Beständen des Stadtarchivs Wasserburg überliefert. In zwei weiteren Schreiben zwischen der Stadt Wasserburg und Khullmayr vom 9. und 10. September 1594 wurde das konkrete Anlanden der Soldaten in Wasserburg und deren Verteilung auf die Quartiere besprochen. Der Vorschlag der Stadt, Khullmayr solle den Soldaten auf dem Inn eine halbe Meile entgegenfahren und sie dann zur Lände geleiten, wurde von diesem gut geheißen. Ebenso bat ihn die Stadt, dass Kommen der Soldaten einige Tage vorher anzukündigen.<ref>Stadt Wasserburg am 9.9.1594 an Karl Khullmayr, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref> In seinem Schreiben vom 10. September 1594 teilte Khullmayr dann der Stadt mit, die ersten drei Fähnlein würden am darauffolgenden Tag nach Wasserburg abfahren.<ref>Karl Khullmayr am 10.9.1594 an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref>  
  
 
Parallel dazu erstellte die Stadt Wasserburg am 7. sowie 14. September 1594<ref>Im Stadtarchiv Wasserburg a. Inn liegen zwei Proviantregister vor. Wahrscheinlich wurde die Fassung vom 7.9.1594 an Khullmayr geschickt. Die Fassung vom 14.9.1594 könnte dann die endgültige Fassung bzw. Reinschrift sein. Im Folgenden wird sich auf diese zweite Fassung bezogen.</ref> eine Proviantordnung für die Truppen, welche ebenfalls die Zustimmung Khullmayrs fand. Dieses „proviant regisster“ listet detailliert die Aufgaben der einzelnen städtischen Ämterinhaber bzw. spezieller Verordneter auf.<ref>Proviantregister für die Truppen zu Fuß des Markgrafen von Burgau vom 14.9.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref>  
 
Parallel dazu erstellte die Stadt Wasserburg am 7. sowie 14. September 1594<ref>Im Stadtarchiv Wasserburg a. Inn liegen zwei Proviantregister vor. Wahrscheinlich wurde die Fassung vom 7.9.1594 an Khullmayr geschickt. Die Fassung vom 14.9.1594 könnte dann die endgültige Fassung bzw. Reinschrift sein. Im Folgenden wird sich auf diese zweite Fassung bezogen.</ref> eine Proviantordnung für die Truppen, welche ebenfalls die Zustimmung Khullmayrs fand. Dieses „proviant regisster“ listet detailliert die Aufgaben der einzelnen städtischen Ämterinhaber bzw. spezieller Verordneter auf.<ref>Proviantregister für die Truppen zu Fuß des Markgrafen von Burgau vom 14.9.1594, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348|StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348]].</ref>  
 
[[Datei:Proviantregister 1594 1.jpg|mini|Auszug aus dem Proviantregister vom 14. September 1594.]]
 
[[Datei:Proviantregister 1594 1.jpg|mini|Auszug aus dem Proviantregister vom 14. September 1594.]]
Drei Mitglieder des inneren Rats (Wolfgang Khüenperger, Caspar Reitter und Abraham Khern) wurden dazu verordnet, die Stadel, Provianthäuser und Hütten zu inspizieren. Da sie als erstes genannt werden, liegt die Vermutung nahe, dass ihnen damit auch eine Art Oberaufsicht über die Vorbereitung und Durchführung des Durchzugs übertragen wurde. Die Baumeister sollten die ''khucheln'', Zelte, Hütten und Provianthäuser errichten lassen, Holz zum Feuer machen und Stroh für die Hütten liefern lassen. Der Handelsmann Wolf Mair wurde dazu verordnet, bei Attel auf die ersten Fuhren über den Fluss ankommender Soldaten zu warten und sie zu der Lände zu geleiten. Zwei Bürger wurden zu Furieren<ref>Furier = Unteroffizier, der sich um Verpflegung und Quartier der Soldaten kümmert bzw. Bediensteter bei Hof, der für die Versorgung und Quartiere der Gäste zuständig ist. [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Krünitz, Art. Furier|Krünitz, Art. Furier]].</ref> ernannt und sollten die in die Stadt eingelassenen Offiziere sowie deren Pferde versorgen (''ein zufuriern verorndt'') und unterbringen. Der Stadtrichter und Stadtschreiber Georg Wallcher wurde beauftragt, die von den Schiffen gehenden Kommissare und Hauptleute darauf hinzuweisen, dass kein Schaden an den Stadeln, Häusern, Gärten, Äckern etc. angerichtet werde sowie dass man jedem ''umb eines zimblichen pfenning proviant'' geben werde. Danach folgen noch verschiedene Verordnete zu unterschiedlichen Aufgaben, u.a. Einkauf von Wein, Einnahme des Geldes für den ausgeschenkten Wein, wobei auch die Preise für den Wein genannt werden (ein Maß Traminer 10 Kreuzer<ref>Der Kreuzer (abgekürzt x.) war eine gängige Silbermünze im Wert von 4 Pfennigen. 60 Kreuzer ergaben 1 Gulden (abgekürzt fl.). Siehe hierzu [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Klüßendorf, Münzkunde|Klüßendorf, Münzkunde]], 87.</ref>, ein Maß Hepfwein 8 Kreuzer, ein Maß Osterwein 6 Kreuzer), Aufsicht beim Wein und an der Tür. Die Bierbrauer sollten das Bier selbst im Färberhaus vor der Innbrücke ausschenken. Ihnen wurden aber noch zwei Verordnete beigegeben, die auf die Brauer achten sollten, ''damit jedem sein maß vleissig gegeben, auch anndere sachen dabei ordenlich verricht werde''. Offensichtlich war der Stadt an einem korrekten Ausschank von Bier und Wein gelegen, um sowohl Klagen der Soldaten als auch alkoholbedingte Streitigkeiten zu vermeiden. Weitere Verordnete wurden beauftragt, Brot zu kaufen, dieses zu den Soldaten vor die Innbrücke (''hinaus'') zu liefern sowie das durch den Verkauf des Brots eingenommene Geld einzunehmen. Ähnlich wurde auch beim Fleisch vorgegangen, welches in einer ''khuchel beim stög'' gekocht wurde. Auch eine Geldwechselstube (''wexl hütten'')wurde eingerichtet. Die Fragner sollten Lebensmittel wie Käse, Zwiebeln, Schmalz, Salz und Obst ins Lager der Soldaten bringen und dort verkaufen. Kramer, Messerschmiede, Hafner<ref>Hafner = Handwerker, der Töpferwaren herstellt und Öfen baut (gleichbedeutend mit Töpfer). [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Hafner|Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Hafner]].</ref>, Schuster, Spengler und andere Handwerker sollten an einer genau bezeichneten Stelle ihre Hütten aufstellen, um ihre Dienste anzubieten. Die Zeugmeister sollten die Schützen und Bewohner der einzelnen Stadtviertel zu Wachdiensten auf der Mauer und den Türmen einteilen. Die Viertel- und Rottmeister wurden angewiesen, sobald die Sturmglocke läutet mit ihrer Rotte auf das Haus (vermutlich das Rathaus) zu kommen. Die Stadtmeister sollten Löschgeräte wie Eimer und Leitern in Bereitschaft halten, falls ein Brand ausbricht. Zu guter Letzt sollte der Bürgermeister befehlen, Eimer mit Wasser in den Häusern bereit zu stellen und (Brunnen-)Kästen zu den Brunnen bringen zu lassen.
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Drei Mitglieder des inneren Rats (Wolfgang Khüenperger, Caspar Reitter und Abraham Khern) wurden dazu verordnet, die Stadel, Provianthäuser und Hütten zu inspizieren. Da sie als erstes genannt werden, liegt die Vermutung nahe, dass ihnen damit auch eine Art Oberaufsicht über die Vorbereitung und Durchführung des Durchzugs übertragen wurde. Die Baumeister sollten die ''khucheln'', Zelte, Hütten und Provianthäuser errichten lassen, Holz zum Feuer machen und Stroh für die Hütten liefern lassen. Der Handelsmann Wolf Mair wurde dazu verordnet, bei Attel auf die ersten Fuhren über den Fluss ankommender Soldaten zu warten und sie zu der Lände zu geleiten. Zwei Bürger wurden zu Furieren<ref>Furier = Unteroffizier, der sich um Verpflegung und Quartier der Soldaten kümmert bzw. Bediensteter bei Hof, der für die Versorgung und Quartiere der Gäste zuständig ist. [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Krünitz, Art. Furier|Krünitz, Art. Furier]].</ref> ernannt und sollten die in die Stadt eingelassenen Offiziere sowie deren Pferde versorgen (''ein zufuriern verorndt'') und unterbringen. Der Stadtrichter und Stadtschreiber Georg Wallcher wurde beauftragt, die von den Schiffen gehenden Kommissare und Hauptleute darauf hinzuweisen, dass kein Schaden an den Stadeln, Häusern, Gärten, Äckern etc. angerichtet werde sowie dass man jedem ''umb eines zimblichen pfenning proviant'' geben werde. Danach folgen noch verschiedene Verordnete zu unterschiedlichen Aufgaben, u.a. Einkauf von Wein, Einnahme des Geldes für den ausgeschenkten Wein, wobei auch die Preise für den Wein genannt werden (ein Maß Traminer 10 Kreuzer<ref>Der Kreuzer (abgekürzt x.) war eine gängige Silbermünze im Wert von 4 Pfennigen. 60 Kreuzer ergaben 1 Gulden (abgekürzt fl.). Siehe hierzu [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Klüßendorf, Münzkunde|Klüßendorf, Münzkunde]], 87.</ref>, ein Maß Hepfwein 8 Kreuzer, ein Maß Osterwein 6 Kreuzer), Aufsicht beim Wein und an der Tür. Die Bierbrauer sollten das Bier selbst im Färberhaus vor der Innbrücke ausschenken. Ihnen wurden aber noch zwei Verordnete beigegeben, die auf die Brauer achten sollten, ''damit jedem sein maß vleissig gegeben, auch anndere sachen dabei ordenlich verricht werde''. Offensichtlich war der Stadt an einem korrekten Ausschank von Bier und Wein gelegen, um sowohl Klagen der Soldaten als auch alkoholbedingte Streitigkeiten zu vermeiden. Weitere Verordnete wurden beauftragt, Brot zu kaufen, dieses zu den Soldaten vor die Innbrücke (''hinaus'') zu liefern sowie das durch den Verkauf des Brots eingenommene Geld einzunehmen. Ähnlich wurde auch beim Fleisch vorgegangen, welches in einer ''khuchel beim stög'' gekocht wurde. Auch eine Geldwechselstube (''wexl hütten'')wurde eingerichtet. Die Fragner sollten Lebensmittel wie Käse, Zwiebeln, Schmalz, Salz und Obst ins Lager der Soldaten bringen und dort verkaufen. Kramer, Messerschmiede, Hafner<ref>Hafner = Handwerker, der Töpferwaren herstellt und Öfen baut (gleichbedeutend mit Töpfer). [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Hafner|Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Hafner]].</ref>, Schuster, Spengler und andere Handwerker sollten an einer genau bezeichneten Stelle ihre Hütten aufstellen, um ihre Dienste anzubieten. Die Zeugmeister sollten die Schützen und Bewohner der einzelnen Stadtviertel zu Wachdiensten auf der Mauer und den Türmen einteilen. Die Viertel- und Rottmeister wurden angewiesen, sobald die Sturmglocke läutet mit ihrer Rotte auf das Haus (vermutlich das Rathaus) zu kommen. Die Stadtmeister sollten Löschgeräte wie Eimer und Leitern in Bereitschaft halten, falls ein Brand ausbricht. Zu guter Letzt sollte der Bürgermeister befehlen, Eimer mit Wasser in den Häusern bereit zu stellen und (Brunnen-) Kästen zu den Brunnen bringen zu lassen.
  
Die detaillierte Regelung der Bereitstellung von Proviant, aber auch allgemein der Durchführung des Truppendurchzugs überrascht. Es scheint fast, als hätte jeder Bürger der Stadt eine Aufgabe, um den Durchzug so reibungslos wie möglich vonstattengehen zu lassen. Die Stadt Wasserburg war offensichtlich sehr bemüht, nichts dem Zufall zu überlassen, sondern alles bis ins kleinste Detail zu regeln. Ob hier frühere, weniger geordnete Truppendurchzüge als Negativbeispiele dienten und die Stadt zu dieser genauen Planung anregten, lässt sich leider nicht sagen. Die negativen Berichte über Durchzüge und Einquartierungen legen jedoch den Schluss nahe, dass die Stadt gut daran tat, den Durchzug der Truppen so genau wie möglich zu regeln und zu organisieren, um Unversehrtheit zu befördern.  
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Die detaillierte Regelung der Bereitstellung von Proviant, aber auch allgemein der Durchführung des Truppendurchzugs überrascht. Es scheint fast, als hätte jeder Bürger der Stadt eine Aufgabe, um den Durchzug so reibungslos wie möglich vonstattengehen zu lassen. Die Stadt Wasserburg war offensichtlich sehr bemüht, nichts dem Zufall zu überlassen, sondern alles bis ins kleinste Detail zu regeln. Ob hier frühere, weniger geordnete Truppendurchzüge als Negativbeispiele dienten und die Stadt zu dieser genauen Planung anregten, lässt sich leider nicht sagen. Die negativen Berichte über Durchzüge und Einquartierungen legen jedoch den Schluss nahe, dass die Stadt gut daran tat, den Durchzug der Truppen so genau wie möglich zu regeln und zu organisieren, um deren Unversehrtheit zu gewährleisten.  
  
 
===Versorgung der Soldaten===
 
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Aktuelle Version vom 17. Februar 2020, 16:44 Uhr

Autor: Christoph Gampert

Truppendurchzüge im 16. Jahrhundert

Einführung

Der Begriff Truppendurchzüge ist auf den ersten Blick selbsterklärend. Krünitz,[1] ein deutscher Enzyklopädist des 18. Jahrhunderts, versteht darunter schlichtweg das Durchreisen von Soldaten und Truppen.[2] Dieser an sich simple Vorgang eines Durchziehens oder Durchmarschierens militärischer Einheiten blieb jedoch für die davon betroffenen Gebiete nicht ohne Folgen. Die Soldaten benötigten auf Ihrer Durchreise Lebensmittel und Übernachtungsmöglichkeiten, zum Teil auch Transportmöglichkeiten wie Schiffe, wenn sie auf dem Wasserweg unterwegs waren oder Karren, Wagen und Zugtiere, um Artillerie, Kriegsmaterial und Lebensmittel zu transportieren. Allerdings bestand für die betroffenen Gebiete und deren Bevölkerung immer auch die Gefahr, Opfer von Gewalt, Plünderung und Willkür der Soldaten zu werden. Neben der Versorgungspflicht der Truppen kam deshalb dem Schutz der eigenen Bevölkerung eine große Bedeutung bei den lokalen Verantwortungsträgern zu.

Truppendurchzüge in Wasserburg

Auch Wasserburg war immer wieder von Truppendurchzügen betroffen, was an der verkehrsgünstigen Lage der Stadt lag. Im Folgenden soll möglichst anschaulich dargestellt werden, wie solche Durchzüge im 16. Jahrhundert abliefen, welche Aufgaben auf die Wasserburger Stadtverwaltung (Bürgermeister, Rat, Ämterinhaber) zukamen, inwiefern die Bevölkerung davon betroffen war und welche Folgen, positive wie negative, die Durchzüge hatten. Das Stadtarchiv Wasserburg bietet hierzu glücklicherweise eine ausgesprochen reichhaltige Überlieferung. Für die Jahre 1532[3], 1541[4], 1542[5], 1543[6], 1546[7], 1551[8], 1552[9], 1566[10], 1594[11], 1595[12] und 1599[13] sind Truppendurchzüge in Wasserburg belegt.

Die Truppendurchzüge stehen dabei im Zusammenhang mit den Kriegen und Feldzügen der habsburgischen Kaiser, insbesondere den Türkenkriegen,[14] aber auch den Kriegen gegen Frankreich und den konfessionellen Auseinandersetzungen im Reich (Schmalkaldischer Krieg 1546,[15] Fürstenaufstand 1551/1552[16]).

Im Folgenden sollen der Truppendurchzug des tirolischen Kriegsvolks unter Markgraf Karl von Burgau[17] 1594, welches auf dem Wasserweg nach Ungarn zog, und der Durchzug italienischen Kriegsvolks 1595 ausführlicher behandelt werden.

Der Truppendurchzug des tirolischen Kriegsvolks unter Markgraf Karl von Burgau 1594

Vorbereitung des Durchzugs

In einem Schreiben des bayerischen Herzogs Maximilian I. an den Pfleger Ulrich von Preising[18] sowie Bürgermeister und Rat zu Wasserburg vom 29. August 1594 teilte der Landesfürst dem Pfleger und der Stadt mit, dass das Kriegsvolk des Markgrafen Karl von Burgau, etwa 4.000 Mann, auf dem Wasserweg nach Ungarn unterwegs sei und es sein könne, dass die Truppen ihr Nachtlager bei Wasserburg aufschlagen, was ein Kommissar aber rechtzeitig ankündigen würde. Im Namen des Markgrafen befahl er, eine Verordnung zu erlassen sowie Vorkehrungen zu treffen, um das Kriegsvolk unterzubringen und gegen Bezahlung nach Gebühr mit Proviant zu versorgen.[19] Im Folgenden entwickelte sich ein reger Schriftverkehr zwischen Stadt, Herzog, Pfleger und dem herzoglichen Rat Karl Khullmayr, welcher auch den von Maximilian I. genannten Kommissar darstellte. Die Stadt Wasserburg bat Khullmayr zunächst am 3. September 1594 darum, dass nicht das ganze Kriegsvolk auf eine Nacht bei ihnen abgesetzt werde, sondern es entweder auf andere Orte oder auf mehrere Nächte verteilt werde.[20] Eine Antwort ist leider nicht überliefert, weshalb die Stadt Wasserburg sich wohl als nächstes an den Herzog wandte. Sie fragte am 7. September 1594 bei ihm nach, ob das Kriegsvolk innerhalb oder außerhalb der Stadt vor der Innbrücke untergebracht werden solle, da dies aus dem Befehl nicht hervorgegangen sei. Auch wurde angemerkt, dass zu den 4.000 Soldaten zusätzlich 5.500 Frauen und Trosspersonen dazukämen. Die Stadt fürchtete das Ausbrechen eines Feuers aufgrund einer Unachtsamkeit, was angesichts der mit Holz gedeckten Häuser einen großen Schaden anrichten könnte. In der Vergangenheit wären durchziehende Truppen immer in den Stadeln, Häusern und Mühlen vor der Innbrücke untergebracht worden. Es wurde auch angeboten, zusätzliche Hütten und Küchen bzw. Kochstellen (khuchel) zu errichten.[21] Leider ist auch hier keine Antwort in den Beständen des Stadtarchivs Wasserburg überliefert. In zwei weiteren Schreiben zwischen der Stadt Wasserburg und Khullmayr vom 9. und 10. September 1594 wurde das konkrete Anlanden der Soldaten in Wasserburg und deren Verteilung auf die Quartiere besprochen. Der Vorschlag der Stadt, Khullmayr solle den Soldaten auf dem Inn eine halbe Meile entgegenfahren und sie dann zur Lände geleiten, wurde von diesem gut geheißen. Ebenso bat ihn die Stadt, dass Kommen der Soldaten einige Tage vorher anzukündigen.[22] In seinem Schreiben vom 10. September 1594 teilte Khullmayr dann der Stadt mit, die ersten drei Fähnlein würden am darauffolgenden Tag nach Wasserburg abfahren.[23]

Parallel dazu erstellte die Stadt Wasserburg am 7. sowie 14. September 1594[24] eine Proviantordnung für die Truppen, welche ebenfalls die Zustimmung Khullmayrs fand. Dieses „proviant regisster“ listet detailliert die Aufgaben der einzelnen städtischen Ämterinhaber bzw. spezieller Verordneter auf.[25]

Auszug aus dem Proviantregister vom 14. September 1594.

Drei Mitglieder des inneren Rats (Wolfgang Khüenperger, Caspar Reitter und Abraham Khern) wurden dazu verordnet, die Stadel, Provianthäuser und Hütten zu inspizieren. Da sie als erstes genannt werden, liegt die Vermutung nahe, dass ihnen damit auch eine Art Oberaufsicht über die Vorbereitung und Durchführung des Durchzugs übertragen wurde. Die Baumeister sollten die khucheln, Zelte, Hütten und Provianthäuser errichten lassen, Holz zum Feuer machen und Stroh für die Hütten liefern lassen. Der Handelsmann Wolf Mair wurde dazu verordnet, bei Attel auf die ersten Fuhren über den Fluss ankommender Soldaten zu warten und sie zu der Lände zu geleiten. Zwei Bürger wurden zu Furieren[26] ernannt und sollten die in die Stadt eingelassenen Offiziere sowie deren Pferde versorgen (ein zufuriern verorndt) und unterbringen. Der Stadtrichter und Stadtschreiber Georg Wallcher wurde beauftragt, die von den Schiffen gehenden Kommissare und Hauptleute darauf hinzuweisen, dass kein Schaden an den Stadeln, Häusern, Gärten, Äckern etc. angerichtet werde sowie dass man jedem umb eines zimblichen pfenning proviant geben werde. Danach folgen noch verschiedene Verordnete zu unterschiedlichen Aufgaben, u.a. Einkauf von Wein, Einnahme des Geldes für den ausgeschenkten Wein, wobei auch die Preise für den Wein genannt werden (ein Maß Traminer 10 Kreuzer[27], ein Maß Hepfwein 8 Kreuzer, ein Maß Osterwein 6 Kreuzer), Aufsicht beim Wein und an der Tür. Die Bierbrauer sollten das Bier selbst im Färberhaus vor der Innbrücke ausschenken. Ihnen wurden aber noch zwei Verordnete beigegeben, die auf die Brauer achten sollten, damit jedem sein maß vleissig gegeben, auch anndere sachen dabei ordenlich verricht werde. Offensichtlich war der Stadt an einem korrekten Ausschank von Bier und Wein gelegen, um sowohl Klagen der Soldaten als auch alkoholbedingte Streitigkeiten zu vermeiden. Weitere Verordnete wurden beauftragt, Brot zu kaufen, dieses zu den Soldaten vor die Innbrücke (hinaus) zu liefern sowie das durch den Verkauf des Brots eingenommene Geld einzunehmen. Ähnlich wurde auch beim Fleisch vorgegangen, welches in einer khuchel beim stög gekocht wurde. Auch eine Geldwechselstube (wexl hütten)wurde eingerichtet. Die Fragner sollten Lebensmittel wie Käse, Zwiebeln, Schmalz, Salz und Obst ins Lager der Soldaten bringen und dort verkaufen. Kramer, Messerschmiede, Hafner[28], Schuster, Spengler und andere Handwerker sollten an einer genau bezeichneten Stelle ihre Hütten aufstellen, um ihre Dienste anzubieten. Die Zeugmeister sollten die Schützen und Bewohner der einzelnen Stadtviertel zu Wachdiensten auf der Mauer und den Türmen einteilen. Die Viertel- und Rottmeister wurden angewiesen, sobald die Sturmglocke läutet mit ihrer Rotte auf das Haus (vermutlich das Rathaus) zu kommen. Die Stadtmeister sollten Löschgeräte wie Eimer und Leitern in Bereitschaft halten, falls ein Brand ausbricht. Zu guter Letzt sollte der Bürgermeister befehlen, Eimer mit Wasser in den Häusern bereit zu stellen und (Brunnen-) Kästen zu den Brunnen bringen zu lassen.

Die detaillierte Regelung der Bereitstellung von Proviant, aber auch allgemein der Durchführung des Truppendurchzugs überrascht. Es scheint fast, als hätte jeder Bürger der Stadt eine Aufgabe, um den Durchzug so reibungslos wie möglich vonstattengehen zu lassen. Die Stadt Wasserburg war offensichtlich sehr bemüht, nichts dem Zufall zu überlassen, sondern alles bis ins kleinste Detail zu regeln. Ob hier frühere, weniger geordnete Truppendurchzüge als Negativbeispiele dienten und die Stadt zu dieser genauen Planung anregten, lässt sich leider nicht sagen. Die negativen Berichte über Durchzüge und Einquartierungen legen jedoch den Schluss nahe, dass die Stadt gut daran tat, den Durchzug der Truppen so genau wie möglich zu regeln und zu organisieren, um deren Unversehrtheit zu gewährleisten.

Versorgung der Soldaten

Eine weitere interessante Erkenntnis ist, dass die Soldaten nicht auf Kosten der Stadt, in der sie lagerten, versorgt wurden, sondern dass sie ihre Verpflegung selbst kaufen und bezahlen mussten. Dies zeigt schon das obige Zitat, den Soldaten werde umb eines zimblichen pfenning proviant gegeben. Dies bedeutete nichts anderes, als dass den Soldaten gegen eine angemessene Bezahlung Proviant geliefert wird. Dass der Stadtrichter und Stadtschreiber beauftragt wurde, diese Informationen den Hauptleuten und Kommissaren des Kriegsvolks zu übermitteln, unterstreicht zusätzlich die Bedeutung. Einer der höchsten Amtsträger in der Stadt kommunizierte dies an die wichtigsten Befehlshaber und Verantwortungsträger der durchziehenden Truppe. Eine ausführliche Liste der Preise für Lebensmittel sowie der Gewichte für Brot beweist dies.[29] Es werden zunächst die Gewichte der einzelnen Brot- und Gebäcksorten, getrennt nach Weizen- und Roggenbrot, aufgeführt.

Verzeichnis der Preise für Lebensmittel 1594.

Beim Weizenbrot sollte ein khreizer laib, also ein Laib Brot im Wert von 1 Kreuzer, 16 Lot[30] wiegen. Ein pfenning laibl Roggenbrot (ein Laib Roggenbrot im Wert 1 Pfennigs) sollte 54 Lot wiegen. Anschließend werden die Preise für die verschiedenen Sorten Fleisch und Getränke aufgeführt. Ein Pfund rohes Rindfleisch kostete demnach 2 Kreuzer, ein Pfund Kalbfleisch, wellches aber der zeiten nit zubekommen, 5 Schwarzpfennige[31] und für fünf Eier zahlte man 1 Kreuzer. Beim Wein finden sich Änderungen, die die Beträge manchmal schwer lesbar machen. Offensichtlich wurden die Preise reduziert. Eine Maß Welschwein sollte ursprünglich 12 Kreuzer kosten, wurde aber auf 10 Kreuzer vergünstigt. Der Preis für eine Maß Osterwein wurde von 7 auf 6 Kreuzer gesenkt. Dies entsprach auch der damaligen 'Rechtslage', war doch auf dem Reichstag zu Speyer 1570 beschlossen worden, dass die kaiserlichen Truppen von Reichsuntertanen nichts ohne Bezahlung nehmen und diese nicht durch Plünderungen oder ähnliches beschweren durften. Bei Soldmangel sollten den Wirten bzw. Gastgebern Quittungen ausgestellt und die Kosten anschließend vom Sold der Soldaten abgezogen werden.[32] Wie dies in der Praxis funktionierte, kann an dieser Stelle leider nicht beurteilt werden, da keine Berichte über die Truppendurchzüge im Stadtarchiv Wasserburg überliefert sind. Eines zeigt diese Episode aus der Wasserburger Stadtgeschichte auf jeden Fall klar und deutlich: Truppendurchzüge wurden von der städtischen Obrigkeit detailliert organisiert und geregelt, wobei die aktuelle 'Rechtslage' bekannt war.

Der Durchzug italienischen Kriegsvolks 1595

Vorbereitung des Durchzugs

Erlass einer Ordnung

Im Folgejahr zog italienisches Kriegsvolk durch Wasserburg, das im Osten des Reiches gegen die Türken kämpfen sollte. Hierzu wurde am 4. Juli 1595 eine Ordnung erstellt, wie es mit der Versorgung der Truppen zu halten sei.[33] Dabei handelt es sich um ein Verzeichnis der Preise für die einzelnen Lebensmittel.

Ordnung für das italienische Kriegsvolk, 1595.

So kostete beispielsweise eine Maß österreichischer Wein 6 Kreuzer, ein Pfund einfacher Käse 2 Kreuzer, ein Pfund Schmalz 7 Kreuzer und ein Pfund Rindfleisch 2 Kreuzer. Am Ende wurden auch die Werte der einzelnen ausländischen Münzsorten aufgeführt. So sollte eine Goldkrone[34] 94 Kreuzer gelten, 1 venezianischer Dukat oder Silberkrone[35] 84 Kreuzer und ein ainfacher wellischer pfundtner[36] 12 Kreuzer. Unterschrieben ist das Dokument vom Generalkommissar Joan Baptista Doria mit dem Zusatz in wellischer schrifft (…) hergeben und mit aigner handt undterschriben.[37] Dies bedeutet, dass Doria eine Fassung der Ordnung in italienischer Sprache unterschrieben hatte, wovon das vorliegende Schriftstück demnach eine Abschrift und Übersetzung ins Deutsche darstellen dürfte. Im Stadtarchiv Wasserburg a. Inn liegen übrigens die deutsche und die italienische Fassung vor. Interessant ist dabei, dass die Ordnung der Preise offensichtlich nicht von der Stadt Wasserburg erlassen wurde wie noch im Vorjahr beim Durchzug des tirolischen Kriegsvolks. Dafür spricht die Formulierung, Doria habe diese Ordnung hergeben, also der Stadt übergeben und zusätzlich auch mit seinem Siegel versehen. Auch findet sich im Stadtarchiv Wasserburg weder in dieser Akte noch in benachbarten Akten ein Schreiben der Stadt, das als Vorbild für Dorias Preisliste gelten könnte. Es ist somit klar festzustellen, dass in diesem Fall der Stadt Wasserburg vom Kommissar der durchziehenden Truppen vorgegeben wurde, wie viel Geld die Soldaten für die einzelnen Lebensmittel bezahlen sollten. Weitere Korrespondenz zwischen Doria und der Stadt Wasserburg ist leider nicht überliefert, so dass der genaue Vorgang nicht abschließend aufgeklärt werden kann. Allerdings ist der Unterschied zum Durchzug des tirolischen Kriegsvolks, bei dem die Stadt die Organisation klar und fest in ihrer Hand behielt, sehr deutlich.

Beschaffung der für die durchziehenden Soldaten benötigten Lebensmittel

Die Stadt Wasserburg war in der Folge sehr darum bemüht, die benötigten Lebensmittel aufzutreiben, wobei sie aber auf die Mithilfe der benachbarten Landgerichte angewiesen war. In einem Schreiben vom 19. August 1595 bat sie um die Lieferung von Eiern.[38] Aus Mangel an Schaffleisch schickte die Stadt Wasserburg zwei Metzger in die umliegenden Landbezirke, um Schafe und anderes Vieh zu kaufen. Dafür stellte die Stadt am 11. Juli eine Urkunde aus, die insgesamt viermal vorliegt. Darin bat die Stadt Wasserburg die Obrigkeiten der benachbarten Landgerichte, den Metzgern und Bürgern, welche diesen Schein vorzeigten, einen Amtmann zu schicken, der mit ihnen in die Häuser der Untertanen ging, um Vieh kaufen zu können.[39] Mit dem selben Datum liegt auch eine Urkunde des Landrichters von Haag, Georg Pettenpeckh, vor, in welcher er es dem Wasserburger Fragner[40] Hanns Auer gestattete, in der Grafschaft Haag Eier, Schmalz und ähnliche Viktualien gegen gebührliche Bezahlung zu kaufen und nach Wasserburg zu bringen, um dort die durchziehenden Truppen zu versorgen.[41] Der Landrichter von Kling, Georg Hellmayr, befahl einen Tag später in einer Urkunde, dem Wasserburger Metzger Hanns Winckhler Schafe, Kälber und anderes Vieh gegen gebür- unnd leidenliche Bezahlung zu verkaufen.[42]

Kosten des Durchzugs

Höchstwahrscheinlich entstand in diesem Zusammenhang auch die Haubt Rechnung und Summarische Beschreibung aller Ausgaben und Uncosten eines Durchzugs italienischer Truppen, die in päpstlichen Diensten standen, und kaiserlicher Truppen unter dem Herzog von Mantua, die mit 300 Pferden und 22 Fähnlein[43] Fußvolk zehn Nächte in Wasserburg lagen.[44] Es werden auf mehreren Seiten, die zu einem kleinen Heft in Halbfolio-Format zusammengebunden sind, alle entstandenen Ausgaben und Unkosten aufgeführt. Die Gesamtsumme, die am Ende gebildet wird, beträgt 149 Gulden 30 ¾ x. Unterschrieben ist die Abrechnung von den beiden Stadtkämmerern Abraham Khern und Anndre Planckh.

Auszug aus der Abrechnung der Ausgaben für den Durchzug der italienischen Truppen, 1595.

Die Rechnung gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil umfasst Unkosten für profiandtierung, also Proviant für Mensch und Tier, der zweite Teil listet andere allerlaj Unkosten auf. Im ersten Teil finden sich Ausgaben für Hafer, Heu und Stroh sowie Fleisch, Schmalz, Lebendvieh und Wein, aber auch Zahlungen an den obersten städtischen Verordneten über das Brot. Insgesamt belaufen sich diese Proviantkosten auf 92 Gulden 31 ¾ x. Im zweiten Teil werden unter anderem Botenlöhne, Kosten für Reisen von Bürgern (wahrscheinlich Ratsherren) im Auftrag der Stadt an verschiedene Orte (München, Rosenheim, Hall), Kosten für einen Trommler und einen französischen Dolmetscher, Trinkgelder für verschiedene Bürger, die Dienste geleistet hatten sowie eine Verehrung für einen Rosenheimer Bürger, der der Stadt mitgeteilt hatte, wann das Kriegsvolk ankommt, verzeichnet. Insgesamt belaufen sich diese Kosten auf 56 Gulden 59 x. Eine zweite Rechnung erfasst die Kosten für Fleisch, das von den Metzgern genommen und dann, teils gekocht, teils roh, den Soldaten verkauft wurde.[45] Die Rechnung beginnt mit dem ersten Nachtlager vom 10. und 11. Juli 1595 und verzeichnet, welche Menge Fleisch (in diesem Fall Schaf- und Kalbfleisch) zu welchem Preis von den Metzgern gekauft wurde.

Auszug aus der Rechnung über das Fleisch für die Soldaten, 1595.

Es folgen die weiteren Nachtlager am 15./16. Juli, 24./25. Juli, 27. Juli und 27. August. Insgesamt wurden 1973 ½ Pfund Fleisch für 65 Gulden 14 x. 2 d.[46] gekauft. Es folgt nun in einem zweiten Teil der Verkauf des Fleisches und der daraus erzielte Erlös. Wieder werden die einzelnen, insgesamt fünf Nachtlager nacheinander aufgeführt. Das Fleisch wird jeweils an die Verordneten in den Küchen und die Verordneten für das rohe Fleisch verkauft, insgesamt werden so für die gesamte Fleischmenge 66 Gulden 37 x. erlöst. Es folgen noch Ausgaben für Verpflegung der Verordneten, so dass die Rechnung am Ende mit einem Minus von 1 Gulden 13 x. 1 d. schließt, welches vom Rat der Stadt zu erstatten ist. Da in der Rechnung auch Botenlöhne für die Zustellung von Schreiben an die Richter zu Kling und Haag enthalten sind, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um die Abrechnung der Kosten des Durchzugs des italienischen Kriegsvolks handelt. Die Botenlöhne würden sich dann auf die Urkunden der Stadt Wasserburg vom 11. Juli 1595 beziehen, welche nachweislich den Landrichtern zu Kling und Haag zugestellt wurden, da diese entsprechende Urkunden für Wasserburger Bürger erließen. Die Haubt Rechnung lässt darauf schließen, dass die Beschaffung von Lebensmitteln erfolgreich verlief, immerhin konnte man fast 2.000 Pfund Fleisch ankaufen.

Leider fehlen auch hier Quellen, aus denen sich schließen lässt, wie der Durchzug der italienischen Truppen tatsächlich ablief und ob es zu Plünderungen oder Sachbeschädigungen durch die Soldaten kam oder nicht. Interessant ist jedoch, wie intensiv die Stadt Wasserburg daran arbeitete, ausreichend Lebensmittel zur Versorgung der durchziehenden Truppen zu akquirieren, ein Vorgang, der beim Durchzug des tirolischen Kriegsvolks im Vorjahr keine Rolle spielte. Ob es ein warnendes Negativbeispiel gab, das die Stadt zu diesen Maßnahmen motivierte, muss leider mangels Quellen offen bleiben.

Fazit

Eine Gemeinsamkeit verbindet die beiden Durchzüge jedenfalls, nämlich die umfangreiche und detaillierte Planung, Vorbereitung und Organisation des Durchzugs seitens der Stadt Wasserburg. Es wurde nichts dem Zufall überlassen, man wollte auf alles vorbereitet sein, um Probleme, wie Plünderungen oder Zerstörungen durch die Soldaten, zu vermeiden. Die Zusammenarbeit mit den militärischen Verantwortungsträgern wurde aktiv gesucht und führte auch zu Ergebnissen, wie der Ordnung der Lebensmittelpreise von Joan Baptista Doria.


Empfohlene Zitierweise:
Christoph Gampert, Truppendurchzüge im 16. Jahrhundert, publiziert am 17.02.2020 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Truppendurchz%C3%BCge_im_16._Jahrhundert (19.04.2024)


  1. Weber, Johann Georg Krünitz.
  2. Krünitz, Art. Durchzug.
  3. Durchzug kaiserlicher Söldner von 1532, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b350.
  4. Durchzug kaiserlicher Söldner von 1541, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b350.
  5. Durchzug und Nachtlager italienischer Söldner von 1542, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b355./ Ordnung der Stadt Wasserburg gegen durchziehende italienische Söldner von 1542, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b393.
  6. Durchzug und Nachtlager italienischer Söldner von 1543, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b355.
  7. Durchzug italienischer Söldner von 1546, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b351./ Ausgaben an Brot und Fleisch für kaiserliche Söldner von 1546, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b353.
  8. Nachtlager kaiserlicher Söldner von 1551, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b354.
  9. Nachtlager kaiserlicher Söldner von 1552, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b354.
  10. Durchzug kaiserlicher Söldner von 1566, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b354.
  11. Dokumente zu diesem Durchzug, der im Folgenden ausführlich behandelt wird, finden sich unter der Signatur StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  12. Dokumente zu diesem Durchzug, der im Folgenden ausführlich behandelt wird, finden sich unter den Signaturen StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348 und StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  13. Durchzug kaiserlicher Söldner von 1599, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b354.
  14. Barbarics-Hermanik, Türkengefahr.
  15. historicum.net, Schmalkaldischer Krieg.
  16. historicum.net, Fürstenaufstand.
  17. Benedikt, Karl Markgraf von Burgau.
  18. Preysing, Preysing, Ulrich.
  19. Herzog Maximilian I. an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, Befehl vom 29.8.1594, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  20. Stadt Wasserburg an Karl Khullmayr am 3.9.1594, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  21. Stadt Wasserburg am 7.9.1594 an Herzog Maximilian I., StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  22. Stadt Wasserburg am 9.9.1594 an Karl Khullmayr, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  23. Karl Khullmayr am 10.9.1594 an Pfleger Ulrich Preysing und die Stadt Wasserburg, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  24. Im Stadtarchiv Wasserburg a. Inn liegen zwei Proviantregister vor. Wahrscheinlich wurde die Fassung vom 7.9.1594 an Khullmayr geschickt. Die Fassung vom 14.9.1594 könnte dann die endgültige Fassung bzw. Reinschrift sein. Im Folgenden wird sich auf diese zweite Fassung bezogen.
  25. Proviantregister für die Truppen zu Fuß des Markgrafen von Burgau vom 14.9.1594, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  26. Furier = Unteroffizier, der sich um Verpflegung und Quartier der Soldaten kümmert bzw. Bediensteter bei Hof, der für die Versorgung und Quartiere der Gäste zuständig ist. Krünitz, Art. Furier.
  27. Der Kreuzer (abgekürzt x.) war eine gängige Silbermünze im Wert von 4 Pfennigen. 60 Kreuzer ergaben 1 Gulden (abgekürzt fl.). Siehe hierzu Klüßendorf, Münzkunde, 87.
  28. Hafner = Handwerker, der Töpferwaren herstellt und Öfen baut (gleichbedeutend mit Töpfer). Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Hafner.
  29. Verzeichnis, wie die Verpflegung für das tirolische Kriegsvolk anzuschlagen ist von 1594, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  30. Ein Lot ist eine alte Gewichtseinheit. 1 Lot = 1/32 Pfund (ca. 17,5g). Siehe Klüßendorf, Münzkunde, 66.
  31. Unter einem Schwarzpfennig verstand man einen minderwertigen Pfennig mit geringerem Silbergehalt und höherem Kupferanteil, welcher mit der Zeit zu einem schwarzen Verfärben führte, z.B. österreichische Schinderlinge.
  32. Senckenberg, Sammlung der Reichsabschiede, 330 und 338.
  33. Verzeichnis und Ordnung für das italienische Kriegsvolk vom 4.7.1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  34. Unter Goldkrone sind wahrscheinlich burgundische, französische oder niederländische Goldmünzen, auch Sonnenkronen genannt, zu verstehen. Siehe Römischer Kayserlicher, auch zu Hungern vnnd Behaim, [et]c. Khü. May. [et]c. Ertzhertzogen zu Osterreich [et]c. Newe Müntz Ordnung Sampt Valuirung der Gulden vnd Silbern Müntzen, Vnd darauff erfolgtem Edict, zu Wienn alles im Jahr M. D. LX. auffgericht vnd außgangen, fol. XXV. Siehe auch Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Goldkrone.
  35. Der venezianische Dukat, auch Zecchino genannt, war eine Goldmünze, die seit 1284 in Venedig geprägt wurde. Nach der Reichsmünzordnung von 1559 war er 104 Kreuzer wert. Siehe Klüßendorf, Münzkunde, 83-85 und 89f. Der Begriff Silberkrone war leider nicht aufzulösen.
  36. Pfundner = eine in Hall in Tirol geprägte Münze im Wert von 240 Veroneser Pfennigen (= 1 Pfund Pfennige). numispedia, Pfundner.
  37. StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  38. Stadt Wasserburg am 19.8.1595 an die benachbarten Landgerichte, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  39. Urkunde der Stadt Wasserburg vom 11.7.1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  40. Fragner = Kleinhändler. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Fragner.
  41. Urkunde des Georg Pettenpekh, Landrichter zum Haag, vom 11.7.1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  42. Befehl des Landrichters zu Kling, Georg Hellmayr, vom 12.7.1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b349.
  43. Ein Fähnlein war die kleinste Einheit der Infanterie (in der Regel 300 Mann), gleichbedeutend mit dem Begriff Kompanie (Meyers Großes Konversations-Lexikon, Art. Fähnlein). Unter Pferden sind in der Regel Reiter, also Kavalleristen, zu verstehen.
  44. Haubt Rechnung und Summarische Beschreibung aller Ausgaben und Uncosten des Durchzugs der Truppen des Herzogs von Mantua, Rechnung von 1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  45. Rechnung über das an das italienische Kriegsvolk gelieferte Fleisch von 1595, StadtA Wasserburg a. Inn, I1b348.
  46. d. = Abkürzung für Pfennig (von lat. denarius).