Neues Mauthaus
Autor: Gerald Dobler
Neues Mauthaus (auch Irlbeckhaus, Schmidzeile 2)
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Einführung
Das stattliche Haus mit der alten Hausnummer 93 befindet sich an der nordwestlichen Ecke des Marktplatzes, des heutigen Marienplatzes, in der Ecke zwischen dem unteren Ende der Schmidzeile, der einzigen alten Zufahrt zur Stadt über die Burg von Westen her und der Schustergasse, der Verbindung zur Stadtpfarrkirche St. Jakob. Es diente ab 1497 als Sitz des herzoglichen, später kurfürstlichen Mautners, also des staatlichen Zolleinnehmers. Ein Grund für die Verlegung des Mauthauses von der Ecke zwischen Marktplatz und Bruckgasse, der Straße zur Innbrücke, könnte gewesen sein, dass man so auch die Güter, die über Flösse und Schiffe an der Innlände ankamen und über Land in Richtung Westen weiter transportiert wurden, leichter erfassen konnte.
Inhalt
Geschichte / Baugeschichte
KDB vermutet in Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes des Mautners 1497 die Neuerrichtung des Hauses. Auf dem ältesten Stadtplan von 1615 erscheint es im Gegensatz zum heutigen Zustand mit Arkaden entlang der Schmidzeile und nicht entlang der Schustergasse, ebenso in der Uraufnahme von 1813. Im Vermessungsplan von 1854 sind dann die Arkaden an beiden Seiten eingetragen, entlang der Schmidzeile jedoch zurückgesetzt innerhalb des Hauses.
1804 wurde das Haus an privat verkauft. Vor 1839 besaß es der Seilermeister Alois Heilingbrunner, ab 1839 durch einen Häusertausch der Lederermeister (Rotgerber) Anton Irlbeck Junior.[1] Der vorherige Besitzer sollte seinen Laden im Erdgeschoss behalten, zu dem aus einem Fenster ein eigener Eingang hergestellt werden sollte. Die Ledererwerkstatt des neuen Besitzers sollte in dessem alten Haus in der Ledererzeile bleiben, im neuen Haus sollten aufgrund der befürchteten Geruchsbelästigung nur Leim hergestellt und in dem bereits vorhandenen Laden fertige Lederprodukte verkauft werden. Der Rest des Hauses sollte als "Wohnung und Waarengewölbe" genutzt werden, das Waschhaus ebenfalls als "Verkaufsgewölb". Tatsächlich verlegte Irlbeck jedoch auch einen Teil der Produktion in das Haus, was in den folgenden Jahren zu umfangreichen Auseinandersetzungen mit den Nachbarn führte.[2] 1839 heißt es, dass das Haus einen eigenen Brunnen besitze, unter dem "Bogen" (den Arkaden) befand sich das genannte Waschhaus, das im folgenden Jahr abgebrochen wurde. 1855 erfolgte eine Erweiterung des Raumes zum Lohegerben. Die eigentliche Werkstatt von Anton Irlbeck befand sich jetzt im Walkhaus des Färbers Unterauer vor der Innbrücke.[3] 1871 erfolgte eine Renovierung (Inschrift unter Engelsbüste)[4]. 1906 (Wohnungserhebung) befanden sich im Erdgeschoss 3 Verkaufsläden, im 1. Obergeschoss die Wohnung des Hausbesitzers mit 4 Zimmern und im 2. Obergeschoss eine weitere, vermietete Wohnung mit 5 Zimmern. 1910 wurde ein neuer Dachstuhls errichtet, verbunden mit einer Kaminänderung. Für 1925 wird eine Senkung im Mauerwerk berichtet, weshalb das Gebäude gegen das Haus Marienplatz 22 abgestützt wurde. 1937 erfolgten schließlich der Einbau von Zimmern im Dachgeschoss.[5]
Liste der Zöllner / Mautner ab 1497[6]
1506-1514 Lukas Lamprechtsheimer
1529 Georg Endorfer
1537-1542 Stephan Schröttel
1547-1551 Mathes Laitinger
1551 Hieronymus Laglberger
1556-1563 Karl Köck
1573-1588 Jakob Heller
1591 Wolf Schwarzdorfer
1600 Hanns Aindorfer
1633 N. Villenbacher
1636-1644 Johann Mayer
1644 Thomas Woltenberg
1683 Ludwig Gregor Haberschnell
1737-1741 Korbinian Riedel
1746-1760 Joseph Ignaz Borini
1761-1765 Joseph Augustin
1766-1778 Ludwig Bernhard Hupfauf
1780-1787 Franz Joseph von Beyrer
1788-1799 Vinzenz Pallhausen
Baubeschreibung
Das Haus ist viergeschossig mit Vorschussmauer. An der Südostecke ist ein polygonaler Eckerker angebracht, der sich über einer Halbsäule erhebt, über welcher über einer stilisierten Wolke (Wolkenband) die Büste eines geflügelten Engels zwei Schilde in Tartschenform mit den Wappen Wasserburgs (Löwe) oder Pfalz? (KDB) und Bayerns (Rautenschild) in Relief vor sich hält. Darunter befindet sich der erneuerte Wahlspruch "So Gott mit uns, wer wird wider uns seyn. 1097 [verschrieben, wohl 1497]". Die qualitätvolle Skulptur wurde von Georg Hager dem Bildhauer Wolfgang Leb zugeschrieben (KDB 1902, 2118; so auch der Eintrag in der Denkmalliste). Von Liedke wird sie unter den Werken Lebs nicht mehr aufgeführt.[7] Erker an der Ostseite ... Im Erdgeschoss sind gotische Gewölbe ohne Rippen erhalten (Erdgeschosslauben?).
Quellen
StadtA Wasserburg a. Inn, II2366, Hausakt Schmidzeile Nr. 2, 1830-1939 (= StadtA Wasserburg a. Inn, Hausakt).
Literatur
Joseph Heiserer, Topographische Geschichte der Stadt Wasserburg am Inn, in: Oberbayerisches Archiv 19 (1860), 17-299, 273 (= Heiserer 1860).
KDB 1902, 2117f.
Dehio 2006, 1360.
Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Neues Mauthaus, publiziert am 27.10.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Neues_Mauthaus (10.11.2024)
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- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, Hausakt. Die Frau von Anton Irlbeck hieß Anna. 1906 bis 1937 erscheint als Besitzer Jakob Irlbeck.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, Hausakt.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, Hausakt.
- ↑ KDB 1902, 2118
- ↑ StadtA Wasserburg, Hausakt (Bpl. 1937/325). Außerdem 1934 und 1935 zwei unbekannte Baumaßnahmen (Bpl. 1934/81, Bpl. 1935/413) und 1937 die Errichtung einer Lagerhalle im Garten "hinter den Mauern", Plannr. 375 (Bpl. 1937/523)
- ↑ nach Heiserer 1860, 294
- ↑ Volker Liedke, Leb, Wolfgang, in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), 16 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129047813.html#ndbcontent. Nach Liedke erwarb Leb (* vermutlich um 1460, † um 1520) wohl um 1490 das Wasserburger Bürgerrecht. 1496 ist er urkundlich in der Stadt belegt, 1519 wird er zum letzten Mal erwähnt. In den Archivalien wird er nur als Maler geführt, jedoch belegen die signierten Stiftertumben in den Klöstern Ebersberg von 1500 und Attel von 1509 seine Tätigkeit als hochrangiger Bildhauer. In Wasserburg werden ihm noch mehrere Epitaphien, darunter das Epitaph für den herzoglichen Rentmeister Hans Baumgartner († 1515) in St. Jakob und ein Glasgemälde für St. Achatz zugeschrieben. Liedke zählt Leb "zu den bedeutendsten Steinbildhauern Altbaierns [...] Das von ihm 1500 ausgeführte Stifterhochgrab in Ebersberg zählt auf dem Gebiet der spätgotischen Sepulkralskulptur zu den großartigsten Leistungen im süddeutschen Raum."