Altes Mauthaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Das überaus ausgedehnte Haus mit der alten Hausnummer 52 steht an der Ecke zwischen dem Marktplatz, dem heutigen Marienplatz, und der Straße zur Innbrücke, der Bruckgasse. Es war der erste Sitz des herzoglichen Mautners, also des vom Herzog bestellten Einnehmers der Zölle, vor allem aus der Benutzung der Innbrücke.  
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Das überaus ausgedehnte Gebäudekomplex mit der alten Hausnummer 52 steht an der Ecke zwischen dem Marktplatz, dem heutigen Marienplatz, und der Straße zur Innbrücke, der Bruckgasse. Es setzt sich aus mehreren älteren Häusern zusammen. Das östliche dieser Häuser war der erste Sitz des herzoglichen Mautners, also des vom Herzog bestellten Einnehmers der Zölle, vor allem aus der Benutzung der Innbrücke. Im Stadtplan von 1615 sind an der Stelle des heutigen Komplexes sechs einzelne Häuser eingezeichnet, die einen großen Hof umschließen. Im Norden sind nebeneinander drei Häuser angegeben, die sich an der Bruckgasse und am Marktplatz ausrichten, im Süden westlich ein, östlich zwei schmale Häuser nebeneinander, die dem Verlauf der Stadtmauer folgen und deshalb schräg zu den nördlichen Häusern stehen. Die Ostfassade des nördlichen der beiden Häuser bildet die Westwand des Spitalhofes, des früheren Friedhofs des Spitals. Im Vermessungsplan von 1813 ist dann der gesamte Komplex als ein Haus dargestellt, der große Innenhof ist bis auf einen kleinen Rest wohl an dessem westlichen Rand verschwunden.
  
 
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== Geschichte / Baugeschichte ==
 
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Das Haus wurde in der älteren Literatur, sicher aufgrund seiner Verbindung mit der Innbrücke und dem dort eingezogenen Brückenzoll, als ältestes Haus der Stadt angesehen. Chlingensperg gibt 1846 an, dass "der heutige Gasthof zum Bräu am Winkel [...] von Graf Engelbert [* 1099/1102, † 20.9.1161] als Mauthaus für die Land und Wasserfrachten erbaut [wurde]."<ref>Chlingensperg 1846, 359.</ref>
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Das östliche Haus wurde in der älteren Literatur, sicher aufgrund seiner Verbindung mit der Innbrücke und dem dort eingezogenen Brückenzoll, als ältestes Haus der Stadt angesehen. Chlingensperg gibt 1846 an, dass "der heutige Gasthof zum Bräu am Winkel [...] von Graf Engelbert [* 1099/1102, † 20.9.1161] als Mauthaus für die Land und Wasserfrachten erbaut [wurde]."<ref>Chlingensperg 1846, 359.</ref>
  
 
1497 wurde der Sitz des Mautner in das Neue Mauthaus verlegt. Danach wurde das Haus dem benachbarten Bräuhausbesitzer vom heroglichen Kastenamt als Lehen verliehen.<ref>Heiserer 1860, 273.</ref>  
 
1497 wurde der Sitz des Mautner in das Neue Mauthaus verlegt. Danach wurde das Haus dem benachbarten Bräuhausbesitzer vom heroglichen Kastenamt als Lehen verliehen.<ref>Heiserer 1860, 273.</ref>  
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== Baubeschreibung ==
 
== Baubeschreibung ==
  
Das Haus ist drei- bis viergeschossig mit Grabendächern. Es besteht aus drei Trakten im östlichen, mittleren und westlichen Teil, von denen die beiden östlichen an der Nordseite, dem Platz zu, flache Staffelgiebel besitzen, westlich mit Spitzbogenblenden. Die Giebel sind nach Dehio erneuert.
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Das Haus ist drei- bis viergeschossig mit Grabendächern. Es setzt sich aus mindestens drei älteren Häusern im östlichen, mittleren und westlichen Teil zusammen, von denen die beiden östlichen an der Nordseite, dem Platz zu, flache Staffelgiebel besitzen, westlich mit Spitzbogenblenden. Die Giebel sind nach Dehio erneuert.
  
Eine Untersuchung zur Baugeschichte des Hauses ist bislang nicht erfolgt. Den Grundrissen zufolge dürfte das Haus aus mehreren älteren Gebäuden zusammengewachsen sein bzw. aus erweiterten älteren Kernen bestehen. So befindet sich im Osttrakt ein großer Keller nur unter dem südwestlichen Teil, was vermuten lässt, dass dieser Hausteil später nach Norden und Osten erweitert wurde. Der mittlere Trakt setzt sich offenbar aus zwei schmalen Häusern in Nord-Süd-Richtung im südlichen Teil (starke Trennwand in der Hausmitte bis in das Dachgeschoss) und einer Erweiterung im nördlichen Teil zusammen.  
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Eine Untersuchung zur Baugeschichte des Gebäudekomplexes ist bislang nicht erfolgt. Den Grundrissen zufolge dürfte das Haus aus mehreren älteren Gebäuden zusammengewachsen sein bzw. aus erweiterten älteren Kernen bestehen. So befindet sich im Bereich des östlichen Hauses ein großer Keller nur unter dem südwestlichen Teil, was vermuten lässt, dass dieser Hausteil später nach Norden und Osten erweitert wurde. Der mittlere Trakt setzt sich offenbar aus zwei schmalen Häusern in Nord-Süd-Richtung im südlichen Teil (starke Trennwand in der Hausmitte bis in das Dachgeschoss) und einer Erweiterung im nördlichen Teil zusammen.  
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Kirmayer datierte das östliche Haus in das 14. Jahrhundert, in die Zeit nach dem Brand von 1339 oder 1380. Als Belege nennt er das Kellergewölbe und vermauerte gotische Fenster zur Bruckgasse zu. Er gibt im 1. Obergeschoss eine Hauskapelle mit Fenster in die Spitalkirche an, demnach im südlichen Teil des Westtraktes. Für die Ostfassade vermutet er ursprünglich Arkaden und dahinterliegende Läden. Den Anbau der Erker setzt er in das Jahr 1531. Diese Jahreszahl war ihm zufolge noch 1925 "im obersten Staffelgiebel" gut lesbar.
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Das westliche Haus setzt er aufgrund der Rippen im Gewölbe der Einfahrt und der Blendbogengliederung des Giebels ebenfalls ins 14. Jahrhundert.<ref>Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs).</ref> In diesem Haus, das bis zur Innfront reicht und dort ebenfalls einen Staffelgiebel besitzt, befand sich der 1486 erwähnte Bruckbräu. Nach der Verlegung des Mauthauses erhielt dieser das östliche Haus als Lehen, 1803 erwarb es die Brauerei und installierte dort den Gasthof zum Bräu im Winkel (Bräuwinkel).<ref>Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs).</ref>
  
 
Im Erdgeschoss des mittleren Teils befindet sich ein zweijochiges Kreuzrippengewölbe mit sehr kräftigen Rippen. An der Ostfassade befinden sich im 1. Obergeschoss drei flache, rechteckige Erker über Konsolen und mit Balustersäulen der deutschen Frührenaissance, von denen die beiden seitlichen sich bis zum 2. Obergeschoss erstrecken.   
 
Im Erdgeschoss des mittleren Teils befindet sich ein zweijochiges Kreuzrippengewölbe mit sehr kräftigen Rippen. An der Ostfassade befinden sich im 1. Obergeschoss drei flache, rechteckige Erker über Konsolen und mit Balustersäulen der deutschen Frührenaissance, von denen die beiden seitlichen sich bis zum 2. Obergeschoss erstrecken.   

Version vom 1. November 2019, 16:55 Uhr

Autor: Gerald Dobler

Altes Mauthaus (auch Bräuwinkelhaus, Gimplhaus, Marienplatz 25)

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Einführung

Das überaus ausgedehnte Gebäudekomplex mit der alten Hausnummer 52 steht an der Ecke zwischen dem Marktplatz, dem heutigen Marienplatz, und der Straße zur Innbrücke, der Bruckgasse. Es setzt sich aus mehreren älteren Häusern zusammen. Das östliche dieser Häuser war der erste Sitz des herzoglichen Mautners, also des vom Herzog bestellten Einnehmers der Zölle, vor allem aus der Benutzung der Innbrücke. Im Stadtplan von 1615 sind an der Stelle des heutigen Komplexes sechs einzelne Häuser eingezeichnet, die einen großen Hof umschließen. Im Norden sind nebeneinander drei Häuser angegeben, die sich an der Bruckgasse und am Marktplatz ausrichten, im Süden westlich ein, östlich zwei schmale Häuser nebeneinander, die dem Verlauf der Stadtmauer folgen und deshalb schräg zu den nördlichen Häusern stehen. Die Ostfassade des nördlichen der beiden Häuser bildet die Westwand des Spitalhofes, des früheren Friedhofs des Spitals. Im Vermessungsplan von 1813 ist dann der gesamte Komplex als ein Haus dargestellt, der große Innenhof ist bis auf einen kleinen Rest wohl an dessem westlichen Rand verschwunden.

Inhalt

Geschichte / Baugeschichte

Das östliche Haus wurde in der älteren Literatur, sicher aufgrund seiner Verbindung mit der Innbrücke und dem dort eingezogenen Brückenzoll, als ältestes Haus der Stadt angesehen. Chlingensperg gibt 1846 an, dass "der heutige Gasthof zum Bräu am Winkel [...] von Graf Engelbert [* 1099/1102, † 20.9.1161] als Mauthaus für die Land und Wasserfrachten erbaut [wurde]."[1]

1497 wurde der Sitz des Mautner in das Neue Mauthaus verlegt. Danach wurde das Haus dem benachbarten Bräuhausbesitzer vom heroglichen Kastenamt als Lehen verliehen.[2]

Wohl im Jahre 1531 (nach KDB Jahreszahl an der Nordseite des Hauses; Dehio gibt 1539 an) wurden an der Ostseite drei Erker mit Säulen im Stil der deutschen Frührenaissance angebracht.

1809 wurde das Haus von dem Bräuer Johann Georg Stöcher erworben.[3]

1846 erscheint der Bierbrauer Josef Stecher als Besitzer, 1864-1892 der Bierbrauer August(in) Beer. 1906-1910 und 1945 erscheint als Eigentümer der Gastwirt Josef Gimpl.[4]

1846 Gasthaus Bräu am Winkel[5] / 1860 Gasthaus zum Bräuwinkel.[6]

1846 wurde im Erdgeschoss an der Ostfassade, wo sich zuvor Läden befunden hatten, eine Bierschenke eingebaut (Plan von Michael Geisberger).

1906 (Wohnungserhebung) befanden sich im Erdgeschoss drei Gastzimmer, im 1. Obergeschoss drei Wohnungen mit drei, fünf und fünf Zimmern, und im 2. Obergeschoss drei Wohnungen mit fünf, acht und vier Zimmern. Die Gasträume wanderten danach in den 1. Stock.

1908-10 erfolgte der Einbau von Läden im Erdgeschoss an der Ost- und Nordseite des Hauses.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 1945 kam es zur vollständigen Zerstörung des Dachstuhls des Mitteltraktes durch Brand. Anschließend erfolgte, wohl bis 1952, eine Instandsetzung, inkl. Arbeiten an der Fassade und des Einbaus einer Garage in das große Tonnengewölbe im Erdgeschoss des Mitteltraktes.[7]


Liste der Zöllner / Mautner vor 1497 (nach Heiserer 1860, 294)

1362 Johann

1375-1386 Heinrich Vindinger

1390-1399 Heinrich Werder

1399 Erasmus Obinger

1400-1401 Hanns der Kuchelmeister

1401 Lindel der Schnizzer

1403-1410 Hanns der Weiß

1410 Ludwig der Dichtel

1411-1413 Hanns der Schimmel

1448 Alex der Gössenberger

1448-1451 Georg der Friesenheimer

1472-1478 Stephan der Losnitzer

1478 Sigmund Lampfrizhaimer

1479 Gilg der Fronhaimer

1481 Wolf der Schiltl

1495 Ruprecht Kolberger


Baubeschreibung

Das Haus ist drei- bis viergeschossig mit Grabendächern. Es setzt sich aus mindestens drei älteren Häusern im östlichen, mittleren und westlichen Teil zusammen, von denen die beiden östlichen an der Nordseite, dem Platz zu, flache Staffelgiebel besitzen, westlich mit Spitzbogenblenden. Die Giebel sind nach Dehio erneuert.

Eine Untersuchung zur Baugeschichte des Gebäudekomplexes ist bislang nicht erfolgt. Den Grundrissen zufolge dürfte das Haus aus mehreren älteren Gebäuden zusammengewachsen sein bzw. aus erweiterten älteren Kernen bestehen. So befindet sich im Bereich des östlichen Hauses ein großer Keller nur unter dem südwestlichen Teil, was vermuten lässt, dass dieser Hausteil später nach Norden und Osten erweitert wurde. Der mittlere Trakt setzt sich offenbar aus zwei schmalen Häusern in Nord-Süd-Richtung im südlichen Teil (starke Trennwand in der Hausmitte bis in das Dachgeschoss) und einer Erweiterung im nördlichen Teil zusammen.

Kirmayer datierte das östliche Haus in das 14. Jahrhundert, in die Zeit nach dem Brand von 1339 oder 1380. Als Belege nennt er das Kellergewölbe und vermauerte gotische Fenster zur Bruckgasse zu. Er gibt im 1. Obergeschoss eine Hauskapelle mit Fenster in die Spitalkirche an, demnach im südlichen Teil des Westtraktes. Für die Ostfassade vermutet er ursprünglich Arkaden und dahinterliegende Läden. Den Anbau der Erker setzt er in das Jahr 1531. Diese Jahreszahl war ihm zufolge noch 1925 "im obersten Staffelgiebel" gut lesbar. Das westliche Haus setzt er aufgrund der Rippen im Gewölbe der Einfahrt und der Blendbogengliederung des Giebels ebenfalls ins 14. Jahrhundert.[8] In diesem Haus, das bis zur Innfront reicht und dort ebenfalls einen Staffelgiebel besitzt, befand sich der 1486 erwähnte Bruckbräu. Nach der Verlegung des Mauthauses erhielt dieser das östliche Haus als Lehen, 1803 erwarb es die Brauerei und installierte dort den Gasthof zum Bräu im Winkel (Bräuwinkel).[9]

Im Erdgeschoss des mittleren Teils befindet sich ein zweijochiges Kreuzrippengewölbe mit sehr kräftigen Rippen. An der Ostfassade befinden sich im 1. Obergeschoss drei flache, rechteckige Erker über Konsolen und mit Balustersäulen der deutschen Frührenaissance, von denen die beiden seitlichen sich bis zum 2. Obergeschoss erstrecken.

Quellen

StadtA Wasserburg, II571, Hausakt Marienplatz Nr. 25, 1846-1952 (= StadtA Wasserburg, Hausakt).

Literatur

Chlingensperg, Maximilian B. von, Das Königreich Bayern in seinen alterthümlichen, geschichtlichen, artistischen und malerischen Schönheiten enthaltend in einer Reihe von Stahlstichen die interessantesten Gegenden, Städte, Kirchen, Klöster, Burgen, Bäder und sonstige Baudenkmale mit begleitendem Texte, München 1846, 359 (= Chlingensperg 1846).

Heiserer 1860, 273.

KDB 1902, 2118f.

Dehio 2006, 1360.

Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Altes Mauthaus, publiziert am 01.11.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Altes_Mauthaus (29.04.2024)

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  1. Chlingensperg 1846, 359.
  2. Heiserer 1860, 273.
  3. Heiserer 1860, 273, nach Wasserburger Wochenblatt 1842, 35.
  4. StadtA Wasserburg, Hausakt.
  5. Chlingensperg 1846, 359.
  6. Heiserer 1860, 273.
  7. StadtA Wasserburg, Hausakt. 1864 erfolgte außerdem der Umbau des Gartenhauses Plnr. 832 in einen Getreidestadel mit Remisen.
  8. Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs).
  9. Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs).