Arnold Weiss-Rüthel: Unterschied zwischen den Versionen

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Im März 1934, gut ein Jahr nach der Machtübernahme Hitlers, übernahm Arnold Weiss-Rüthel die Hauptschriftleitung der Zeitschrift „Jugend“.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 168.</ref> Da es nicht möglich war, offene Opposition gegen das Regime zu betreiben, versuchte er die ''Gratwanderung'', die Zeitschrift ''redaktionell zwischen Anpassung und Freiraum zu manövrieren''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Wagner, Arnold Weiß-Rüthel (1900-1949)|Wagner, Arnold Weiß-Rüthel (1900-1949)]], 44</ref> Er macht taktisch gebotene Zugeständnisse, bringt aber auch karikaturistische Beiträgen, ''in denen der Widerstand manifest wird'', wo er etwas wagt, was ''damals kein anderer Redakteur gewagt hat''.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 168.</ref>
 
Im März 1934, gut ein Jahr nach der Machtübernahme Hitlers, übernahm Arnold Weiss-Rüthel die Hauptschriftleitung der Zeitschrift „Jugend“.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 168.</ref> Da es nicht möglich war, offene Opposition gegen das Regime zu betreiben, versuchte er die ''Gratwanderung'', die Zeitschrift ''redaktionell zwischen Anpassung und Freiraum zu manövrieren''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Wagner, Arnold Weiß-Rüthel (1900-1949)|Wagner, Arnold Weiß-Rüthel (1900-1949)]], 44</ref> Er macht taktisch gebotene Zugeständnisse, bringt aber auch karikaturistische Beiträgen, ''in denen der Widerstand manifest wird'', wo er etwas wagt, was ''damals kein anderer Redakteur gewagt hat''.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 168.</ref>
Zunächst, im Juli 1934, wurde die NS-Wochenschrift ''Die Bewegung'' auf ihn aufmerksam und zwei Jahre später das ''Schwarze Korps'', eine Zeitschrift der SS, dessen Angriffe er mit spitzer Feder parierte<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 173.</ref> Es folgten erste Hausdurchsuchungen durch die Gestapo und als sich Goebbels' Propagandaministerium einschaltete, musste er im Herbst 1937 die Schriftleitung der Jugend aufgeben.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 14</ref> Der Versuch, als freier Publizist zu arbeiten, scheiterte an der fehlenden Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen Reichsschrifttumskammer<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 173</ref> und den Posten als Schreiber an der Münchner Universität konnte er kaum lange ausüben, da Ende 1939 seine Tagebücher gefunden wurden und damit der Beweis für seine ''dem Nationalsozialismus feindliche Gesinnung''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 18</ref> Zur Flucht war es längst zu spät; Arnold Weiss-Rüthel wird am 12. März 1940 verhaftet und am 18. April 1940 zur ''Schutzhaft'' nicht in das überfüllte Lager in Dachau sondern ins Konzentrationslager Sachsenhausen überführt.  
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Zunächst, im Juli 1934, wurde die NS-Wochenschrift ''Die Bewegung'' auf ihn aufmerksam und zwei Jahre später das ''Schwarze Korps'', eine Zeitschrift der SS, dessen Angriffe er mit spitzer Feder parierte<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 173.</ref> Es folgten erste Hausdurchsuchungen durch die Gestapo und als sich Goebbels' Propagandaministerium einschaltete, musste er im Herbst 1937 die Schriftleitung der Jugend aufgeben.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 14</ref> Der Versuch, als freier Publizist zu arbeiten, scheiterte an der fehlenden Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen Reichsschrifttumskammer<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel|Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel]], 173</ref> und den Posten als Schreiber an der Münchner Universität konnte er kaum lange ausüben, da Ende 1939 seine Tagebücher gefunden wurden und damit der Beweis für seine ''dem Nationalsozialismus feindliche Gesinnung''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 18</ref> Zur Flucht war es längst zu spät; Arnold Weiss-Rüthel wird am 12. März 1940 verhaftet und am 18. April 1940 zur ''Schutzhaft'' nicht in das überfüllte Lager in Dachau sondern ins Konzentrationslager Sachsenhausen überführt.
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Die Erlebnisse in der ''Lagerhölle'' schilderte der ''Häftling Nr. 18710'' eindringlich im Buch ''Nacht und Nebel''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 33ff</ref> sowie im Gedicht ''Sachsenhausen'' (''Ich wohne in der Nachbarschaft des Todes'').<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr|Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr]], 47</ref> Durch seinen zeitweisen Einsatz im Büro der Bauleitung erhält er Einblick in Baupläne, Statistiken und Schriftwechsel und damit vertiefte Kenntnisse über Bau und Organisation des Lagers sowie über geplante Vorhaben der Lagerleitung.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 125</ref>
 
Die Erlebnisse in der ''Lagerhölle'' schilderte der ''Häftling Nr. 18710'' eindringlich im Buch ''Nacht und Nebel''<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 33ff</ref> sowie im Gedicht ''Sachsenhausen'' (''Ich wohne in der Nachbarschaft des Todes'').<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr|Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr]], 47</ref> Durch seinen zeitweisen Einsatz im Büro der Bauleitung erhält er Einblick in Baupläne, Statistiken und Schriftwechsel und damit vertiefte Kenntnisse über Bau und Organisation des Lagers sowie über geplante Vorhaben der Lagerleitung.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 125</ref>
Um dem Lager zu entkommen, meldet er sich zum Kriegseinsatz und wird am 1. oder 2. März 1945 aus der Haft entlassen, mit der Auflage, sich bei einer Ausbildungsabteilung der Artilleriein Jüterborg zu melden.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 152</ref> Nach fünf wöchiger Ausbildung wird er an die Front geschickt, begibt sich am 20. April aber freiwillig in russische Gefangenschaft. In einer Befragung 1947 bestätigt er seine Tätigkeit als Propagandist im Nationalkomitee „Freies Deutschland“, in dem sich deutsche Kriegsgefangene und kommunistische Emigranten die NS-Herrschaft bekämpfen und ein neues Deutschland vorbereiten wollen  
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Um dem Lager zu entkommen, meldet er sich zum Kriegseinsatz und wird am 1. oder 2. März 1945 aus der Haft entlassen, mit der Auflage, sich bei einer Ausbildungsabteilung der Artilleriein Jüterborg zu melden.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel|Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel]], 152</ref> Nach fünf wöchiger Ausbildung wird er an die Front geschickt, begibt sich am 20. April aber freiwillig in russische Gefangenschaft. In einer Befragung 1947 bestätigt er seine Tätigkeit als Propagandist im Nationalkomitee „Freies Deutschland“, in dem sich deutsche Kriegsgefangene und kommunistische Emigranten die NS-Herrschaft bekämpfen und ein neues Deutschland vorbereiten wollen<ref>Protokoll der Zeugenvernehmung vom 21.4.1948, [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#IfZ, ZS 1661|IfZ, ZS 1661]], 12</ref>
(IfZ, Zeugenvernehmung, 12).
 
  
 
== nach Kriegsende 1945==
 
== nach Kriegsende 1945==

Version vom 16. Januar 2024, 18:35 Uhr

Kurzbiografie Arnold Weiss-Rüthel

Lebensdaten

Arnold Weiss-Rüthel * 21. Februar 1900 in München, † 26. Juni 1949 in München

Der Autor und Publizist lebte nach Kriegsende 1945 in Soyen und Wasserburg und bekleidete für ein Jahr das Amt des Klägers in der Spruchkammer Wasserburg.

Vor 1933

Der als Arnold Weiss geborene Münchner studierte ab 1918 nach dem Besuch der Real- und Oberschule einige Semester an der Universität und war anschließend als Spielleiter und Dramaturg an Theatern in der Provinz tätig[1] Ab 1925 verdingte er sich in seiner Heimatstadt als freier Schriftsteller und schrieb für demokratische Blätter wie Die Weltbühne und den Simplicissimus.[2] In den 1920er Jahren verkehrte der junge Künstler in der Münchner Boheme und legte sich in Verehrung zur Schauspielerin und Dichterin Else Rüthel den zweiten Nachnamen zu.[3] Bereits 1929 erregte er als in München gefeierter und geachteter Autor[4] von Satiren, Glossen oder der pazifistischen Erzählung Musketier Reue das Missfallen der Nazis[5]

NS-Zeit

Im März 1934, gut ein Jahr nach der Machtübernahme Hitlers, übernahm Arnold Weiss-Rüthel die Hauptschriftleitung der Zeitschrift „Jugend“.[6] Da es nicht möglich war, offene Opposition gegen das Regime zu betreiben, versuchte er die Gratwanderung, die Zeitschrift redaktionell zwischen Anpassung und Freiraum zu manövrieren[7] Er macht taktisch gebotene Zugeständnisse, bringt aber auch karikaturistische Beiträgen, in denen der Widerstand manifest wird, wo er etwas wagt, was damals kein anderer Redakteur gewagt hat.[8] Zunächst, im Juli 1934, wurde die NS-Wochenschrift Die Bewegung auf ihn aufmerksam und zwei Jahre später das Schwarze Korps, eine Zeitschrift der SS, dessen Angriffe er mit spitzer Feder parierte[9] Es folgten erste Hausdurchsuchungen durch die Gestapo und als sich Goebbels' Propagandaministerium einschaltete, musste er im Herbst 1937 die Schriftleitung der Jugend aufgeben.[10] Der Versuch, als freier Publizist zu arbeiten, scheiterte an der fehlenden Mitgliedschaft in der nationalsozialistischen Reichsschrifttumskammer[11] und den Posten als Schreiber an der Münchner Universität konnte er kaum lange ausüben, da Ende 1939 seine Tagebücher gefunden wurden und damit der Beweis für seine dem Nationalsozialismus feindliche Gesinnung[12] Zur Flucht war es längst zu spät; Arnold Weiss-Rüthel wird am 12. März 1940 verhaftet und am 18. April 1940 zur Schutzhaft nicht in das überfüllte Lager in Dachau sondern ins Konzentrationslager Sachsenhausen überführt.

Die Erlebnisse in der Lagerhölle schilderte der Häftling Nr. 18710 eindringlich im Buch Nacht und Nebel[13] sowie im Gedicht Sachsenhausen (Ich wohne in der Nachbarschaft des Todes).[14] Durch seinen zeitweisen Einsatz im Büro der Bauleitung erhält er Einblick in Baupläne, Statistiken und Schriftwechsel und damit vertiefte Kenntnisse über Bau und Organisation des Lagers sowie über geplante Vorhaben der Lagerleitung.[15] Um dem Lager zu entkommen, meldet er sich zum Kriegseinsatz und wird am 1. oder 2. März 1945 aus der Haft entlassen, mit der Auflage, sich bei einer Ausbildungsabteilung der Artilleriein Jüterborg zu melden.[16] Nach fünf wöchiger Ausbildung wird er an die Front geschickt, begibt sich am 20. April aber freiwillig in russische Gefangenschaft. In einer Befragung 1947 bestätigt er seine Tätigkeit als Propagandist im Nationalkomitee „Freies Deutschland“, in dem sich deutsche Kriegsgefangene und kommunistische Emigranten die NS-Herrschaft bekämpfen und ein neues Deutschland vorbereiten wollen[17]

nach Kriegsende 1945

Werke

  1. Protokoll der Zeugenvernehmung vom 21.4.1948, IfZ, ZS 1661, 11
  2. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 9
  3. [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Dittmann, Oskar Maria Graf „nimmt fiebernd teil“ an dem „zu entgiftenden“ Nachkriegs-Deutschland, 28
  4. [[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Dittmann, Oskar Maria Graf „nimmt fiebernd teil“ an dem „zu entgiftenden“ Nachkriegs-Deutschland, 30
  5. Lebenslauf des Verfassers in Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr, 70
  6. Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel, 168.
  7. Wagner, Arnold Weiß-Rüthel (1900-1949), 44
  8. Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel, 168.
  9. Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel, 173.
  10. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 14
  11. Schlawe, Arnold Weiß-Rüthel, 173
  12. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 18
  13. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 33ff
  14. Weiss-Rüthel, Die Herzensuhr, 47
  15. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 125
  16. Weiss-Rüthel, Nacht und Nebel, 152
  17. Protokoll der Zeugenvernehmung vom 21.4.1948, IfZ, ZS 1661, 12