Haberfeldtreiben: Unterschied zwischen den Versionen

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(Prutting 8./9.12.1850)
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Ziemlich genau ein Jahr später findet dann das erste richtige Treiben im Gerichtsbezirk Wasserburg, und zwar bei '''Rott am Inn''' statt. Es gibt darauf nur indirekte Hinweise: in der Gegend von Schalldorf verlief die Nacht vom 17. auf 18. Oktober 1846 sehr unruhig, es wurden 20-25 Schüsse gehört und Burschen in kleineren Rotten gesehen, die durch die Nacht marschierten. Die Gendarmerie vermutete, dass in Schalldorf ein erster Treffpunkt für die Teilnehmer dieses Treibens in Rott gewesen sei. Da der Zuzug aus dem Westen kam, waren wohl keine Personen aus dem Wasserburger Bezirk aktiv am Treiben beteiligt. Ein Jahr später, 1847 soll dann laut Zipperer<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Zipperer, Haberfeldtreiben|Zipperer, Haberfeldtreiben]], 34.</ref> in Schalldorf ein Treiben stattgefunden haben. Dazu gibt es keine weiteren Hinweise in den Akten. Ein weiteres Treiben am Rande des Gerichtsbezirks Wasserburg wird in der Nacht von 24. auf 25. November 1848 aus '''Zaissering''' gemeldet. Beteiligt waren allerdings nur 20 bis 25 Mann.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, AR 949|StAM, AR 949]], 146.</ref>
 
Ziemlich genau ein Jahr später findet dann das erste richtige Treiben im Gerichtsbezirk Wasserburg, und zwar bei '''Rott am Inn''' statt. Es gibt darauf nur indirekte Hinweise: in der Gegend von Schalldorf verlief die Nacht vom 17. auf 18. Oktober 1846 sehr unruhig, es wurden 20-25 Schüsse gehört und Burschen in kleineren Rotten gesehen, die durch die Nacht marschierten. Die Gendarmerie vermutete, dass in Schalldorf ein erster Treffpunkt für die Teilnehmer dieses Treibens in Rott gewesen sei. Da der Zuzug aus dem Westen kam, waren wohl keine Personen aus dem Wasserburger Bezirk aktiv am Treiben beteiligt. Ein Jahr später, 1847 soll dann laut Zipperer<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Zipperer, Haberfeldtreiben|Zipperer, Haberfeldtreiben]], 34.</ref> in Schalldorf ein Treiben stattgefunden haben. Dazu gibt es keine weiteren Hinweise in den Akten. Ein weiteres Treiben am Rande des Gerichtsbezirks Wasserburg wird in der Nacht von 24. auf 25. November 1848 aus '''Zaissering''' gemeldet. Beteiligt waren allerdings nur 20 bis 25 Mann.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, AR 949|StAM, AR 949]], 146.</ref>
  
==Prutting 8./9.12.1850==
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==Prutting 8./9.12.1850<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StAM, RA 1777/28801|StAM, RA 1777/28801]].</ref>==
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Zwei Jahre später veranstalten in der Nacht von 8. auf 9. Dezember 1850 etwa 40 bis 50 Burschen ein Treiben in Prutting. Der Zuzug erfolgt durch Riedering, das 8 Tage zuvor schon einen Habererdurchzug zum Treiben nach Hetzenbichl erlebt hatte. Es gibt dazu keine Schilderungen. Möglicherweise hat sich dort oder um Söllhuben ein kleiner Ableger der Habererorganisation gebildet, denn der Inn bildete immer noch ein Hindernis, das nur mit Gefahr zu überwinden war. Bis 1864 beschränkten sich die Aktivitäten der Haberfeldtreiber also auf den Süden des Gerichtsbezirks.
  
 
==Rott 10./11. 11.1864==
 
==Rott 10./11. 11.1864==

Version vom 11. März 2020, 11:31 Uhr

Autor: Elmar Schieder


Die Haberfeldtreiben im Landgerichtsbezirk Wasserburg

Unter Haberfeldtreiben versteht man einen Spott- oder Rügebrauch im Gebiet zwischen Isar und Inn. Von einem harmlosen katzenmusikähnlichen Spott-Aufzug zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat er sich zu einem kriminelle und geheimbündlerische Züge annehmenden Rügegericht gewandelt. Durch Literatur und Kunst idealisiert, wurde er im Nationalsozialismus als Beispiel hochstehenden germanischen Sittengefühls missdeutet. Ab dem 19. Jahrhundert bildeten die Haberer einen militärisch organisierten Geheimbund, um bei der Abhaltung ihrer nächtlichen Exzesse der behördlichen und polizeilichen Verfolgung zu entgehen. Als aber ab 1892 mehrere Mitglieder aus Gefallsucht oder aus Rache ihr Schweigen brachen, wurden über 100 von ihnen gefasst und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Mindestens ebenso viele flohen vor der Verfolgung mit ihren Familien nach Nord- oder Südamerika. Die Bedeutung und Herkunft des Ausdrucks Haberfeldtreiben ist nicht eindeutig geklärt. Schmeller verweist auf Hans Sachs, bei dem der Ausdruck jemand auf die Haberwaid schlagen mit der Bedeutung jemanden sitzen lassen, einen Korb geben zu finden ist. Ursprünglich war das Opfer einer solchen Katzenmusik eine sitzen gelassene schwangere Bauerntochter. Es könnte also durchaus sein, dass man diesen Vorgang, dass eine Frau, die von ihrem Liebhaber ins oder aufs Haberfeld getrieben wurde, öffentlich machte und ihn ebenso bezeichnete.

Erste Beschreibung eines Haberfeldtreibens 1716

Die erste, urkundlich belegte Information über das Haberfeldtreiben enthält ein Protokoll des Hofmarksgerichts Fagen vom 22.12.1716:[1]
Hannß Steindl Kistler zu Fagn clagt Casparn Kolb Mezgern und Mathiaßen Holzer beide von Fagn dieselbe haben sambt mehr and. cons. am verwichen Herbst nit allein sein clegers tochter zum spot in das sogenante haber veld getriben, das ist mit allerhand iniuriosen, geschray, schnalzen und stain werfen sambt and. Rumorereyen veriebet, sondern auch ihmbe Cleger sein Holzschupfen eingerissen und ihm dardurch wenigstens pt:1 fl 30 k: schaden verursacht, umb dessen guetmachung er gehorsambst bittet, der straff nit massgebent.
Die Beschuldigten antworten, sie wüßten nichts vom Einreissen eines Schupfen, geben aber freimütig die Namen aller Beteiligten an, soweit sie diese in der Dunkelheit erkannt hatten. weillen aber solches haaber Veld treiben umb diese gegend sehr gebreichig, und durch solche possen niemand nichts proiudicirt würdt, dessen hoffen sye hierdurch nichts verworcht zuhaben, sondern bitten umb absolution. In den Briefprotokollen des Hofmarkgerichts Vagen von 1642-1802 findet sich zwar kein weiterer Eintrag über ein Treiben, aufgrund der Aussagen der Beschuldigten darf man aber annehmen, dass solche Possen in der Gegend des Mangfallbogens öfters verübt wurden.

Haberfeldtreiben hundert Jahre später

Im Landgerichtsbezirk Wasserburg läßt sich das Haberfeldtreiben erst über 100 Jahre später nachweisen. Allerdings hat es sich bis dahin entscheidend verändert. Ursprünglich galt es, (siehe oben) einem unverheirateten - vielleicht auch noch besonders stolzem - Mädchen, das ein Kind bekam oder bekommen hatte. Die Burschen und Männer aus seiner Nachbarschaft und näheren Umgebung verabredeten sich und zogen bei Nacht vor das Haus des Opfers, weckten es und veranstalteten fürchterlichen Lärm. Man kann - mit einem Fragezeichen versehen - die Darstellung noch erweitern: Den Lärm unterbrachen sie mehrmals, um Verse vorzulesen, die das Vergehen anprangerten. Spätestens ab 1824 gehen die Bezirksämter und die Gendarmerie gegen die Haberfeldtreiber vor. Nach einem Treiben in Maxhofen 1834 werden einige Teilnehmer aufgegriffen, die wiederum Namen von anderen Anwesenden verraten. Daraufhin verurteilt das Landgericht Wolfratshausen 43 Personen zu Arreststrafen und 32 zu Rutenhieben.[2]
Diese Gefahr von außen bewirkt den engeren Zusammenschluss im Innern. Die Aktivitäten werden geheim vorbereitet und mit einer ortsübergreifenden Organisation durchgeführt. Erstmals tritt der Haberfeldmeister in Erscheinung, der in einem Vers unter falschem Namen aufgerufen wird. Die Teilnehmerzahl hat sich erheblich vergrößert, die Teilnehmer rekrutieren sich nicht mehr wie früher aus dem Ort des Treibens, sondern marschieren von weiter her an, um keinen Ortsansässigen in Verdacht zu bringen. Das Treibgebiet weitet sich über die bisherigen Grenzen, die in etwa dem Mangfallbogen entsprechen, aus, wohl auch, weil im Stammland die polizeilichen Verfolgung die Treiben wenn nicht verhinderte, so doch erschwerte. So findet im Juli 1834 erstmals ein Treiben im Landgerichtsbezirk Ebersberg, in Hohenthann statt. Die Teilnehmer kommen allerdings überwiegend aus der Aiblinger Gegend.
König Ludwig I. gibt seine wohlwollende Haltung gegenüber den Haberfeldtreibern auf, verbietet mit Erlass vom 31. Juli 1834 den Exzess und droht den Gemeinden mit Einlagerung von Militär. Die königliche Regierung ordnete 1834 auch Militärexekutionen an, d.h. die Gemeinden mussten für die Einquartierung von 22 Soldaten über einen Zeitraum von 3 Monaten aufkommen.[3] Das zeigte Wirkung: 5 Jahre gab es keine Treiben mehr.
Eine weitere einschneidende Veränderung ist, dass bei einem Treiben mehrere Personen beschuldigt werden. Als Folge davon wird (auch aus Sicherheitsgründen) nicht mehr vor dem Haus, sondern am Ortsrand getrieben. Auch richteten sich die Vorwürfe nicht mehr nur gegen eine weibliche Person, sondern zunehmend gegen mehrere und vor allem gegen Männer und es ging auch nicht mehr nur um sexuelle Verfehlungen. So wurde das Treiben mehr Ortsangelegenheit als ein Gericht gegen eine Einzelperson (1845 in Litzldorf wird erstmals in einem Polizei-Protokoll der Kaiser Karl erwähnt. Allerdings berichtet bereits Schmeller[4]: Sie fahren wieder heim, so hört man wol sagen, zu ihrem Herrn, dem Kaiser Karl im Untersberg. Die Herleitung des Auftrags zum Haberfeldtreiben vom Kaiser Karl ist jedenfalls erst in dieser Zeit nachweisbar).
1848 erging ein allgemeiner Erlass an die Pfarrer und Kaplane der Gegend, bei den Treiben die Kirchenglocken zu läuten. Die Haberfeldtreiber verstopften daher vor den Treiben die Schlösser der Kirchen und Kirchtürme mit Lehm, Sand oder Werg. Dies war in vielen Fällen das einzige, aber zuverlässige Anzeichen dafür, dass ein Treiben beabsichtigt, aber kurzfristig abgesagt wurde.
Die Haberfeldtreiber waren keineswegs die verschworene Gemeinschaft, als die sie in der zeitgenössischen Literatur und Presse dargestellt werden. Immer wieder drangen Informationen an Polizei und Gerichte durch, sagten Teilnehmer gegen andere Teilnehmer aus. Auch die Behauptung, sie würden niemandem etwas zu Leide tun, lässt sich nicht aufrecht erhalten; es gab immer wieder durch Schüsse verletzte Zuschauer.
Ab 1845 treten sie militärisch auf und tragen meist einheitlich Gebirgler-Tracht, d.h. Loden-Joppen und Stopselhüte. Mit geschwärzten Gesichtern und Wergbärten zur Tarnung, wie es auch bei den Wilderer Praxis war, treten sie allerdings schon ab 1766 auf. Wenn früher berichtet wurde, dass die Treiber wie aus dem Boden gewachsen am Treibort erschienen, so ziehen sie jetzt lärmend und zum Teil mit Musik in militärischer Ordnung zu zwei Gliedern an und ab. Dem Trupp voraus gehen zwei Späher, die bei größerem Polizeiaufgebot Alarm schlagen sollen.

Die ersten Haberfeldtreiben im oder am Rande des Landgerichtsbezirk Wasserburg ab 1834

Der erste Vorfall im Landgerichtsbezirk Wasserburg, der mit dem Haberfeldtreiben in Verbindung gebracht wird, ereignete sich in der Nacht von 26. auf 27. August 1834 in Prutting, am südlichen Rand des Landgerichtsbezirks.[5] Mehrere Burschen zogen kurz vor Mitternacht einen Pflug kreuz und quer durch ein 3 Tagwerk großes Rübenfeld und verwüsteten es gänzlich. Danach zogen sie mit heftigem Geschrei, Gejodel und vielmaligem Schießen durch die Gegend um Haidham und Langhausen. Es handelte sich wohl eher um einen Burschenstreich, der nur deshalb mit dem Haberfeldtreiben in Verbindung gebracht wurde, weil in diesem Jahr mindestens 7 mal getrieben worden war und daher in der Bevölkerung eine gewisse Alarmstimmung herrschte.
Östlich des Inns fand ein richtiges Haberfeldtreiben erst 1848 in Söllhuben statt. Über den Inn und zurück kam man nur über Brücken oder mit Fähren, eine Kontrolle an solchen Nadelöhren war einfach und für die Teilnehmer aus dem Westen gefährlich. Die ersten Treiben im Landgerichtsbezirk Wasserburg fanden daher in Orten westlich des Inns statt. (Die Landgerichts-Grenzen verliefen damals vom südlichsten Punkt Leonhardpfunzen nach Osten zum Nordufer des Simsee bei Edling, weiter über Bad Endorf zum Chiemsee nach Gstaad, das Seeufer entlang bis Seebruck, von dort an der Alz entlang bis Ischl, dann nach Norden über Zeiling bis zum nördlichen Unterzarnham, schwenkte nach Westen und traf bei Au auf den Inn, diesem folgte sie bis Edmühle, verlief dann vom Inn weg nach Südwesten über Soyen und Buchsee bis Springelbach und wandte sich dann südlich an Schalldorf vorbei bis Feldkirch.[6])
Obwohl es nicht mehr im beschriebenen Landgerichtsbezirk Wasserburg stattfand, ist das nächste Treiben erwähnenswert, denn es zeigt, wie sich die Treiben nach Osten und Norden ausdehnten. Es fand in der Nacht vom 25. auf 26.10.1845 in Schechen, Gemeinde Höchstädt statt.[7] 50 bis 100 Haberfeldtreiber hatte sich auf einem unangebauten Feld vor dem Ort versammelt. Ein Vorleser stand auf einem aus Holzschragen errichteten Gerüst und las gegen mehrere Bauern des Orts aus den Lebensverhältnissen dieser Personen entnommene und ersonnene Vorfälle ab. Das Treiben soll fast 2 Stunden gedauert haben. Ein Abzug von ca 30 Personen, die in Gebirgstracht (spitze Hüte, Gebirgsjoppen) auftraten, erfolgte nach Westen Richtung Karolinenfeld. Teilnehmer aus dem Wasserburger Bezirk waren wohl nicht dabei.

Rott am Inn 17_/18.10.1846[8]

Ziemlich genau ein Jahr später findet dann das erste richtige Treiben im Gerichtsbezirk Wasserburg, und zwar bei Rott am Inn statt. Es gibt darauf nur indirekte Hinweise: in der Gegend von Schalldorf verlief die Nacht vom 17. auf 18. Oktober 1846 sehr unruhig, es wurden 20-25 Schüsse gehört und Burschen in kleineren Rotten gesehen, die durch die Nacht marschierten. Die Gendarmerie vermutete, dass in Schalldorf ein erster Treffpunkt für die Teilnehmer dieses Treibens in Rott gewesen sei. Da der Zuzug aus dem Westen kam, waren wohl keine Personen aus dem Wasserburger Bezirk aktiv am Treiben beteiligt. Ein Jahr später, 1847 soll dann laut Zipperer[9] in Schalldorf ein Treiben stattgefunden haben. Dazu gibt es keine weiteren Hinweise in den Akten. Ein weiteres Treiben am Rande des Gerichtsbezirks Wasserburg wird in der Nacht von 24. auf 25. November 1848 aus Zaissering gemeldet. Beteiligt waren allerdings nur 20 bis 25 Mann.[10]

Prutting 8./9.12.1850[11]

Zwei Jahre später veranstalten in der Nacht von 8. auf 9. Dezember 1850 etwa 40 bis 50 Burschen ein Treiben in Prutting. Der Zuzug erfolgt durch Riedering, das 8 Tage zuvor schon einen Habererdurchzug zum Treiben nach Hetzenbichl erlebt hatte. Es gibt dazu keine Schilderungen. Möglicherweise hat sich dort oder um Söllhuben ein kleiner Ableger der Habererorganisation gebildet, denn der Inn bildete immer noch ein Hindernis, das nur mit Gefahr zu überwinden war. Bis 1864 beschränkten sich die Aktivitäten der Haberfeldtreiber also auf den Süden des Gerichtsbezirks.

Rott 10./11. 11.1864

Albaching LG Haag, BezA. Wasserburg 6./7.12.1864

Schechen 30.9./1.10. 1865

Edling 17./18.11.1865

Rosenheim- Versuch eines Haberfeldtreibens 2./3.12.1865

Hohenlinden, BezA Ebersberg, BezA Wasserburg 13./14.1.1866

Griesstädt 17./18.1.1866

Bruckhof 7./8.2.1866

Hintsberg bei Steinhöring 15./16.2.1866

Wasserburg, Februar 1866

Evenhausen, 23./24.2.1866[12]

In Evenhausen, einem Dorf mit 10 Anwesen zwischen Wasserburg und Amerang, Landgericht Wasserburg, zogen in der Nacht von Freitag auf Samstag, den 23. auf 24. Februar 1866 zwischen 60 und 100 Mann gegen ½ 1 Uhr nachts lärmend und schreien den Berg hinauf durch das Dorf und stellten sich am südlichen Dorfende gleich neben dem Wirtshaus von Evenhausen auf halbem Weg nach Pfaffing auf. Sie schossen dann gegen den Ort zu scharf und begannen von 1 bis ½ 2 Uhr das Treiben, hauptsächlich wegen fleischlicher Verfehlungen gegen:

  • Lorenz Schindlbeck
  • den Meßner Phil. Huber, der so fleißig bete, daß seine Frau sterbe, die er schon zu Lebzeiten mit seiner jetzigen Frau betrogen habe.
  • den Schullehrer wegen Schulhausgelddiebstahls (völlig unbegründet).
  • den Wirth nebst verschiedenen ledigen Weibspersonen und
  • vor allem aber gegen den Pfarrer wegen fleischlicher Vergehen mit seiner Pfarrersköchin.

Die Kirchturmtüre wurde mit Wasen verstopft. Eine Windmühle, die benutzt wurde, stammte vom Mesner Huber. Im Wirthshaus zu Evenhausen wurden 2 Fenster eingeschossen, eine Kugel durchschlug das Fenster des Kinderzimmers. Auch in den Mauern der Häuser befand sich viel Blei.[13] Am Schluß erfolgte die Ankündigung eines Treibens in Söchtenau in 14 Tagen. Zu- wie auch Abzüge erfolgten Richtung Aham, Schonstatt und Grießstätt, eine Rotte schlug den Fußweg nach Rehmbach, Breitenbach und Murn ein. Einige Treiber kamen über den Inn. Der Flößer Georg Ortner sagt aus, daß sein Floß zu einer Überfahrt benutzt worden sei. Amtliche Abschrift (Nachschrift) des Treibtextes:

Wir fangen gleich mit dem Allerschlechtesten an un dieß ist der Pfarrer von E., der größte Stier, der Hurenkerl hat seiner Köchin ein Kind gemacht, dös Kind is freili scho Wirthin und seine Köchin ist die allergrößte Hure.

Der Meßner hat 2 Jahre neben seinem Weib die Heilmeir Viktor gehabt, aber jetzt mag ers nimma, weils allaweil am Franckl sein Hosentürl dran ghängt ist.

Der Wirt ist der Gemeindestier, der hat der Stannz Rosl a Kind gmacht, nacher ham sie mitanande an Kindsmord begangen.

Die Stannz Rosl, die Hurn, des schlechte Weibsbild hat von an lutherischen Schäfer a Kind ghabt und jetzt geht’s in der nacht zum Schuster.

Die Heilmaier Anni hat sichs vom Lehrer Franckl Tag und Nacht thun lassen, der Lehrer F. Ist freilich fort, aber an Hund hat er ihr dalassen, der muß ihr die Fud ausschlecken und am Frankl sein geschäft versehn.

Die Schneider.... als... ist beim Hellichten Tag beim Franckl dringlegn, jetzt macht sie Betschwester und singa kanns nimma, weils an F. Sei Pfeiferl nimmer hat.

Weitere Verse, die sich im Akt des Bezirksamts Wasserburg[14] befinden:

Der Stefflknecht, der Fluri, der hat am Kochberg bei Hebertshan an Moar vo Oddelsham ausdrunka
Die Mili hat eam net so gschmeckt hat gmoant si hat nach der Braugruebn gstunka

Den Petermüllerm den derf ma a net vergessn
Der thuat an Dirnen so gern de Tüacher vermessen

Der Wabsmüller Aliis mit sein Goasbart
Hat a rothaarats Diandl mit 13 jahr scho g'hat

Der Diestl in da Schilchau, der is am Johannitag
Mit'm Kreuz auf Schaunstädt ganga
Und im Hoamgeh hat a a Morthat beganga
Und hat an Schulseppn sei Wei in an Korn.... drin gmaust
Da hats an Teufel in der Höll drin davor graust

Mit dem Haberfeldtreiben is a koa Spaß
Is oana unter uns, hat an Fuaß wia a Goas

Um a sechsi müaß ma vonr Kaiser Carl seiner Hausthür steh
Sonst derf ma 's nachst mal nimmer zum Haberfeldtreiben mitgeh!

Der Pfarrer von Enhausn is a fürchterlicher Stier
Der werd jtzt brennt und zum B'schäln vorgführt

Der Wirth von Enhausn is a ganz braver Mo
Der bind an Herrn Pfarrer sei Tochter an sei Hosenthürl no.
Der Schullehrer von Enhausn is net zum Verachten
der tuat an Pfarrer sei Pelzhaubn a gern betracht.

Der Lehrer Frankl muaß rein auf fremde Straßn
Drum hat er seiner Nani sein Hund zum Mausen zruck lassen

Der Notar Gleißl war bei der Wirtin z'Straß auf Visit
Und hat des alt Fell a öfters verkitt

Die Strengs Resi vo Enhausn hat früher schön gsunga,
hat aber ihr kloans Kind umbrunga

Dass es zwei Varianten von Treibtexten gibt, ist gar nicht so selten. Die Gendarmerie zeichnet erst die Verse nach Zeugenaussagen vom Hörensagen auf, später tauchen dann von den Haberern zugespielte Papiere auf, die anderen und zusätzliche Verse enthalten.

Kraiss, Gde. Steinhöring, 5./6.4.1866

Versuchtes Haberfeldtreiben in Rosenheim 29.10.1866

Söchtenau Bez.Amt Rosenheim 14./15.2.1867

Die Haberfeldtreiben von 1864 bis 1867

Die Haberfeldtreiben von 1893 bis 1905

Verhaftungswelle 1896

Letzte Treiben 1901 bis 1905

Zusammenfassung des Wandels des Erscheinungsbildes

Woher kommt der Ausdruck Haberfeldtreiben oder ins Haberfeld treiben

Heimat des Haberfeldtreibens

Haberer heute

Literatur (Auswahl)