Haberfeldtreiben: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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(Rott 10./11.11.1864StAM, RA 1780/28822, StAM, RA 1780/28823, StAM, RA 1780/28825, StAM, AR 963/12, StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104.)
(Rott 10./11.11.1864StAM, RA 1780/28822, StAM, RA 1780/28823, StAM, RA 1780/28825, StAM, AR 963/12, StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104.)
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  ''Der Pfarrer von Rott geht gar nicht mehr aus<br>Weil er seine Köchin zu Haus muß mauß<br>Die Bauern von Grünthal die thuns halt nicht leiden,<br>Dass der Herr Pfarrer auf seiner Köchin tuth reiten''
 
  ''Der Pfarrer von Rott geht gar nicht mehr aus<br>Weil er seine Köchin zu Haus muß mauß<br>Die Bauern von Grünthal die thuns halt nicht leiden,<br>Dass der Herr Pfarrer auf seiner Köchin tuth reiten''
 
(Der Pfarrer von Grünthal, Gericht Wasserburg, hat einen Bauernhof eine viertel Stunde von Rott entfernt, welcher durch seine Köchin, die früher in Grünthal war, verwaltet wird.)
 
(Der Pfarrer von Grünthal, Gericht Wasserburg, hat einen Bauernhof eine viertel Stunde von Rott entfernt, welcher durch seine Köchin, die früher in Grünthal war, verwaltet wird.)
  ''Der Vorsteher rief: "was ist denn das?" Darauf die anderen: "das ist eine Hur!" und "heraus mit der Hur aus dem Pfarrhof!" Dann der Befehl: "Alle in die Höhe schießen!" und als die Leute näher kamen: "Blei nei!", worauf scharf geschossen wurde. Der Posthalter, das ist ein Stier, muß jetzt seiner Dienzehlin (?)...Vater drei vier. Die Posthalterin, die Hur, zu der geht der Schneider Zach wenn ihr Mann ist fortgegangen.<br>Der Schneider Zach ist ein grober Schnallner der hat dem Messner Xaver 300 fl aus dem K... aus gestohlen<br>Den Andren Kommandanten..... wenn man hat wollen<br>hat man ihn bei der Frau Bengern(?) müssen abholen.<br>Der Gendarm Weber war bei der Wagnerin in Lehen oft geschwind<br>Dann habens ihn vertrieben, so schnell wie der Wind.<br>Der Kaufmann Resch war sonst ein ganz.... Mann,<br>Hätt er nicht d`Goaß mit die Menscher verthan.<br>Der Förster ist mit seinen Holzknechten gar so grob<br>In anderer Beziehung aber ganz fein<br>Und thut seinen Stutzen der Stalldirn hinein.<br>Der Jakob Alban der Hebammen Sohn<br>Der maust seine Mutter, dann lauft er davon.<br>Am Schluß brachten die H. dem Brauereibesitzer Heim zu Rott ein Lebehoch. Aus der Mitte der Treiber<br>erschall die Stimme "Warum denn dieses Hochleben lassen?"<br>"Weil die Rotter Lumpen ihn nicht mögen" war die Antwort des ganzen Haufen.''
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  ''Der Vorsteher rief: "was ist denn das?" Darauf die anderen: "das ist eine Hur!" und "heraus mit der Hur aus dem Pfarrhof!" Dann der Befehl: "Alle in die Höhe schießen!" und als die Leute näher kamen: "Blei nei!", worauf scharf geschossen wurde. Der Posthalter, das ist ein Stier, muß jetzt seiner Dienzehlin (?)...Vater drei vier. Die Posthalterin, die Hur, zu der geht der Schneider Zach wenn ihr Mann ist fortgegangen.<br>Der Schneider Zach ist ein grober Schnallner der hat dem Messner Xaver 300 fl aus dem K... aus gestohlen<br>Den Andren Kommandanten..... wenn man hat wollen<br>hat man ihn bei der Frau Bengern(?) müssen abholen.<br>Der Gendarm Weber war bei der Wagnerin in Lehen oft geschwind<br>Dann habens ihn vertrieben, so schnell wie der Wind.<br>Der Kaufmann Resch war sonst ein ganz.... Mann,<br>Hätt er nicht d`Goaß mit die Menscher verthan.<br>Der Förster ist mit seinen Holzknechten gar so grob<br>In anderer Beziehung aber ganz fein<br>Und thut seinen Stutzen der Stalldirn hinein.<br>Der Jakob Alban der Hebammen Sohn<br>Der maust seine Mutter, dann lauft er davon.<br>Am Schluß brachten die H. dem Brauereibesitzer Heim zu Rott ein Lebehoch. Aus der Mitte der Treiber<br>erschall die Stimme "Warum denn dieses Hochleben lassen?"<br>"Weil die Rotter Lumpen ihn nicht mögen" war die Antwort des ganzen Haufen.''
 
Eine weitere Notiz in den Akten überliefert den Treibtext wie folgt:<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104|StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104]].</ref>
 
Eine weitere Notiz in den Akten überliefert den Treibtext wie folgt:<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104|StadtA Wasserburg a. Inn, VI5104]].</ref>
 
  ''Gemeinde Rott:<br>Der Kaiser Karl vom Untersberg schickt uns her<br>Die Leut zu bekern,<br>Jetzt losts auf jetzt könts was hörn.<br>1.<br>Der Posthalter der große Stier, er hat am bei der Dirn<br>geben a große Müah, jetzt derfer Sie... prahlen<br>weil er muaß bei der Bavaria 900 Gulden zahlen<br>2.<br>Es is guat dass a an großn Sach hatt. Der kann Wetten mehra<br>Da kann er brav Kinda macha, bei der Kellnerin darf er blos<br>200 Gulden zahlen und dös muaß aa öfters nach München fahrn<br>3.<br>Der Posthalter der werd morgn in d' Stadt eine fahrn<br>Mitt seine Häuta, damit er kon die Haberfeldtreiber azagn<br>Den zu sein Weib kumt er erst den dritten Tag<br>Wo er die anderen all abgfürtischat<br>4.<br>Der Schloßer Lau is aner der in Acht<br>Weil er der Harmann Lies a Kind hat gmacht,<br>Den däs is aber am Pfarrer a grad gleich<br>Den er hat bei seiner Köchin selber scho drei.<br>5.<br>Der Pfarrer ko nimma an d Kirch aufi gehen<br>Weil er allweil muaß  bei der Köchin läng<br>Der Pfarrer macht sie beim Schloßer seiner gschicht nix draus<br>Weil er allweil selba sei Köchin maust.<br>6.<br>Die Gemeinde Grünthal hat am Pfarrer die Köchin vertriebn<br>weil er allweil auf da Köchin is grin (geritten)<br>7.<br>Der Schneider Zach is gar a grober Zoln<br>Der hat de an Schulehrer Xaverl 200 Gulden aus an Kastn aussa gstohln<br>Den der Schneider hat zwar zlacha<br>Weil er da Posthalterin an Dep derf macha<br>9.<br>Der Rakerl is gar a guata, der thuats sein Wei<br>seiner Tochter und sogar seiner Eignen Muatta''
 
  ''Gemeinde Rott:<br>Der Kaiser Karl vom Untersberg schickt uns her<br>Die Leut zu bekern,<br>Jetzt losts auf jetzt könts was hörn.<br>1.<br>Der Posthalter der große Stier, er hat am bei der Dirn<br>geben a große Müah, jetzt derfer Sie... prahlen<br>weil er muaß bei der Bavaria 900 Gulden zahlen<br>2.<br>Es is guat dass a an großn Sach hatt. Der kann Wetten mehra<br>Da kann er brav Kinda macha, bei der Kellnerin darf er blos<br>200 Gulden zahlen und dös muaß aa öfters nach München fahrn<br>3.<br>Der Posthalter der werd morgn in d' Stadt eine fahrn<br>Mitt seine Häuta, damit er kon die Haberfeldtreiber azagn<br>Den zu sein Weib kumt er erst den dritten Tag<br>Wo er die anderen all abgfürtischat<br>4.<br>Der Schloßer Lau is aner der in Acht<br>Weil er der Harmann Lies a Kind hat gmacht,<br>Den däs is aber am Pfarrer a grad gleich<br>Den er hat bei seiner Köchin selber scho drei.<br>5.<br>Der Pfarrer ko nimma an d Kirch aufi gehen<br>Weil er allweil muaß  bei der Köchin läng<br>Der Pfarrer macht sie beim Schloßer seiner gschicht nix draus<br>Weil er allweil selba sei Köchin maust.<br>6.<br>Die Gemeinde Grünthal hat am Pfarrer die Köchin vertriebn<br>weil er allweil auf da Köchin is grin (geritten)<br>7.<br>Der Schneider Zach is gar a grober Zoln<br>Der hat de an Schulehrer Xaverl 200 Gulden aus an Kastn aussa gstohln<br>Den der Schneider hat zwar zlacha<br>Weil er da Posthalterin an Dep derf macha<br>9.<br>Der Rakerl is gar a guata, der thuats sein Wei<br>seiner Tochter und sogar seiner Eignen Muatta''

Version vom 11. März 2020, 16:16 Uhr

Autor: Elmar Schieder


Die Haberfeldtreiben im Landgerichtsbezirk Wasserburg

Unter Haberfeldtreiben versteht man einen Spott- oder Rügebrauch im Gebiet zwischen Isar und Inn. Von einem harmlosen katzenmusikähnlichen Spott-Aufzug zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat er sich zu einem kriminelle und geheimbündlerische Züge annehmenden Rügegericht gewandelt. Durch Literatur und Kunst idealisiert, wurde er im Nationalsozialismus als Beispiel hochstehenden germanischen Sittengefühls missdeutet. Ab dem 19. Jahrhundert bildeten die Haberer einen militärisch organisierten Geheimbund, um bei der Abhaltung ihrer nächtlichen Exzesse der behördlichen und polizeilichen Verfolgung zu entgehen. Als aber ab 1892 mehrere Mitglieder aus Gefallsucht oder aus Rache ihr Schweigen brachen, wurden über 100 von ihnen gefasst und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Mindestens ebenso viele flohen vor der Verfolgung mit ihren Familien nach Nord- oder Südamerika. Die Bedeutung und Herkunft des Ausdrucks Haberfeldtreiben ist nicht eindeutig geklärt. Schmeller verweist auf Hans Sachs, bei dem der Ausdruck jemand auf die Haberwaid schlagen mit der Bedeutung jemanden sitzen lassen, einen Korb geben zu finden ist. Ursprünglich war das Opfer einer solchen Katzenmusik eine sitzen gelassene schwangere Bauerntochter. Es könnte also durchaus sein, dass man diesen Vorgang, dass eine Frau, die von ihrem Liebhaber ins oder aufs Haberfeld getrieben wurde, öffentlich machte und ihn ebenso bezeichnete.

Erste Beschreibung eines Haberfeldtreibens 1716

Die erste, urkundlich belegte Information über das Haberfeldtreiben enthält ein Protokoll des Hofmarksgerichts Fagen vom 22.12.1716:[1]
Hannß Steindl Kistler zu Fagn clagt Casparn Kolb Mezgern und Mathiaßen Holzer beide von Fagn dieselbe haben sambt mehr and. cons. am verwichen Herbst nit allein sein clegers tochter zum spot in das sogenante haber veld getriben, das ist mit allerhand iniuriosen, geschray, schnalzen und stain werfen sambt and. Rumorereyen veriebet, sondern auch ihmbe Cleger sein Holzschupfen eingerissen und ihm dardurch wenigstens pt:1 fl 30 k: schaden verursacht, umb dessen guetmachung er gehorsambst bittet, der straff nit massgebent.
Die Beschuldigten antworten, sie wüßten nichts vom Einreissen eines Schupfen, geben aber freimütig die Namen aller Beteiligten an, soweit sie diese in der Dunkelheit erkannt hatten. weillen aber solches haaber Veld treiben umb diese gegend sehr gebreichig, und durch solche possen niemand nichts proiudicirt würdt, dessen hoffen sye hierdurch nichts verworcht zuhaben, sondern bitten umb absolution. In den Briefprotokollen des Hofmarkgerichts Vagen von 1642-1802 findet sich zwar kein weiterer Eintrag über ein Treiben, aufgrund der Aussagen der Beschuldigten darf man aber annehmen, dass solche Possen in der Gegend des Mangfallbogens öfters verübt wurden.

Haberfeldtreiben hundert Jahre später

Im Landgerichtsbezirk Wasserburg läßt sich das Haberfeldtreiben erst über 100 Jahre später nachweisen. Allerdings hat es sich bis dahin entscheidend verändert. Ursprünglich galt es, (siehe oben) einem unverheirateten - vielleicht auch noch besonders stolzem - Mädchen, das ein Kind bekam oder bekommen hatte. Die Burschen und Männer aus seiner Nachbarschaft und näheren Umgebung verabredeten sich und zogen bei Nacht vor das Haus des Opfers, weckten es und veranstalteten fürchterlichen Lärm. Man kann - mit einem Fragezeichen versehen - die Darstellung noch erweitern: Den Lärm unterbrachen sie mehrmals, um Verse vorzulesen, die das Vergehen anprangerten. Spätestens ab 1824 gehen die Bezirksämter und die Gendarmerie gegen die Haberfeldtreiber vor. Nach einem Treiben in Maxhofen 1834 werden einige Teilnehmer aufgegriffen, die wiederum Namen von anderen Anwesenden verraten. Daraufhin verurteilt das Landgericht Wolfratshausen 43 Personen zu Arreststrafen und 32 zu Rutenhieben.[2]
Diese Gefahr von außen bewirkt den engeren Zusammenschluss im Innern. Die Aktivitäten werden geheim vorbereitet und mit einer ortsübergreifenden Organisation durchgeführt. Erstmals tritt der Haberfeldmeister in Erscheinung, der in einem Vers unter falschem Namen aufgerufen wird. Die Teilnehmerzahl hat sich erheblich vergrößert, die Teilnehmer rekrutieren sich nicht mehr wie früher aus dem Ort des Treibens, sondern marschieren von weiter her an, um keinen Ortsansässigen in Verdacht zu bringen. Das Treibgebiet weitet sich über die bisherigen Grenzen, die in etwa dem Mangfallbogen entsprechen, aus, wohl auch, weil im Stammland die polizeilichen Verfolgung die Treiben wenn nicht verhinderte, so doch erschwerte. So findet im Juli 1834 erstmals ein Treiben im Landgerichtsbezirk Ebersberg, in Hohenthann statt. Die Teilnehmer kommen allerdings überwiegend aus der Aiblinger Gegend.
König Ludwig I. gibt seine wohlwollende Haltung gegenüber den Haberfeldtreibern auf, verbietet mit Erlass vom 31. Juli 1834 den Exzess und droht den Gemeinden mit Einlagerung von Militär. Die königliche Regierung ordnete 1834 auch Militärexekutionen an, d.h. die Gemeinden mussten für die Einquartierung von 22 Soldaten über einen Zeitraum von 3 Monaten aufkommen.[3] Das zeigte Wirkung: 5 Jahre gab es keine Treiben mehr.
Eine weitere einschneidende Veränderung ist, dass bei einem Treiben mehrere Personen beschuldigt werden. Als Folge davon wird (auch aus Sicherheitsgründen) nicht mehr vor dem Haus, sondern am Ortsrand getrieben. Auch richteten sich die Vorwürfe nicht mehr nur gegen eine weibliche Person, sondern zunehmend gegen mehrere und vor allem gegen Männer und es ging auch nicht mehr nur um sexuelle Verfehlungen. So wurde das Treiben mehr Ortsangelegenheit als ein Gericht gegen eine Einzelperson (1845 in Litzldorf wird erstmals in einem Polizei-Protokoll der Kaiser Karl erwähnt. Allerdings berichtet bereits Schmeller[4]: Sie fahren wieder heim, so hört man wol sagen, zu ihrem Herrn, dem Kaiser Karl im Untersberg. Die Herleitung des Auftrags zum Haberfeldtreiben vom Kaiser Karl ist jedenfalls erst in dieser Zeit nachweisbar).
1848 erging ein allgemeiner Erlass an die Pfarrer und Kaplane der Gegend, bei den Treiben die Kirchenglocken zu läuten. Die Haberfeldtreiber verstopften daher vor den Treiben die Schlösser der Kirchen und Kirchtürme mit Lehm, Sand oder Werg. Dies war in vielen Fällen das einzige, aber zuverlässige Anzeichen dafür, dass ein Treiben beabsichtigt, aber kurzfristig abgesagt wurde.
Die Haberfeldtreiber waren keineswegs die verschworene Gemeinschaft, als die sie in der zeitgenössischen Literatur und Presse dargestellt werden. Immer wieder drangen Informationen an Polizei und Gerichte durch, sagten Teilnehmer gegen andere Teilnehmer aus. Auch die Behauptung, sie würden niemandem etwas zu Leide tun, lässt sich nicht aufrecht erhalten; es gab immer wieder durch Schüsse verletzte Zuschauer.
Ab 1845 treten sie militärisch auf und tragen meist einheitlich Gebirgler-Tracht, d.h. Loden-Joppen und Stopselhüte. Mit geschwärzten Gesichtern und Wergbärten zur Tarnung, wie es auch bei den Wilderer Praxis war, treten sie allerdings schon ab 1766 auf. Wenn früher berichtet wurde, dass die Treiber wie aus dem Boden gewachsen am Treibort erschienen, so ziehen sie jetzt lärmend und zum Teil mit Musik in militärischer Ordnung zu zwei Gliedern an und ab. Dem Trupp voraus gehen zwei Späher, die bei größerem Polizeiaufgebot Alarm schlagen sollen.

Die ersten Haberfeldtreiben im oder am Rande des Landgerichtsbezirk Wasserburg ab 1834

Der erste Vorfall im Landgerichtsbezirk Wasserburg, der mit dem Haberfeldtreiben in Verbindung gebracht wird, ereignete sich in der Nacht von 26. auf 27. August 1834 in Prutting, am südlichen Rand des Landgerichtsbezirks.[5] Mehrere Burschen zogen kurz vor Mitternacht einen Pflug kreuz und quer durch ein 3 Tagwerk großes Rübenfeld und verwüsteten es gänzlich. Danach zogen sie mit heftigem Geschrei, Gejodel und vielmaligem Schießen durch die Gegend um Haidham und Langhausen. Es handelte sich wohl eher um einen Burschenstreich, der nur deshalb mit dem Haberfeldtreiben in Verbindung gebracht wurde, weil in diesem Jahr mindestens 7 mal getrieben worden war und daher in der Bevölkerung eine gewisse Alarmstimmung herrschte.
Östlich des Inns fand ein richtiges Haberfeldtreiben erst 1848 in Söllhuben statt. Über den Inn und zurück kam man nur über Brücken oder mit Fähren, eine Kontrolle an solchen Nadelöhren war einfach und für die Teilnehmer aus dem Westen gefährlich. Die ersten Treiben im Landgerichtsbezirk Wasserburg fanden daher in Orten westlich des Inns statt. (Die Landgerichts-Grenzen verliefen damals vom südlichsten Punkt Leonhardpfunzen nach Osten zum Nordufer des Simsee bei Edling, weiter über Bad Endorf zum Chiemsee nach Gstaad, das Seeufer entlang bis Seebruck, von dort an der Alz entlang bis Ischl, dann nach Norden über Zeiling bis zum nördlichen Unterzarnham, schwenkte nach Westen und traf bei Au auf den Inn, diesem folgte sie bis Edmühle, verlief dann vom Inn weg nach Südwesten über Soyen und Buchsee bis Springelbach und wandte sich dann südlich an Schalldorf vorbei bis Feldkirch.[6])
Obwohl es nicht mehr im beschriebenen Landgerichtsbezirk Wasserburg stattfand, ist das nächste Treiben erwähnenswert, denn es zeigt, wie sich die Treiben nach Osten und Norden ausdehnten. Es fand in der Nacht vom 25. auf 26.10.1845 in Schechen, Gemeinde Höchstädt statt.[7] 50 bis 100 Haberfeldtreiber hatte sich auf einem unangebauten Feld vor dem Ort versammelt. Ein Vorleser stand auf einem aus Holzschragen errichteten Gerüst und las gegen mehrere Bauern des Orts aus den Lebensverhältnissen dieser Personen entnommene und ersonnene Vorfälle ab. Das Treiben soll fast 2 Stunden gedauert haben. Ein Abzug von ca 30 Personen, die in Gebirgstracht (spitze Hüte, Gebirgsjoppen) auftraten, erfolgte nach Westen Richtung Karolinenfeld. Teilnehmer aus dem Wasserburger Bezirk waren wohl nicht dabei.

Rott am Inn 17_/18.10.1846[8]

Ziemlich genau ein Jahr später findet dann das erste richtige Treiben im Gerichtsbezirk Wasserburg, und zwar bei Rott am Inn statt. Es gibt darauf nur indirekte Hinweise: in der Gegend von Schalldorf verlief die Nacht vom 17. auf 18. Oktober 1846 sehr unruhig, es wurden 20-25 Schüsse gehört und Burschen in kleineren Rotten gesehen, die durch die Nacht marschierten. Die Gendarmerie vermutete, dass in Schalldorf ein erster Treffpunkt für die Teilnehmer dieses Treibens in Rott gewesen sei. Da der Zuzug aus dem Westen kam, waren wohl keine Personen aus dem Wasserburger Bezirk aktiv am Treiben beteiligt. Ein Jahr später, 1847 soll dann laut Zipperer[9] in Schalldorf ein Treiben stattgefunden haben. Dazu gibt es keine weiteren Hinweise in den Akten. Ein weiteres Treiben am Rande des Gerichtsbezirks Wasserburg wird in der Nacht von 24. auf 25. November 1848 aus Zaissering gemeldet. Beteiligt waren allerdings nur 20 bis 25 Mann.[10]

Prutting 8./9.12.1850[11]

Zwei Jahre später veranstalten in der Nacht von 8. auf 9. Dezember 1850 etwa 40 bis 50 Burschen ein Treiben in Prutting. Der Zuzug erfolgt durch Riedering, das 8 Tage zuvor schon einen Habererdurchzug zum Treiben nach Hetzenbichl erlebt hatte. Es gibt dazu keine Schilderungen. Möglicherweise hat sich dort oder um Söllhuben ein kleiner Ableger der Habererorganisation gebildet, denn der Inn bildete immer noch ein Hindernis, das nur mit Gefahr zu überwinden war. Bis 1864 beschränkten sich die Aktivitäten der Haberfeldtreiber also auf den Süden des Gerichtsbezirks.

Die Haberfeldtreiben von 1864 bis 1867

Von 1852 bis 1861 fanden insgesamt nur 2 Treiben statt. Als es dann im Dezember 1861 wieder krachte und in den darauf folgenden 6 Jahren bis 1867 mindestens 37 Treiben, davon 6 im Wasserburger Bezirk stattfanden, war allerdings von einem alten Brauch des vorigen Jahrhunderts außer dem Namen und dem Lärmen nicht viel übrig geblieben.

  • Die Haberfeldtreiber haben in diesen Jahren ihr Treibgebiet nochmals ausgeweitet, vor allem Richtung München (Aschheim, Ottendichl), aber auch nach Norden (Markt Schwaben, Finsing), Richtung Chiemsee (Stephanskirchen, Höhenmoos) und auch Richtung Wasserburg (Edling, Albaching). Die Teilnehmer nahmen zum Teil recht weite Fußwege in Kauf oder kamen mit Fuhrwerken angereist.
  • Vor den Treiben wurden an den Treffpunkten dann ein oder mehrere Fass Bier geleer, wie an Versammlungsorten aufgefundene leere Bierfässer bezeugen.
  • Die Gendarmerie ist noch aktiver - und vielfach erfolgreicher - in der Verfolgung der Treiber. Die Treiber werden -möglicherweise infolge dessen- militanter und radikaler. Sie schießen wahllos in die Ortschaften, ein Toter und mehrere Verletzte gehen auf ihr Konto. Aber auch auf ihrer Seite gibt es einen Toten und mehrere Verwundete.
  • Ihre Verse werden derber und zotiger, Treibgründe sind neben sexuellen Verfehlungen Brandstiftung, Bierpanschen, Diebstahl, Unterschlagung.
  • Die Vorwürfe richten sich hauptsächlich gegen Männer, vielfach gegen Honoratioren und Amtsträger. Nur weniges ist nachweislich wahr und das liegt oft schon Jahre zurück.
  • Die Treiben selbst bieten über einen Zeitraum von bis zu zwei Stunden neben den äußerst deftigen Versen Attraktionen wie das Auftreten von Musikern und das Abschießen von Raketen. Mit scharfer Munition wird in die Luft und auf die Dächer der Orte geschossen. Dadurch steigen die Teilnehmerzahlen auf bis zu 200 Teilnehmer. Das militärische Marschieren (sich in der Gruppe stark fühlen), das Raketenabschießen, das Herumknallen mit scharfer Munition spricht auch dafür, daß es vor allem zu einer Belustigung der Teilnehmer diente und dabei zu einer üblen Form, sich an unliebsamen Bürgern anonym zu rächen, mutierte.

Von einem ehrbaren Sittengericht, das Ausfluß ernster Volksjustiz sein sollte, kann jedenfalls spätestens jetzt keine Rede mehr sein. Die Ankündigung von Treiben, die dann nicht stattfinden, die Gerüchte um statt gehabte Treiben und ihre oft übertriebene Darstellung führen etwa ab 1863 zu einer fast schon hysterischen Angst. Der Landrichter von Rosenheim schreibt:[12]

der Bürgermeister von Aibling befürchtet nichts, aber die dortigen Beamten. Es wird in Wirtshäusern, Gewerbsläden und Privatzirkeln fast nichts mehr gesprochen als vom Haberfeldtreiben, es herrscht unter dem Volke eine wahre Haberfeld-Epidemie wie seiner Zeit beim Tischrücken, es werden hie und da absichtlich Lügen wie z.B. vom Haberfeldtreiben in Pfaffenhofen, Rott oder Vogtareuth verbreitet und sollen die letzteren beiden gerade am 14./15. d.M. (November) vorgefallen sein- an allem kein wahres Wort. Von dieser Furcht scheinen vor allem einige Beamtenkreise in Aibling befallen zu sein.

Mit dieser Furcht steigt auch der Widerstand der Bevölkerung, die den Unfug ob der verhängten Nachtwachen und anderer lästiger Strafen wie der Einlagerung von Soldaten ablehnt oder mit Läuten der Kirchenglocken versucht, wenigstens das Anhören der Verse zu verhindern. Wenn die Berichte davon sprechen, dass immer mehr ganz junge Burschen mitmarschieren, spricht das auch dafür, dass sich ältere Knechte und Bauern nicht mehr beteiligen wollen. Ziemlich genau im Zentrum des Treibgebietes liegt ein kleiner, versteckter Ort: Münster bei Egmating. Die Entfernung von dort zu den entlegensten Treiborten ist in Luftlinie kaum größer als 30 km. Dort sitzt vermutlich der damalige Haberfeldmeister, der Killibauer, später Bürgermeister von Egmating.

Rott 10./11.11.1864[13]

1864 kommen die Haberfeldtreiber in den Gerichtsbezirk Wasserburg, wieder nach Rott am Inn. Tatsächlich finden in der Nacht von 10. auf 11. November, Donnerstag auf Freitag 1864 zwei Haberfeldtreiben statt, in Zorneding und in Rott am Inn. Der Text der Verse und Beschuldigungen sind teilweise sogar identisch, nur auf verschiedene Personen bezogen. Die Gemeinde Schalldorf zeigte an, daß in Rott zwischen ¼ nach 12 und 2 Uhr etwa eine ¾ Stunde getrieben wurde. Mehr als 100 meist bewaffnete Personen stießen grobe Beschimpfungen gegen mehrere Ortsangehörige aus, vor allem wegen Vergehen in fleischlicher Beziehung. Die Haberfeldtreiber hatten sich im Carree aufgestellt, der Vorleser stand auf einer Art Bühne aus Brettern und Schragen, es wurde scharf geschossen, aber nicht gegen Rott. Es wurde eine Getreideputzmühle mitgeführt und mit Trompeten geblasen. Getrieben wurde namentlich gegen:

  • den Pfarrer Grob uns seine Köchin
  • den Posthalter Maier und seine Frau
  • den Landarzt Berger und seine Frau
  • den Schlossermeister Leu und seine Zuhälterin
  • den ehemaligen Gendarm Alois Weber
  • den königlichen Revierförster Schrager oder Schreyer
  • den Schneidermeister Zach
  • den Wagnermeister Stöcker von Arbing
  • den Gütler Jakob Alban von Rott,

wegen Hurerei, Ehebruch und Diebstahl. Der Brigadier Gottfried Höhn berichtet:[14]

Diese Bühne bestieg der Haberfeldmeister und hub an: Nun, ihr Rotter, ihr recht schlechten Leut, muß man so einen weiten Weg machen um Euch einmal die Wahrheit gehörig sagen zu können. Dann trug er seine Knüttel- und Sauglockenverse vor worüber dan die Haberer in die Hände klatschten, schrieen und lachten und so ihre Zufriedenheit kund gaben. Dabei wurden Gewehrschüsse abgefeuert. Die vorgetragenen Verse konnten nicht alle von den Zuhörern gemerkt werden, da die Haberer den Neugierigen sogleich über den Kopf schossen.

Trotzdem konnte der Brigadier einige Verse sammeln:

Der Pfarrer von Rott geht gar nicht mehr aus
Weil er seine Köchin zu Haus muß mauß
Die Bauern von Grünthal die thuns halt nicht leiden,
Dass der Herr Pfarrer auf seiner Köchin tuth reiten

(Der Pfarrer von Grünthal, Gericht Wasserburg, hat einen Bauernhof eine viertel Stunde von Rott entfernt, welcher durch seine Köchin, die früher in Grünthal war, verwaltet wird.)

Der Vorsteher rief: "was ist denn das?" Darauf die anderen: "das ist eine Hur!" und "heraus mit der Hur aus dem Pfarrhof!" Dann der Befehl: "Alle in die Höhe schießen!" und als die Leute näher kamen: "Blei nei!", worauf scharf geschossen wurde. Der Posthalter, das ist ein Stier, muß jetzt seiner Dienzehlin (?)...Vater drei vier. Die Posthalterin, die Hur, zu der geht der Schneider Zach wenn ihr Mann ist fortgegangen.
Der Schneider Zach ist ein grober Schnallner der hat dem Messner Xaver 300 fl aus dem K... aus gestohlen
Den Andren Kommandanten..... wenn man hat wollen
hat man ihn bei der Frau Bengern(?) müssen abholen.
Der Gendarm Weber war bei der Wagnerin in Lehen oft geschwind
Dann habens ihn vertrieben, so schnell wie der Wind.
Der Kaufmann Resch war sonst ein ganz.... Mann,
Hätt er nicht d`Goaß mit die Menscher verthan.
Der Förster ist mit seinen Holzknechten gar so grob
In anderer Beziehung aber ganz fein
Und thut seinen Stutzen der Stalldirn hinein.
Der Jakob Alban der Hebammen Sohn
Der maust seine Mutter, dann lauft er davon.
Am Schluß brachten die H. dem Brauereibesitzer Heim zu Rott ein Lebehoch. Aus der Mitte der Treiber
erschall die Stimme "Warum denn dieses Hochleben lassen?"
"Weil die Rotter Lumpen ihn nicht mögen" war die Antwort des ganzen Haufen.

Eine weitere Notiz in den Akten überliefert den Treibtext wie folgt:[15]

Gemeinde Rott:
Der Kaiser Karl vom Untersberg schickt uns her
Die Leut zu bekern,
Jetzt losts auf jetzt könts was hörn.
1.
Der Posthalter der große Stier, er hat am bei der Dirn
geben a große Müah, jetzt derfer Sie... prahlen
weil er muaß bei der Bavaria 900 Gulden zahlen
2.
Es is guat dass a an großn Sach hatt. Der kann Wetten mehra
Da kann er brav Kinda macha, bei der Kellnerin darf er blos
200 Gulden zahlen und dös muaß aa öfters nach München fahrn
3.
Der Posthalter der werd morgn in d' Stadt eine fahrn
Mitt seine Häuta, damit er kon die Haberfeldtreiber azagn
Den zu sein Weib kumt er erst den dritten Tag
Wo er die anderen all abgfürtischat
4.
Der Schloßer Lau is aner der in Acht
Weil er der Harmann Lies a Kind hat gmacht,
Den däs is aber am Pfarrer a grad gleich
Den er hat bei seiner Köchin selber scho drei.
5.
Der Pfarrer ko nimma an d Kirch aufi gehen
Weil er allweil muaß bei der Köchin läng
Der Pfarrer macht sie beim Schloßer seiner gschicht nix draus
Weil er allweil selba sei Köchin maust.
6.
Die Gemeinde Grünthal hat am Pfarrer die Köchin vertriebn
weil er allweil auf da Köchin is grin (geritten)
7.
Der Schneider Zach is gar a grober Zoln
Der hat de an Schulehrer Xaverl 200 Gulden aus an Kastn aussa gstohln
Den der Schneider hat zwar zlacha
Weil er da Posthalterin an Dep derf macha
9.
Der Rakerl is gar a guata, der thuats sein Wei
seiner Tochter und sogar seiner Eignen Muatta

Weitere Verse sollen Bewohner der Gemeinde Hochstätt, königlichen Bezirksamt Rosenheim betroffen haben:

1.
Beim Winkl in Riad is aa scho gfehlt
Weil er sein Weib a Geld aus Kastn aussa stehlt.
2.
Vom Barthl Gigling muaß enk a was erzähln
Der hats beim Pfarraschuasta d... Kuah ausam Stahl ausagstohln

Auch Bewohner des Ortes Feldkirchen (südlich von Rott) wurden beschimpft:

1.
Der Haringer in Dobl is a groba Doln
Der hat z'Emmering da Muatta Gottes zwe Bayrisch-Thaller oba gstohln
2.
Vom Brandl z Lendorf kuaß i enk aa was sagn
der hat beim Six in sein Waschhaus an Kurz... Keffl hoam tragn.
3.
N Schaffler von Lendorf deaf ma nött vogeßn
Der hat amal unrecht n Habern vomeßen.
4.
S' Stegrein vo Lendorf hat oana übern Schob einibong
Und hat oana Ihr 200 Gulden ins Loch einigschobn
Dös hätt i selber ned glaubt
Daweil ha oana zum Fenster einigschaut

Z'Lendorf müß ma a amal eiführn
Weil bei einer Franzosen thän sich einquartiern
Mir wollens zwar ned alsam nenna
Doch bei der Mäßl Resl woll ma anfnag nehma.

Die Schimpfwörter sind Lump = Stier Spitzbua Dieb
Schlechta Kerl = Hur Schlechts Mensch Hurenkerl etc.

Das Sturmläuten unterblieb, da der Pfarrer im Pfarrhof nicht aufmachte, obschon der Gemeindevorsteher mehrmals läutete. Angeblich sei kurz vor dem Treiben ein zweispännige Kutsche aus München eingetroffen, man mutmaßte, zwei Münchner Teilnehmer seien so angereist. Der Abzug von etwa 60 Mann erfolgte über Wurzach Richtung Schalldorf, etwa 15 Mann zogen über Arbing nach Lampferding. Dort und in Aßling wird auch der Herd der Haberfeldtreiber vermutet. Ein anderer Trupp von ca. 20 Mann ging Richtung Rammelberg und Rettenbach. Von zu Hause abwesend waren während der Nacht 5 Burschen, darunter:

  • Pankratz Reiser von Emering, ein berüchtigter Haberfeldtreiber.
  • Peter Maierbacher, der schon 1863 deswegen in Untersuchung war.

Die Haberfeldtreiber äußerten, man werde noch zweimal treiben, zu Ebersberg und zu Glonn, dann sei es für immer vorbei. Andererseits ging das Gerücht, es werde in Zorneding nochmals getrieben. Der Bezirksamtmann von Wasserburg meint: Das Haberfeldtreiben wurde nicht mit der sonst üblichen Vorsicht abgehalten, d.h. ein Aufstellen der Vorposten unterblieb. Die Untersuchungen in Rott und Umgebung verliefen ergebnislos. Die Abzüge nach Norden und die Verdächtigung eines Mannes aus Emmering zeigen, dass jetzt auch Teilnehmer aus dem Wasserburger Bezirk kommen. Bei der Schilderung des in derselben Nacht in Zorneding stattgehabten Treiben findet sich eine interessante Aufstellung über die Bewaffnung der aus Eglharting bei Kirchseeon kommenden Treiber:[16]

  • Josef Öttl, Bauer: starker Stock
  • Anton Enzensberger, Bauer: Zwillingsgewehr
  • Schmiedgeselle Steiner: Mistgabel
  • Georg Gabriel, Knecht: Schießgewehr
  • Leonhard Kaffy, Wirtsknecht: alter ungeladener Karabiner
  • Josef Steiner: Asthacke
  • Josef Lang, Bauer: alter langer Säbel
  • Josef Kirchmaier, Zimmermann: Nachtwächterspieß
  • Balthasar Müller: Mistgabel

Albaching LG Haag, BezA. Wasserburg 6./7.12.1864

Schechen 30.9./1.10. 1865

Edling 17./18.11.1865

Rosenheim- Versuch eines Haberfeldtreibens 2./3.12.1865

Hohenlinden, BezA Ebersberg, BezA Wasserburg 13./14.1.1866

Griesstädt 17./18.1.1866

Bruckhof 7./8.2.1866

Hintsberg bei Steinhöring 15./16.2.1866

Wasserburg, Februar 1866

Evenhausen, 23./24.2.1866[17]

In Evenhausen, einem Dorf mit 10 Anwesen zwischen Wasserburg und Amerang, Landgericht Wasserburg, zogen in der Nacht von Freitag auf Samstag, den 23. auf 24. Februar 1866 zwischen 60 und 100 Mann gegen ½ 1 Uhr nachts lärmend und schreien den Berg hinauf durch das Dorf und stellten sich am südlichen Dorfende gleich neben dem Wirtshaus von Evenhausen auf halbem Weg nach Pfaffing auf. Sie schossen dann gegen den Ort zu scharf und begannen von 1 bis ½ 2 Uhr das Treiben, hauptsächlich wegen fleischlicher Verfehlungen gegen:

  • Lorenz Schindlbeck
  • den Meßner Phil. Huber, der so fleißig bete, daß seine Frau sterbe, die er schon zu Lebzeiten mit seiner jetzigen Frau betrogen habe.
  • den Schullehrer wegen Schulhausgelddiebstahls (völlig unbegründet).
  • den Wirth nebst verschiedenen ledigen Weibspersonen und
  • vor allem aber gegen den Pfarrer wegen fleischlicher Vergehen mit seiner Pfarrersköchin.

Die Kirchturmtüre wurde mit Wasen verstopft. Eine Windmühle, die benutzt wurde, stammte vom Mesner Huber. Im Wirthshaus zu Evenhausen wurden 2 Fenster eingeschossen, eine Kugel durchschlug das Fenster des Kinderzimmers. Auch in den Mauern der Häuser befand sich viel Blei.[18] Am Schluß erfolgte die Ankündigung eines Treibens in Söchtenau in 14 Tagen. Zu- wie auch Abzüge erfolgten Richtung Aham, Schonstatt und Grießstätt, eine Rotte schlug den Fußweg nach Rehmbach, Breitenbach und Murn ein. Einige Treiber kamen über den Inn. Der Flößer Georg Ortner sagt aus, daß sein Floß zu einer Überfahrt benutzt worden sei. Amtliche Abschrift (Nachschrift) des Treibtextes:

Wir fangen gleich mit dem Allerschlechtesten an un dieß ist der Pfarrer von E., der größte Stier, der Hurenkerl hat seiner Köchin ein Kind gemacht, dös Kind is freili scho Wirthin und seine Köchin ist die allergrößte Hure.

Der Meßner hat 2 Jahre neben seinem Weib die Heilmeir Viktor gehabt, aber jetzt mag ers nimma, weils allaweil am Franckl sein Hosentürl dran ghängt ist.

Der Wirt ist der Gemeindestier, der hat der Stannz Rosl a Kind gmacht, nacher ham sie mitanande an Kindsmord begangen.

Die Stannz Rosl, die Hurn, des schlechte Weibsbild hat von an lutherischen Schäfer a Kind ghabt und jetzt geht’s in der nacht zum Schuster.

Die Heilmaier Anni hat sichs vom Lehrer Franckl Tag und Nacht thun lassen, der Lehrer F. Ist freilich fort, aber an Hund hat er ihr dalassen, der muß ihr die Fud ausschlecken und am Frankl sein geschäft versehn.

Die Schneider.... als... ist beim Hellichten Tag beim Franckl dringlegn, jetzt macht sie Betschwester und singa kanns nimma, weils an F. Sei Pfeiferl nimmer hat.

Weitere Verse, die sich im Akt des Bezirksamts Wasserburg[19] befinden:

Der Stefflknecht, der Fluri, der hat am Kochberg bei Hebertshan an Moar vo Oddelsham ausdrunka
Die Mili hat eam net so gschmeckt hat gmoant si hat nach der Braugruebn gstunka

Den Petermüllerm den derf ma a net vergessn
Der thuat an Dirnen so gern de Tüacher vermessen

Der Wabsmüller Aliis mit sein Goasbart
Hat a rothaarats Diandl mit 13 jahr scho g'hat

Der Diestl in da Schilchau, der is am Johannitag
Mit'm Kreuz auf Schaunstädt ganga
Und im Hoamgeh hat a a Morthat beganga
Und hat an Schulseppn sei Wei in an Korn.... drin gmaust
Da hats an Teufel in der Höll drin davor graust

Mit dem Haberfeldtreiben is a koa Spaß
Is oana unter uns, hat an Fuaß wia a Goas

Um a sechsi müaß ma vonr Kaiser Carl seiner Hausthür steh
Sonst derf ma 's nachst mal nimmer zum Haberfeldtreiben mitgeh!

Der Pfarrer von Enhausn is a fürchterlicher Stier
Der werd jtzt brennt und zum B'schäln vorgführt

Der Wirth von Enhausn is a ganz braver Mo
Der bind an Herrn Pfarrer sei Tochter an sei Hosenthürl no.
Der Schullehrer von Enhausn is net zum Verachten
der tuat an Pfarrer sei Pelzhaubn a gern betracht.

Der Lehrer Frankl muaß rein auf fremde Straßn
Drum hat er seiner Nani sein Hund zum Mausen zruck lassen

Der Notar Gleißl war bei der Wirtin z'Straß auf Visit
Und hat des alt Fell a öfters verkitt

Die Strengs Resi vo Enhausn hat früher schön gsunga,
hat aber ihr kloans Kind umbrunga

Dass es zwei Varianten von Treibtexten gibt, ist gar nicht so selten. Die Gendarmerie zeichnet erst die Verse nach Zeugenaussagen vom Hörensagen auf, später tauchen dann von den Haberern zugespielte Papiere auf, die anderen und zusätzliche Verse enthalten.

Kraiss, Gde. Steinhöring, 5./6.4.1866

Versuchtes Haberfeldtreiben in Rosenheim 29.10.1866

Söchtenau Bez.Amt Rosenheim 14./15.2.1867

Die Haberfeldtreiben von 1893 bis 1905

Verhaftungswelle 1896

Letzte Treiben 1901 bis 1905

Zusammenfassung des Wandels des Erscheinungsbildes

Woher kommt der Ausdruck Haberfeldtreiben oder ins Haberfeld treiben

Heimat des Haberfeldtreibens

Haberer heute

Literatur (Auswahl)