Münzstätte und Münzprägung

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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Autor: Hubert Emmerig

Münzstätte und Münzprägung in Wasserburg[1]

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Einleitung
Seit der am 19. November 1392 beurkundeten Landesteilung gab es vier bayerische Herzogtümer: Bayern-München (Johann II.), Bayern-Ingolstadt (Stephan III.), Bayern-Landshut (Friedrich) und (schon länger) Bayern-Straubing-Holland. Am 31. Oktober 1395 schlossen die Herzöge dieser Herzogtümer mit dem Regensburger Bischof und mit der Stadt Regensburg einen umfangreichen Münzvertrag. Die Stadt Wasserburg, vorher zu Oberbayern gehörend, kam bei der Landesteilung 1392 an Bayern-Ingolstadt. Diese Linie starb im Jahr 1447 aus, das Land fiel infolgedessen an Bayern-Landshut. Nun wurde Wasserburg Sitz eines Rentmeisteramtes, also einer mittleren Einrichtung der Finanzverwaltung.

Jedes dieser Herzogtümer von 1392 prägte seine eigenen Münzen in eigenen Münzstätten. In der Münzpolitik sprachen sich die bayerischen Herzöge auch nach 1395 meist untereinander ab, es gibt allerdings auch Perioden, in denen sie sich nicht auf eine gemeinsame Münzpolitik einigen konnten. Die Absprachen betrafen das Aussehen der Pfennige, aber auch deren Münzfuß, der für den Wert der Pfennige verantwortlich war: dabei ging es um das Gesamtgewicht der Pfennige (Raugewicht) und den Anteil des Silbers daran (Feingehalt), für den Wert entscheidend war dann das Feingewicht, also das enthaltene Feinsilber. Geprägt wurden Pfennige und zeitweise auch halbe Pfennige (Hälblinge); zwei dieser Pfennige waren einen Regensburger Pfennig wert. Größere Münzeinheiten wurden in Bayern nicht hergestellt, kamen aber aus anderen Territorien ins Land. Als Recheneinheiten für größere Beträge wurden in Bayern Pfund und Schilling nach dem folgenden System verwendet: 1 Pfund Pfennige = 8 Schilling Pfennige = 240 Pfennig; 1 Schilling = 30 Pfennig. Dies sind reine Zähleinheiten, keine größeren Münzen.

Im Herzogtum Bayern-Ingolstadt kennen wir sieben Münzstätten, in denen die Prägung stattfand. In den Kernlanden und Besitzungen in Oberbayern lagen die Hauptmünzstätte in der Residenzstadt Ingolstadt (kreisfreie Stadt, Oberbayern), die ebenfalls gut belegte Münzstätte in Wasserburg (Lkr. Rosenheim, Oberbayern) sowie die nur minimal im Jahr 1405 belegte Münzstätte in Aichach (Lkr. Aichach-Friedberg, Schwaben). Vier weitere Münzstätten sind in den Besitzungen auf dem Nordgau bekannt, die bei der Auflösung der sog. Böhmischen Pfandschaft an Bayern-Ingolstadt fielen. Sie liegen heute in den Regierungsbezirken Oberpfalz und Mittelfranken: Freystadt (Lkr. Neumarkt i. d. OPf., Oberpfalz), Hersbruck (Lkr. Nürnberger Land, Mittelfranken), Hilpoltstein (Lkr. Roth, Mittelfranken) und Lauf a. d. Pegnitz (Lkr. Nürnberger Land, Mittelfranken). Auch für diese liegen nur relativ wenige konkrete und aussagekräftige Angaben und Erwähnungen vor. Aichacher Prägungen kennen wir bisher nicht. Auch die Zuweisung von Pfennigen an die Münzstätten auf dem Nordgau ist schwierig und weitgehend unsicher.

Alle in diesem Beitrag genannten Archivalien sind im Quellenverzeichnis am Ende mit Nachweisen aufgeführt.

Geschichte der Wasserburger Münzstätte

Die erste Erwähnung Wasserburgs im Zusammenhang mit der Münzprägung stammt vom 6. Juni 1391, also aus dem Jahr vor der Landesteilung. Die drei noch gemeinsam regierenden Herzöge Stephan III. (1375-1413), Friedrich (1375-1393) und Johann II. (1375-1397) legten fest, in ihrem (noch ungeteilten) Land solle nur in München geprägt werden. Es wurde ein Aufsichtsgremium über die Münzstätte eingesetzt, in dem neben sieben Männern aus dem Rat und der Umgebung der Herzöge und drei Vertretern Münchens auch die Städte Ingolstadt, Landshut und Wasserburg mit jeweils einem ihrer Bürger einen Sitz hatten. Wasserburg wurde hier von Marquard Aysinger vertreten. Nach dem Wortlaut der Urkunde ist die Existenz einer Münzstätte in Wasserburg zu dieser Zeit auszuschließen.[2] Das bestätigt wohl auch die Urkunde der Herzöge vom 27. September 1391, die an Pfennigen nur die Münchner im Geldumlauf zuließ. [3]

Noch vor der Landesteilung, am 21. Mai 1392, hatten die Testamentsvollstrecker Johanns von Prunnheim Regelungen über einen für das Spital in Amberg (kreisfreie Stadt, Oberpfalz) gekauften Jahreszins beurkundet. Unter den drei Testamentsvollstreckern findet sich nicht nur der Amberger Münzmeister Heinrich Kegler, sondern auch Meister Niklas von Wasserburg, damals Stadtprediger zu Amberg. Der Name Niklas wird uns beim Münzpersonal in Wasserburg permanent begleiten, ein Münzmeister taucht auch auf, trotzdem wird dieser Niklas nichts mit der Wasserburger Münzstätte zu tun haben.

Der vielleicht erste Beleg für die Wasserburger Münzstätte besteht in zwei Urkunden, die nicht im Original überliefert sind. In ihnen habe Herzog Stephan die münss zue Wasserburg Niclasen Smelczer und Herman Munsmaistter bevolhen und verlassen. Die Quellen sind zwei Ingolstädter Archivinventare. Somit handelt es sich um Herzog Stephan III. von Bayern-Ingolstadt (1392-1413, Herzog seit 1375), zu datieren sind die beiden Urkunden wohl nach der Landesteilung vom 19. November 1392. Die Münzstätte wurde zwei Männern übergeben, die als Smelczer (Schmelzer) und Münzmeister bezeichnet werden. Es wird sich wohl um ihre Berufsbezeichnungen handeln. Niklas wäre dann für die Schmiede, in der das Metall verarbeitet wurde, verantwortlich gewesen, während Hermann für die münzspezifischen Aufgaben zuständig gewesen wäre, also z. B. Fragen der richtigen Legierung und Stückelung der Münzen.[4] Aber schon hier können wir nicht sicher sein, ob Smelczer und Münzmeister Berufsbezeichnungen oder (aus Berufsbezeichnungen entstandene) Nachnamen sind. Im zweiteren Fall könnte man vermuten, dass Niklas vorher im Bergbau tätig gewesen sein könnte, während Hermann wirklich aus der Münzbranche gekommen wäre. Die Datierung der Urkunden kann wohl noch auf spätestens 1408 eingegrenzt werden, da aus diesem Jahr eine Quittung für Niklas Smelczer vorliegt, auf die wir gleich zurückkommen. Die Frage, ob der Begriff Münzmeister eine aktuelle Berufstätigkeit in dieser Branche belegt oder ein, auf die frühere berufliche Tätigkeit verweisender, Nachname ist, wird sich im 15. Jahrhundert noch viel drängender stellen.

Die beiden nicht erhaltenen Anstellungsurkunden für die beiden Männer in der Münzstätte dürften wohl bald nach der Landesteilung oder allenfalls im Jahr 1393 ausgestellt worden sein. Denn bereits aus dem Januar 1394 liegt eine erste Urkunde vor, welche eine Zahlung mit Wasserburger Pfennigen vorsah. Ab dem 22. Januar 1394 gibt es nun eine beträchtliche Reihe von solchen Nachweisen, wenn auch derzeit nicht im Volltext publiziert und vielfach nur mit sehr vagen Angaben in einem kleinen Aufsatz von Bürgermeister Christoph Schnepf von 1887 erwähnt.[5] Auch sie sind im Anhang aufgelistet. Es kommen hier wohl im Wesentlichen zwei Formulierungen vor: Wasserburger Pfennige; Wasserburger Währung. Beide Formulierungen dürften wohl Belege für Prägungen der Wasserburger Münzstätte sein; die vagere Formulierung, bei der man Zweifel haben könnte, wären etwa Pfennige, die in Wasserburg gang und gäbe sind.[6] Eine letzte Erwähnung von Wasserburger Münze findet sich nach Schnepf in einer Urkunde aus dem Jahr 1456.[7]
Im Jahr 1395 setzt eine weitere wichtige Reihe von Quellenbelegen ein. In den Münchner Kammerrechnungen werden immer wieder Bezahlungen bzw. Spesenersatz für Personen abgerechnet, die wegen der Münze in Wasserburg waren, oder sonstige Ausgaben in diesem Zusammenhang verbucht. Zahlungen erfolgten: am 28. Oktober 1395 an Ludwig Potschner und Vinger, die wegen der Münze in Wasserburg waren; am 12. März 1396 für den Kauf von 7 Schilling 2 Pfennig Wasserburger Pfennigen (also 212 Pfennig) für eine Metallanalyse; am 11. November 1396 an Krell, der wegen der Münze in Wasserburg und Hall war; am 25. Dezember 1396 an einen Boten, der wegen des Wechsels in Wasserburg war; kurz vor dem 25. Juli 1400 an einen Boten, der wegen der Münze in Wasserburg war; am 24. Juni 1406 (oder wenig später) an einen Boten, der wegen der Münze in Wasserburg war; am 25. Juli 1406 für den Kauf von (wohl 150) Wasserburger Pfennigen für eine Metallanalyse. Der Kauf von Pfennigen weist wohl auf einen vorherigen Einschnitt in der Münzprägung hin. In beiden Fällen, 1396 und 1406, gab es vorher einen neuen Münzvertrag (1395 Oktober 31; 1406 Juli 19).

Wir haben also ziemlich eindeutige und dichte Belege, dass einerseits seit dem Januar 1394 in Wasserburg geprägt wurde und andererseits auch ganz konkret nach Abschluss der beiden Münzverträge von 1395 und 1406 geprägt wurde; die Stadt München beschaffte sich dann solche neuen Pfennige, um zu kontrollieren, ob die Vorgaben des Münzvertrags eingehalten wurden. Wäre das nicht der Fall gewesen, so hätte sie ihre Bürger vor den neuen Pfennigen gewarnt.

Der Münzvertrag vom 31. Oktober 1395 enthält aber u. a. die folgende Regelung: Jeder Fürst solle nur in einer Münzstätte prägen: Stephan III. und Ludwig VII. (1413-1443, † 1447) in Ingolstadt; Johann II. und Ernst (1397-1438) in München; Heinrich XVI. (1393-1450), falls er prägen werde, in Landshut. Somit wäre die Münzprägung in Wasserburg nach diesem Vertrag ab November 1395 einzustellen gewesen, was ziemlich sicher nicht geschehen ist.

Am 10. Juni 1408 quittierte Herzog Stephan III. seinem Münzmeister Niclas Smelczer die vollständige Abrechnung und Bezahlung des Schlagschatzes bis zum vergangenen 24. April 1408. Dabei handelt es sich um den Gewinn, den der Herzog aus der Münzprägung erhält. Er liegt normalerweise in einer Größenordnung von 2 bis 3 % vom verarbeiteten Silber. Die Urkunde nennt leider keinen Betrag. Wenn die Vermutung richtig ist, dass die verschollene Anstellungsurkunde für Niklas Smelczer gegen Ende 1392 oder im Jahr 1393 ausgestellt wurde, dann hätte er seine Stelle inzwischen etwa 15 Jahre lang innegehabt. Umso mehr überrascht es, dass er offenbar in den Wasserburger Urkunden ansonsten nicht auftaucht.[8]

Eine weitere Urkunde betrifft ebenfalls die Finanzen im Umkreis der Münzstätte. Am 28. Februar 1413 bekannte Herzog Stephan III., der Margreten, Otten unsers Sröters säligen hawsfrawn, burgerynn zu Munchen 370 Gulden zu schulden, die er ihr derzeit nicht zurückzahlen könne. Er verschrieb ihr deshalb einen Teil des Schlagschatzes der Wasserburger Münzstätte: Von jeder Mark Silber, die verarbeitet würde, sollte sie 3 Pfennig erhalten.[9] Im Jahr 1413 lag der Kurs des Guldens etwa bei 174 Pfennig.[10]





Empfohlene Zitierweise:

Hubert Emmerig, Münzstätte und Münzprägung, publiziert am 30.04.2020 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/M%C3%BCnzst%C3%A4tte_und_M%C3%BCnzpr%C3%A4gung (03.05.2024)

  1. Der Beitrag folgt weitgehend Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, insbesondere 147-187, enthält aber auch neue Erkenntnisse und Sichtweisen. Auch der Anhang mit der Liste der relevanten Quellen findet sich dort so nicht und enthält zudem viele Neufunde und einige wichtige Quellen erstmals im Volltext. Matthias Haupt danke ich für seine Unterstützung sehr herzlich.
  2. Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, 608 Nr. R 63./ Zu Aysinger vgl. Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, 187.
  3. Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, 610 f. Nr. R 71.
  4. Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, 600 Nr. R 21, R 22, vgl. auch 936, 946.
  5. Schnepf, Wasserburger Währung./ Inhaltlich wie textlich fast identisch ist: Schnepf, Wasserburger und Haager Münzen.
  6. Vgl. die Kombination beider Formulierungen in der Urkunde vom 10. Juli 1406: alles guter und genger Wasserburger pfenning oder die munss, die dann da für geng und gäbe ist.
  7. Schnepf, Wasserburger Währung, 78
  8. Vgl. allerdings den des Schmeltzer gartten in einer Urkunde vom 19. Januar 1482. StadtA Wasserburg a. Inn, I1a559.
  9. Zum Vergleich: Im Jahr 1396 wurde in der Münzstätte München der (gesamte) Schlagschatz von 3,5 auf 4 Pfennig pro Mark Silber erhöht. Emmerig, Bayerns Münzgeschichte, 548.
  10. Spufford, Handbook of medieval exchange), 270.