Baugeschichte der historischen Stadtbefestigung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Geschichte und Baugeschichte der Befestigungen
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'''Die Geschichte und Baugeschichte der Befestigungen'''
Die Befestigung des 12./13. Jahrhunderts
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Zumindest die Burg dürfte spätestens um 1085/88 bestanden haben.2 Hallgraf Engelbert verlegte 1137 seinen
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==Die Befestigung des 12./13. Jahrhunderts==
Sitz aus dem nahen Limburg in die Wasserburg und siedelte die Einwohner von Limburg bei dieser
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an. Die Vollendung der ersten Stadtmauer ist in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts anzunehmen, nach
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Zumindest die Burg dürfte spätestens um 1085/88 bestanden haben.2
Steffan einer unbelegten Tradition zufolge zwischen 1160 und 1220.3 Dehio vermutet als erste Ansiedlung
 
nach 1137 im Bereich des Marienplatzes eine „vermutlich runde romanische Siedlungsanlage, deren Grenzen
 
wohl die Fletzingergasse und das Nagelschmiedgässchen bildeten.“4
 
In der Denkmalliste heißt es: „Von der romanischen Stadt Wasserburg nimmt man an, sie sei eine Rundstadt
 
gewesen. Im Osten blieb die Ausdehnung dieser Siedlung im Verlauf des Nagelschmiedgäßchens erkennbar,
 
auch die Fletzingergasse zeichnet wohl eine Verlaufslinie dieser Stadt nach. Ebenso könnte in den
 
als „Hinter den Mauern“ bezeichneten Resten eines ehemaligen Wehrgürtels, der später verstärkt wurde,
 
der ursprüngliche Verlauf der romanischen Anlage sichtbar sein.“
 
Problematisch erscheint jeweils, dass zwischen der Fletzingergasse und der Nagelschmiedgasse ein starker
 
Versprung vorhanden ist. Die Fortsetzung der Fletzingergasse wäre vielleicht eher in der Sedelmeiergasse
 
zu sehen. In der Denkmalliste sind für mehrere Häuser in der Fletzingergasse verbaute Stadtmauerreste
 
angegeben. Armin Göttler, ortsansässiger Restaurator und langjähriger Kenner der Altstadt, bezweifelt diese
 
Angabe, da ihm zufolge in den Häusern keine entsprechend starke Mauern vorhanden sind.5 An der
 
Nordseite der Sedelmeiergasse konnten von Göttler zwei nebeneinanderliegende, turmähnliche Strukturen
 
beobachtet werden, die aber offenbar nicht in Zusammenhang mit der ersten Befestigung stehen.
 
1247 wurde Wasserburgs durch Herzog Ludwig von Bayern belagert, die Einnahme gelang erst nach mehr
 
als 4 Monaten (17 Wochen).6 Dehio gibt für die Zeit nach der Übernahme der Stadt durch die Wittelsbacher
 
1 Nicht näher belegte Angaben beruhen auf den ausgewerteten und abgedruckten Text- und Bildquellen.
 
2 Pritz 1976, S. 16. Erwähnung eines Dietrich von Wazzerburch 1085/88 im Traditionskodex von St. Emmeram in Regensburg;
 
Nach Geiger 1980, S. 14f. erwähnt Hallgraf Engelberg in der Urkunde von 1137 (MB Bd. I, 266 Nr. 1) „den festen Platz Wasserburg“.
 
Es wird vermutet, dass in Wasserburg ein römisches Kastell bestanden haben könnte, jedoch fehlen dafür bislang
 
Beweise. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang der annähernd quadratische Umriss der Häuserblöcke, die von
 
Herrengasse und Ledererzeile und Salzsenderzeile/Hofstatt und Schustergasse begrenzt werden und die einen Hinweis auf ein
 
solches Kastell darstellen könnten. Bislang nicht gedeutete große Quader kamen bei Erdarbeiten am unteren südlichen Ende
 
der Schmidzeile zutage (freundliche Hinweise von Ferdinand Steffan).
 
3 Steffan 1992, S. 159. Geiger 1980, S. 56 gibt um 1120 an. Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1338: 1220 „ist Wasserburg, d. h. die
 
alte Ansiedlung um die Burg, schon mit Mauern, Graben und Toren bewehrt“.
 
4 Dehio 2006, S. 1355.
 
5 So auch die Einschätzung von Ferdinand Steffan.
 
6 Hippke 2010, S. 8.
 
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Archivalienforschung zur Geschichte und Baugeschichte
 
der historischen Stadtbefestigung, Mai - August 2018
 
Dr. Gerald Dobler Dienste in Kunst- und Denkmalpflege Steinmühlweg 16 D-83512 Wasserburg www.denkmalpflege-dobler.de
 
„eine planmäßige Neuanlage mit breitem Stadtplatz und rechtwinkligen Längs- und Querstraßen“ an.7 Es
 
ist zu fragen, ob eine solche Neuanlage nicht auch erst nach dem verheerenden Stadtbrand von 1339 erfolgt
 
sein kann.
 
Es bleibt festzuhalten, dass bislang stichhaltige Belege zum Verlauf der spätromanischen Stadtmauer fehlen.
 
Nachdem das von der bekannten Ringmauer umschlossene Gebiet keine besonders große Ausdehnung
 
besitzt, wäre zu überlegen, ob es sich bei dieser zumindest im Verlauf um die erste Mauer handelt
 
und eine spätere Erweiterung lediglich im nordwestlichen Teil, nördlich der Burg und westlich des Roten
 
Tores stattgefunden hat (dies vielleicht bereits nach dem Stadtbrand von 1339).8
 
1338 datiert die erste Erwähnung der Innbrücke, damit ist wohl vom Vorhandensein des Brucktors auszugehen.
 
9
 
1339 gab es einen Stadtbrand, der angeblich die fast vollständige Zerstörung der Stadt mit sich brachte.10
 
1366 wurde die Stadt erneut belagert.11
 
1374 erfolgte ein Neubau des Brucktors (Denkmalliste).
 
Die ab 1415 ausgebaute Befestigung
 
In den Jahren ab 1415 (wohl bereits bis 1416 oder bis 1422, dem Jahr der erfolglosen Belagerung durch Herzog
 
Heinrich von Bayern-Landshut, weitestgehend abgeschlossen) erfolgte unter Herzog Ludwig VII. dem
 
Gebarteten von Bayern-Ingolstadt (* 1368, Herzog ab 1413, † 1447) der Ausbau der Befestigungen.
 
Dem Gedenkstein am Chor der Stadtpfarrkirche [[St. Jakob]] (Abb. 1) zufolge werden nach Steffan „u. a. die
 
Mauer und der Turm über dem Hals vor der äußeren Veste errichtet und beidseits bis zum Innufer verlängert,
 
ferner der obere Berg (= wohl der Burgberg selbst) mit einer Mauer umgeben und [die Burg mittels Zwerchmauern
 
zum Inn mit] einem Zwinger versehen. Mit diesen Zwerch- oder Stichmauern wurde das Schwemmland im
 
Norden und Westen der Stadt in leichter zu verteidigende Abschnitte gegliedert. Türme an besonders wichtigen
 
Punkten, wo z. B. die Ringmauer einen Knick machte oder Zwerchmauern endeten, sicherten diese Abschnitte
 
zusätzlich. So scheinen die beiden Zwerchmauern gen Norden, ausgehend vom „Äußersten Tor“ (auch Äußere
 
Veste, jetzt Rottmoser-Keller genannt - die Mauer wird im weiteren als äußere Zwerchmauer bezeichnet) und vom
 
Weberzipfl aus (die Mauer wird fortan innere Zwerchmauer genannt [hier als mittlere Zwerchmauer bezeichnet])
 
ebenso von Anfang an mit einem Turm bewehrt gewesen zu sein [...] wie die Zwerchmauer vom Roten Turm
 
[hier als innere Zwerchmauer bezeichnet] aus.“12
 
In der Inschrift wird außerdem die Erhöhung der Ringmauer, die Errichtung überdachter Wehrgänge und
 
von Türmen an derselben erwähnt.
 
7 Dehio 2006, S. 1355.
 
8 D. h. vom Roten Tor in Richtung Westen. Die Ledererzeile scheint im östlichen Teil in der nördlichen Straßenfront noch die
 
ursprüngliche rundliche Form des Stadtumrisses zu bewahren. Diese scheint durch die frühere Ausdehnung der Halbinsel
 
bedingt, mit sich später stetig ausdehnenden Stränden im Osten und Norden. Vgl. Pritz 1976, S. 28. Hier ist die Ausdehnung
 
der Halbinsel um 1000 und um 1200 in Richtung Norden vermutlich annähernd richtig dargestellt, in Richtung Osten jedoch
 
zu gering, wie die ältesten Grabungsfunde 2013 im Bereich des Fletzinger-Areals erbrachten, die wohl zwischen 4. und 9. Jahrhundert
 
zu datieren sind (Bericht zur Grabung liegt noch nicht vor). Vgl. auch Pritz 1976, S. 29 bis 32.
 
9 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1841; Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1338: In Urkunden im StadtA Wasserburg vom 24.8.1338
 
und vom 17.9.1338 wird nur die Brücke erwähnt. Das Tor wird somit aus der Existenz der Brücke abgeleitet.
 
10 Heiserer 1860, S. 262.
 
11 Heiserer 1860, S. 262.
 
12 Steffan 1992, S. 159.
 
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Ein Eintrag im Kopialbuch der Stadt Wasserburg (StadtA Wasserburg a. Inn, I1c1), der sich offensichtlich
 
auf dieselbe Baumaßnahme bezieht, beschreibt den Anteil der Stadt an den Baumaßnahmen, im Uhrzeigersinn
 
von der Innbrücke aus: genannt wird die Neuerrichtung der offenbar durch Hochwasser zerstörten
 
Ringmauer von der Brücke („Spital“, westlich der Brücke) bis zur Burg, dann wohl von der Burg aus in Richtung
 
Norden „die slacht vnd berch hinauf von dem graben vnndter des […] Lewt(e)n [Leiten] bis an die mawr
 
von dem Tuern(n)“, „die slacht vnd werich vnndter dem Büssübl herab“ [Wasserbauten an der Südseite des
 
Burgbergs?], von dem Althauß herab bis zu der Zbirchmaw(er) vnd den Turrn(n) bej der spitall müll [Mühlturm
 
im Haag, erwähnt 1590? Später Pulverturm an der mittleren Zwerchmauer?]13 zu sambt der Zwirchmaw(er)
 
vnd auch den Turrn(n) dorInne daselbs oben in der maw(er) [Irlacher Turm?]“, von der Zwirchmawr bis zu dem
 
Roten Turrn(n) vnd den Turrn(n) bej dem Ine do yetz der pfemitter auf sitzet [Pfändnerturm]“, von dem Roten
 
Turn(n) bis zu dem Trencktor vnd mit sambt dem(m) Trennkturn(n)“, von dem Trennckturn(n) die maw(er) bis
 
zu der prugkhen“, „den Turr(n)n bej dem fleischauß [Brucktor]“.
 
Das Schmidtor zwischen Rotem Tor und Tränktor wird nicht erwähnt und könnte somit erst später entstanden
 
sein. Ansonsten belegen die beiden Textquellen, dass die bekannten Befestigungen Wasserburgs mit
 
Ausnahme der (nicht obertägig erhaltenen) neuzeitlichen Festungswerke im Westen und kleinerer Erneuerungen
 
und Ergänzungen sämtlich auf die Jahre ab 1415, im Bereich der Ringmauer zum Teil noch weiter
 
zurückgehen.
 
Die Tore und Türme des frühen 15. Jahrhunderts sind quadratisch mit Zinnenkranz, vermutlich nachträgliche
 
Bauten des späteren 15. Jahrhunderts wie das Schmidtor, der Turm an der Zwingermauer der Burg
 
und ein Turm an der äußeren Zwerchmauer zeigen eine halbrunde Form. Eine Ausnahme ist der ebenfalls
 
vielleicht bereits ab 1415 entstandene Pulverturm an der mittleren Zwerchmauer, der offenbar eine leicht
 
spitze Form zeigte (Stadtplan von 1615 , Abb. 4, 5).
 
Neben den bereits 1415ff. genannten Toren und Türmen bestanden offenbar zwei quadratische Türme an
 
der Innfront und drei quadratische bzw. rechteckige Türme an der äußeren Zwerchmauer (Stadtplan von
 
1615).
 
Das mittlere und das äußere Burgtor stellten in der ausgebauten Form (früheste Darstellungen Ende 16.
 
Jahrhundert, Abb. 2, 3) jeweils Komplexe aus mehreren Gebäuden und Türmen dar.
 
Die Mauern, Tore und Türme waren wohl weitestgehend aus Feldsteinen und Bachkieseln errichtet, in Teilen
 
jedoch auch aus Ziegeln (z. B. der obere Teil der Ringmauer im Bereich des Fletzinger-Areals, vgl. Abb.
 
36, 37, oder der Wehrgangbereich der Inneren Zwerchmauer, mit abwechselnden großen segmentbogigen
 
Öffnungen und Schlitz- / Schlüsselscharten (vgl. Digitalaufnahmen 2009, P5202578.jpg). Die Mauern besaßen,
 
wie bereits erwähnt, überdachte Wehrgänge (bildlich dargestellt erstmals 1644, Abb. 7).
 
1422 belagerte Herzog Heinrich von Bayern-Landshut die Stadt ohne Erfolg.14
 
1439 erhielt die Stadt von Herzog Ludwig den Salzscheibenpfennig, um die Einnahmen, nach Rat vnsers
 
Pflegers zu Wasserburg an vnser Stat daselbs Torn vnd Mawrn [zu] verpawen“.
 
1456 wird eine kleine Türe in der Ringmauer bei „Vns(e)r Frawn Pad [...] hinter des Chunrad Hueters vnd des
 
B[e]n[ann]tt[e]n Lienhart Mülperg(er) Häuser“ genannt.
 
1470/71 erfolgte der Neubau des Brucktors durch Meister Wolfgang [Wiser] und Meister Steffan, Stadtmeister,
 
Zimmermann (Stadtkammerrechnung 1470).
 
1494 erhielt die Stadt von Herzog Georg die Aufforderung, sich für Krieg zu rüsten.15
 
13 Ferdinand Steffan vermutet die Spitalmühle ebenfalls in diesem Bereich. Die Spitalmühle könnte theoretisch auch eine Schiffsmühle
 
[[am Gries]] oder im Haag sein (vgl. Heiserer 1860, S. 267).
 
14 Heiserer 1860, S. 262.
 
15 StadtA Wasserburg, I1b357, nach Repertorium.
 
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Um 1504/1508 kam es im Landshuter Erbfolgekrieg zu einer zeitweisen Besetzung durch pfälzische Truppen
 
unter Ruprecht von der Pfalz.
 
1544 erfolgte die Anlage des Friedhofs an der Nordseite der Ringmauer.16
 
1546 waren offenbar bereits viele Häuser im Bereich der Ringmauer, wo diese unmittelbar am Inn verlief
 
(östlich und westlich der Innbrücke), zur Ringmauer hin erweitert und an diese angebaut worden, überwiegend
 
mit Ställen. Für diese Erweiterungen waren in die Ringmauer Fenster und Türen eingebrochen
 
worden, deren Sicherheit nun (und in späteren Jahren) überprüft wurde.
 
1568 erfolgte eine Renovierung des Brucktores (Malereien an der Südfassade).17
 
1580/85 sind auf dem Köbinger Berg und in der Burgau offenbar noch keine Befestigungen vorhanden
 
(Abb. 2).
 
Ab dem späten 16. Jahrhundert Errichtung zusätzlicher Festungswerke
 
1588 erhielt die Stadt den landesfürstlichen Auftrag, sich für den Kriegsfall zu rüsten.18
 
Im folgenden Jahr werden Arbeiten am „Werch vorm Obern Thor“ [Äußeres oder mittleres Burgtor] genannt,
 
der Pfändnerturm wird neu gedeckt. Die bis zum Anfang des 18. Jahrhundert ausgebauten Festungswerke
 
bestanden weitestgehend aus Erde mit Pfahlverstärkungen. 1590 wurde die Ringmauer erhöht (wo?) und
 
der Friedhof erweitert. In diesem Jahr wurden Arbeiten am „Werch vnnderm Spital“, am „Werch im Haag“,
 
am „Milthurn im Haag“ und am „Werch vorm Obernthor“ durchgeführt.
 
1615 ist am Köbinger Berg eine „Bergbastei“ eingezeichnet (Abb. 4, 5).
 
Der Ausbau der Festungswerke im Dreißigjährigen Krieg
 
Im Frühjahr 1632 erhielt die Stadt den Befehl, die Befestigungsanlagen zu verstärken. In der Burgau wurden
 
Schanzarbeiten durchgeführt, an denen z. T. täglich 1.000 Personen und 120 Pferde beteiligt waren.19 Im
 
Frühjahr 1633 wurden die Schanzarbeiten fortgesetzt. Überliefert sind Arbeiten am Äußeren Tor der Burg.20
 
Die durchgeführten Arbeiten sind offenbar in einem Plan überliefert, der auf unbekannter Grundlage in das
 
Jahr 1632 datiert wird (Abb. 6). Der Grundriss zeigt neben der Bergbastei (hier „Blockhaus auf dem Berg“)
 
Schanzen und Gräben vor dem mittleren und dem äußeren Burgtor und ein neues, aber z. T. schon wieder
 
baufälliges Hornwerk mit Graben und Wachhaus am Ostrand der Burgau. Von dem Hornwerk verlaufen
 
in Richtung Süden Palisaden bis zum Inn, ebenso sind Palisaden zwischen mittlerer und äußerer Zwerchmauer
 
eingezeichnet, am nördlichen Ufer zum Inn. 1634 wurden erneut Schanzarbeiten in der Burgau
 
durchgeführt.21 Das Werk vor der mittleren Zwerchmauer wurde einem Plan aus der Zeit nach 1647 oder
 
nach 1680 (Abb. 9) zufolge unter dem bayerischen Obristleutnant Hans Jakob von Fendt erbaut, der 1632
 
bis 1633 Kommandant in Wasserburg war.
 
16 Heiserer 1860, S. 280.
 
17 Nach Geiger 1980, S. 58 durch Christoph Schwarz und Johann Bocksberger.
 
18 StadtA Wasserburg, I1b334, nach Repertorium.
 
19 Wildgruber 1986, S. 23, unter Berufung auf das Ratsprotokoll vom 14.4.1632.
 
20 Wildgruber 1986, S. 74ff.; Schwanse 2013, S. 34.
 
21 Wildgruber 1986, S. 142, unter Berufung auf das Ratsprotokoll vom 31.7.1634.
 
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1646 zog sich Herzog Maximilian vor den französischen und schwedischen Truppen für sieben Monate nach
 
Wasserburg zurück, ein Beleg für die zeitgenössische Wertschätzung der Wasserburger Befestigungen.22
 
Im Juli 1647 explodierte der Pulverturm am nördlichen Ende der mittleren Zwerchmauer infolge Blitzschlags,
 
dabei stürzten auch die benachbarten Teile der Ringmauern ein.23 Durch die Explosion wurden
 
sogar die Fenster der Stadtpfarrkirche zerstört.
 
Vom 5. bis 8. Juni 1648 fand eine erfolglose Belagerung Wasserburgs durch schwedische und französische
 
Truppen statt (Abb. 8).24
 
Bis Ende dieses Jahres errichtete man anstelle des zerstörten Pulverturms eine Geschützbastion („Rondell“)
 
mit Schindeldach und brach in dessen Nähe eine Ausfalltüre in die Ringmauer ein.
 
1654/55 datiert der Wiederaufbau eines eingefallenen Teils der Ringmauer, u. A. mit Erstellung von „Wasserbürsten“,
 
und offenbar unter Verwendung des alten Steinmaterials, da für den Bau nur zugekauftes Holz
 
als Material genannt wird.
 
1674 wurden die überdachten Wehrgänge „am Gottsackher bey der Thür vnd hinterm Vischer Preu25“ erneuert.
 
1677 wird eine Ausfalltüre im Weberzipfel, „vnder der Stattmauer im Zipfel in Herrn Eders garten“ genannt,
 
vermutlich die 1648 eingebrochene Türe.
 
Am 18. Juli 1680 wurde auch die 1648 errichtete Bastion (Geschützturm) am Ende der mittleren nördlichen
 
Zwerchmauer, die erneut auch als Pulverturm diente, durch Explosion infolge Blitzschlags gesprengt. Durch
 
die Explosion wurden neben dem Turm die überdachten Wehrgänge auf der mittleren Zwerchmauer und
 
auf der Ringmauer von der Friedhofstüre bis zum Weberzipfel zerstört.
 
Die halbrunde Bastion und die zerstörten Mauern wurden offensichtlich bald darauf wieder erneuert, da
 
sie auf dem Grundriss von 1703 zu erkennen sind (Abb. 11, 12). In diesem Grundriss ist erstmals der heute
 
noch erhaltene Turm (Am Pulverturm 2) in der äußeren Zwerchmauer als weiterer Pulverturm bezeichnet.
 
Dargestellt ist der Turm vermutlich bereits auf dem Stadtplan von 1615 und (als Rundturm) auf dem Merianstich
 
von 1648/52 (Abb. 8).
 
1683 wird der Durchgang vom Marienplatz (Marktplatz) zum Inn erwähnt („Guhrn oder Durchgang bei herrn
 
Kherrn“). Der Durchgang ist bereits auf dem Stadtplan von 1615 verzeichnet.
 
Zwischen 1615 und 1703 wurde ein Tor in der inneren Zwerchmauer im Bereich der heutigen Straße im Hag
 
angelegt (Abb. 11, 12, mit Angabe eines Weges in diesem Bereich), ein großflächiger Aufbruch der Mauer
 
erfolgte nach 1753 (Stadtplan 1753 noch mit Angabe einer Toröffnung, Abb. 14).
 
Um 1700 Höhepunkt im Ausbau der Festungswerke
 
Den Höhepunkt im Ausbau der Festungswerke zeigt ein Bestandsplan von 1703, der neben den Vorwerken
 
vor der mittleren und äußeren Zwerchmauer drei gestaffelte Werke in der Burgau sowie jeweils zwei Werke
 
entlang des Inns zuseiten des Köbinger Bergs und der Burgau zeigt (Abb. 11). Vor der mittleren Zwerchmauer
 
war ein neues symmetrisches Werk geplant (Abb. 12).
 
22 Schwanse 2013, S. 43.
 
23 Schnepf 1887. Dazu offenbar umfangreicher Schriftverkehr der Hofkammer in München vorhanden. Schnepf vermutete die
 
Lage des Turmes „in der Nähe des Bräuwinkel-Sägeanwesens“.
 
24 Steffan 1992, S. 184.
 
25 Der Vischerbräu ist Haus 149 1/2 (Bachmaier). [...]..
 
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Im Rahmen des Spanischen Erbfolgekriegs von 1701 bis 1714 kam es ab 1703 angeblich mehrfach zu
 
Belagerungen,26 die jedoch offenbar keine größeren Dimensionen erreichten.
 
1708 erfolgten Reparaturen an den Ringmauern, am mittleren und äußeren Burgtor und am Pulverturm (an
 
der mittleren oder an der äußeren Zwerchmauer oder an beiden Türmen?). Außerdem wurden ein neues
 
Blockhaus errichtet und neue Palisaden und Spanische Reiter gesetzt. Die Gesamtkosten betrugen 213 fl.
 
37 kr. Bei gleichzeitigen Schanzarbeiten an den Festungswerken waren zahlreiche Scharwerksleistungen
 
erforderlich, was auf einen größeren Umfang der Arbeiten schließen lässt.
 
Schanzen waren vielleicht auch südlich und östlich des Inns vorhanden, so etwa auf dem Pallinger- oder
 
Pollingerberg direkt südöstlich der Innbrücke27 und auf dem Magdalena-Angerberg.28
 
Vor 1753 wurde die Bastion (der alte Pulverturm) an der mittleren Zwerchmauer abgebrochen (Abb. 14).
 
Etwa in der Mitte des 18. Jh. erfolgte ein Durchstich durch den Hals und der Bau eines Kanals mit einer
 
Sägemühle.29
 
In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts Beginn des Abbruchs der Befestigungen
 
1767 baute man die Münchner Straße neu (Denkmalliste), womit offenbar die Demolierung der Äußeren
 
Veste einherging. 1785 ist anstelle des äußeren Burgtors nur noch ein Sommerhaus vorhanden (Abb. 15).
 
Die mittlere und die äußere Zwerchmauer sind noch vorhanden, jedoch sind zwei Straßen, eine „Einfahrt“
 
zur Sägemühle und der „Neuweg“, durch die Mauern gebrochen.
 
Das Jahr 1786 brachte ein verheerendes Hochwasser mit sich,30 so dass größere Beschädigungen an den
 
Mauern vermutet werden können.
 
1793 kam es vielleicht zu einer Renovierung des Brucktors (Jahreszahl an der Nordseite).31
 
Während der Napoleonischen Kriege erfolgte 1800 die Wiederherstellung der Schanzen „ober dem Kobinger
 
Berg“.32
 
26 Heiserer 1860, S. 262.
 
27 Brunhuber 1914, S. 10f. Der Berg ist nach den zeitweiligen Besitzern von Schloss Weikertsham benannt. Freundliche Auskunft
 
von Ferdinand Steffan.
 
28 StadtA Wasserburg, Baubuch Khornmesser 1674-1686 zum Jahr 1685, Transkription von Brunhuber 1914, S. 17: „Die 27. Wochen
 
zu ankhonfft Ihro Churfrtl: Drtl: vnd deren Drtl: Herrschafften von dem Churfrtl. oberzeughaus vf der Pürg vnd gem: Statt Zeughaus
 
15 stuck gross geschüz, halb Carthaunen vnd Feldtschlangen, wie auch alle stuckh vnd Dopelhaggen sambt allen zuegehören auf die
 
Lochen ob dem Magdalena Angerperg aufgefiehrt, zue ankhonfft Salue abgeprendt worden.“
 
Vgl. zu entsprechenden Ereignissen auch Brunhuber 1914, S. 16 (1684) und 20 (1686). Lochen ist wohl am ehesten als die
 
innere und äußere Lohe Richtung Penzing zu interpretieren (freundliche Auskunft von Ferdinand Steffan).
 
29 Steffan 1992, S. 165.
 
30 Geiger 1980, S. 58.
 
31 Nach Geiger 1980, S. 58 fand in diesem Jahr der letzte bayerische Kreistag in Wasserburg statt. Die Jahreszahl könnte somit
 
auch an dieses Ereignis erinnern.
 
32 Heiserer 1860, S. 268.
 
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Im 19. Jahrhundert Abbruch des größten Teils der Befestigungen
 
1802 beschloß die Stadt Wasserburg den Verkauf der Ringmauer vom Roten Tor bis zum Schmidtor an die
 
Besitzer der angrenzenden Häuser und, „zur Verschönerung der Stadt“, den Abbruch der übrigen Teile der
 
Ringmauer. Der Zustand der Mauern wurde als schlecht beschrieben.
 
Noch im selben Jahr wurde das Rote Tor an Privat verkauft, 1807 auch das Schmidtor.
 
1809-11 wurde zur Erweiterung der Straße das mittlere Burgtor abgebrochen. Das Tor nördlich der Kernburg
 
und das untere Burgtor folgten wohl bald nach 1813. Die Seitenwände des mittleren Burgtors wurden erst
 
1815 beseitigt.
 
1810 wurde das Tränktor an Privat verkauft. Im folgenden Jahr ließ der neue Besitzer anstelle des alten oberen
 
Abschlusses einen „französischen Dachstuhl“ aufsetzen.
 
1818/19 wurde der verfallene Pulverturm an der äußeren Zwerchmauer für 215 fl. 52 kr. instandgesetzt und
 
bis mindestens 1860 wieder zur Aufbewahrung von Pulver und Munition des Militärs und von Pulvervorräten
 
der Wasserburger Kaufleute genutzt.
 
Nach 1819 erfolgte der Umbau eines Vorwerkturms der Äußeren Veste [des Sommerhauses des 18. Jahrhunderts]
 
zu einer Schenke mit untergebautem Sommerkeller, dem sogenannten Rottmoserkeller.33
 
Vor 1821 verschwanden der nördliche Teil der mittleren Zwerchmauer und die äußere Zwerchmauer mit
 
Ausnahme des Pulverturms (Ansicht 1821, Abb. 25).
 
1826 verbot der bayerische König Ludwig I. die Demolierung oder Veränderung vorhandener Stadtbefestigungen
 
„durch gewaltsame Beschädigungen, Abbrechen der Mauern oder Thürme und Einfühlung der Gräben.“
 
1827 wurde das Brucktor renoviert. Dabei wurde die Durchfahrt erweitert und erhöht und das gotische Gewölbe
 
durch ein neues „flaches Kuppelgewölbe“ ersetzt (Abb. 28, 29).
 
1839 wurde das Verbot des Abbruchs oder der Veränderung der Stadtbefestigungen von 1826 dahingehend
 
modifiziert, dass davon Bauten ausgenommen wurden, die vor dem Erlass in Privateigentum übergegangen
 
waren.
 
Im selben Jahr erwarb die Stadt das Rote Tor zurück und ließ im Jahr darauf die Durchfahrt erweitern und
 
erhöhen und das Innere des Turmes umgestalten.
 
1841 wurde neben dem Tränktor ein Nebeneingang angelegt (Abb. 32, 33).34
 
1846 brach man die Ringmauer im Bereich der neu angelegten Neustraße vom Weberzipfel zur Straße nach
 
München ab.
 
1852 folgte der Einbau einer einfachen Tor- oder Türöffnung „vom untersten Weberzipfel zur Schopperstätte“
 
[in der Ringmauer östlich des Totengräberturms], des sogenannten Hopfentors (Abb. 44, 45).
 
1854 wurde eine einfache Tor- oder Türöffnung „in dem Salzstadl an der Ringmauer“ [zwischen Schmid- und
 
Tränktor] eingebrochen.
 
33 Heiserer 1860, S. 270.
 
34 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1841.
 
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1855/56 erfolgte die Herstellung des Friedhofsportals aus Ziegeln mit eingebauten Epitaphien, verbunden
 
mit der Anbringung von zwei „kolossalen“ Figuren der hll. Rupert und Augustinus von der Klosterkirche
 
Baumburg.35
 
1856 wurde die Innbrücke für die Innschiffahrt um 5 Fuß (ca. 1,50 m) erhöht und der Boden der Durchfahrt
 
angehoben.36
 
Im Winter 1857/58? erfolgte die Auffüllung des Zwingers vor dem inneren Burgtor.37
 
1864 erhöhte man den äußeren Bogens des Tränktors.38
 
1874 kam es infolge des Stadtbrands im Bereich des Marienplatzes zum Abbruch des stark beschädigten
 
Tränktors (Abb. 34, 35),39 um 1878 zum Abbruch des Schmidtors (Abb. 38).40
 
1885 brach ein Stadtbrand im Bereich Bäckerzeile zwischen Tränktor und Schmidtor aus.41 Durch den Brand
 
wurde die Ringmauer in größerem Umfang freigelegt (Abb. 36, 37) und in der Folge abgebrochen.
 
Die weitestgehend aus Erde errichteten Festungswerke außerhalb der Stadtmauern verschwanden im Verlauf
 
des frühen und mittleren 19. Jahrhunderts, vermutlich in erster Linie durch natürlichen Verfall. Auf dem
 
Vermessungsplan von 1813 zeichnen sich die Werke vor der mittleren Zwerchmauer offenbar noch leicht
 
ab (Abb. 19), die Werke in der Burgau sind noch in Vermessungsplänen des mittleren 19. Jahrhunderts teilweise
 
zu erkennen (Bayernatlas). Von diesen Werken könnte noch die Quadermauer an der Nordseite der
 
Köbingerbergstraße stammen (in dem steilen Abschnitt unterhalb Köbingerbergstraße 4).
 
Ab dem späten 19. Jahrhundert weitere kleinere Verluste, sporadische Instandsetzungen
 
Ab 1886 wurden mehrere Türöffnungen in die Ringmauer westlich des Friedhofs zu den dahinterliegenden
 
Grundstücken eingebrochen.
 
1890 restaurierte bzw. erneuerte der Wasserburger Maler Heinrich Dendl die Malereien an der Südseite
 
des Brucktors. „Zwei abgenommene Köpfe der alten Fresken“ wurden in das städtische Museum verbracht.42
 
1902 wird die Höhe der erhaltenen Ringmauer im Bereich des Friedhofs mit noch ca. 7,5 m (ohne Wehrgang)
 
angegeben.43
 
1904 erfolgte der Durchbruch durch die Ringmauer im Bereich des heutigen Eichhornwegs westlich des
 
Altstadtfriedhofs. Unmittelbar östlich bestand bereits ein kleiner Durchbruch.
 
35 Heiserer 1860, S. 280.
 
36 Heiserer 1860, S. 274.
 
37 Heiserer 1860, S. 258.
 
38 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1864.
 
39 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1795, zum Jahr 1874.
 
40 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1803, 1877, gibt 1876/77 an. Jedoch existiert noch ein Plan von 1878 (StAM, Bpl. Wasserburg
 
1878/201.
 
41 Kirmayer Chronik Bd. 1 zum Jahr 1339.
 
42 Die beiden Freskenreste hatten nach Auskunft des früheren Museumsleiters, Herrn Ferdinand Steffan, durch schlechte Lagerung
 
ihre Malschicht vollständig eingebüßt und wurden deshalb nach Rücksprache mit Restauratoren und dem damaligen
 
Bürgermeister Dr. Geiger entsorgt (mail vom 16.7.2018).
 
43 KDB 1902. So bereits Heiserer 1860, S. 258 allgemein zur Höhe der erhaltenen (im oberen Teil abgetragenen) Mauern.
 
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1921 wurde das Stadtwappen von 1793 an der Nordseite des Brucktors durch Malermeister Breit erneuert.
 
1926 fanden Ausbesserungen der Ringmauer statt, die sich insbesondere am Eck beim Grein-Pachtgarten
 
(vielleicht im Bereich östlich des Altstadtfriedhofs) in schlechtem Zustand befand, mit einem haushaltsmäßigen
 
Maximalbetrag von 60 M.
 
1929 erweiterte man im Zuge der Erneuerung der Innbrücke die Tordurchfahrt nach 1827 ein weiteres Mal,
 
außerdem legte man die seitlichen Fußgängerdurchgänge an (Abb. 30, 31).
 
2009 wurde durch den Abbruch des Schlachthauses von 1816 die innere Zwerchmauer im Anschluss an das
 
Rote Tor teilweise freigelegt und fotografisch dokumentiert.
 
2010 wurde am Roten Tor eine Außenrenovierung durchgeführt.44
 
2013 wurden zuletzt bei Ausgrabungen im Bereich des Fletzinger-Areals Reste der Stadtmauer freigelegt.
 
Die 2018 noch vorhandenen Teile der Befestigungen
 
Von den Toren und Türmen der Ringmauer sind heute noch vorhanden das Brucktor, das Rote Tor, der
 
Pfändnerturm an der inneren und der Pulverturm in der ehemaligen äußeren Zwerchmauer. Reste des
 
Totengräberturms stecken noch im Haus Bahnhofsplatz 3, Teile des äußeren Burgtors vermutlich noch im
 
Gebäude des früheren Rottmoserkellers (Unter der Schanz 2).
 
Von der Ringmauer selbst ist östlich des Roten Tors im Bereich zwischen Nagelschmidgasse und Hinter
 
den Mauern ein Abschnitt wohl noch inklusive des Wehrgangs in den Häusern erhalten.45 Westlich des
 
Roten Tors verläuft ein längerer, jedoch im oberen Teil abgebrochener Abschnitt der Ringmauer bis fast
 
an den Bahnhofsplatz. Direkt neben dem Roten Tor dürfte die Mauer noch bis knapp unter den Wehrgang
 
erhalten sein, nach Westen wird die Mauer stetig niedriger, bis sie zuletzt nur noch 2-3 m Höhe mißt. Zu
 
nennen ist weiterhin ein ähnlich niedriges Stück der Ringmauer nördlich der Neustraße. Bekannt sind
 
schließlich in den Häusern verbaute Mauerabschnitte im Bereich direkt nördlich des Max-Emanuel-Platzes
 
(bis 1. OG) und zwischen Tränkgasse und Zirnweg (im EG).46
 
Schließlich sind noch die innere Zwerchmauer, im Anschluss an das Rote Tor mit Teilen des Wehrgangs,
 
sowie der südliche Teil der mittleren Zwerchmauer und die Zwingermauer der Burg in größerem Umfang
 
erhalten geblieben, an letzterer außerdem der runde Turm an der südöstlichen Ecke.
 
44 Wasserburger Zeitung vom 11.9.2010.
 
45 Wasserburger Zeitung vom 11.9.2010.
 
46 Freundlicher Hinweis von Ferdinand Steffan. Ihm zufolge wurde die Stadtmauer auch etwas weiter östlich beim Bau der Tiefgarage
 
für die Polizei nachgewiesen. Zu dem Mauerabschnitt östlich des Roten Tors siehe Herbert Hagn/Ferdinand Steffan: Model
 
und keramische Ausformungen aus der Hofstatt 11 in Wasserburg, in: HAI 20/21 (2003), S. 233-353, mit Planzeichnungen
 
auf S. 236, 238 und 239.
 
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Die einzelnen Bestandteile der Stadtmauer
 
Mauerabschnitte
 
Die Ringmauer entstand mit Ausnahme des Abschnittes westlich des Roten Tors wohl bereits in romanischer
 
Zeit und wurde 1415ff. erneuert und erhöht. Die drei Zwerchmauern und wohl der Abschnitt der
 
Ringmauer westlich des Roten Tors entstanden 1415ff.
 
Tore und Türme (von den Burgtoren gegen den Uhrzeigersinn)
 
- Burgtor, äußeres (auch äußere Veste, Tor am Furtaller Berg)
 
Westliches Tor zur Burg und zur Stadt in der äußeren Zwerchmauer. Anlage spätestens 1415ff., Abbruch ab
 
1767. Erhalten vielleicht noch Teile im so genannten Rottmoserkeller.
 
- Burgtor, mittleres
 
Tor am Eingang zur Vorburg. Anlage spätestens 1415ff., Abbruch 1809-11.
 
- Burgeingang vom Weberzipfel aus
 
Eingang östlich des mittleren Burgtors, vor 1615 angelegt.
 
- Zipfelbergtor
 
Eingang von Nordosten in die nordöstliche Ecke der Vorburg, vor 1615 angelegt (Zipfelbergtor 1703).
 
- Burgtor im Bereich der Kernburg
 
Tor innerhalb der Burg neben dem (abgebrochenen) Kaiserturm (Bergfried). Abbruch zwischen 1813 und
 
1854.
 
- Burgtor, unteres
 
Tor von der Burg zur Stadt. Anlage spätestens 1415ff., Abbruch bald nach 1813.
 
- Graben vor dem unteren Burgtor mit der Hof- oder Hochbrücke
 
Anlage spätestens 1415ff., Verfüllung um 1857/58.
 
- Brucktor (1415/16 Turm bei dem Fleischhaus, 1703 Inntor)
 
Neuerrichtung oder Erwähnung 1374, Neubau 1415ff. und 1470. Erweiterungen / Veränderungen der Durchfahrt
 
1827 und 1929.
 
- Tränktor (1415/16 Trencktor mit Trennkturm, auch Fischertor, Ländtor)
 
Anlage 1415ff., Abbruch 1874.
 
- Schmidtor (auch Bauschreibertor, Bachzahnertor oder Gerbltor, Mittleres Griestor).
 
In der Nähe des Hauses Nr. 267d Aiblingerplatz.
 
Anlage vermutlich im späteren 15. Jahrhundert, Abbruch um 1878.
 
- Rotes Tor (1415 Roter Turm, 1615 Pognertor, 1703 Ratzentor und Hageturm, auch Naglertor, Salztor, Ratdienertor,
 
Göttner-, Liebhard-, Schlachthaus-, Luegingertor).
 
Anlage 1415ff. 1840 Erweiterung / Veränderung der Durchfahrt.
 
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- Pfändnerturm (1415 Pfemitter-Turm, 1615 Pfändner-Turm, auch Hungerturm im Hag, Münchsmayer-
 
Turm).
 
Nördlicher Endturm der inneren Zwerchmauer. Anlage 1415ff.
 
- Gottesackertür / Friedhofstor
 
Anlage vielleicht bereits 1544 bei der Anlage des ersten Friedhofs, spätestens im Zuge der Erweiterung 1590
 
(im Plan von 1615 eingezeichnet). 1855/56 Herstellung des bestehenden Portals.
 
- Hopfentor
 
Einbruch 1852 in die Ringmauer im Bereich des Stadtkanals, östlich des Totengräberturms.
 
- Totengräberturm (1680, auch Irlacher Turm)
 
Turm am Ansatz des nördlichen Teils der mittleren Zwerchmauer an der Ringmauer. Anlage 1415ff., Reste
 
im Haus Bahnhofsplatz 3 erhalten (Steffan 1992, S. 167).
 
- Alter Pulverturm (Mühlturm?)
 
Nördlicher Endturm der mittleren Zwerchmauer. Lage etwa im Bereich des Hauses Bahnhofsplatz 2/Knoppermühlweg
 
2. 1647 durch Blitzschlag zerstört, 1648 durch runde Geschützbastion („Rundel“) ersetzt.
 
1680 erneut durch Explosion infolge Blitzschlags zerstört, Abbruch zwischen 1703 und 1753. Etwa in der
 
Mitte des 18. Jh. hier Errichtung der Wohnung eines Schoppers.
 
- Neuer Pulverturm
 
Nördlicher Endturm der äußeren Zwerchmauer. Anlage wohl 1415 ff., Nutzung als Pulverturm spätestens
 
1703 bis zum späten 19. Jahrhundert.
 
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Dr.
 

Version vom 8. Februar 2019, 13:57 Uhr

Autor: Gerald Dobler/Autor: Redaktion

Die Geschichte und Baugeschichte der Befestigungen

Die Befestigung des 12./13. Jahrhunderts

Zumindest die Burg dürfte spätestens um 1085/88 bestanden haben.2