Brucktor: Unterschied zwischen den Versionen

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(Geschichte / Baugeschichte)
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In den Jahren ab 1415 wurde das Brucktor im Rahmen der Neubefestigung Wasserburgs durch Herzog Ludwig den Gebarteten von den Bürgern der Stadt neu errichtet: „It(e)m den Turr(n)n bej dem fleischauß habent die bürg(er) auf vnnsers gnedigen herrn hertzog ludwigs n(ach) sein(er) gnad(e)n beger(e)n von new(e)m aufgepawt“.<ref> StadtA Wasserburg a. Inn, I1c1, Kopialbuch der Stadt Wasserburg. </ref>  
 
In den Jahren ab 1415 wurde das Brucktor im Rahmen der Neubefestigung Wasserburgs durch Herzog Ludwig den Gebarteten von den Bürgern der Stadt neu errichtet: „It(e)m den Turr(n)n bej dem fleischauß habent die bürg(er) auf vnnsers gnedigen herrn hertzog ludwigs n(ach) sein(er) gnad(e)n beger(e)n von new(e)m aufgepawt“.<ref> StadtA Wasserburg a. Inn, I1c1, Kopialbuch der Stadt Wasserburg. </ref>  
  
Von Mitte Oktober 1470 bis Juli 1471 erfolgte ein weiterer Neubau des Brucktors durch Meister Wolfgang [Wiser] und Meister Steffan, Stadtmeister, Zimmermann. <ref>Stadtkammerrechnung 1470, StadtA Wasserburg a. Inn, I1c428.</ref> Ob es sich dabei tatsächlich um einen vollständigen Neubau oder nur um eine umfangreiche Reparatur oder Erneuerung handelte, ist nicht bekannt.
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Von Mitte Oktober 1470 bis Juli 1471 erfolgte ein weiterer Neubau des Brucktors durch Meister Wolfgang [Wiser] und Meister Steffan, Stadtmeister, Zimmermann. <ref>Stadtkammerrechnung 1470, StadtA Wasserburg a. Inn, I1c428. Nach Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs) erfolgte der Neubau auf einer Gründung aus Eichenpfählen.</ref> Ob es sich dabei tatsächlich um einen vollständigen Neubau oder nur um eine umfangreiche Reparatur oder Erneuerung handelte, ist nicht bekannt.
  
 
1568 erfolgte eine Bemalung der Südfassade, die vielleicht mit einer Renovierung des Brucktores einherging.
 
1568 erfolgte eine Bemalung der Südfassade, die vielleicht mit einer Renovierung des Brucktores einherging.

Version vom 13. November 2019, 17:03 Uhr

Autor: Gerald Dobler

Brucktor

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Inhalt

Einführung

Das Brucktor von Süden

Das Brucktor, das Stadttor an der Innbrücke, auch Turm bei dem Fleischhaus (1415/16) und Inntor (1703) genannt, ist ein quadratischer, innen fünfgeschossiger Torturm mit Zinnen, der von den breiten Gebäudeblöcken des bündig ansetzenden ehemaligen Spitals (westlich) und des leicht vorspringenden ehemaligen Fleischhauses (östlich)[1] flankiert wird.

Geschichte / Baugeschichte

Die Innbrücke wird zum ersten Mal um 1204 erwähnt.[2] Damit ist wohl auch vom Vorhandensein des Brucktors auszugehen.

Nachdem die Stadtmauer hier etwas weiter nördlich verläuft (im Bereich der Südwand der Spitalkirche), ist davon auszugehen, dass sich das erste Tor ebenfalls etwas weiter nördlich, landeinwärts befand.

1374 erfolgte angeblich ein Neubau des Brucktors, es handelt sich aber nur um eine Erwähnung.[3]

In den Jahren ab 1415 wurde das Brucktor im Rahmen der Neubefestigung Wasserburgs durch Herzog Ludwig den Gebarteten von den Bürgern der Stadt neu errichtet: „It(e)m den Turr(n)n bej dem fleischauß habent die bürg(er) auf vnnsers gnedigen herrn hertzog ludwigs n(ach) sein(er) gnad(e)n beger(e)n von new(e)m aufgepawt“.[4]

Von Mitte Oktober 1470 bis Juli 1471 erfolgte ein weiterer Neubau des Brucktors durch Meister Wolfgang [Wiser] und Meister Steffan, Stadtmeister, Zimmermann. [5] Ob es sich dabei tatsächlich um einen vollständigen Neubau oder nur um eine umfangreiche Reparatur oder Erneuerung handelte, ist nicht bekannt.

1568 erfolgte eine Bemalung der Südfassade, die vielleicht mit einer Renovierung des Brucktores einherging.

1630 wurden die Malereien der Südseite durch den Wasserburger Maler Wolfgang Pittenharter renoviert.[6]

1793 kam es vielleicht zu einer erneuten Renovierung des Brucktors (Jahreszahl an der Nordseite, heute nicht mehr sichtbar).[7]

Ansicht des Brucktors von Süden, vor 1827
Ansicht des Brucktors und der angrenzenden Gebäude von Süden, vor 1827

1827/28 wurde die Durchfahrt auf 3,80 m erweitert und erhöht und das gotische Gewölbe durch ein neues „flaches Kuppelgewölbe“ ersetzt. Vermutlich in diesem Zusammenhang erhielt das Tor an der Nordseite einen Mauerreiter für Glocken.

1856 wurde die Innbrücke für die Innschiffahrt um 5 Fuß (ca. 1,50 m) erhöht und der Boden der Durchfahrt angehoben.[8] Die Durchfahrt war jetzt rundbogig, das Erdgeschoss besaß an der Südseite eine Bandrustika (Foto um 1900).

1890 restaurierte bzw. erneuerte der Wasserburger Maler Heinrich Dendl die Malereien an der Südseite. „Zwei abgenommene Köpfe der alten Fresken“ wurden in das städtische Museum verbracht.[9]

Ansicht des Brucktors von Süden, um 1900
Ansicht des Brucktors von Norden, 1915-17

1921 wurde das Stadtwappen von 1793 an der Nordseite des Brucktors durch Malermeister Breit erneuert.[10] Die Jahreszahl ist heute nicht mehr sichtbar.

1929 erweiterte man im Zuge der Erneuerung der Innbrücke nach deren Zerstörung durch einen Eisstoß die Tordurchfahrt ein weiteres Mal, von 3,80 auf 5,05 bzw. 4,75 m (Stadtseite), baute ein neues Betongewölbe ein und legte die seitlichen Fußgängerdurchgänge an. Dadurch musste die westliche Torwand im Erdgeschoss über die Wandflucht nach außen verschoben werden. Die Fassadenbemalung erfuhr eine Instandsetzung.[11]

Ansicht des Brucktors von Norden, nach 1929

1964 und 1983 erfolgten weitere Renovierungen des Tores.[12]

Baubeschreibung

An der Außenseite des Tores werden durch Horizontalgesimse vier Geschosse gebildet. Das Erdgeschoss mit der segmentbogigen Durchfahrt wurde 1929 Richtung Westen verbreitert.

Das Wandgemälde an der Südseite des Brucktors

Im 1. Obergeschoss findet sich die Bemalung von 1568, die zwei rechteckige Fenster umschließt. Sie zeigt einen illusionistisch in Untersicht dargestellten runden, nach oben offenen Hof mit rotbraunen Wänden und antikisierendem Abschlussgesims. Links und rechts stehen zwei geharnischte Krieger (Scharwächter) mit Fahnen in den Farben Bayerns und Wasserburgs. In der Mitte zwischen den Fenstern steht eine Blumenvase mit weißen Lilien, nach Heiserer Symbol für die Jungfräulichkeit des Torturms, also seine Unbezwungenheit,[13] darüber schwebt in einer runden Gloriole Jupiter auf einem Adler in den angedeuteten Hof herab, mit dem Blitzbündel in der Linken und einem Schwert in der Rechten, überfangen von einem bogenförmigen Schleiertuch (Velum) als Würdezeichen. Die beiden Fenster besitzen aufwändige ornamentale Rahmungen mit Rollwerkmotiven in Grisaille-Technik, mit seitlichen Karyatiden, einer Bekrönung aus seitlichen Pferdebüsten, einer geflügelten Engelsbüste und einem Medaillon mit antikisierendem Kopf im Profil. Ein heute leeres Medaillon befindet sich auch unter dem Fenster. In dem Bild stecken zwei eiserne Kanonenkugeln von einer Beschießung im Jahr 1800.

Im 2. Obergeschoss aus zwei Innengeschossen befindet sich in der Mitte im unteren Teil das Wasserburger Wappen, in entsprechend gestalteter, aber farbiger Rahmung mit geflügelten Engelsbüsten und der Jahreszahl der Renovierung 1890, darüber das Zifferblatt der Uhr, die nach Heiserer von dem Stadtgärtner Franz Bauer gebaut und gestiftet wurde.[14] Die vier rechteckigen Fenster besitzen wiederum Rahmungen in Grisaille-Technik, mit seitlichen Karyatiden.

Im 3. Obergeschoss ist mittig eine schlichte Sonnenuhr aufgemalt, mit der bekannten Beischrift "Die Sonn keen Stund zeigt an wo ma nit Sterben kann." Links und rechts befinden sich hier zwei kleine Rundfenster. Der Zwischenraum zwischen den abschließenden Zinnen ist offenbar nachträglich bis etwa zur halben Höhe ausgemauert worden.

Vor 1827 war einer Zeichnung und den Beschreibungen von Heiserer zufolge die Durchfahrt noch in der ursprünglichen Form erhalten, spitzbogig und mit einer rechteckigen Blende für die Zugbrücke, mit den Rollen für die Aufziehmechanik in den oberen Ecken. Seitlich befanden sich offenbar zwei schmale gemalte rundbogige Türen oder Nischen. Über der Durchfahrt war in einer Rollwerkkartusche die Jahreszahl "MDLXVIII", 1568 angebracht (in der Zeichnung verschrieben "MDCLXVIII", 1668), seitlich zwischen je vier Kanonenkugeln? Schilde mit dem bayerischen und dem Wasserburger Wappen. Die beiden Kanonenkugeln im Bild von 1568 waren offenbar noch nicht vorhanden. Nach Heiserer entstammen sie einer Beschießung durch österreichische Truppen im Jahr 1800.[15] Im 2. Obergeschoss befand sich anstelle des Wasserburger Wappens ein großes Rundmedaillon mit dem Allianzwappen Bayern-Österreich mit Helmzier, das offensichtlich auf den Landesherrn Herzog Albrecht V. von Bayern (* 29.2.1528, † 24.10.1579) und seine Frau Anna von Österreich (* 7.7.1528, † 16.10.1590) verwies. Nach Heiserer waren seitlich noch "2 Pagen mit den bayerischen Rauten und dem Stadtlöwen" angebracht.[16] Die vier Fenster besaßen vor 1827 keine Rahmung, diese wurde wohl erst 1890 angebracht oder wiederhergestellt (Foto um 1900). Die Sonnenuhr schließlich war aufwändiger gestaltet, auf der Zeichnung sind eingerollte Enden des eckigen Bandes mit den Ziffern zu erkennen[17] und die Binnenfläche war nach einem Foto um 1900 offenbar mit einer Sonne und Wolken bemalt (und dem Spruch innerhalb des Bildes).

Die Malereien an der Außenseite wurden in neuerer Zeit mehrfach Hans Bocksberger d. J. (* 1539, † 1587) und Christoph Schwarz (* um 1548, † 15.4.1592) zugeschrieben.[18] Nach Geissler kommen aus stilistischen Gründen weder Bocksberger noch Schwarz in Frage.[19]

An der Innenseite sind durch Horizontalgesimse wiederum vier Geschosse unterschieden. Im 1. Obergeschoss ist das Wasserburger Stadtwappen mit der Jahreszahl 1793 angebracht, im 2. Obergeschoss befindet sich über einem rechteckigen Fenster das Zifferblatt der Uhr. Im 3. Obergeschoss ist nur westlich ein Rundfenster analog zur Südfassade sichtbar. Die Zinnen werden von einem Mauerreiter mit Glocken bekrönt, der wohl um 1827 angebracht wurde.[20] Im 1. Obergeschoss ist ein Übergang zwischen dem ehemaligen Spital und dem ehemaligen Fleischhaus angebaut, der vor ca. 1915 entstanden ist.[21] Der Übergang, das Wappen, das Zifferblatt und der Zinnenkranz wurden nach 1929 mit Rahmungen bzw. Ornamenten in Grisailletechnik im Stil der Malereien der Südfassade versehen, neben der Ecke zum Spital wurden im 1. und 2. Obergeschoss zwei Rundnischen aufgemalt. Ob die Bemalung zumindest teilweise auf Befunden beruht, ist nicht bekannt.

Quellen

StadtA Wasserburg a. Inn, II2728, Erweiterung des Brucktores, 1824-1930.


Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Brucktor, publiziert am 13.11.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Brucktor (05.05.2024)

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  1. Das Fleischhaus wurde nach Geiger 1980 (HAI 1), 58 1619 in die Hofstatt verlegt.
  2. MB II, 450, Urkunden des Klosters Frauenchiemsee, Nr. 6. Auch in Urkunden im StadtA Wasserburg a. Inn vom 24.8.1338 und vom 17.9.1338 wird jeweils nur die Brücke erwähnt.
  3. Denkmalliste. Heiserer 1857 (StadtA Wasserburg a. Inn, II170), gibt für 1374 die Erwähnung des Brucktors und der Innbrücke in einer herzoglichen Begnadigungsurkunde an.
  4. StadtA Wasserburg a. Inn, I1c1, Kopialbuch der Stadt Wasserburg.
  5. Stadtkammerrechnung 1470, StadtA Wasserburg a. Inn, I1c428. Nach Kirmayerchronik, Bd. 24 (Baugeschichte Wasserburgs) erfolgte der Neubau auf einer Gründung aus Eichenpfählen.
  6. Kaeppele 2003, 281, nach Geissler 1960.
  7. Nach Geiger 1980, 58 fand in diesem Jahr der letzte bayerische Kreistag in Wasserburg statt. Die Jahreszahl könnte somit auch an dieses Ereignis erinnern.
  8. Heiserer 1860, 274.
  9. Schnepf 1898, 6. Die beiden Freskenreste hatten nach Auskunft des früheren Museumsleiters, Herrn Ferdinand Steffan, durch schlechte Lagerung ihre Malschicht vollständig eingebüßt und wurden deshalb nach Rücksprache mit Restauratoren und dem damaligen Bürgermeister Dr. Geiger entsorgt (mail vom 16.7.2018).
  10. Notiz des 1. Bürgermeisters Winter vom 27.7.1921, loses Blatt in Heiserer 1857.
  11. StadtA Wasserburg a. Inn, II962.
  12. Dehio 2006, 1359.
  13. Heiserer 1857 (StadtA Wasserburg a. Inn, II170.
  14. Heiserer 1857 (StadtA Wasserburg a. Inn, II170.
  15. Heiserer 1857 (StadtA Wasserburg a. Inn, II170.
  16. Heiserer 1857 (StadtA Wasserburg a. Inn, II170.
  17. Zeichnung vor 1827, Museum Wasserburg 7240/420; Heiserer 1860, 273f.
  18. Geiger 1980, 58; Ernst, Willi und Edmund/Molodovsky, Nikolai, Wasserburg, 4. Auflage Freilassing 1988, 44; zuletzt Dehio 2006, 1359. In KDB 1902, 2106 werden noch keine Künstler genannt.
  19. Geissler, Heinrich, Christoph Schwarz, Diss. masch. Freiburg 1960, 151, Anm. 1, nach Kaeppele, Susanne, Die Malerfamilie Bocksberger aus Salzburg, Salzburg 2003, 281. Nach Kaeppele 2003, 13, 177 ist Bocksberger 1563 in Salzburg, zuvor neben seinen fünfjährigen Wanderjahre und danach wohl in München, aber bereits 1564 in Nürnberg nachgewiesen. 1579 erscheint er dann als Bürger von Wien. Sandrart nannte in seiner "Teutschen Academie" von 1675-80 "sehr viel Haeuser in Augstburg / Salzburg / Muenchen / Regenspurg / Ingolstadt und Passau", die von Bocksberger bemalt wurden (Kaeppele 2003, 177), nicht jedoch in Wasserburg. Auch in der jüngeren Literatur zu Christoph Schwarz werden die Malereien am Brucktor nicht als dessen Werk genannt (Diemer, Dorothea/Diemer, Peter, Schwarz, Christoph, In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 23, Berlin 2007, 804f.
  20. StadtA Wasserburg a. Inn, Plansammlung der Registratur des Stadtmagistrats, ohne Inv. Nr., Ansicht von Süden vor 1827 mit aufgeklebter Zeichnung des Mauerreiters.
  21. SW-Foto von 1915-17, Foto Marburg, fm616272; ZI, 1452-01-02-415877.