Frauenkirche: Unterschied zwischen den Versionen

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(Der mittelalterliche Kirchenbau)
(Der mittelalterliche Kirchenbau)
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In den Seitenschiffen sind heute Kreuzgratgewölbe vorhanden, wohl ursprünglich Kreuzrippengewölbe, im Mittelschiff ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Hier sind im westlichen Joch noch die birnstabförmigen Rippen des gotischen Netzgewölbes mit drei runden und zwei halbrunden, skulptierten Schlusssteinen erhalten. Im großen Schlussstein im Scheitel ist ein spitzbogiger Wappenschild mit einer Bretze und einem Wecken dargestellt, wohl das Wappen der Bäckerzunft, die die Einwölbung mitfinanzierte, in den kleineren Schlusssteinen eine Rosette, eine Maske und ein sich in das Bein beißendes Tier. Das Sterngewölbe der Sakristei setzt westlich über zwei Konsolen mit Masken an, der große Schlusstein im Scheitel zeigt das Lamm Gottes, die übrigen vier Schlusssteine eine Rosette, eine Maske, ein Tier und einen nackten Menschen.
 
In den Seitenschiffen sind heute Kreuzgratgewölbe vorhanden, wohl ursprünglich Kreuzrippengewölbe, im Mittelschiff ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Hier sind im westlichen Joch noch die birnstabförmigen Rippen des gotischen Netzgewölbes mit drei runden und zwei halbrunden, skulptierten Schlusssteinen erhalten. Im großen Schlussstein im Scheitel ist ein spitzbogiger Wappenschild mit einer Bretze und einem Wecken dargestellt, wohl das Wappen der Bäckerzunft, die die Einwölbung mitfinanzierte, in den kleineren Schlusssteinen eine Rosette, eine Maske und ein sich in das Bein beißendes Tier. Das Sterngewölbe der Sakristei setzt westlich über zwei Konsolen mit Masken an, der große Schlusstein im Scheitel zeigt das Lamm Gottes, die übrigen vier Schlusssteine eine Rosette, eine Maske, ein Tier und einen nackten Menschen.
 
Steffan nimmt an, dass die Schlusssteine bereits der Mitte des 14. Jahrhunderts entstammen.<ref>Steffan 2016, 143, unter Berufung auf Volker Liedke.</ref>
 
Steffan nimmt an, dass die Schlusssteine bereits der Mitte des 14. Jahrhunderts entstammen.<ref>Steffan 2016, 143, unter Berufung auf Volker Liedke.</ref>
Das Verzeichnis der entfernten Schlusssteine des Buchbinders Frankenberger von 1752 (Abschrift von Joseph Heiserer vom 21.12.1855, Pfarrarchiv) nennt insgesamt 33 Stücke mit folgenden Darstellungen (überwiegend Wappenschilde): 1. Brustbild der Madonna in weißem Feld; 2. Brustbild einer weiblichen Figur mit Locken in rotem Feld; 3. Bayerisches Wappen mit Löwen; 4. Bayerisches Wappen mit Rauten; 5. Roter Stadtlöwe in weißem Feld; 6. Brustbild eines Menschen in blauem Feld; 7. stehender Löwe mit Menschengesicht in gelbem Feld; 8. "Halber Mann mit rundem Sägl (? Säpel) übern Kopf - blaues Feld"; 9. Kopf eines alten bärtigen Mannes in rotem Feld; 10. Kopf eines glatzköpfigen bärtigen Mannes in dunklem Feld; 11. Wassermann mit Schamtuch in blauem Feld; 12. Lamm Gottes in rotem Feld; 13. gelber Ochse in schwarzem Feld; 14. Katze mit Maus in der linken Tatze in dunklem Feld; 15. Karpfen in rotem Feld; 16. grüner Drache in gelbem Feld; 17. schlafender gelber Löwe in rotem Feld; 18. Eselsrumpf mit Vorderbeinen in rotem Feld; 19. gelbes "Ochsenhorn" in rotem Feld; 20. "Schöpfer gelb mit rothen schwarzen Reifen - aschenfärbig Feld"; 21. "Blauer Schöpfer mit gelb u. schwarzen Reifen, rothes Feld"; 22. weiße Rose in blauem Feld; 23. rote Rose in weißem Feld; 24. "Blaue Rose u. weiße Blättern - Schattenfeld"; 25. "Blaue Rose mit rothen Blättern - Schattenfeld"; 26. gelbe Rose mit blauen Blättern in "Schattenfeld"; 27. blauer Strich in rotem Schild; 28. ebenso; 29. Buchstabe in rotem Feld; 30. XX in rotem Schild; 31. "X ist ein weißes Band in rothem Schild"; 32. eine unkenntliche Darstellung. Nach Heiserer fanden sich einige Schlussteine im Friedhof von St. Achatz gelagert und zahlreiche im dortigen alten Badhaus verbaut. Er notierte für die Nr. 1, 3-5, 9, 12-14, 16, 19-20, 22-24, 27 und 30, dass diese noch vorhanden seien. In einer Randnotiz eines D. Martin (?) auf dem Blatt heißt es: "Sind nun alle (bis auf ein paar an der Friedhofmauer zu Sct. Achaz) bey Bau des Mineralbades verschwunden. In der Kirche zu Eiselfing sollen einige seyn." Steffan 2016, 143, Anm. 4 gibt an, dass die Schlusssteine später teilweise in anderen Kirchen und in Profanbauten eingebaut wurden.
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Das Verzeichnis der entfernten Schlusssteine des Buchbinders Frankenberger von 1752 (Abschrift von Joseph Heiserer vom 21.12.1855, Pfarrarchiv) nennt insgesamt 32 Stücke mit folgenden Darstellungen (überwiegend Wappenschilde): 1. Brustbild der Madonna in weißem Feld; 2. Brustbild einer weiblichen Figur mit Locken in rotem Feld; 3. Bayerisches Wappen mit Löwen; 4. Bayerisches Wappen mit Rauten; 5. Roter Stadtlöwe (Wappen Wasserburg) in weißem Feld; 6. Brustbild eines Menschen in blauem Feld; 7. stehender Löwe mit Menschengesicht in gelbem Feld; 8. "Halber Mann mit rundem Sägl (? Säpel) übern Kopf - blaues Feld"; 9. Kopf eines alten bärtigen Mannes in rotem Feld; 10. Kopf eines glatzköpfigen bärtigen Mannes in dunklem Feld; 11. Wassermann mit Schamtuch in blauem Feld; 12. Lamm Gottes in rotem Feld; 13. gelber Ochse in schwarzem Feld; 14. Katze mit Maus in der linken Tatze in dunklem Feld; 15. Karpfen in rotem Feld; 16. grüner Drache in gelbem Feld; 17. schlafender gelber Löwe in rotem Feld; 18. Eselsrumpf mit Vorderbeinen in rotem Feld; 19. gelbes "Ochsenhorn" in rotem Feld; 20. "Schöpfer gelb mit rothen schwarzen Reifen - aschenfärbig Feld"; 21. "Blauer Schöpfer mit gelb u. schwarzen Reifen, rothes Feld"; 22. weiße Rose in blauem Feld; 23. rote Rose in weißem Feld; 24. "Blaue Rose u. weiße Blättern - Schattenfeld"; 25. "Blaue Rose mit rothen Blättern - Schattenfeld"; 26. gelbe Rose mit blauen Blättern in "Schattenfeld"; 27. blauer Strich in rotem Schild; 28. ebenso; 29. Buchstabe in rotem Feld; 30. XX in rotem Schild; 31. "X ist ein weißes Band in rothem Schild"; 32. eine unkenntliche Darstellung. Nach Heiserer fanden sich einige Schlussteine im Friedhof von St. Achatz gelagert und zahlreiche im dortigen alten Badhaus verbaut. Er notierte für die Nr. 1, 3-5, 9, 12-14, 16, 19-20, 22-24, 27 und 30, dass diese noch vorhanden seien. In einer Randnotiz eines D. Martin (?) auf dem Blatt heißt es: "Sind nun alle (bis auf ein paar an der Friedhofmauer zu Sct. Achaz) bey Bau des Mineralbades verschwunden. In der Kirche zu Eiselfing sollen einige seyn." Steffan 2016, 143, Anm. 4 gibt an, dass die Schlusssteine später teilweise in anderen Kirchen und in Profanbauten eingebaut wurden.
 
Schließlich gehören noch drei Nischen mit mehrfach profilierten Segmentbögen im Chorschluss hinter dem Hochaltar dem ursprünglichen Bau an, ebenso zwei gemalte Apostelkreuze an dessen Schrägwänden.<ref>Steffan 2016, 143.</ref>
 
Schließlich gehören noch drei Nischen mit mehrfach profilierten Segmentbögen im Chorschluss hinter dem Hochaltar dem ursprünglichen Bau an, ebenso zwei gemalte Apostelkreuze an dessen Schrägwänden.<ref>Steffan 2016, 143.</ref>
  

Version vom 27. Oktober 2019, 16:44 Uhr

Autor: Gerald Dobler

Frauenkirche mit Stadtturm

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Die Wasserburger Frauenkirche mit Stadtturm

Einführung

Die Frauenkirche ist eine dreischiffige, vierjochige Staffelhalle mit kurzem Chor, der nach außen nur als Dreiachtel-Schluss in Erscheinung tritt. Die Seitenschiffe enden östlich mit abgeschrägten Außenecken. Außen befinden sich am Chor zwei gestufte, tiefe Strebepfeiler, am Langhaus sehr flache Strebepfeiler, die an den Ecken schräg gestellt sind. An der Südseite ist zwischen Seitenschiff und Chor die Sakristei mit unregelmäßigem polygonalem Umriss angebaut. Vor der Westfassade erhebt sich über einer Durchgangshalle der Turm mit Wachgeschoss mit Eckerkern und Spitzhelm. Der Turm diente neben seiner Funktion als Kirchturm auch als städtischer Feuerwachturm. Der Innenraum der Kirche ist barock überformt. [1]

Plan der Kirche von Simon Millinger von 1826

Inhalt

Geschichte, Bau- und Ausstattungsgeschichte

Der mittelalterliche Kirchenbau

Die Frauenkirche wird erstmals 1324 anlässlich der Stiftung einer Frühmesse erwähnt. Sie erscheint in den aufgehenden Teilen als einheitlicher Bau des späten 13. bis frühen 14. Jahrhunderts, der wohl durchgehend mit Kreuzgewölben geplant war.[2] Der Innenraum wird durch sechs barock ummantelte Freipfeiler mit halbrunden Diensten gegliedert, denen analog gestaltete Wandpfeiler an den Außenwänden entsprechen. An den Mittelschiffwänden laufen die Dienste bis zum Gewölbe hinauf. Zwei Dienste zuseiten des Chorostfensters sind noch ohne Ummantelung erhalten, sie enden in einer Männer- und einer Frauenbüste (letztere abgeschlagen).[3] In der Südfassade befindet sich eine von außen sichtbare Wendeltreppe, die früher in den Dachraum des Seitenschiffs führte. In den Seitenschiffen sind heute Kreuzgratgewölbe vorhanden, wohl ursprünglich Kreuzrippengewölbe, im Mittelschiff ein Tonnengewölbe mit Stichkappen. Hier sind im westlichen Joch noch die birnstabförmigen Rippen des gotischen Netzgewölbes mit drei runden und zwei halbrunden, skulptierten Schlusssteinen erhalten. Im großen Schlussstein im Scheitel ist ein spitzbogiger Wappenschild mit einer Bretze und einem Wecken dargestellt, wohl das Wappen der Bäckerzunft, die die Einwölbung mitfinanzierte, in den kleineren Schlusssteinen eine Rosette, eine Maske und ein sich in das Bein beißendes Tier. Das Sterngewölbe der Sakristei setzt westlich über zwei Konsolen mit Masken an, der große Schlusstein im Scheitel zeigt das Lamm Gottes, die übrigen vier Schlusssteine eine Rosette, eine Maske, ein Tier und einen nackten Menschen. Steffan nimmt an, dass die Schlusssteine bereits der Mitte des 14. Jahrhunderts entstammen.[4] Das Verzeichnis der entfernten Schlusssteine des Buchbinders Frankenberger von 1752 (Abschrift von Joseph Heiserer vom 21.12.1855, Pfarrarchiv) nennt insgesamt 32 Stücke mit folgenden Darstellungen (überwiegend Wappenschilde): 1. Brustbild der Madonna in weißem Feld; 2. Brustbild einer weiblichen Figur mit Locken in rotem Feld; 3. Bayerisches Wappen mit Löwen; 4. Bayerisches Wappen mit Rauten; 5. Roter Stadtlöwe (Wappen Wasserburg) in weißem Feld; 6. Brustbild eines Menschen in blauem Feld; 7. stehender Löwe mit Menschengesicht in gelbem Feld; 8. "Halber Mann mit rundem Sägl (? Säpel) übern Kopf - blaues Feld"; 9. Kopf eines alten bärtigen Mannes in rotem Feld; 10. Kopf eines glatzköpfigen bärtigen Mannes in dunklem Feld; 11. Wassermann mit Schamtuch in blauem Feld; 12. Lamm Gottes in rotem Feld; 13. gelber Ochse in schwarzem Feld; 14. Katze mit Maus in der linken Tatze in dunklem Feld; 15. Karpfen in rotem Feld; 16. grüner Drache in gelbem Feld; 17. schlafender gelber Löwe in rotem Feld; 18. Eselsrumpf mit Vorderbeinen in rotem Feld; 19. gelbes "Ochsenhorn" in rotem Feld; 20. "Schöpfer gelb mit rothen schwarzen Reifen - aschenfärbig Feld"; 21. "Blauer Schöpfer mit gelb u. schwarzen Reifen, rothes Feld"; 22. weiße Rose in blauem Feld; 23. rote Rose in weißem Feld; 24. "Blaue Rose u. weiße Blättern - Schattenfeld"; 25. "Blaue Rose mit rothen Blättern - Schattenfeld"; 26. gelbe Rose mit blauen Blättern in "Schattenfeld"; 27. blauer Strich in rotem Schild; 28. ebenso; 29. Buchstabe in rotem Feld; 30. XX in rotem Schild; 31. "X ist ein weißes Band in rothem Schild"; 32. eine unkenntliche Darstellung. Nach Heiserer fanden sich einige Schlussteine im Friedhof von St. Achatz gelagert und zahlreiche im dortigen alten Badhaus verbaut. Er notierte für die Nr. 1, 3-5, 9, 12-14, 16, 19-20, 22-24, 27 und 30, dass diese noch vorhanden seien. In einer Randnotiz eines D. Martin (?) auf dem Blatt heißt es: "Sind nun alle (bis auf ein paar an der Friedhofmauer zu Sct. Achaz) bey Bau des Mineralbades verschwunden. In der Kirche zu Eiselfing sollen einige seyn." Steffan 2016, 143, Anm. 4 gibt an, dass die Schlusssteine später teilweise in anderen Kirchen und in Profanbauten eingebaut wurden. Schließlich gehören noch drei Nischen mit mehrfach profilierten Segmentbögen im Chorschluss hinter dem Hochaltar dem ursprünglichen Bau an, ebenso zwei gemalte Apostelkreuze an dessen Schrägwänden.[5]

An der Ostseite des ursprünglich ziegelsichtigen Turmes finden sich unter dem Langhausdach spitzbogige Blendarkaden und ein darüberliegendes Deutsches Band sowie mehrere Gesimse aus Tuffstein, in Höhe der Glockenstube ein vermauertes, leicht spitzbogiges Biforium aus Tuffstein. Der Turm endete demnach ursprünglich mit diesem Geschoss. [6]

Während des großen Stadtbrandes von 1339 wurde die Kirche möglicherweise in Mitleidenschaft gezogen, da der Überlieferung zufolge das benachbarte Rathaus abbrannte (das Vorhandensein eines Rathauses vor 1339 ist nicht gesichert).

Um 1386 wurden einer Quittung des Meisters Paulus Mainer, genannt der "Mergker", zufolge wohl die Kirche zumindest teilweise eingewölbt, nach Georg Hager neben dem Kirchenraum auch die Sakristei, die wohl dann in dieser Zeit vollständig neu errichtet worden wäre.[7] Nadler gibt dagegen fälschlich die Einwölbung des Langhauses in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, wohl im Rahmen einer größeren Umbaumaßnahme um 1488 an.

Um 1420/30 erhielt die Kirche vermutlich einen neuen Altar mit dem noch heute vorhandenen Gnadenbild.[8]

1502-03 wurden unter Beteiligung des Wasserburger Baumeisters Wolfgang Wiser umfangreiche Baumaßnahmen am Turm durchgeführt. Dabei wurde der Turm offensichtlich bis zur heutigen Höhe aufgestockt und das Wachgeschoss mit den Eckerkern und der Spitzhelm hergestellt.[9]

Bewertung des spätromanischen / frühgotischen Kirchenbaus

Veränderungen des 16. und 17. Jahrhunderts

Im späten 16. Jahrhundert wurde in der westlichen Hälfte des westlichen Jochs des Langhauses eine unterwölbte Empore eingebaut, mit stuckierten Konsolen mit Blattwerk und Masken und einer Front mit Quadraturstuck, nach Hager ein "beachtenswerthes Werk der deutschen Renaissance".[10] Vielleicht wurde die Wendeltreppe in der Nordwestecke erst zusammen mit der Empore eingebaut. Die Rippen des Netzgewölbes der Empore stammen möglicherweise erst aus dem 19. Jahrhundert.

1667 stiftete der Wasserburger Patrizier Abraham Kern eine neue Orgel, die von Hans Vogl aus Neuötting gebaut wurde. In diesem Zusammenhang wurden eine obere, hölzerne Empore eingebaut und zwei Fenster in die Westwand der Kirche gebrochen.

Am 12. August 1668 schlug der Blitz in den Turm ein und beschädigte den Spitzhelm.

1696 erhielt die Kirche einen neuen Hochaltar, in den das gotische Gnadenbild übernommen wurde.[11]

Anfang des 18. Jahrhunderts erfolgte die Neuerrichtung des Dachstuhls des Mittelschiffs in der heutigen, deutlich steileren Form. 1717 erhielt auch die Sakristei einen neuen Dachstuhl.

Am 26. August 1730 schlug der Blitz erneut in den Turm ein, wiederum wurde nur der Spitzhelm beschädigt.

Die Barockisierung 1750 bis 1753

Ab 1750 wurde die Kirche mit privaten Spenden durchgreifend barockisiert: Mit Ausnahme des westlichen Endes des Mittelschiffs wurden sämtliche Gewölberippen mit den Schlussteinen entfernt,Referenzfehler: Ungültige Verwendung von <ref>: Der Parameter „ref“ ohne Namen muss einen Inhalt haben. die mittelalterlichen Pfeiler und Dienste ummantelt, die Fenster verändert, die Wand- und Gewölbeflächen stuckiert und freskiert. Das im Pfarrarchiv erhaltene Konzept der Ausmalung dürfte der damalige Pfarrer Franz Anton Copaur entworfen haben, die Umsetzung besorgten der Mühldorfer Maler Johann Paul Kurz d. J. und sein Tiroler Geselle Johann Joseph Leitner. Außerdem wurde eine neue Stuckkanzel eingebaut.

1814 erhielt auch das nördliche Seitenschiff einen neuen steileren Dachstuhl.

Regotisierende Eingriffe des 19. Jahrhunderts

In den Jahren 1859-81 kam es zu mehreren Regotisierungsmaßnahmen: 1859/60 erfolgte eine Innenrenovierung mit Übertünchung der Stuckkanzel und der Ornamentmalereien, 1863-64 wurden im Langhaus neugotische Maßwerkfenster eingebaut und durch den Wasserburger Maurermeister Michael Geisberger die beiden neugotischen Seitenportale eingebaut. 1872-73 folgten Glasgemälde des Glasmalers Ludwig Neumayer aus München und ein neues Westportal, wiederum von Geisberger, 1881 neugotische Maßwerkfenster im Chor.

Veränderungen des 20. Jahrhunderts

Bereits in den Jahren 1913-16 erfolgte im Rahmen einer weiteren Innenrenovierung die Wiederfreilegung der Kanzel und der Ornamentmalereien.

Am 2. Mai 1945, einen Tag vor der Besetzung Wasserburgs durch die Amerikaner, wurden beim Einschlag einer Granate in der Nähe sämtliche Fenster der Kirche zerstört[12]

In den 1950er Jahren folgten weitere Revisionen der Umgestaltungen des 19. Jahrhunderts: 1954/55 wurden der Hochaltar freigelegt und das Gnadenbild restauriert, etwa gleichzeitig erhielten die Fenster neue Verglasungen ohne Malereien. Ab 1957 wurden die Nazarenerbilder in den Seitenaltären wieder entfernt.

1972-76 fand eine Gesamtrenovierung statt, in deren Verlauf die obere Empore abgebrochen, die dahinterliegende Baldachinmalerei freigelegt und eine neue Orgel eingebaut wurde. Außerdem erhielt die Kirche ein neues Pflaster aus Solnhofer Platten, das Gestühl wurde zu einem Mittelblock umgebaut.

1984-86 wurden zuletzt die beiden Seitenaltäre freigelegt und restauriert.

Ausstattung

Fassadenmalereien

An der Ostseite des südlichen Seitenschiffs befindet sich in einer Blendnische das Wandbild eines hl. Christophorus, der 1593 von dem Maler Wolf Lechner geschaffen und nach zwischenzeitlicher Übertünchung vermutlich 1974 wieder freigelegt wurde.

An der Südostseite der Sakristei befindet sich ein Wandbild mit einer Verkündigung aus dem 18. Jahrhundert.

Wandmalereien vor 1750

Am Treppenturm unter der Empore ist ein Fragment mit Rollwerkmotiven etwa aus der Zeit um 1560/70 erhalten.

Wand- und Gewölbemalereien von 1750/52

Die Wand- und Gewölbemalereien von Johann Paul Kurz d. J. (Signatur über der Westempore) im Inneren umfassen Szenen aus der lauretanischen Litanei, Darstellungen der hl. Dreifaltigkeit und der Anbetung Mariä, an den Obergadenwänden 14 Bilder von Marienfesten und in den Seitenschiffen je vier Frauengestalten aus dem Alten Testament.


Altäre

Der Hochaltar wurde 1696 errichtet (Jahreszahl im Auszug). Er enthält das Gnadenbild der Thronenden Madonna aus der Zeit um 1420/30. Das Hintergrundbild für das Gnadenbild wird von Steffan dem Wasserburger Maler Gregor Sulzböck zugeschrieben, es zeigt im unteren Teil eine Ansicht Wasserburgs.[13]

Die vier Seitenaltäre sind ebenfalls um 1700 entstanden.

Gnadenbild

Das Gnadenbild der Thronenden Madonna aus der Zeit um 1420/30 wurde in der Barockzeit bekleidet[14] und dafür umgearbeitet: die geschnitzten Haare Mariä und des Jesuskindes wurden entfernt, wobei vielleicht auch die Ohren der Gottesmutter neu hergestellt wurden, ihre geschnitzte Krone wurde durch eine metallene ersetzt. Ebenso wurde vermutlich ihr Oberkörper im Brustbereich abgearbeitet (Schleier, Gewandsaum), der untere Gewandsaum wurde halbrund beschnitten. 1954 wurde die Skulptur dann durch den Holzbildhauer Hermann Hutter aus Buchenhain bei München und den Fassmaler- und Vergoldermeister Otto Wimmer aus München in starker Anlehnung an die Seeoner Madonna im Bayerischen Nationalmuseum umfangreich ergänzt und wiederhergestellt. Dies führte in der Folge dazu, dass die Skulptur dem Salzburger Kunstkreis mit Nähe zur Werkstatt des Meisters von Seeon zugeordnet wurde. Aufgrund der überlieferten gravierenden Abarbeitungen an der originalen Skulptur ist hier eine Neubewertung notwendig.[15]


Kanzel

...

Taufbecken / Weihwasserbecken

Votivbilder

Quellen

Sefan Nadler, Kath. Frauenkirche in Wasserburg am Inn. Dokumentation zur Bau-, Ausstattungs- und Restaurierungsgeschichte, April 2007 (= Nadler 2007).

Literatur

Georg Hager, Frauenkirche, in: Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirksamt Wasserburg, München 1902, 2089-2094 (= KDB 1902).

Anna Bauer-Wild, Wasserburg am Inn, Frauenkirche, in: Anna Bauer-Wild/Kristin Sinkel (Bearb.), Corpus der barocken Deckenmalerei, Bd. 12/II, Stadt und Landkreis Rosenheim, 2006, 503-518 (= Bauer-Wild 2006).

Ferdinand Steffan, Zur Geschichte der gotischen Madonna in der Frauenkirche zu Wasserburg am Inn, in: HAI 35/36 (Jahrbuch 2015/2016), 2016, 141-159 (= Steffan 2016).


Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Frauenkirche, publiziert am 27.10.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Frauenkirche (01.05.2024)

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  1. Die Beschreibung fußt, soweit nicht anders vermerkt, auf Stefan Nadler, Kath. Frauenkirche in Wasserburg am Inn. Dokumentation zur Bau-, Ausstattungs- und Restaurierungsgeschichte, April 2007 (= Nadler 2007)
  2. Steffan 2016, 142 gibt die Errichtung der Kirche nach dem ersten Bau von St. Jakob 1255 und vor 1324 an. Nadler 2007 vermutet, dass das Mittelschiff älter als die Seitenschiffe sei und den ursprünglichen einschiffigen Kirchenbau darstelle, wie ihm zufolge mehrere Befunde nahelegen: An der Nord- und Südwand des Mittelschiffs wären über dem Gewölbe demnach mehrere vermauerte Fensteröffnungen vorhanden, von denen zumindest die nördlichen offenbar rundbogig seien und somit wohl in vorgotischer Zeit entstanden seien. Er nennt außerdem Baufugen zum südlichen Seitenschiff. Das heutige Mittelschiff sei aufgrund der beschriebenen hochliegenden Fensteröffnungen als ursprünglich flachgedeckt oder mit offenem Dachstuhl zu denken. Die Thesen von Nadler erscheinen nicht stichhaltig. Insbesondere die von ihm angegebenen rundbogigen Fensteröffnungen in den Hochwänden des Mittelschiffs sind nicht nachweisbar.
  3. Steffan 2016, 143.
  4. Steffan 2016, 143, unter Berufung auf Volker Liedke.
  5. Steffan 2016, 143.
  6. Nach Nadler 2007 binden das Mauerwerk des Mittelschiffs und des Turms zumindest oberhalb des Mittelschiffgewölbes nicht ein, so dass der Turm möglicherweise nachträglich an das Mittelschiff angefügt wurde.
  7. KDB 1902, 2089, 2091. Nach KDB 1902, 2089 heißt der Meister Paulus Veiner, genannt der Vorgeher. Die Quittung nennt "8 gewölbpogen und andere Arbeit". Bei je vier Bögen in den Mittelschiffwänden über den Seitenschiffgewölben handelt es sich offenbar um Entlastungsbögen. Nadler 2007 nimmt 1386 die Errichtung der beiden Seitenschiffe und für diese Flachdecken oder offene Dachstühle an.
  8. Steffan 2016, 143.
  9. KDB 1902, 2089. KDB gibt 1501-1502 an. Die Eckerker waren noch um 1863 durch offene Galerien verbunden (Plan von Michael Geisberger).
  10. KDB 1902, 2093; Dehio 2006, 1358: 2. H. des 16. Jh.
  11. Steffan 2016, 144.
  12. Handschriftliche Tagebuchaufzeichnungen des Stadtarchivars Josef Kirmayer, nach Auer, Hermann, der Landkreis Wasserburg im Dritten Reich, Wasserburg 2005, 645f.
  13. Steffan 2016, 144. Das Auszugsbild stammt ihm zufolge ebenfalls von Sulzböck.
  14. Steffan 2016, 144.
  15. Steffan 2016, 152-159.