Rathaus: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Inhalt)
(Inhalt)
Zeile 26: Zeile 26:
 
Vor 1615 (Stadtplan) erfolgte der Anbau eines Amtshauses im nördlichen Teil der Westseite des westlichen Traktes und mehrerer Bürgerhäuser nördlich und westlich des Komplexes aus Rat- und Amtshaus.
 
Vor 1615 (Stadtplan) erfolgte der Anbau eines Amtshauses im nördlichen Teil der Westseite des westlichen Traktes und mehrerer Bürgerhäuser nördlich und westlich des Komplexes aus Rat- und Amtshaus.
  
1849-1852/96 wurde das Rathaus nach Norden und Westen erweitert.
+
1849-1852/96 wurde das Rathaus durch die Adaption der angebauten Bürgerhäuser nach Norden und Westen erweitert.
  
 
Beim Stadtbrand 1874 wurde auch das Rathaus, vor allem der große Saal des 15. Jahrhunderts im Osttrakt, stark in Mitleidenschaft gezogen.
 
Beim Stadtbrand 1874 wurde auch das Rathaus, vor allem der große Saal des 15. Jahrhunderts im Osttrakt, stark in Mitleidenschaft gezogen.

Version vom 25. Oktober 2019, 00:43 Uhr

Autor: Gerald Dobler

Rathaus

Diese Seite wird derzeit erstellt. Wir bitten noch um etwas Geduld

Einführung

Inhalt

Das Wasserburger Rathaus besteht in seinem spätmittelalterlichen Kern aus zwei aneinandergebauten, nord-südlich ausgerichteten Trakten mit Satteldächern und Stufengiebeln, einem längeren, breiteren und höheren östlichen und einem kürzeren, schmäleren und niedrigeren westlichen. In Richtung Norden und Westen wurde das Rathaus im 19. Jahrhundert durch den Ankauf und Umbau von Bürgerhäusern erweitert.

Geschichte / Baugeschichte[1]

Dem Stadtschreiber Joseph Heiserer zufolge bestand einer unbelegten Tradition nach bereits 1252 ein Rathaus.[2] Der Keller unter dem südlichen Teil des Osttraktes des Rathauses gehört noch einem Vorgängerbau des bestehenden Gebäudes an. Er kann bereits Mitte des 13. Jahrhunderts, aber auch erst spätestens im frühen 15. Jahrhundert entstanden sein. Der zugehörige oberirdische Bau erreichte mit ca. 12 m fast die Breite des Osttraktes, seine Südfassade lag aber 5-5,5 m nördlich der heutigen Fassade. Die Ausdehnung in Richtung Norden ist unbekannt.

Eine Beschädigung des Rathauses, sofern es bereits vorhanden war, beim Stadtbrand von 1339 kann nicht ausgeschlossen werden.

1455 stürzte das Dach ein und wurde durch den Zimmermeister Heinrich wiederhergestellt.

1457-1459 erfolgte daraufhin der Neubau des Rathauses durch den Wasserburger Baumeister Jörg Tünzl.[3] Der Bau umfasste ein Brothaus, eine Waage, eine Kornschranne, die Ratsstube und einen Tanzsaal.

1564 wurde die Ratsstube (Kleiner Rathaussaal) mit einer neuen Holzdecke und Wandmalereien aufwändig neu ausgestattet.

Vor 1615 (Stadtplan) erfolgte der Anbau eines Amtshauses im nördlichen Teil der Westseite des westlichen Traktes und mehrerer Bürgerhäuser nördlich und westlich des Komplexes aus Rat- und Amtshaus.

1849-1852/96 wurde das Rathaus durch die Adaption der angebauten Bürgerhäuser nach Norden und Westen erweitert.

Beim Stadtbrand 1874 wurde auch das Rathaus, vor allem der große Saal des 15. Jahrhunderts im Osttrakt, stark in Mitleidenschaft gezogen.

1903-1905 erfolgte die Neuausstattung des großen Saals in historistischem Stil.

1910 wurde nach Spuren am Gebäude und einem Gemälde von 1795 der Verkündbalkon an der Südfassade rekonstruiert.

Zwischen 1923 und 1938 erfolgten Umbauten im Treppenhaus, im Bereich des Innenhofs (1932 Aufstellung des Brunnens aus Schloss Hohenburg; Umgestaltung zum nazionalsozialistischen "Ehrenhof") und die Einrichtung von Gästezimmern.

1934 wurde anhand geringer Reste die spätgotische Bemalung der Südfassade rekonstruiert, 1937 nach Spuren am Gebäude und einem Gemälde von 1795 der Pranger an der Südfassade.

1975 wurden das Brothaus und das Schrannengewölbe zu einem Café umgebaut.

1986/87 große Renovierung?

20.. erhielt das Rathaus einen Aufzug.

Baubeschreibung

Die Hauptfassade ... An der westlichen Ecke ist ein "geeichtes" Ellenmaß angebracht, als amtliche Vorgabe für neu anzufertigende Maße, an der östlichen Ecke befand sich das Narrenhäuschen. Das Hauptportal mit dem Stadtlöwen aus Nägeln ist 1915 entstanden, für jeden Nagel wurde ein Beitrag zu einer Kriegsanleihe geleistet. An der Westseite des westlichen Traktes befindet sich im 2. Obergeschoss ein Erker über profilierten Konsolen.

Im Erdgeschoss befinden sich im Westtrakt die ehemalige Schrannenhalle, ein Umschlag- und Lagerplatz für Getreide, die heutige Eingangshalle, und im Osttrakt das ehemalige Brothaus mit Waage und die Niederlage (Lager), das heutige Café. Die Schrannenhalle bestand ursprünglich aus einem gewölbten Raum mit Mittelstütze und einem anschließenden kleineren Raum für das städtische Aufsichtspersonal (Schrannenmeister / Kornmesser). An der Ostwand führte eine Treppe in das 1. Obergeschoss. Mitte des 19. Jahrhunderts und 1937 erfolgte der Abbruch der Trennwand, der Einbau eines zweiten Pfeilers, der Abbruch der Treppe und die Anlage der bestehenden Treppe. In der Halle wurde etwa um 1890 eine spätgotische Gewölbekonsole mit einer bärtigen Männerbüste eingebaut, die im Volksmund nach einer Sage von den Baumeistern des Rathauses und der Jakobskirche "Der getreue Stephan" genannt wird. Ferdinand Steffan vermutet, dass die Konsole aus St. Jakob stammt.[4] Das Brothaus und die Stadtwaage waren noch Anfang des 19. Jahrhunderts zusammen in einem etwa quadratischen Gewölberaum mit vier Stützen im südlichen Teil des Osttrakts untergebracht. An dessen Ostseite befand sich ein Kämmerchen mit Herd für den Brothüter, den städtischen Verkäufer der von den Bäckern angelieferten Waren, von dem noch ein kurzer Kamin an der Ostfassade zeugt. Die traditionelle Einrichtung des Brothauses wurde 1875 (1975?) entfernt, der Stuhl des Brothüters steht heute im Museum Wasserburg. Die Niederlage im nördlich anschließenden Gewölberaum mit zwei Stützen diente dazu, Waren auswärtiger Händler zum Verkauf an die örtliche Bevölkerung anzubieten. Das Niederlags- oder Stapelrecht gab der Stadt das Recht, die durchreisenden Händler dazu zu zwingen. Sodann folgte eine gewölbte Einfahrt zum Innenhof. Hier befindet sich heute die Wasserburger Touristeninformation.

Wandbrunnen von 1617 mit den Wappen und Initialen des Wasserburger Pflegers Sigmund Hauser und seiner Frau Anna Kolberin, im Innenhof? Wohl aus dem Wohnhaus der beiden.

Im Obergeschoss befindet sich im Westtrakt der Kleine Rathaussaal, die ehemalige Ratsstube, im Osttrakt der Große Rathaussaal, das ehemalige Tanzhaus.

Der kleine oder rote Rathaussaal (Ratsstube)

Der kleine oder sogenannte rote Rathaussaal, die ehemalige Ratsstube, die neben den Zusammenkünften des Rates der Stadt auch für Gerichtssitzungen diente, enthält eine beschnitzte Balken-Bohlen-Decke des Wasserburger Kistlers Sebastian Degenhart von 1564, noch mit spätgotischer Ornamentik, und interessante gleichzeitige Wandmalereien des Malers Wolf Wagner im Stil des Manierismus (jeweils inschriftlich datiert).[5] Die Wandmalereien wurden 1927 freigelegt und anschließend stark erneuert. Sie zeigen im nördlichen Teil der Ostwand das Urteil des Königs Salomon und das Jüngste Gericht, im nördlichen Teil der Westwand eine Gerichtsszene mit drei Männern mit einer weitgehend lesbaren, erläuternden Unterschrift, Verweise auf die Funktion des Raumes als Gerichtssaal und auf die Verantwortung der Richter. Im südlichen Teil der beiden Wände treten in rundbogigen Arkaden mit Girlanden acht Halbfiguren von Männern mit unleserlichen Inschriften auf, an der Fensterfront Allegorien der vier Kardinaltugenden Fides (Treue), Caritas (Nächstenliebe), Temperantia (Mäßigung) und Justitia (Gerechtigkeit). Weiterhin finden sich an den Wänden zwei wappenhaltende Engel, davon einer mit dem Stadtwappen, und in den Scheiteln der Fensternischen die Wappen von Bayern, Österreich und Baden, die auf Herzog Albrecht V. von Bayern, seine Frau Anna von Österreich und auf Jakobäa von Baden, die Mutter des Herzogs verweisen. Die Eingangstüre wird von zwei gemalten Löwen flankiert. Beyharting, Seeon ... Am östlichen Ende der Nordwand ist an den Saal ein kleiner Archivraum angebaut (heute Heizraum). Mehrere Ausstattungsteile entstammen einer Umgestaltung in den Jahren 1666-1668, die Eingangstüre, zwei Wandschränke und eine Standuhr. Der Name "Roter Saal" stammt von einer späteren Wandbespannung mit roter Seide. In diesem Saal tagte auch der bayerische Kreistag, der sich zwischen 1649 und 1793, dem Jahr seiner Auflösung, insgesamt siebenmal in Wasserburg versammelte.


Der große Rathaussaal (Tanzhaus)

Der große Rathaussaal, das mittelalterliche „Tanzhaus“, enthält prächtige Wandmalereien im Stil der Dürer-Zeit, die tatsächlich aber erst in der Prinzregentenzeit entstanden sind. Anlass der Ausmalung war ein verheerender Stadtbrand im Jahr 1874, bei dem auch das Rathaus, vor allem der große Saal des 15. Jahrhunderts, stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Vor dem Brand hatte er eine hölzerne Flachdecke und eine erst 1854 entstandene Dekoration mit neugotischen Architekturelementen und Wappenschilden besessen. Danach wurde der Saal zunächst nur provisorisch instand gesetzt, das Maßwerk der Fenster wurde von dem Wasserburger Steinmetz Simon Geigenberger wiederhergestellt. Erst 25 Jahre später führte der Münchner Künstler Maximilian von Mann unter Mithilfe mehrerer Mitarbeiter in den Sommermonaten der Jahre 1903 bis 1905 die Bemalung der Saalwände aus, für die beträchliche Summe von 30.000 Goldmark, die aus Mitteln des Bayerischen Staates zur Pflege und Förderung der Kunst bereitgestellt wurden. Parallel zur Bemalung der Wände erhielt der Saal ein monumentales hölzernes Tonnengewölbe nach dem Vorbild anderer mittelalterlicher Rathaussäle wie etwa im Alten Münchner oder im Nürnberger Rathaus und eine Musikempore in neugotischen Formen. Die Pläne für das 1904 fertiggestellte Gewölbe, die Empore, die eisenbeschlagenen Flügel des Portals und die hölzernen Bänke an den Wänden lieferte der Münchner Architekt Johann Riepertinger, ein geborener Wasserburger. Die Schnitzereien am Gewölbe und an der Empore wurden von Prof. Josef Regl aus Zürich entworfen und zum Teil auch ausgeführt. Regl und Riepertinger sind in zwei Büsten am Ansatz des ­Gewölbes porträtiert, Ersterer mit Brille, Letzterer mit Schriftrolle und Zirkel.

Die Wandmalereien Maximilian von Manns im großen Rathaussaal

Die nördliche Stirnseite des Saales wird von einem Gast- oder Liebesmahl als Verweis auf dessen Funktion als Tanz- und Festsaal eingenommen. Im Zentrum des Bildes steht ein großformatiger Brunnen, bekrönt von der Figur des Liebesgottes Amor, um die längsrechteckige Tafel dahinter gruppieren sich 21 Figuren in prächtigen Renaissancekostümen, die zumeist als Liebespaare arrangiert sind, zum Teil auch Musikinstrumente spielen. Mit Musik­in­stru­menten ist auch die Rückwand des Saales dekoriert, ein Pfau und eine Meerkatze unterstreichen die paradiesisch sorglose Atmosphäre der Szene. Als Vorlage für den Brunnen diente von Mann der Holzschnitt Albrecht Altdorfers mit der Hl. Familie am Brunnen, für den linken Teil der Szene der Kupferstich „Der verlorene Sohn“ von Hans Sebald Beham. Der stehende Putto in der rechten Saalecke ist Sebastian Scheels Sippenaltar von 1517 aus Schloss Annenberg im Vintschgau entnommen. An der westlichen Längsseite ist im südlichen Teil als Sinnbild für den Salzhandel, die Quelle des früheren Reichtums der Stadt Wasserburg, vor girlandengeschmückten Arkaden ein „Salzzug“ dargestellt. Die Prunksänfte am Ende des Zuges mit der Allegorie des Salzes in Form einer jungen Frau mit einem Salzfass und dem Wappen Wasserburgs, einem roten Löwen auf weißem Grund, wird von vier Hirschen getragen, der Page am hinteren Ende der Sänfte hält eine Standarte mit einem Lobgesang auf das Salz. Der Sänfte voran ziehen zwei Gruppen von Flötisten und Trommlern zu Pferd, an der Spitze des Zuges schwingt ein Landsknecht ein Banner in den Wasserburger Wappenfarben. Über dem Reiter zwischen den beiden Gruppen erläutert ein Spruchband in kurzen Worten die Geschichte des Saales und das Motiv zu seiner Ausmalung, „zu kunden jetzt und allezeit / der Väter Kunst und Herrlichkeit“. Die Prunksänfte stellt eine Kombination aus der burgundischen Hochzeit von Dürer und der spanischen Hochzeit von Hans Springinklee aus der monumentalen Holzschnittfolge des Triumphzugs Kaiser Maximilians dar, die Vorhut ist aus Motiven bei Hans Burgkmair kompiliert. Über dem spätgotischen Portal ist zwischen zwei Prunksäulen der doppelköpfige Reichsadler angebracht, mit dem bayerischen Rautenschild vor der Brust (Hinweis auf Kaiser Ludwig den Bayern) und den Wappen Bayerns und der Stadt Wasserburg in den Klauen. Rechts daneben steht als Türwächter ein Landsknecht mit Bidenhander, der so genannte „Torwartel“. Die östliche Längsseite zeigt die Allegorien der so genannten vier stärksten Dinge, von Norden nach Süden „VINUM“, den Wein, „REX“, den König, „MULIER“, die Frau, und „VERITAS“, die Wahrheit, als Sinnbild der Volksweisheit, dass die Macht des Königs stärker sei als die des Weines, die Macht der Frau stärker als die des Königs, die Macht der Wahrheit aber stärker als die der Frau. Der König trägt die Gesichtszüge Kaiser Maximilians I. aus einem Holzschnitt Dürers, die wappenhaltenden Engel darüber gehen auf die schwebenden Engel aus Sebastian Scheels Sippenaltar zurück. An der Südwand sind die Allegorien „FORTUNA“, das Glück, und „FORTITUDO“, die Tapferkeit, angebracht. Als Vorlage für die Figur der Tapferkeit diente der Kriegsgott Mars aus der Serie der sieben Planeten von Heinrich Aldegrever von 1533. Der obere Teil der Wand zeigt in der Mitte eine Stadtansicht Wasserburgs nach dem Merianstich von 1644. Über den Allegorien und oberhalb der Empore sind zuletzt insgesamt 14 Wappen von Wasserburger Bürgergeschlechtern und anderen historischen Persönlichkeiten angebracht, die sich um die Stadt verdient gemacht haben. Mehrere Wohltäter sind außerdem in zwei Schrifttafeln an der Südwand verewigt. Zwölf weitere Bürgerwappen finden sich in Schnitzerei am Gewölbe. Die prächtige Ausmalung ist zu den eindrucksvollsten Werken des Historismus im deutschen Sprachraum zu rechnen. Sie stellt uns den Saal so vor Augen, wie die Menschen um 1900 glaubten, dass er während der Epoche der „Alten Meister“ am Beginn des 16. Jahrhunderts, des in ihren Augen unumstrittenen Höhepunkts der deutschen Kunst, ausgesehen hätte. Und um diese Vorstellung möglichst realistisch erscheinen zu lassen, benützte von Mann dazu die genannten Vorlagen, ein „späthistoristisches“ Verfahren, das in gleicher Weise auch von Rudolf von Seitz im Bayerischen Nationalmuseum angewandt wurde. Bei dieser Vorgehensweise, die bereits zum Zeitpunkt der Ausführung der Malereien zum Teil heftig als retrospektiv kritisiert, ja sogar als „Plagiat“ bewertet wurde, handelte es sich jedoch aus der Sicht von Manns um einen denkmalpflegerischen Ansatz, um den Versuch, dem Saal eine malerische Ausstattung zu geben, der seiner spätgotischen Architektur gerecht wurde und bei der daher die künstlerische Freiheit zugunsten eines geschlossenen historischen Raumeindrucks zurückzustehen hatte. Durch die zitierten Originalwerke wollte von Mann sicherlich auch den Kunstcharakter der Neuausmalung sicherstellen. Die Verarbeitung von historischen Vorlagen kam jedoch ebenso seiner Vorliebe für die Kunst des Mittelalters entgegen.

Zu Maximilian von Mann

Maximilian Ritter von Mann wurde am 15. Juni 1856 in München geboren. Trotz seiner bereits früh erkennbaren künstlerischen Begabung schlug er zunächst eine militärische Laufbahn ein, die er jedoch nach fünfzehn Jahren 1884 aufgrund eines Herzleidens beenden musste. Sogleich knüpfte er wieder an seine alten künstlerischen Interessen an und schrieb sich für sechs Semester an der Münchner Kunst­akademie ein. Entscheidend für seine künstlerische Entwicklung war jedoch eine Reise nach Tirol, auf der seine Begeisterung für die mittelalterlichen Wandmalereien geweckt wurde, die er in Aquarell kopierte. 1895 konnte von Mann bei der Münchner Jahres-Ausstellung seine Kopien in einem eigenen Kabinett präsentieren. In der Folge erhielt er erste Aufträge auf dem Gebiet der historisierenden Wandmalerei, die Ausmalung des so genannten Parzivalzimmers und eines Badezimmers auf der Burg Kreuzenstein bei Wien (1945 verwüstet). Von 1900 bis 1904 fertigte Mann dann für die staatliche österreichische Denkmalpflege zu Dokumentationszwecken zahlreiche weitere Aquarellkopien von Tiroler Wandmalereien an. In den nächsten Jahren führte er neben dem Wasserburger Rathaussaal noch mehrere historisierende Wandmalereien aus, eine „Nachdichtung“ der Clunyteppiche im Münchner Künstlerhaus (1944 zerstört) sowie verschiedene Burg- und Schlossausstattungen in Österreich-Ungarn. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 fanden seine künstlerischen Unternehmungen ein jähes Ende. Maximilian von Mann verstarb am 13. November 1939, ohne dass er in den letzten 25 Jahren seines Lebens noch einmal an seine künstlerische Tätigkeit in der Zeit vor dem Krieg hätte anknüpfen können.

Das Denkmal der Bürgertreue 1420-1422

Das Denkmal in Form einer Pyramide aus steinernen Kanonenkugeln mit ca. 20 cm Durchmesser erinnert an die Treue und Tapferkeit der Wasserburger Bürger bei den Auseinandersetzungen zwischen dem damaligen Stadtherrn Herzog Ludwig den Gebarteten von Bayern-Ingolstadt und Herzog Heinrich den Reichen von Bayern-Landshut und den Herzögen Ernst und Wilhelm von Bayern-München, insbesondere während der erfolglosen einmonatigen Belagerung der Stadt 1422 durch die Landshuter und Münchner. Bei der Belagerung wurden angeblich 1360 oder 1366 Steinkugeln in die Stadt geschossen oder geschleudert, von denen ca. 500 Kugeln 1826 auf Betreiben des Stadtschreibers Joseph Heiserer für die Errichtung des Denkmals verwendet wurden, das sich zunächst im nördlichen Erweiterungsbau des Rathauses befand. 1986 wurde das Denkmal an seinen heutigen Platz in der Vorhalle des westlichen Rathauseingangs verlegt, zusammen mit der originalen Erläuterungstafel von Heiserer.

Quellen

Stadtarchiv Wasserburg, II976–II979, II981.

Ferdinand Steffan, Rathaus, masch. Wasserburg 1994 (= Steffan 1994).

Literatur

Wolfram Lübbecke, Denkmalpflege und moderne Kunst. Die Ausmalung des Wasserburger Rathaus­saales oder Bemerkungen zu Maximilian von Mann und Ludwig von Herterich, in: Jahrbuch der Bayerischen Denkmalpflege, Bd. 35 (1981), München/Berlin 1983, 155–168.

Gerhard Skrabal, Zwölf alte Ratsbürgergeschlechter und ihre Wappen im Rathaussaal zu Wasserburg am Inn, in: Archiv für Sippenforschung, Heft 55, Wiesbaden 1974, 542–551.

Siegfried Rieger, Die Eröffnung des wiederhergestellten Wasserburger Großen Rathaussaales am 24. und 25. Juni 1905, in: Heimat am Inn, Bd. 18/19, Jahrbuch 1998/99, Wasserburg 2000, 301–313.

Elisabeth Crettaz-Stürzel, „Oh na, i werds schon oalt machen“ – Versuch einer Annäherung an den Bildhauer und Professor Joseph Regl (1846–1911), in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 66 (2009), 171–192.

Dobler, Gerald: Die Wandmalereien Maximilian von Manns im Großen Saal des Wasserburger Rathauses. Zeitlos Schön, Dobler Kunstkalender 1, Wasserburg 2010.


Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Rathaus, publiziert am 25.10.2019 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Rathaus (17.05.2024)

Creative Commons Lizenzvertrag. Lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.


  1. Der Text zum Wasserburger Rathaus fußt weitestgehend auf Steffan 1994.
  2. Steffan 1994, 1.
  3. Steffan 1994, 2. Weitere Bauten Tünzls sind ihm zufolge nicht bekannt.
  4. Steffan 1994, 9. Daneben wurde als Herkunft auch die Achatzkirche angegeben.
  5. Nach Steffan 1994, 19 ist in der Stadtkammerrechnung von 1564 die Quittung des Malers erhalten: "Mehr die Ratsstuben gemalt aufs fleißigst, so ich konnt hab, und darinnen die Wappen und ander vergoldet, wie vor Augen; für das alles 45 fl. Wolf Wagner, Maler".