Altstadt, Burgerfeld, Wuhr/Tegernau: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Historisches Lexikon Wasserburg
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'''Entstehung neuer Wohngebiete - Altstadt, Burgerfeld, Wuhr/Tegernau'''
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'''Entstehung neuer Wohngebiete am Rande der Altstadt, im Burgerfeld, an der Wuhr und in der Tegernau'''
  
'''Einführung'''
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'''Einführung'''<br />
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Das Altstadtensemble Wasserburgs steht unter Denkmalschutz.<ref>[[Quellen-_und_Literaturverzeichnis#Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler Wasserburg a.Inn|Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler Wasserburg a.Inn]].</ref> Entsprechend der Bedeutung dieses baukulturellen Erbes lag der Fokus der bauhistorischen Forschung bisher auf diesem Ensemble und den hier zu findenden Einzeldenkmälern. Mit diesem Beitrag soll erstmals auch der bauhistorischen Entwicklung der neueren Stadtgebiete nachgegangen werden. In einem zweiten Schritt, so die Planung, sollen herausragende jüngere Gebäude betrachtet werden, die selten Teil der Denkmalliste, aber für die Stadtentwicklung und -geschichte sinnbildlich sind.
  
=="Wildes" Siedeln und informelles Wachstum außerhalb der Kernstadt==
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==,Wildes' Siedeln und informelles Wachstum außerhalb der Kernstadt von Ende des 19. Jahrhunderts bis 1918 ==
Das Augenmerk der Wasserburger Kommunalpolitik im 19. Jahrhundert lag vornehmlich auf der Verbesserung der sozialen Verhältnisse, dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der Erhaltung öffentlicher Einrichtungen ''„in baulicher und funktionaler Hinsicht“''.<ref>Vgl. dazu: Martin Geiger, Wasserburg am Inn. Ein geschichtlicher Abriss ( = Heimat am Inn 1), 1984, 43.</ref> Die Erweiterung des Stadtraums in diesem Zeitraum verlief ohne grundlegende stadtplanerische Vorgaben entlang der Verkehrswege, wodurch eine klare Abgrenzung der Stadt nach außen zunehmend verloren ging.<ref>Klaus Fehn, Die Siedlungsraumtypen, in: Alois Schmid (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, IV, 2, 2007, 37 - 71, 45.</ref> Der Topographie der Stadt entsprechend, konnte sich die Siedlungstätigkeit vorwiegend auf zwei Bereiche konzentrieren: zum einen auf das Gebiet entlang der Innschleife und der sog. Schopperstadt, zum anderen das Gebiet jenseits der Roten Brücke. Hier hatten sich bereits durch den Hopfenanbau im Stadtgebiet seit Ende des 18. Jahrhunderts Brauereibetriebe mit Sommerkellern am Kellerberg und Gasthäusern, sowie vereinzelt Gewerbebetriebe angesiedelt.  
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Das Augenmerk der Wasserburger Kommunalpolitik im 19. Jahrhundert lag vornehmlich auf der Verbesserung der sozialen Verhältnisse, dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der Erhaltung öffentlicher Einrichtungen ''in baulicher und funktionaler Hinsicht''.<ref>Vgl. dazu: Martin Geiger, Wasserburg am Inn. Ein geschichtlicher Abriss (Heimat am Inn 1), 1984, 43.</ref> Die Erweiterung des Stadtraums in diesem Zeitraum verlief ohne grundlegende stadtplanerische Vorgaben entlang der Verkehrswege, wodurch eine klare Abgrenzung der Stadt nach außen zunehmend verloren ging.<ref>Klaus Fehn, Die Siedlungsraumtypen, in: Alois Schmid (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, IV, 2, 2007, 37 - 71, 45.</ref> Der Topographie der Stadt entsprechend, konnte sich die Siedlungstätigkeit vorwiegend auf zwei Bereiche konzentrieren: zum einen auf das Gebiet entlang der Innschleife und der sog. Schopperstatt, zum anderen das Gebiet jenseits der Roten Brücke. Hier hatten sich bereits durch den Hopfenanbau seit Ende des 18. Jahrhunderts Brauereibetriebe mit Sommerkellern am Kellerberg und Gasthäusern, sowie vereinzelt Gewerbebetriebe angesiedelt.
  
Im Gebiet jenseits des Inns lassen sich zwei unterschiedliche Aspekte der Bebaung des ausgehenden 19. Jahrhunderts verorten: zum einen musste die Stadt Wasserburg als Verwaltungssitz des Bezirks Wasserburgs bestimmte öffentliche Gebäude vorhalten, die zum Teil auch am Stadtrand entlang der Verkehrswege errichtet wurden. Beispiele hierfür sind das Forstamt und das Rentamt (Finanzamt). Zum anderen erlebte man hier einen - wenn auch sehr begrenzten - "Drang zur Natur". Zentral war dabei das Zusammenspiel mit dem Fremdenverkehr. Im Einzugsbereich Münchens suchte sich vermögendes Klientel abgelegene Villen zunächst zur Sommerfrische und als Rückzugsort. Aus Einzelvillen wurden "Villenlandschaften"; der Bau von Eisenbahnstrecken verstärkte diese Entwicklung.<ref>Tobias Mahl, Landsitze Münchner Bürger (19./20. Jahrhundert), publiziert am 25.08.2008; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL:>https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landsitze_Münchner_Bürger_(19./20._Jahrhundert) (19.11.2018) </ref>.
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Im Gebiet südlich der Altstadt lassen sich zwei unterschiedliche Aspekte der Bebaung des ausgehenden 19. Jahrhunderts verorten: zum einen musste die Stadt Wasserburg als Verwaltungssitz des Bezirks Wasserburg bestimmte öffentliche Gebäude vorhalten, die zum Teil auch am Stadtrand entlang der Verkehrswege errichtet wurden. Beispiele hierfür sind das Forstamt und das Rentamt (Finanzamt). Zum anderen versuchten Stadt und Verschönerungsverein den sich vornehmlich im Umland großer Städte etablierenden ''Drang zur ‚Natur‘'' des wohlhabenden Bürgertums auch nach Wasserburg zu lenken. <ref>Clemens Zimmermann, Suburbanisierung. Die wachsende Peripherie, in: Tilman Harlander (Hg.), Villa und Eigenheim. Suburbaner Städtebau in Deutschland, 2001, 50 - 63, hier: 58.</ref>. Auftrebendes Klientel suchte sich abgelegene, repräsentative Villen zunächst zur Sommerfrische und als Rückzugsort; der Bau von Eisenbahnstrecken verstärkte diese Entwicklung. Aus Einzelvillen wurden schließlich ‚Villenlandschaften‘; gegen Ende des 19. Jahrhunderts engagierten sich dabei auch Immobiliengesellschaften, die die Erschließung ganzer Villenviertel vorantrieben.<ref>Tobias Mahl, Landsitze Münchner Bürger (19./20. Jahrhundert), in: Historisches Lexikon Bayerns, URL:>https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landsitze_Münchner_Bürger_(19./20._Jahrhundert) (19.11.2018) </ref>.
  
Auch in Wasserburg versuchte man den Fremdenverkehr zu beleben. Bei der Kirche St. Achaz betrieb die Leprosenhausstiftung ein Heilbad, das nach einem Neubau 1857 regen Zuspruch auch von Auswärtigen erfuhr. 1890 wurde es in eine Kneipp-Badeanstalt umgebaut, Gästezimmer eingerichtet und die Außenanlagen ansprechend gestaltet. Zwar wurde der Betrieb der Badeanstalt bereits wenige Jahre später eingestellt und das Gebäude für das Pensionat der in der Innenstadt gelegenen Realschule genutzt,<ref>R! https://www.kneippverein-wasserburg-inn.de/kneipp-bad-wasserburg.html (19.11.2018)</ref> doch war die Umgebung durch die bereits bestehenden Bebauung in der Folgezeit in den Fokus einer aus dem Verschönerungsverein Wasserburg gegründeten Villenbaugesellschaft geraten. Diese startete 1908 die Initiative, am Fuße des Magdalenenberges eine Villenlandschaft zu errichten. Durch die bestehende Bebauung waren Versorgungseinrichtungen, wie Wasserleitungen, bereits vorhanden und der Weg in die Stadt kurz. Gleichzeitig wurde das Wuhrtal als Erholungsgebiet angepriesen. Eine erste Villa (die spätere sogenannte Villa Hagen) wurde ab 1908 errichtet und 1913 an einen Ingenieur verkauft. Im gleichen Jahr löste sich die Villenbaugesellschaft auf, da es an der Nachfrage für derartige Gebäude fehlte. Um 1900 waren jedoch bereits weitere Privatvillen in der Umgebung entstanden: 1900 die Overbeck-Villa und 1908 eine Villa am Hochgarten.<ref>Zur Villenbaugesellschaft s. StadtA Wasserburg a. Inn II 2564. Zur Auflösung s. Wasserburger Anzeiger 1913, Nr. 53.</ref> 1913/14 erhielt die Realschule - das bisherige Gebäude war durch die sukzessive Erweiterung zu einer sechsstufigen Realschule zu klein geworden - einen Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zum bestehenden Schülerheim.
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[[Datei:Panorama von der Schanz um 1910.jpg|miniatur|Wasserburg im Panorama von der Schanz, um 1910]]
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Der Einstieg dabei war das Zusammenspiel mit dem Fremdenverkehr, der auch in Wasserburg die Stadt und der dafür ins Leben gerufene Verschönerungsverein zu beleben suchten. Bei der Kirche St. Achaz betrieb die Leprosenhausstiftung ein Heilbad, das nach einem Neubau 1857 regen Zuspruch auch von Auswärtigen erfuhr. 1890 wurde es in eine Kneipp-Badeanstalt umgebaut, Gästezimmer eingerichtet und die Außenanlagen ansprechend gestaltet. Zwar wurde der Betrieb der Badeanstalt bereits wenige Jahre später eingestellt und das Gebäude für das Pensionat der in der Innenstadt gelegenen Realschule genutzt,<ref>https://www.kneippverein-wasserburg-inn.de/kneipp-bad-wasserburg.html (19.11.2018)</ref> doch war die Umgebung durch die bereits bestehenden Bebauung in der Folgezeit in den Fokus einer aus dem Verschönerungsverein Wasserburg gegründeten Villenbaugesellschaft geraten. Diese startete 1908 die Initiative, am Fuß des Achazberges eine Villenlandschaft zu errichten. Durch die bestehende Bebauung waren Versorgungseinrichtungen, wie Wasserleitungen, bereits vorhanden und der Weg in die Stadt kurz. Gleichzeitig wurde das Wuhrtal als Erholungsgebiet angepriesen. Eine erste Villa (die spätere sogenannte Villa Hagen) wurde ab 1908 an der Einmündung der Achazstraße auf die Salzburger Straße errichtet und 1913 an einen Ingenieur verkauft. Im gleichen Jahr löste sich die Villenbaugesellschaft auf, da es an der Nachfrage für derartige Gebäude fehlte. Um 1900 waren jedoch bereits weitere Privatvillen in der Umgebung entstanden: 1900 die Ovenbeck-Villa und 1908 eine Villa am Hochgarten.<ref>Zur Villenbaugesellschaft siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2564 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Villenbaugesellschaft, 1908 - 1910). Zur Auflösung siehe [[Wasserburger Anzeiger]] 1913, Nr. 53.</ref> 1913/14 erhielt die Realschule - das bisherige Gebäude war durch die sukzessive Erweiterung zu einer sechsstufigen Realschule zu klein geworden - einen Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zum bestehenden Schülerheim.
  
Westlich der Kernstadt lieferte die Entscheidung, eine Bahnstrecke bis in die Stadt Wasserburg zu verlegen, wesentliche Impulse zur Veränderung. Nachdem 1900 die Führung der Strecke von Ebersberg in die Stadt Wasserburg genehmigt worden war, wurde als erster Teilabschnitt die Strecke zwischen der Bahnstation in Reitmehring und der Stadt Wasserburg in Angriff genommen. Der Kopfbahnhof in der Stadt sollte auf dem alten Triebwerkskanal des an dieser Stelle betriebenen Sägewerks entstehen, der den "Hals" - die Landverbindung der Halbinsel - in einem Tunnel durchstieß. Die Stadt Wasserburg kaufte dem Eigentümer Josef Gimpl das Gesamtgrundstück für den Bahnhof und Gleiskörper mit 3,64 Tagwerk samt Triebwerksrecht und vorhandenen Gebäuden ab.<ref>Martin Geiger, Dampfroß ohne Feuer. Ein Eisenbahnbau in Oberbayern (= Heimat am Inn 3), 1982, 175, 177.</ref> Die nicht für den Bahnhof und Gleiskörper genutzte Fläche (benötigt wurden nur 2,2 Tagwerk) wurde zunächst als Krautgärten verpachtet, bildete aber in der Folgezeit die Grundlage für die Besiedelung in diesem Bereich. Grundsätzlich wurde das Gebiet um dem Bahnhof schrittweise erschlossen. War zunächst gegenüber des Bahnhofsgebäudes ein Gasthaus errichtet worden, wurde erst in den 1920er Jahren der Platz vor dem Bahnhof gestaltet, das Postgebäude und eine Autohalle gebaut, sowie die Straße zum Bahnhof hin ausgebaut. Sukzessive siedelte sich Gewerbe an, um Waren günstig weiter transportieren zu können.
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Westlich der Kernstadt lieferte die Entscheidung, eine Bahnstrecke bis in die Stadt Wasserburg zu verlegen, wesentliche Impulse zur Veränderung. Nachdem 1900 die Führung der Strecke von Ebersberg in die Stadt Wasserburg genehmigt worden war, wurde als erster Teilabschnitt die Strecke zwischen der Bahnstation in Reitmehring und der Stadt Wasserburg in Angriff genommen. Der Kopfbahnhof in der Stadt sollte auf dem alten Triebwerkskanal des an dieser Stelle betriebenen Sägewerks entstehen, der den Hals - die Landverbindung der Halbinsel - in einem Tunnel durchstieß. Die Stadt Wasserburg kaufte dem Eigentümer Josef Gimpl das Gesamtgrundstück für den Bahnhof und Gleiskörper mit 3,64 Tagwerk samt Triebwerksrecht und vorhandenen Gebäuden ab.<ref>Martin Geiger, Dampfroß ohne Feuer. Ein Eisenbahnbau in Oberbayern (Heimat am Inn 3), 1982, 175, 177.</ref> Die nicht für den Bahnhof und Gleiskörper genutzten Flächen (benötigt wurden nur 2,2 Tagwerk) wurden zunächst als Krautgärten verpachtet, bildeten aber in der Folgezeit die Grundlage für die Besiedelung in diesem Bereich. Grundsätzlich wurde das Gebiet um dem Bahnhof schrittweise erschlossen. War zunächst gegenüber des Bahnhofsgebäudes ein Gasthaus errichtet worden, wurde erst in den 1920er Jahren der Platz vor dem Bahnhof gestaltet, das Postgebäude und eine Autohalle gebaut, sowie die Straße zum Bahnhof hin ausgebaut. Sukzessive siedelte sich Gewerbe an, um Waren günstig weiter transportieren zu können.
  
==Planmäßige Erschließung ab 1918==
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==Planmäßige Erschließung ab 1918 bis zum Kriegseintritt 1939 ==
War bereits vor dem Ersten Weltkrieg in vielen bayerischen Städten der Wohnraum knapp, verschärfte sich die Situation mit dem Ende des Krieges noch weiter. Neben zwangswirtschaftlichen Maßnahmen, die den bestehenden Wohnraum betrafen - gemeint sind Instrumente wie Wohnraumbewirtschaftung und Mietenkontrolle - setzte die Politik auf die Förderung des Wohnungsbaus. Auch in der Stadt Wasserburg bemühte man sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg um die Beseitigung des Wohnraummangels.<ref>S. Ines Müller, 229, die auf eine Beilage des Stadtratsprotokolls vom 16.10.1929 verweist. Neben der Wohnungsbaupolitik bemühte man sich in den 1920er Jahren die Verbesserung der Infrastruktur.</ref>
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War bereits vor dem Ersten Weltkrieg in vielen bayerischen Städten der Wohnraum knapp, verschärfte sich die Situation mit dem Ende des Krieges noch weiter. Neben zwangswirtschaftlichen Maßnahmen, die den bestehenden Wohnraum betrafen - gemeint sind Instrumente wie Wohnraumbewirtschaftung und Mietenkontrolle - setzte die Politik auf die Förderung des Wohnungsbaus. Auch die Stadt Wasserburg bemühte sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg um die Beseitigung des Wohnraummangels.<ref>Siehe Ines Müller, ''Durch Fürsorgelasten überbürdet.''Die Stadt Wasserburg während der Weltwirtschaftskrise 1928 bis 1933, in: Heimat am Inn 28/29 (2008/2009), 2010, 187 - 273, hier 229, die auf eine Beilage des Stadtratsprotokolls vom 16.10.1929 verweist. Neben der Wohnungsbaupolitik bemühte man sich in den 1920er Jahren die Verbesserung der Infrastruktur.</ref>
  
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[[Datei:Bebauungsplan Kurz und Herbert für das Burgerfeld Vogelperspektive.jpg|miniatur|rechts|Bebauungsplan der Architekten Kurz und Herbert für das Burgerfeld, 1921]]
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Wie angespannt die Lage in Wasserburg nach 1918 war lässt sich auch durch die Akten der Wohnungskommission versinnbildlichen. Gemäß Stadtratsbeschluss vom 18. März 1922 war sie eingesetzt worden und - entsprechend den bestehenden Vorschriften zur Bekämpfung der Wohnungsnot  - einem gemeindlichen Wohnungsamt gleichzusetzen. Wohnungsgesuche oder Wohnungstausch wurden fortan von dieser Kommission geregelt.<ref>Während die Festsetzung der Mietpreise und Kündigungen weiterhin über das Mieteinigungsamt abgewickelt wurden. Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519 (= II. Alte Registratur, Amtsbücher/Rechnungsbücher, Stadtrat: Städtisches Wohnungsamt, 1919 - 1930).</ref> In einem Schreiben vom Januar 1922 beziffert der Stadtrat die Zahl der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Wohnungsvormerkungen auf 87. An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass die Wartezeit für Wohnraum gewöhnlich zwischen eineinhalb und zwei Jahren liege.<ref>Zu Zahl der Wohnungsvormerkungen: siehe Schreiben vom 3.1.1922 des Stadtrats Wasserburg an das Bezirksamt Wasserburg, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2441 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Reihenhäuser auf dem Burgerfeld, 1921 - 1925). Zur Wartezeit: Stadtrat Wasserburg an die Oberbayerische Überlandzentrale A. G. Rosenheim, Wohnungszuweisung Schleheider, Schreiben vom 13.7.1922, StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519.</ref>
  
[[Datei:Bebauungsplan Kurz und Herbert für das Burgerfeld.jpg|miniatur|rechts|Bebauungsplan der Architekten Kurz und Herbert für das Burgerfeld ]]
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Zunächst versuchte man durch die Förderung den Einbau von Wohnungen in bereits bestehende Gebäude Abhilfe zu schaffen.<ref>Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtbauamt: Baukostenzuschüsse, 1918 - 1927, 1929 - 1930).</ref> Bereits im Januar 1919 bemühte sich der Stadtrat ein geeignetes Siedlungsgebiet im Stadtbereich zu finden. Ein entsprechender Plan sollte dem Stadtrat vom Stadtbauamt bis Ende Februar vorgelegt werden. Überliefert ist im Akt zum Städtischen Siedlungswesen des Stadtarchivs Wasserburg ein Plan, in dem die gemeindlichen Grundstücke und die Grundstücke, die sich in der Hand der städtischen Stiftungen befanden, markiert sind.<ref> Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 798 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Städtischer Wohnungsbau, 1914, 1919-1926, 1929, 1933 - 1936).</ref> Der Besitz der Stiftungen erstreckte sich demnach vornehmlich auf das Burgerfeld und entlang der Wuhr. Gemeindliche Grundstücke befanden sich in der Innschleife und um das Bahnhofsareal. Entsprechend richtete sich das Hauptaugenmerk der Bautätigkeit auf das Burgerfeld. Auch da durch die Besitzungen hier der größtmögliche freie Gestaltungsrahmen zur Verfügung stand. Spätestens 1920 wurden die Münchener Architekten Otho Orlando Kurz und Eduard Herbert mit der Erstellung eines Siedlungs- und Bebauungsplans beauftragt. Sie legten im Februar 1921 in einem kurzen Exposé allgemeine Gesichtspunkte zu ihrer Planung und schließlich einen ausgearbeiteten Plan vor.<ref>Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtbauamt: Bebauungsplan, 1920 - 1921).</ref>
  
Wie angespannt die Lage in Wasserburg nach 1918 war lässt sich auch durch die Akten der Wohnungskommission versinnbildlichen. Gemäß Stadtratsbeschluss vom 18. März 1922 war sie eingesetzt worden und - entsprechend den bestehenden Vorschriften zur Bekämpfung der Wohnungsnot  - einem gemeindlichen Wohnungsamt gleichzusetzen. Wohnungsgesuche oder Wohnungstausch wurde fortan von dieser Kommission geregelt.<ref>Während die Festsetzung der Meitpreise und Kündigungen weiterhin über das Mieteinigungsamt abgewickelt wurden. s. StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519.</ref> In einem Schreiben vom Januar 1922 beziffert der Stadtrat die Zahl der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Wohnungsvormerkungen auf 87. An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass die Wartezeit für Wohnraum gewöhnlich zwischen eineinhalb und zwei Jahren liege.<ref>Zu Zahl der Wohnungsvormerkungen: s. Schreiben vom 3.1.1922 des Stadtrats WAsserburg an das Bezirksamt Wasserburg, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2441. Zur Wartezeit: Schreiben vom 13.7.1922 des Stadtrats Wasserburg an die Oberbayerische Überlandzentrale A. G. Rosenheim betreffend des Wohnungszuweisung Schleheider, StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519.</ref>  
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Sind die Erläuterungen zum Bebauungsplan noch überliefert, fehlen bis dato die ausgearbeiteten Pläne und Zeichungen mit einer Ausnahme. Der Stadtrat hatte die Größe der Wohneinheiten und Grundstücke vorgegeben; das Verhältnis 1:2 bebaute und unbebaute Fläche sollte eingehalten werden. Um einen einheitlichen Plan umsetzen zu können, bemühte sich der Stadtrat um den Ankauf der Grundstücke im Planungsgebiet. Zudem sollte eine Verlegung des Stadtbahnhofes ins Burgerfeld weiterhin möglich bleiben.<ref> Siehe allgemein [[Der_Kampf_um_die_Eisenbahn|Der Kampf um die Eisenbahn]] </ref>  
  
Zunächst versuchte man durch die Förderung den Einbau von Wohnungen in bereits bestehende Gebäude Abhilfe zu schaffen.<ref>Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693.</ref> Bereits im Januar 1919 bemühte sich der Stadtrat ein geeignetes Siedlungsgebiet im Stadtbereich zu finden. Ein entsprechender Plan sollte dem Stadtrat vom Stadtbauamt bis Ende Februar vorgelegt werden. Überliefert ist im Akt zum Städtischen Siedlungswesen des Stadtarchivs Wasserburg ein Plan, in dem die gemeindlichen Grundstücke und die Grundstücke, die sich in der Hand der städtischen Stiftungen befanden, markiert sind.<ref> s. StadtA Wasserburg a. Inn, II 798.</ref> Der Besitz der Stiftungen erstreckte sich demnach vornehmlich auf das Burgerfeld und entlang der Wuhr. Gemeindliche Grundstücke befanden sich in der Innschleife und um das Bahnhofsareal. Entsprechend richtete sich das Hauptaugenmerk der Bautätigkeit auf das Burgerfeld, auch da durch die Besitzungen hier der größtmögliche freie Gestaltungsrahmen zur Verfügung stand. Spätestens 1920 wurden die Münchener Architekten Otho Orlando Kurz und Eduard Herbert mit der Erstellung eines Siedlungs- und Bebauungsplans beauftragt. Sie legten im Februar 1921 in einem kurzen Exposé allgemeine Gesichtspunkte zu ihrer Planung und schließlich einen ausgearbeiteten Plan vor.
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Kurz und Herbert planten eine Siedlung im unteren Bereich des Burgerfelds, von der Rosenheimer Straße, dem Klosterweg und der Ponschabaustraße begrenzt. Als eine Art Eingang zur Siedlung planten die Architekten zwischen Finanzamt und ''alten Anwesen'' oberhalb einen freien Platz. Für einen späteren Zeitpunkt waren hier öffentliche Gebäude vorgesehen. Eine Hauptallee sollte der Bewegung des Geländes folgend, in einem Bogen wieder auf die Rosenheimer Straße führen. An zwei inneren Straßen bildeten Reihenhäuser das städtebauliche Motiv, an den Querstraßen mit stärkeren Gefälle sollten Doppelwohnhäuser entstehen. Für den Höhenabschluss sahen die Architekten größere Privatvillen mit entsprechend größer bemessenen Grundstücken vor, welche später verwirklicht werden sollten.<ref>Aufgrund des fehlenden Planmaterials, liegt eine Verortung auf der Grundlage der Beschreibung dieser größeren Grundstücke oberhalb der Ponschabaustraße nah. Siehe Bebauungsplan mit Siedlungsplan (undatiert),StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567.</ref>  
  
Sind die Erläuterungen zum Bebauungsplan noch überliefert, fehlen bis dato die ausgearbeiteten Pläne und Zeichungen [[Datei:Bebauungsplan Kurz und Herbert für das Burgerfeld.jpg|mit einer Ausnahme]]. Der Stadtrat hatte der Größe der Wohneinheiten und Grundstücke vorgegeben; das Verhältnis 1:2 bebaute und unbebaute Fläche sollte eingehalten werden. Um einen einheitlichen Plan umsetzen zu können, bemühte sich der Stadtrat um den Ankauf der Grundstücke im Planungsgebiet. Zudem sollte eine Verlegung des Stadtbahnhofes ins Burgerfeld weiterhin möglich bleiben.<ref> s. [[Der_Kampf_um_die_Eisenbahn|Der Kampf um die Eisenbahn]] </ref>  
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Insgesamt planten die Architekten eine über diesen ersten Planungsabschnitt hinausgehende Siedlung mit insgesamt 410 Wohnungen. Geleitet vom Grundgedanken der Vereinfachung und Vereinheitlichung sollten beispielsweise die Straßen gerade ausreichend breit, teilweise ohne Fußweg entstehen; anstelle von Vorgärten wurden schmale, funktionale Rasenflächen vorgeschlagen. Ebenfalls einfach gehalten stellten sich Kurz und Herbert die Gestaltung der Häuser vor: rau verputzte, glatte Fassaden, abwechselnd farbig gestaltet und als ''Wasserburger Charakter'' bezeichnet mit einem flachen Dach.
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[[Datei:Blick auf das Burgerfeld.jpg|miniatur|rechts|Blick auf die Bautätigkeit auf dem Burgerfeld, um 1924]]
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[[Datei:Erste städtische Bauten auf dem Burgerfeld.jpg|miniatur|rechts|Erste städtische Bauten auf dem Burgerfeld, um 1924]]
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[[Datei:Planungsskizze Schweighart.jpg|miniatur|rechts|Skizze der Bebauung am Klosterweg, ca. 1923-1925]]
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Genau hieran störte sich der Bayerische Landesverein für Heimatschutz, der in einem zum Siedlungsvorhaben verfassten Gutachten für die vorgeschlagenen Häusertypen und deren Gestaltung keinen Rückhalt in der ''Wasserburger Bevölkerung'' sah. Der Verein - ein Verfechter des Heimatschutzstils - plädierte vielmehr für einen eher der Umgebung angepassten ''Vorgebirgsstil'' mit ''oberbayerische[m] Flachdach mit Giebel und Dachvorsprung''.<ref> Bayerischer Landesverein für Heimatschutz, Bebaungsplan für Wasserburg a/Inn, Gutachten vom 13.04.1921, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567. In einem späteren Schreiben zur Siedlung am Dobl weist Bürgermeister Baumann darauf hin, dass seitens der Staatsregierung (nicht näher definiert) diese Bauweise ''verlangt'' wurde: Bürgermeister Baumann an die D.A.F., Kreisverwaltung Wasserburg, Heimstättensiedlung in Wasserburg, Schreiben vom 22.12.1937, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2540 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Errichtung einer Wohnsiedlung Innerer Dobl durch die Oberbayerische Heimstätte GmbH, 1936 - 1941, 1943 - 1947).</ref> Insgesamt erschien ihm das Projekt als überdimensioniert, die Bebauung sollte sich zunächst auf den nordöstlichen Teil des Gebietes beschränken.
  
Kurz und Herbert planten eine Siedlung im unteren Bereich des Burgerfelds, von der Rosenheimer Straße, dem Klosterweg und der Ponschabauerstraße begrenzt. Als eine Art Eingang zur Siedlung planten die Architekten zwischen Finanzamt und "altem Anwesen" - gemeint war wohl das Kapuzinerkloster - einen freien Platz. Für einen späteren Zeitpunkt waren hier öffentliche Gebäude vorgesehen. Eine Hauptallee sollte der Bewegung des Geländes folgend, in einem Bogen wieder auf die Rosenheimer Straße führen. An zwei inneren Straßen bildeten Reihenhäuser das städtebauliche Motiv, an den Querstraßen mit stärkeren Gefälle sollten Doppelwohnhäuser entstehen. Für den Höhenabschluss sahen die Architekten für später größere Privatvillen vor, mit entsprechend größer bemessenen Grundstücken.  
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Auch im Stadtrat fand der Bebauungsplan keinen Anklang; gebaut wurde in den folgenden Jahren situationsbezogen. Bereits im Juni 1921 beschloss der Stadtrat die Errichtung von zwei Reihenhäusern mit je vier Wohnungen, deren Kosten über eine Darlehensaufnahme getilgt wurden und die ein Jahr später bezugsfertig waren.<ref>Diese Reihenhäuser werden oft als ''Beamtenwohnungen'' bezeichnet. Zunächst hatte die Stadt einen sog. Reichsarbeitgeberzuschuss für die Häuser erhalten; im Gegenzug waren die Wohnungen Beamten zu überlassen. Die Stadt zahlte diesen Zuschuss Ende 1922 wieder zurück und verkaufte einige Wohnungen. Dazu zum Beispiel Stadtrat Wasserburg, Beschluss vom 24.05.1922, Aktennotiz, 26.05.1922; ders., Beschluss vom 21.12.1922, Aktennotiz, 22.12.1922. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2441.</ref> Die Bauleitung lag um Kosten zu sparen in den Händen des Stadtbauamts. Gebaut wurde - auch in Anlehnung an die bestehende Bebauung am Achazberg - im vom Bayerischen Landesverein für Heimatschutz vorgeschlagenen ''Vorgebirgsstil'' . Es folgten einige Doppel- und Einzelwohnhäuser, vornehmlich von Privatpersonen, auf in Erbpacht von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken, und auch durch die Stadt selbst. Während sich die Stadt Mitte der 1920er Jahre aufgrund der finanziellen Belastung weitestgehend als Bauherr zurückzog, übernahmen diese Rolle private ''Bauliebhaber''.<ref> Seit 1925/26 ermöglichte eine kontinuierliche staatliche Föderung, deren Grundlage die Erhebung der Hauszinssteuer war, eine rege Bautätigkeit. Die staatliche Bauförderung Anfang der 1920er Jahre war mit der stetigen Verteuerung der Baukosten durch die Inflation zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen, so Ulrike Harendel, Ulrike Haerendel, Wohnungspolitik (Weimarer Republik), in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wohnungspolitik (Weimarer Republik)> (4.12.2018). In Wasserburg zeugen die Akten der ab 1922 erbauten Doppelwohnhäuser von dieser massiven Kostenspirale. Im Oktober 1923 musste der Bau zeitweilig eingestellt werden, weil keine Löhne mehr bezahlt werden konnten. So StA Wasserburg a. Inn, II 824 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat/Stadtbauamt: Doppelwohnhäuser im Burgerfeld, 1923 - 1926, 1929 - 1930).</ref> Gebaut wurde in Erbpacht, auf von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken. Die Aufnahme gemeindlicher Darlehen war zudem seit 1924 an die Vorschrift gekoppelt nur einheimische Unternehmen und Handwerker zu beschäftigen.<ref>Beschluss des Stadtrates Wasserburg vom 31.07.1924, s. Aktennotiz StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693. Hierzu gab es öfters Streitigkeiten, s. z.B. Schriftverkehr zur Gewährung eines Baudarlehen 1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2533 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Zuschüsse zum Bauvorhaben Wilhelm Götter, 1927 - 1928).</ref> So nutzte die Stadtgemeinde die Bautätigkeit neben der Beseitigung des Wohnraummangels zudem als Beschäftigungsprogramm und zur Förderung der heimischen Bauwirtschaft. In der Anfangsphase wurde den Bauherren auch zusätzlich Unterstützung durch das Stadtbauamt gewährt. So konnte man sich die Baupläne durch das Stadtbauamt erstellen lassen, Hilfe bei der schwierigen Beschaffung von Baumaterialien, sowie der Weiterverkauf des bereits durch die Stadt eingekauften Materials zum Einkaufspreis wurde gewährt. Auch gewährte die Stadt in einigen Fällen die Nutzung des städtischen Fuhrwerks.<ref>Siehe z.B. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2301 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat, Stadtbauamt: Hausakt Riedener Weg 3 (Alte Hausnummer 300 1/3), 1921, 1923), Beschluss des Stadtrats vom 25.05.1921.</ref> Der Stadtverwaltung, sowie den einzelnen Bauherren stand in dieser Phase der Architekt Prof. Dr. Emil Schweighart zur Seite,<ref>Zudem Mitglied des Bayerischen Landesvereins für Heimatschutz und Enkel des ehemaligen Wasserburger Bürgermeisters Josef Schweighart.</ref> der sowohl Entwürfe und Pläne für Bauten erstellte, als auch für die Entwicklung eines Baulinienplanes für die gesamte Stadt Wasserburg verantwortlich war.  
  
Insgesamt planten die Architekten eine über diesen ersten Planungsabschnitt hinausgehende Siedlung mit insgesamt 410 Wohnungen. Geleitet vom Grundgedanken der Vereinfachung und Vereinheitlichung sollten beispielsweise die Straßen gerade ausreichend breit, teilweise ohne Fußweg entstehen; anstelle von Vorgärten wurden schmale, funktionale Rasenflächen vorgeschlagen. Ebenfalls einfach gehalten stellten sich Kurz und Herbert die Gestaltung der Häuser vor: rau verputze, glatte Fassaden, abwechselnd farbig gestaltet( tituliert als "Wasserburger Charakter") mit flachem Dach.  
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Zeitgleich wurde der Ausbau der Infrastruktur im Burgerfeld vorangetrieben. 1922 wurde mit einer Erweiterung des Klosterwegs als Zufahrtsstaße zu den Reihenhäusern und zur späteren Siedlung begonnen. Sukzessive, der Erschließung der Baugebiete folgend, wurden die entsprechenden Straßen ausgebaut; mit der Kanalisierung des unteren Burgerfelds wurde 1924 begonnen. Damit einhergehend wurden die Straßen wie die [[Heilingbrunnerstraße|Heilingbrunner]]-, [[Gumpeltsheimerstraße|Gumpeltsheimer]]- und [[Ponschabaustraße]] 1927 verbreitert.<ref>Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 395 (= II. Alte Registratur, Alten: Stadtrat: Straßen im Burgerfeld, 1921 - 1930).</ref> Die rege Bautätigkeit stellte außerdem eine große Herausforderung an das bis dahin bestehende System der chronologischen Nummerierung der Häuser im gesamten Stadtgebiet dar. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 12. April 1927 wurde ein neues System - die Nummerierung nach [[Straßennamen]] und Hausnummern - festgelegt.<ref>StadtA Wasserburg a. Inn, II 3101 (= II. Alte Registratur, Amtsbücher/Rechnungsbücher, Stadtrat: Stadtratsprotokoll, 1927), 57.</ref>
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[[Datei:Doppelhäuser am Hals.jpg|miniatur|rechts|Doppelhäuser am Hals, um 1924]]
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Im Gegensatz zur Bebauung und Erschließung des Burgerfelds, verlief die Siedlungstätigkeit westlich der Kernstadt ohne vorhergegangene grundlegende Planungstätigkeit. Schrittweise wurden hier größere Grundstücke in kleinere Parzellen geteilt und bebaut. Am Hals errichtete die Stadtgemeinde bereits 1921 zwei Doppelwohnhäuser, die später, wie auch bei den Bauten auf dem Burgerfeld, teilweise weiter verkauft wurden. Zudem wurden am Riedener Weg Kleinwohnungsbauten in Erbpacht errichtet. Im Gegensatz zu den Bauten auf dem Burgerfeld entstanden hier moderne Kleinsiedlungsbauten; Nutzgärten, sowie die Möglichkeit einer Kleintierhaltung waren beiderorts gegeben. Einer Statistik folgend wurden in Wasserburg im Zeitraum zwischen August 1918 und März 1927 109 neue Wohnungen errichtet. Dies entsprach 10,5% des damaligen Gesamtbestandes.<ref>Siehe [https://edoc.ub.uni-muenchen.de/18719/1/Staebler_Wolfgang.pdf Wolfgang Stäbler, Weltwirtschaftkrise und Provinz. Studien zum wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wandel im Osten Altbayerns 1928 bis 1933] (=Münchener Historische Studien, Bd. 14), Kallmünz 1992, 90, Tabelle 65.</ref>
  
Genau hieran störte sich der Bayerische Landesverein für Heimatschutz, der in einem zum Siedlungsvorhaben verfassten Gutachten für die vorgeschlagenen Häusertypen und deren Gestaltung keinen Rückhalt in der "Wasserburger Bevölkerung" sah. Der Verein - Verfechter des Heimatschutzstils - plädierte vielmehr für einen eher der Umgebung angepassten "Vorgebirgsstil" mit "oberbayerische[m] Flachdach mit Giebel und Dachvorsprung".<ref> S. Bayerischer Landesverein für Heimatschutz, Gutachten betr. Babaungsplan für Wasserburg a/Inn vom 13.04.1921, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567. In einem späteren Schreiben zur Siedlung am Dobl weist Bürgermeister Baumann darauf hin, dass seitens der Staatsregierung (nicht näher definiert) diese Bauweise "verlangt" wurde: Bürgermeister Baumann, Schreiben an die D.A.F., Kreisverwaltung Wasserburg zur Heimstättensiedlung in Wasserburg vom 22.12.1937, StA Wasserburg a. Inn, II 2540.</ref> Insgesamt erschien ihm das Projekt als überdimensioniert, die Bebauung sollte sich zunächst auf den nordöstlichen Teil des Gebietes beschränken.
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1928 errichtete die Stadt an der Rosenheimer Straße die sog. Herdersiedlung. Das städtische Kleinfamilienhaus bot begrenzten Platz für sechs Familien, denen auf dem normalen Wohnungsmarkt kein oder nur schwierig Wohnraum vermittelt werden konnte. Die Baumaßnahme wurde zugleich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme genutzt, eingestellt für den Bau wurden Arbeitslose nach Höhe ihrer Kinderzahl und nach Dauer in der Arbeitslosen- und Kriegsfürsorge.<ref>Siehe Stadtrat Wasserburg, Beschluss des Stadtrats Wasserburg vom 27.09.1928 zur Errichtung eines  Kleinwohnhauses, Aktennotiz, 28.09.1928, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2447 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Die Wohnbaracke an der Rosenheimer Straße, 1927 - 1930).</ref>
[[Datei:Blick auf das Burgerfeld.jpg|miniatur|rechts|Blick auf die Bautätigkeit auf dem Burgerfeld]]
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[[Datei:Blick auf das Burgerfeld mit Innwerkssiedlung.jpg|miniatur|rechts|Blick auf das Burgerfeld mit Innwerkssiedlung, um 1937]]
[[Datei:Erste städtische Bauten auf dem Burgerfeld.jpg|miniatur|rechts|Erste städtische Bauten auf dem Burgerfeld]]  
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Bis Mitte der 1930er Jahre konzentrierte sich die Bautätigkeit auf das Schließen bestehender Lücken in den beiden Siedlungsgebieten. Dann traten zwei auswärtige Akteure auf den Plan, die die Besiedelung auf der rechten Innseite vorantrieben: zum einen der Bau der Innstaustufendurch die Innwerk AG, zum anderen die Errichtung der Heimstättensiedlung am Dobl. Zwischen 1935 und 1938 errichtete die Innwerk AG das erste Laufwasserkraftwerk am Inn zur Stromgewinnung.<ref>Geiger, Wasserburg (wie Anm. 1) 47. Das Kraftwerk sollte das erste einer geplanten Kette von Kraftwerken sein, die der Aluminiumverhüttung in Töging Strom zuführen sollten. </ref> Für die im Kraftwerk beschäftigten errichtete die Innwerk AG in den folgenden Jahren eine eigene Wohnsiedlung am Ende der Ponschabaustraße, gleichzeitig durchschnitt die für den Transport des Stroms notwendige Hochspannungsleitung das für spätere Bebauung gedachte Burgerfeld und beeinflusste damit die spätere Planungs- und Bebauungstätigkeit.
[[Datei:Planungsskizze Schweighart.jpg|miniatur|rechts|Skizze der Bebauung am Klosterweg]]
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[[Datei:Bebauungsplan Siedlung Innerer Dobl.jpg|miniatur|rechts|(Tektur-)Bebauungsplan der Siedlung Innerer Dobl 1937 (1939)]]
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[[Datei:Siedlung Innerer Dobl.jpg|miniatur|rechts|Blick auf die Siedlung Innerer Dobl, um 1950]]
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Ab 1936 konkretisierte sich erstmalig ein von einem auswärtigen, gemeinnützigen Bauträger getragenes Bauprojekt: die Siedlung Innerer Dobl. Die Oberbayerische Heimstätte mit Sitz in München plante südlich der Rosenheimer Straße eine Siedlung mit zunächst 25 Kleinwohnhäusern, Nutzgärten und der Möglichkeit einer Kleintierhaltung, die nach Bedarf um zehn Häuser erweitert werden konnte. Diesem Projekt vorausgegangen waren Arrondierungen seitens der Stadt, um neue zusammenhängende Siedlungsgebiete ausweisen zu können. Der Grundbesitz der Stadt war zu diesem Zeitpunkt nahezu erschöpft. Für das Siedlungsprojekt am Dobl konnte größtenteils Besitz der Hl. Geistspitalstiftung getauscht werden.
  
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Strittig während der Planungsphase war erneut der Baustil. Während die Vertreter der Stadt einen der Bebauung im Burgerfeld angepassten Baustil mit flachem Dach favorisierten, hielten ihn die am Entscheidungsprozess beteiligten Stellen - das Staatsministerium des Inneren und die Deutsche Arbeiterfront (DAF) - für althergebracht und den ''veränderten Lebensbedingungen und Ansprüchen'' nicht entsprechend.<ref>Schriftverkehr dazu siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2540 (wie Anm. 16). Zitat aus: Staatsministerium des Inneren an das Bezirksamt Wasserburg, Siedlungsvorhaben der Oberbayerischen Heimstätte G.m.b.H. München in Wasserburg, Schreiben vom 30.11.1937.</ref>Um den Baubeginn nicht weiter zu verzögern lenkte die Stadt ein, die einheitlich geplanten Häuser erhielten ein steiles Satteldach. Diese Einheitlichkeit gehört zu den grundsätzlichen Merkmalen des Kleinsiedlungsbaus nach 1933. Die von den Staats- und Parteistellen geforderten siedlungspolitischen Ziele der Dezentralisierung des Städte und der ''Wiederverwurzelung'' der Bevölkerung ''mit der Scholle'' manifestierten sich außerdem in der Herstellung eines vorindustriellen, dörflich anmutenden Charakters. Mittel dazu war die Gestaltung eines verkehrsberuhigten Angers als gemeinschaftlichen sozialen Treffpunkt.<ref>Tilman Harlander, Suburbanisierung. Zwischen Reagrarisierung und Evakuierung, in: ders., Villa und Eigenheim. Suburbaner Städtebau in Deutschland, 2001, 268-283, hier 270 f.</ref>  Auch die Siedlung Innerer Dobl weist diese städtebaulichen Bezugspunkte auf.
  
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==Ausblick: Siedlungsplanung für die Nachkriegszeit==
  
 
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Mit dem Kriegseintritt 1939 kam der Wohnungsbau aufgrund eines allgemein verhängten Neubauverbots zum Erliegen.<ref>Harlander, Suburbanisierung (wie Anm. 28), 255.</ref> Bereits im gleichen Jahr wurde erneut mit einer Überplanung des noch unverbauten Gebiets im Burgerfeld und in der Burgau begonnen. Auf Grundlage des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten (1933/1938)<ref>Ministerialentschluss vom 23.01.1941 für Wasserburg siehe Landrat an den Bürgermeister der Stadt Wasserburg, Vollzug des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten, Schreiben, 15.02.1941. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2538 ( II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Wirtschaftsplan (Städtebauliche Raumordnung) der Stadtgemeinde Wasserburg am Inn, 1940 - 1942, 1946 - 1948).</ref> sollte ungeordnete Siedlungstätigkeit unterbunden werden, mit einem Wirtschaftsplan - der Vorläufer des heutigen Flächennutzungsplans - wurden bestimmte Nutzungen für Gebiete festgeschrieben. Ziel war die Ausweisung geeigneter Siedlungsflächen zur systematischen Besiedelung auch bevölkerungsarmer Gegenden. In Wasserburg richtete sich zunächst der Fokus auf die unverbauten, aber bereits durch den Generalbaulinienplan von 1925 erschlossenen Flächen im unteren Burgerfeld, die zudem bereits kanalisiert und mit einer Wasserleitung versehen waren.<ref>StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531.</ref> Von der Ortsplanungsstelle beim Regierungspräsidenten in München wurde die Erstellung des Wirtschaftsplanes koordiniert.<ref>Aktennotiz vom 08.05.1941 betreffend die Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531. Gleichzeitig sollte die Ortsplanungsstelle auch eine Regelung über die Vergütung mit dem Innwerk über die Schaffung von Ersatzwegen treffen, die durch die Stromtrasse notwendig wurden.</ref> Die Bebauung des Gebietes sollte erst nach Beendigung des Krieges in Angriff genommen werden, im überlieferten Plan der Ortsplanungsstelle vom 25. April 1939 waren zwei Reihenhäuser mit elf Wohnungen vorgesehen, der später im Bebauungsplan (Oktober 1940) des Kreisbauamts um zwölf Bauplätze für Einfamilienhäuser erweitert wurde.<ref>Bürgermeister Baumann an den Landrat, Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn, Schreiben, 08.05.1941, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Die Bebauung des Burgerfeldes, 1924 - 1925, 1927, 1930, 1938 - 1941, 1943). Darin steht auch der Vermerk mit dem Baubeginn nach Kriegsende. Im Akt ist ein ''Aufteilungs- und Bebauungsplan für das Nordwestliche Burgerfeld'' (dat. 25.04.1939) und eine Änderung (dat. 05.03.1940) enthalten.</ref>
 
 
 
 
Auch im Stadtrat fand der Bebauungsplan keinen Anklang; gebaut wurde in den folgenden Jahren "situationsbezogen". Bereits im Juni 1921 beschloss der Stadtrat die Errichtung von zwei Reihenhäusern mit je vier Wohnungen, deren Kosten über eine Darlehensaufnahme getilgt wurden und die ein Jahr später bezugsfertig waren.<ref>Diese Reihenhäuser werden oft als "Beamtenwohnungen" bezeichnet. Zunächst hatte die Stadt einen sog. Reichsarbeitgeberzuschuss für die Häuser erhalten; im Gegenzug waren die Wohnungen Beamten zu überlassen. Die Stadt zahlte diesen Zuschuss wieder zurück und verkaufte die Wohnungen teilweise.</ref> Die Bauleitung lag um Kosten zu sparen in den Händen des Stadtbauamts. Gebaut wurde - auch in Anlehnung an die bestehende Bebauung am Achazberg - im vom Bayerischen Landesverein für Heimatschutz vorgeschlagenen "Vorgebirgsstil" . Es folgten einige Doppel- und Einzelwohnhäuser, vornehmlich von Privatpersonen, auf in Erbpacht von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken, und auch durch die Stadt selbst. Während sich die Stadt Mitte der 1920er Jahre aufgrund der finanziellen Belastung weitestgehend als Bauherr zurückzog, übernahmen diese Rolle private "Bauliebhaber".<ref> Seit 1925/26 ermöglichte eine kontinuierliche staatliche Föderung, deren Grundlage die Erhebung der Hauszinssteuer war, eine rege Bautätigkeit. Die staatliche Bauförderung Anfang der 1920er Jahre war mit der stetigen Verteuerung de Baukosten durch die Inflation zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen, so Ulrike Harendel, Ulrike Haerendel, Wohnungspolitik (Weimarer Republik), publiziert am 30.05.2006; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wohnungspolitik (Weimarer Republik)> (4.12.2018). In Wasserburg zeugen die Akten der ab 1922 erbauten Doppelwohnhäuser von dieser massiven Kostenspirale. Im Oktober 1923 musste der Bau zeitweilig eingestellt werden, weil keine Löhne mehr bezahlt werden konnten. S. StA Wasserburg a. Inn, II 824.</ref> Gebaut wurde in Erbpacht, auf von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken. Die Aufnahme gemeindlicher Darlehen war zudem seit 1924 an die Vorschrift gekoppelt nur einheimische Unternehmen und Handwerker zu beschäftigen.<ref>Beschluss des Stadtrates Wasserburg vom 31.07.1924, s. Aktennotiz StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693. Hierzu gab es öfters Streitigkeiten, s. z.B. Schriftverkehr zur Gewährung eines Baudarlehen 1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2533.</ref> So nutzte die Stadtgemeinde die Bautätigkeit neben der Beseitigung des Wohnraummangels zudem als Beschäftigungsprogramm und zur Förderung der heimischen Bauwirtschaft.  In der Anfangsphase wurde den Bauherren auch zusätzlich Unterstützung durch das Stadtbauamt gewährt. So konnte man sich die Baupläne durch das Stadtbauamt erstellen lassen, Hilfe bei der schwierigen Beschaffung von Baumaterialien - zum Beispiel durch den Weiterverkauf zum Einkaufspreis - oder der zur Verfügungstellen des städtischen Furwerks waren möglich.<ref>S. z.B. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2301 (= Hausakt Riedener Weg 3), Beschluss des Stadtrats vom 25.05.1921.</ref> Beratend zur Seite stand in dieser Phase der Architekt Prof. Dr. Emil Schweighart,<ref>Zudem Mitglied des Bayerischen Landesvereins für Heimatschutz und Enkel des ehemaligen Wasserburger Bürgermeisters Josef Schweighart.</ref> der sowohl Entwürfe und Pläne für Bauten erstellte, als auch für die Entwicklung eines Baulinienplanes für die gesamte Stadt Wasserburg verantwortlich war.
 
 
 
Zeitgleich wurde der Ausbau der Infrastruktur im Burgerfeld vorangetrieben. 1922 wurde mit einer Erweiterung des Klosterwegs als Zufahrtsstaße zu den Reihenhäusern und zur späteren Siedlung begonnen. Sukzessive, der Erschließung der Baugebiete folgend, wurden die entsprechenden Straßen ausgebaut; mit der Kanalisierung des unteren Burgerfelds wurde 1924 begonnen. Damit einhergehend wurden die Straßen wie die Heilingbrunner-, Gumpelsheimer- und Ponschabaustraße 1927 verbreitert.<ref>Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 395.</ref> Die rege Bautätigkeit stellte außerdem eine große Herausforderung an das bis dahib bestehende System der chronologischen Nummerierung der Häuser im gesamten Stadtgebiet dar. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 12. April 1927 wurde ein neues System - die Nummerierung nach [[Straßennamen]] und Hausnummern - festgelegt.<ref>StadtA Wasserburg a. Inn, II 3101 (= Stadtratsprotokolle 1927), S. 57.</ref>
 
[[Datei:Doppelhäuser am Hals.jpg|miniatur|rechts|Doppelhäuser am Hals]]
 
Im Gegensatz zur Bebauung und Erschließung des Burgerfelds, verlief die Siedlungstätigkeit westlich der Kernstadt ohne vorhergegangene grundlegende Planungstätigkeit. Schrittweise wurden hier größere Grundstücke in kleinere Parzellen geteilt und bebaut. Am Hals errichtete die Stadtgemeinde bereits 1921 zwei Doppelwohnhäuser, die später wie auch bei den Bauten auf dem Burgerfeld teilweise weiter verkauft wurden. Zudem wurden am Riedener Weg Kleinwohnungsbauten in Erbpacht errichtet. Im Gegensatz zu den Bauten auf dem Burgerfeld entstanden hier moderne Kleinsiedlungsbauten; ein Nutzgarten, sowie die Möglichkeit einer Kleintierhaltung war beiderorts gegeben. Einer Statistik folgend wurden in Wasserburg im Zeitraum zwischen August 1918 und März 1927 109 neue Wohnungen errichtet. Dies entsprach 10,5% des damaligen Gesamtbestandes.<ref>S. [https://edoc.ub.uni-muenchen.de/18719/1/Staebler_Wolfgang.pdf Wolfgang Stäbler, Weltwirtschaftkrise und Provinz. Studien zum wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wandel im Osten Altbayerns 1928 bis 1933] (=Münchener Historische Studien, Bd. 14), Kallmünz 1992, 90, Tabelle 65.</ref>
 
 
 
1928 errichtete die Stadt an der Rosenheimer Straße die sog. Herdersiedlung. Das städtische Kleinfamilienhaus bot begrenzten Platz für sechs Familien, denen auf dem normalen Wohnungsmarkt kein oder nur schwierig Wohnraum vermittelt werden konnte. Die Baumaßnahme wurde zugleich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme genutzt, eingestellt für den Bau wurden Arbeitslose nach Höhe ihrer Kinderzahl und nach Dauer in der Arbeitslosen- und Kriegsfürsorge.<ref>S. Aktennotiz zum Beschluss des Stadtrats Wasserburg vom 27.09.1928, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2447.</ref>
 
[[Datei:Blick auf das Burgerfeld mit Innwerkssiedlung.jpg|miniatur|rechts|Blick auf das Burgerfeld mit Innwerkssiedlung]]
 
Bis Mitte der 1930er Jahre konzentrierte sich die Bautätigkeit auf das Schließen bestehender Lücken in den beiden Siedlungsgebieten. Dann traten zwei auswärtige Akteure auf den Plan, die die Besiedelung auf der rechten Innseite vorantrieben: zum einen der Bau der Innstaustufe, zum anderen die Errichtung der Heimstättensiedlung am Dobl. Zwischen 1935 und 1938 errichtete die Innwerk AG das erste Laufwasserkraftwerk am Inn zur Stromgewinnung.<ref>Geiger, Wasserburg (wie Anm. 1) 47. Das Kraftwerk sollte das erste einer geplanten Kette von Kraftwerken sein, die der Aluminiumverhüttung in Töging Strom zuführen sollten. </ref> Für die im Kraftwerk beschäftigten errichtete die Innwerk AG in den folgenden Jahren eine eigene Wohnsiedlung am Ende der Ponschabaustraße, gleichzeitig durchschnitt die für den Transport des Stroms notwendige Hochspannungsleitung das für spätere Bebauung gedachte Burgerfeld und beeinflusste damit die spätere Planungs- und Bebauungstätigkeit.
 
[[Datei:Bebauungsplan Siedlung Innerer Dobl.jpg|miniatur|rechts|(Tektur-)Bebauungsplan der Siedlung "Innerer Dobl" 1937 (1939)]]
 
[[Datei:Siedlung Innerer Dobl.jpg|miniatur|rechts|Blick auf die Siedlung "Innerer Dobl"]]
 
Ab 1936 konkretisierte sich erstmalig ein von einem auswärtigen, gemeinnützigen Bauträger getragenes Bauprojekt: die Siedlung "Innerer Dobl". Die Oberbayerische Heimstätte mit Sitz in München plante südlich der Rosenheimer Straße eine Siedlung mit zunächst 25 Kleinwohnhäusern, Nutzgärten und der Möglichkeit einer Kleintierhaltung, die nach Bedarf um zehn Häuser erweitert werden konnte. Diesem Projekt vorausgegangen waren Arrondierungen seitens der Stadt, um neue zusammenhängende Siedlungsgebiete ausweisen zu können. Der Grundbesitz der Stadt war zu diesem Zeitpunkt nahezu erschöpft. Für das Siedlungsprojekt am Dobl konnte größtenteils Besitz der Hl. Geistspitalstiftung getauscht werden.
 
 
 
Strittig während der Planungsphase war erneut der Baustil. Während die Vertreter der Stadt einen der Bebauung im Burgerfeld angepassten Baustil mit flachem Dach favorisierten, hielten ihn die am Entscheidungsprozess beteiligten Stellen - das Staatsministerium des Inneren und die Deutsche Arbeiterfront (DAF) - für althergebracht und den "veränderten Lebensbedingungen und Ansprüchen" nicht entsprechend.<ref>Schriftverkehr dazu s. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2540. Zitat aus dem Schreiben vom 30.11.1937 des Staatsministeriums des Inneren an das Bezirksamt Wasserburg betreffend Siedlungsvorhaben der oberbayerischen Heimstätte G.m.b.H. München in Wasserburg.</ref> Um den Baubeginn nicht weiter zu verzögern lenkte die Stadt ein, die einheitlich geplanten Häuser erhielten ein steiles Satteldach. Diese Einheitlichkeit gehört zu den grundsätzlichen Merkmalen des Kleinsiedlungsbaus nach 1933. Die von den Staats- und Parteistellen geforderten siedlungspolitischen Ziele der Dezentralisierung des Städte und der "Wiederverwurzelung" der Bevölkerung "mit der Scholle" manifestierten sich außerdem in der Herstellung eines vorindustriellen, dörflich anmutenden Charakters. Mittel dazu war die Gestaltung eines verkehrsberuhigten Angers als gemeinschaftlichen sozialen Treffpunkt.<ref>Tilman Harlander, Suburbanisierung. Zwischen Reagrarisierung und Evakuierung, in: ders., Villa und Eigenheim. Suburbaner Städtebau in Deutschland, 2001, 268-283, 270 f.</ref>  Auch die Siedlung "Innerer Dobl" weist diese städtebaulichen Bezugspunkte auf.
 
 
 
=="Ausblick": Siedlungsplanung für die Nachkriegszeit==
 
 
 
Mit dem Kriegseintritt 1939 kam der Wohnungsbau aufgrund eines allgemein verhängten Neubauverbots zum Erliegen.<ref>Harlander, Suburbanisierung (wie Anm. 25), 255.</ref> Bereits im gleichen Jahr wurde erneut mit einer Überplanung des noch unverbauten Gebiets im Burgerfeld und in der Burgau begonnen. Auf Grundlage des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten (1933/1938)<ref>ME vom 23.01.1941 für Wasserburg. S. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2538.</ref> sollte ungeordnete Siedlungstätigkeit unterbunden werden, mit einem Wirtschaftsplan - der Vorläufer des heutigen Flächennutzungsplans - wurden bestimmte Nutzungen für Gebiete festgeschrieben. Ziel war die Ausweisung geeigneter Siedlungsflächenflächen zur systematischen Besiedelung auch bevölkerungsarmer Gegenden. In Wasserburg richtete sich zunächst der Fokus auf die unverbauten, aber bereits durch den Generalbaulinienplan von 1925 erschlossenen Flächen im unteren Burgerfeld, die zudem bereits kanalisiert und mit einer Wasserleitung versehen waren.<ref>StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531.</ref> Von der Ortsplanungsstelle beim Regierungspräsidenten in München wurde die Erstellung des Wirtschaftsplanes koordiniert.<ref>Aktennotiz vom 08.05.1941 betreffend die Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531. Gleichzeitig sollte die Ortsplanungsstelle auch eine Regelung über die Vergütung mit dem Innwerk über die Schaffung von Ersatzwegen treffen, die durch die Stromtrasse notwendig wurden.</ref> Die Bebauung des Gebietes sollte erst nach Beendigung des Krieges in Angriff genommen werden, im überlieferten Plan der Ortsplanungsstelle vom 25. April 1939 waren zwei Reihenhäuser mit elf Wohnungen vorgesehen, der später im Bebauungsplan (Oktober 1940) des Kreisbauamts um zwölf Bauplätze für Einfamilienhäuser erweitert wurde.<ref>Schreiben von Bürgermeister Baumann an den Landrat betreffend Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn. Zur Verfügg. v. 22.04.1941, Nr. 4515/41. (08.05.1941), StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531. Darin steht auch der Vermerk mit dem Baubeginn nach Kriegsende. Im Akt ist ein "Aufteilungs- und Bebauungsplan für das Nordwestliche Burgerfeld " (dat. 25.04.1939) und eine Änderung (dat. 05.03.1940) enthalten.</ref>
 
  
  
 
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Aktuelle Version vom 11. Oktober 2023, 12:13 Uhr

Autor: Angelika Oettl

Entstehung neuer Wohngebiete am Rande der Altstadt, im Burgerfeld, an der Wuhr und in der Tegernau

Einführung
Das Altstadtensemble Wasserburgs steht unter Denkmalschutz.[1] Entsprechend der Bedeutung dieses baukulturellen Erbes lag der Fokus der bauhistorischen Forschung bisher auf diesem Ensemble und den hier zu findenden Einzeldenkmälern. Mit diesem Beitrag soll erstmals auch der bauhistorischen Entwicklung der neueren Stadtgebiete nachgegangen werden. In einem zweiten Schritt, so die Planung, sollen herausragende jüngere Gebäude betrachtet werden, die selten Teil der Denkmalliste, aber für die Stadtentwicklung und -geschichte sinnbildlich sind.

,Wildes' Siedeln und informelles Wachstum außerhalb der Kernstadt von Ende des 19. Jahrhunderts bis 1918

Das Augenmerk der Wasserburger Kommunalpolitik im 19. Jahrhundert lag vornehmlich auf der Verbesserung der sozialen Verhältnisse, dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der Erhaltung öffentlicher Einrichtungen in baulicher und funktionaler Hinsicht.[2] Die Erweiterung des Stadtraums in diesem Zeitraum verlief ohne grundlegende stadtplanerische Vorgaben entlang der Verkehrswege, wodurch eine klare Abgrenzung der Stadt nach außen zunehmend verloren ging.[3] Der Topographie der Stadt entsprechend, konnte sich die Siedlungstätigkeit vorwiegend auf zwei Bereiche konzentrieren: zum einen auf das Gebiet entlang der Innschleife und der sog. Schopperstatt, zum anderen das Gebiet jenseits der Roten Brücke. Hier hatten sich bereits durch den Hopfenanbau seit Ende des 18. Jahrhunderts Brauereibetriebe mit Sommerkellern am Kellerberg und Gasthäusern, sowie vereinzelt Gewerbebetriebe angesiedelt.

Im Gebiet südlich der Altstadt lassen sich zwei unterschiedliche Aspekte der Bebaung des ausgehenden 19. Jahrhunderts verorten: zum einen musste die Stadt Wasserburg als Verwaltungssitz des Bezirks Wasserburg bestimmte öffentliche Gebäude vorhalten, die zum Teil auch am Stadtrand entlang der Verkehrswege errichtet wurden. Beispiele hierfür sind das Forstamt und das Rentamt (Finanzamt). Zum anderen versuchten Stadt und Verschönerungsverein den sich vornehmlich im Umland großer Städte etablierenden Drang zur ‚Natur‘ des wohlhabenden Bürgertums auch nach Wasserburg zu lenken. [4]. Auftrebendes Klientel suchte sich abgelegene, repräsentative Villen zunächst zur Sommerfrische und als Rückzugsort; der Bau von Eisenbahnstrecken verstärkte diese Entwicklung. Aus Einzelvillen wurden schließlich ‚Villenlandschaften‘; gegen Ende des 19. Jahrhunderts engagierten sich dabei auch Immobiliengesellschaften, die die Erschließung ganzer Villenviertel vorantrieben.[5].

Wasserburg im Panorama von der Schanz, um 1910

Der Einstieg dabei war das Zusammenspiel mit dem Fremdenverkehr, der auch in Wasserburg die Stadt und der dafür ins Leben gerufene Verschönerungsverein zu beleben suchten. Bei der Kirche St. Achaz betrieb die Leprosenhausstiftung ein Heilbad, das nach einem Neubau 1857 regen Zuspruch auch von Auswärtigen erfuhr. 1890 wurde es in eine Kneipp-Badeanstalt umgebaut, Gästezimmer eingerichtet und die Außenanlagen ansprechend gestaltet. Zwar wurde der Betrieb der Badeanstalt bereits wenige Jahre später eingestellt und das Gebäude für das Pensionat der in der Innenstadt gelegenen Realschule genutzt,[6] doch war die Umgebung durch die bereits bestehenden Bebauung in der Folgezeit in den Fokus einer aus dem Verschönerungsverein Wasserburg gegründeten Villenbaugesellschaft geraten. Diese startete 1908 die Initiative, am Fuß des Achazberges eine Villenlandschaft zu errichten. Durch die bestehende Bebauung waren Versorgungseinrichtungen, wie Wasserleitungen, bereits vorhanden und der Weg in die Stadt kurz. Gleichzeitig wurde das Wuhrtal als Erholungsgebiet angepriesen. Eine erste Villa (die spätere sogenannte Villa Hagen) wurde ab 1908 an der Einmündung der Achazstraße auf die Salzburger Straße errichtet und 1913 an einen Ingenieur verkauft. Im gleichen Jahr löste sich die Villenbaugesellschaft auf, da es an der Nachfrage für derartige Gebäude fehlte. Um 1900 waren jedoch bereits weitere Privatvillen in der Umgebung entstanden: 1900 die Ovenbeck-Villa und 1908 eine Villa am Hochgarten.[7] 1913/14 erhielt die Realschule - das bisherige Gebäude war durch die sukzessive Erweiterung zu einer sechsstufigen Realschule zu klein geworden - einen Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zum bestehenden Schülerheim.

Westlich der Kernstadt lieferte die Entscheidung, eine Bahnstrecke bis in die Stadt Wasserburg zu verlegen, wesentliche Impulse zur Veränderung. Nachdem 1900 die Führung der Strecke von Ebersberg in die Stadt Wasserburg genehmigt worden war, wurde als erster Teilabschnitt die Strecke zwischen der Bahnstation in Reitmehring und der Stadt Wasserburg in Angriff genommen. Der Kopfbahnhof in der Stadt sollte auf dem alten Triebwerkskanal des an dieser Stelle betriebenen Sägewerks entstehen, der den Hals - die Landverbindung der Halbinsel - in einem Tunnel durchstieß. Die Stadt Wasserburg kaufte dem Eigentümer Josef Gimpl das Gesamtgrundstück für den Bahnhof und Gleiskörper mit 3,64 Tagwerk samt Triebwerksrecht und vorhandenen Gebäuden ab.[8] Die nicht für den Bahnhof und Gleiskörper genutzten Flächen (benötigt wurden nur 2,2 Tagwerk) wurden zunächst als Krautgärten verpachtet, bildeten aber in der Folgezeit die Grundlage für die Besiedelung in diesem Bereich. Grundsätzlich wurde das Gebiet um dem Bahnhof schrittweise erschlossen. War zunächst gegenüber des Bahnhofsgebäudes ein Gasthaus errichtet worden, wurde erst in den 1920er Jahren der Platz vor dem Bahnhof gestaltet, das Postgebäude und eine Autohalle gebaut, sowie die Straße zum Bahnhof hin ausgebaut. Sukzessive siedelte sich Gewerbe an, um Waren günstig weiter transportieren zu können.

Planmäßige Erschließung ab 1918 bis zum Kriegseintritt 1939

War bereits vor dem Ersten Weltkrieg in vielen bayerischen Städten der Wohnraum knapp, verschärfte sich die Situation mit dem Ende des Krieges noch weiter. Neben zwangswirtschaftlichen Maßnahmen, die den bestehenden Wohnraum betrafen - gemeint sind Instrumente wie Wohnraumbewirtschaftung und Mietenkontrolle - setzte die Politik auf die Förderung des Wohnungsbaus. Auch die Stadt Wasserburg bemühte sich in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg um die Beseitigung des Wohnraummangels.[9]

Bebauungsplan der Architekten Kurz und Herbert für das Burgerfeld, 1921

Wie angespannt die Lage in Wasserburg nach 1918 war lässt sich auch durch die Akten der Wohnungskommission versinnbildlichen. Gemäß Stadtratsbeschluss vom 18. März 1922 war sie eingesetzt worden und - entsprechend den bestehenden Vorschriften zur Bekämpfung der Wohnungsnot - einem gemeindlichen Wohnungsamt gleichzusetzen. Wohnungsgesuche oder Wohnungstausch wurden fortan von dieser Kommission geregelt.[10] In einem Schreiben vom Januar 1922 beziffert der Stadtrat die Zahl der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Wohnungsvormerkungen auf 87. An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass die Wartezeit für Wohnraum gewöhnlich zwischen eineinhalb und zwei Jahren liege.[11]

Zunächst versuchte man durch die Förderung den Einbau von Wohnungen in bereits bestehende Gebäude Abhilfe zu schaffen.[12] Bereits im Januar 1919 bemühte sich der Stadtrat ein geeignetes Siedlungsgebiet im Stadtbereich zu finden. Ein entsprechender Plan sollte dem Stadtrat vom Stadtbauamt bis Ende Februar vorgelegt werden. Überliefert ist im Akt zum Städtischen Siedlungswesen des Stadtarchivs Wasserburg ein Plan, in dem die gemeindlichen Grundstücke und die Grundstücke, die sich in der Hand der städtischen Stiftungen befanden, markiert sind.[13] Der Besitz der Stiftungen erstreckte sich demnach vornehmlich auf das Burgerfeld und entlang der Wuhr. Gemeindliche Grundstücke befanden sich in der Innschleife und um das Bahnhofsareal. Entsprechend richtete sich das Hauptaugenmerk der Bautätigkeit auf das Burgerfeld. Auch da durch die Besitzungen hier der größtmögliche freie Gestaltungsrahmen zur Verfügung stand. Spätestens 1920 wurden die Münchener Architekten Otho Orlando Kurz und Eduard Herbert mit der Erstellung eines Siedlungs- und Bebauungsplans beauftragt. Sie legten im Februar 1921 in einem kurzen Exposé allgemeine Gesichtspunkte zu ihrer Planung und schließlich einen ausgearbeiteten Plan vor.[14]

Sind die Erläuterungen zum Bebauungsplan noch überliefert, fehlen bis dato die ausgearbeiteten Pläne und Zeichungen mit einer Ausnahme. Der Stadtrat hatte die Größe der Wohneinheiten und Grundstücke vorgegeben; das Verhältnis 1:2 bebaute und unbebaute Fläche sollte eingehalten werden. Um einen einheitlichen Plan umsetzen zu können, bemühte sich der Stadtrat um den Ankauf der Grundstücke im Planungsgebiet. Zudem sollte eine Verlegung des Stadtbahnhofes ins Burgerfeld weiterhin möglich bleiben.[15]

Kurz und Herbert planten eine Siedlung im unteren Bereich des Burgerfelds, von der Rosenheimer Straße, dem Klosterweg und der Ponschabaustraße begrenzt. Als eine Art Eingang zur Siedlung planten die Architekten zwischen Finanzamt und alten Anwesen oberhalb einen freien Platz. Für einen späteren Zeitpunkt waren hier öffentliche Gebäude vorgesehen. Eine Hauptallee sollte der Bewegung des Geländes folgend, in einem Bogen wieder auf die Rosenheimer Straße führen. An zwei inneren Straßen bildeten Reihenhäuser das städtebauliche Motiv, an den Querstraßen mit stärkeren Gefälle sollten Doppelwohnhäuser entstehen. Für den Höhenabschluss sahen die Architekten größere Privatvillen mit entsprechend größer bemessenen Grundstücken vor, welche später verwirklicht werden sollten.[16]

Insgesamt planten die Architekten eine über diesen ersten Planungsabschnitt hinausgehende Siedlung mit insgesamt 410 Wohnungen. Geleitet vom Grundgedanken der Vereinfachung und Vereinheitlichung sollten beispielsweise die Straßen gerade ausreichend breit, teilweise ohne Fußweg entstehen; anstelle von Vorgärten wurden schmale, funktionale Rasenflächen vorgeschlagen. Ebenfalls einfach gehalten stellten sich Kurz und Herbert die Gestaltung der Häuser vor: rau verputzte, glatte Fassaden, abwechselnd farbig gestaltet und als Wasserburger Charakter bezeichnet mit einem flachen Dach.

Blick auf die Bautätigkeit auf dem Burgerfeld, um 1924
Erste städtische Bauten auf dem Burgerfeld, um 1924
Skizze der Bebauung am Klosterweg, ca. 1923-1925

Genau hieran störte sich der Bayerische Landesverein für Heimatschutz, der in einem zum Siedlungsvorhaben verfassten Gutachten für die vorgeschlagenen Häusertypen und deren Gestaltung keinen Rückhalt in der Wasserburger Bevölkerung sah. Der Verein - ein Verfechter des Heimatschutzstils - plädierte vielmehr für einen eher der Umgebung angepassten Vorgebirgsstil mit oberbayerische[m] Flachdach mit Giebel und Dachvorsprung.[17] Insgesamt erschien ihm das Projekt als überdimensioniert, die Bebauung sollte sich zunächst auf den nordöstlichen Teil des Gebietes beschränken.

Auch im Stadtrat fand der Bebauungsplan keinen Anklang; gebaut wurde in den folgenden Jahren situationsbezogen. Bereits im Juni 1921 beschloss der Stadtrat die Errichtung von zwei Reihenhäusern mit je vier Wohnungen, deren Kosten über eine Darlehensaufnahme getilgt wurden und die ein Jahr später bezugsfertig waren.[18] Die Bauleitung lag um Kosten zu sparen in den Händen des Stadtbauamts. Gebaut wurde - auch in Anlehnung an die bestehende Bebauung am Achazberg - im vom Bayerischen Landesverein für Heimatschutz vorgeschlagenen Vorgebirgsstil . Es folgten einige Doppel- und Einzelwohnhäuser, vornehmlich von Privatpersonen, auf in Erbpacht von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken, und auch durch die Stadt selbst. Während sich die Stadt Mitte der 1920er Jahre aufgrund der finanziellen Belastung weitestgehend als Bauherr zurückzog, übernahmen diese Rolle private Bauliebhaber.[19] Gebaut wurde in Erbpacht, auf von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellten Grundstücken. Die Aufnahme gemeindlicher Darlehen war zudem seit 1924 an die Vorschrift gekoppelt nur einheimische Unternehmen und Handwerker zu beschäftigen.[20] So nutzte die Stadtgemeinde die Bautätigkeit neben der Beseitigung des Wohnraummangels zudem als Beschäftigungsprogramm und zur Förderung der heimischen Bauwirtschaft. In der Anfangsphase wurde den Bauherren auch zusätzlich Unterstützung durch das Stadtbauamt gewährt. So konnte man sich die Baupläne durch das Stadtbauamt erstellen lassen, Hilfe bei der schwierigen Beschaffung von Baumaterialien, sowie der Weiterverkauf des bereits durch die Stadt eingekauften Materials zum Einkaufspreis wurde gewährt. Auch gewährte die Stadt in einigen Fällen die Nutzung des städtischen Fuhrwerks.[21] Der Stadtverwaltung, sowie den einzelnen Bauherren stand in dieser Phase der Architekt Prof. Dr. Emil Schweighart zur Seite,[22] der sowohl Entwürfe und Pläne für Bauten erstellte, als auch für die Entwicklung eines Baulinienplanes für die gesamte Stadt Wasserburg verantwortlich war.

Zeitgleich wurde der Ausbau der Infrastruktur im Burgerfeld vorangetrieben. 1922 wurde mit einer Erweiterung des Klosterwegs als Zufahrtsstaße zu den Reihenhäusern und zur späteren Siedlung begonnen. Sukzessive, der Erschließung der Baugebiete folgend, wurden die entsprechenden Straßen ausgebaut; mit der Kanalisierung des unteren Burgerfelds wurde 1924 begonnen. Damit einhergehend wurden die Straßen wie die Heilingbrunner-, Gumpeltsheimer- und Ponschabaustraße 1927 verbreitert.[23] Die rege Bautätigkeit stellte außerdem eine große Herausforderung an das bis dahin bestehende System der chronologischen Nummerierung der Häuser im gesamten Stadtgebiet dar. Mit dem Stadtratsbeschluss vom 12. April 1927 wurde ein neues System - die Nummerierung nach Straßennamen und Hausnummern - festgelegt.[24]

Doppelhäuser am Hals, um 1924

Im Gegensatz zur Bebauung und Erschließung des Burgerfelds, verlief die Siedlungstätigkeit westlich der Kernstadt ohne vorhergegangene grundlegende Planungstätigkeit. Schrittweise wurden hier größere Grundstücke in kleinere Parzellen geteilt und bebaut. Am Hals errichtete die Stadtgemeinde bereits 1921 zwei Doppelwohnhäuser, die später, wie auch bei den Bauten auf dem Burgerfeld, teilweise weiter verkauft wurden. Zudem wurden am Riedener Weg Kleinwohnungsbauten in Erbpacht errichtet. Im Gegensatz zu den Bauten auf dem Burgerfeld entstanden hier moderne Kleinsiedlungsbauten; Nutzgärten, sowie die Möglichkeit einer Kleintierhaltung waren beiderorts gegeben. Einer Statistik folgend wurden in Wasserburg im Zeitraum zwischen August 1918 und März 1927 109 neue Wohnungen errichtet. Dies entsprach 10,5% des damaligen Gesamtbestandes.[25]

1928 errichtete die Stadt an der Rosenheimer Straße die sog. Herdersiedlung. Das städtische Kleinfamilienhaus bot begrenzten Platz für sechs Familien, denen auf dem normalen Wohnungsmarkt kein oder nur schwierig Wohnraum vermittelt werden konnte. Die Baumaßnahme wurde zugleich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme genutzt, eingestellt für den Bau wurden Arbeitslose nach Höhe ihrer Kinderzahl und nach Dauer in der Arbeitslosen- und Kriegsfürsorge.[26]

Blick auf das Burgerfeld mit Innwerkssiedlung, um 1937

Bis Mitte der 1930er Jahre konzentrierte sich die Bautätigkeit auf das Schließen bestehender Lücken in den beiden Siedlungsgebieten. Dann traten zwei auswärtige Akteure auf den Plan, die die Besiedelung auf der rechten Innseite vorantrieben: zum einen der Bau der Innstaustufendurch die Innwerk AG, zum anderen die Errichtung der Heimstättensiedlung am Dobl. Zwischen 1935 und 1938 errichtete die Innwerk AG das erste Laufwasserkraftwerk am Inn zur Stromgewinnung.[27] Für die im Kraftwerk beschäftigten errichtete die Innwerk AG in den folgenden Jahren eine eigene Wohnsiedlung am Ende der Ponschabaustraße, gleichzeitig durchschnitt die für den Transport des Stroms notwendige Hochspannungsleitung das für spätere Bebauung gedachte Burgerfeld und beeinflusste damit die spätere Planungs- und Bebauungstätigkeit.

(Tektur-)Bebauungsplan der Siedlung Innerer Dobl 1937 (1939)
Blick auf die Siedlung Innerer Dobl, um 1950

Ab 1936 konkretisierte sich erstmalig ein von einem auswärtigen, gemeinnützigen Bauträger getragenes Bauprojekt: die Siedlung Innerer Dobl. Die Oberbayerische Heimstätte mit Sitz in München plante südlich der Rosenheimer Straße eine Siedlung mit zunächst 25 Kleinwohnhäusern, Nutzgärten und der Möglichkeit einer Kleintierhaltung, die nach Bedarf um zehn Häuser erweitert werden konnte. Diesem Projekt vorausgegangen waren Arrondierungen seitens der Stadt, um neue zusammenhängende Siedlungsgebiete ausweisen zu können. Der Grundbesitz der Stadt war zu diesem Zeitpunkt nahezu erschöpft. Für das Siedlungsprojekt am Dobl konnte größtenteils Besitz der Hl. Geistspitalstiftung getauscht werden.

Strittig während der Planungsphase war erneut der Baustil. Während die Vertreter der Stadt einen der Bebauung im Burgerfeld angepassten Baustil mit flachem Dach favorisierten, hielten ihn die am Entscheidungsprozess beteiligten Stellen - das Staatsministerium des Inneren und die Deutsche Arbeiterfront (DAF) - für althergebracht und den veränderten Lebensbedingungen und Ansprüchen nicht entsprechend.[28]Um den Baubeginn nicht weiter zu verzögern lenkte die Stadt ein, die einheitlich geplanten Häuser erhielten ein steiles Satteldach. Diese Einheitlichkeit gehört zu den grundsätzlichen Merkmalen des Kleinsiedlungsbaus nach 1933. Die von den Staats- und Parteistellen geforderten siedlungspolitischen Ziele der Dezentralisierung des Städte und der Wiederverwurzelung der Bevölkerung mit der Scholle manifestierten sich außerdem in der Herstellung eines vorindustriellen, dörflich anmutenden Charakters. Mittel dazu war die Gestaltung eines verkehrsberuhigten Angers als gemeinschaftlichen sozialen Treffpunkt.[29] Auch die Siedlung Innerer Dobl weist diese städtebaulichen Bezugspunkte auf.

Ausblick: Siedlungsplanung für die Nachkriegszeit

Mit dem Kriegseintritt 1939 kam der Wohnungsbau aufgrund eines allgemein verhängten Neubauverbots zum Erliegen.[30] Bereits im gleichen Jahr wurde erneut mit einer Überplanung des noch unverbauten Gebiets im Burgerfeld und in der Burgau begonnen. Auf Grundlage des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten (1933/1938)[31] sollte ungeordnete Siedlungstätigkeit unterbunden werden, mit einem Wirtschaftsplan - der Vorläufer des heutigen Flächennutzungsplans - wurden bestimmte Nutzungen für Gebiete festgeschrieben. Ziel war die Ausweisung geeigneter Siedlungsflächen zur systematischen Besiedelung auch bevölkerungsarmer Gegenden. In Wasserburg richtete sich zunächst der Fokus auf die unverbauten, aber bereits durch den Generalbaulinienplan von 1925 erschlossenen Flächen im unteren Burgerfeld, die zudem bereits kanalisiert und mit einer Wasserleitung versehen waren.[32] Von der Ortsplanungsstelle beim Regierungspräsidenten in München wurde die Erstellung des Wirtschaftsplanes koordiniert.[33] Die Bebauung des Gebietes sollte erst nach Beendigung des Krieges in Angriff genommen werden, im überlieferten Plan der Ortsplanungsstelle vom 25. April 1939 waren zwei Reihenhäuser mit elf Wohnungen vorgesehen, der später im Bebauungsplan (Oktober 1940) des Kreisbauamts um zwölf Bauplätze für Einfamilienhäuser erweitert wurde.[34]


Empfohlene Zitierweise:
Angelika Oettl, Altstadt, Burgerfeld, Wuhr/Tegernau, publiziert am 11.10.2023 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Altstadt,_Burgerfeld,_Wuhr/Tegernau (03.05.2024)


  1. Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler Wasserburg a.Inn.
  2. Vgl. dazu: Martin Geiger, Wasserburg am Inn. Ein geschichtlicher Abriss (Heimat am Inn 1), 1984, 43.
  3. Klaus Fehn, Die Siedlungsraumtypen, in: Alois Schmid (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte, IV, 2, 2007, 37 - 71, 45.
  4. Clemens Zimmermann, Suburbanisierung. Die wachsende Peripherie, in: Tilman Harlander (Hg.), Villa und Eigenheim. Suburbaner Städtebau in Deutschland, 2001, 50 - 63, hier: 58.
  5. Tobias Mahl, Landsitze Münchner Bürger (19./20. Jahrhundert), in: Historisches Lexikon Bayerns, URL:>https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Landsitze_Münchner_Bürger_(19./20._Jahrhundert) (19.11.2018)
  6. https://www.kneippverein-wasserburg-inn.de/kneipp-bad-wasserburg.html (19.11.2018)
  7. Zur Villenbaugesellschaft siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2564 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Villenbaugesellschaft, 1908 - 1910). Zur Auflösung siehe Wasserburger Anzeiger 1913, Nr. 53.
  8. Martin Geiger, Dampfroß ohne Feuer. Ein Eisenbahnbau in Oberbayern (Heimat am Inn 3), 1982, 175, 177.
  9. Siehe Ines Müller, Durch Fürsorgelasten überbürdet.Die Stadt Wasserburg während der Weltwirtschaftskrise 1928 bis 1933, in: Heimat am Inn 28/29 (2008/2009), 2010, 187 - 273, hier 229, die auf eine Beilage des Stadtratsprotokolls vom 16.10.1929 verweist. Neben der Wohnungsbaupolitik bemühte man sich in den 1920er Jahren die Verbesserung der Infrastruktur.
  10. Während die Festsetzung der Mietpreise und Kündigungen weiterhin über das Mieteinigungsamt abgewickelt wurden. Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519 (= II. Alte Registratur, Amtsbücher/Rechnungsbücher, Stadtrat: Städtisches Wohnungsamt, 1919 - 1930).
  11. Zu Zahl der Wohnungsvormerkungen: siehe Schreiben vom 3.1.1922 des Stadtrats Wasserburg an das Bezirksamt Wasserburg, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2441 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Reihenhäuser auf dem Burgerfeld, 1921 - 1925). Zur Wartezeit: Stadtrat Wasserburg an die Oberbayerische Überlandzentrale A. G. Rosenheim, Wohnungszuweisung Schleheider, Schreiben vom 13.7.1922, StadtA Wasserburg a. Inn, II 1519.
  12. Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtbauamt: Baukostenzuschüsse, 1918 - 1927, 1929 - 1930).
  13. Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 798 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Städtischer Wohnungsbau, 1914, 1919-1926, 1929, 1933 - 1936).
  14. Siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtbauamt: Bebauungsplan, 1920 - 1921).
  15. Siehe allgemein Der Kampf um die Eisenbahn
  16. Aufgrund des fehlenden Planmaterials, liegt eine Verortung auf der Grundlage der Beschreibung dieser größeren Grundstücke oberhalb der Ponschabaustraße nah. Siehe Bebauungsplan mit Siedlungsplan (undatiert),StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567.
  17. Bayerischer Landesverein für Heimatschutz, Bebaungsplan für Wasserburg a/Inn, Gutachten vom 13.04.1921, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2567. In einem späteren Schreiben zur Siedlung am Dobl weist Bürgermeister Baumann darauf hin, dass seitens der Staatsregierung (nicht näher definiert) diese Bauweise verlangt wurde: Bürgermeister Baumann an die D.A.F., Kreisverwaltung Wasserburg, Heimstättensiedlung in Wasserburg, Schreiben vom 22.12.1937, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2540 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Errichtung einer Wohnsiedlung Innerer Dobl durch die Oberbayerische Heimstätte GmbH, 1936 - 1941, 1943 - 1947).
  18. Diese Reihenhäuser werden oft als Beamtenwohnungen bezeichnet. Zunächst hatte die Stadt einen sog. Reichsarbeitgeberzuschuss für die Häuser erhalten; im Gegenzug waren die Wohnungen Beamten zu überlassen. Die Stadt zahlte diesen Zuschuss Ende 1922 wieder zurück und verkaufte einige Wohnungen. Dazu zum Beispiel Stadtrat Wasserburg, Beschluss vom 24.05.1922, Aktennotiz, 26.05.1922; ders., Beschluss vom 21.12.1922, Aktennotiz, 22.12.1922. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2441.
  19. Seit 1925/26 ermöglichte eine kontinuierliche staatliche Föderung, deren Grundlage die Erhebung der Hauszinssteuer war, eine rege Bautätigkeit. Die staatliche Bauförderung Anfang der 1920er Jahre war mit der stetigen Verteuerung der Baukosten durch die Inflation zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen, so Ulrike Harendel, Ulrike Haerendel, Wohnungspolitik (Weimarer Republik), in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Wohnungspolitik (Weimarer Republik)> (4.12.2018). In Wasserburg zeugen die Akten der ab 1922 erbauten Doppelwohnhäuser von dieser massiven Kostenspirale. Im Oktober 1923 musste der Bau zeitweilig eingestellt werden, weil keine Löhne mehr bezahlt werden konnten. So StA Wasserburg a. Inn, II 824 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat/Stadtbauamt: Doppelwohnhäuser im Burgerfeld, 1923 - 1926, 1929 - 1930).
  20. Beschluss des Stadtrates Wasserburg vom 31.07.1924, s. Aktennotiz StadtA Wasserburg a. Inn, II 2693. Hierzu gab es öfters Streitigkeiten, s. z.B. Schriftverkehr zur Gewährung eines Baudarlehen 1927, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2533 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Zuschüsse zum Bauvorhaben Wilhelm Götter, 1927 - 1928).
  21. Siehe z.B. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2301 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat, Stadtbauamt: Hausakt Riedener Weg 3 (Alte Hausnummer 300 1/3), 1921, 1923), Beschluss des Stadtrats vom 25.05.1921.
  22. Zudem Mitglied des Bayerischen Landesvereins für Heimatschutz und Enkel des ehemaligen Wasserburger Bürgermeisters Josef Schweighart.
  23. Hierzu StadtA Wasserburg a. Inn, II 395 (= II. Alte Registratur, Alten: Stadtrat: Straßen im Burgerfeld, 1921 - 1930).
  24. StadtA Wasserburg a. Inn, II 3101 (= II. Alte Registratur, Amtsbücher/Rechnungsbücher, Stadtrat: Stadtratsprotokoll, 1927), 57.
  25. Siehe Wolfgang Stäbler, Weltwirtschaftkrise und Provinz. Studien zum wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wandel im Osten Altbayerns 1928 bis 1933 (=Münchener Historische Studien, Bd. 14), Kallmünz 1992, 90, Tabelle 65.
  26. Siehe Stadtrat Wasserburg, Beschluss des Stadtrats Wasserburg vom 27.09.1928 zur Errichtung eines Kleinwohnhauses, Aktennotiz, 28.09.1928, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2447 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Die Wohnbaracke an der Rosenheimer Straße, 1927 - 1930).
  27. Geiger, Wasserburg (wie Anm. 1) 47. Das Kraftwerk sollte das erste einer geplanten Kette von Kraftwerken sein, die der Aluminiumverhüttung in Töging Strom zuführen sollten.
  28. Schriftverkehr dazu siehe StadtA Wasserburg a. Inn, II 2540 (wie Anm. 16). Zitat aus: Staatsministerium des Inneren an das Bezirksamt Wasserburg, Siedlungsvorhaben der Oberbayerischen Heimstätte G.m.b.H. München in Wasserburg, Schreiben vom 30.11.1937.
  29. Tilman Harlander, Suburbanisierung. Zwischen Reagrarisierung und Evakuierung, in: ders., Villa und Eigenheim. Suburbaner Städtebau in Deutschland, 2001, 268-283, hier 270 f.
  30. Harlander, Suburbanisierung (wie Anm. 28), 255.
  31. Ministerialentschluss vom 23.01.1941 für Wasserburg siehe Landrat an den Bürgermeister der Stadt Wasserburg, Vollzug des Gesetzes über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten, Schreiben, 15.02.1941. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2538 ( II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Wirtschaftsplan (Städtebauliche Raumordnung) der Stadtgemeinde Wasserburg am Inn, 1940 - 1942, 1946 - 1948).
  32. StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531.
  33. Aktennotiz vom 08.05.1941 betreffend die Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531. Gleichzeitig sollte die Ortsplanungsstelle auch eine Regelung über die Vergütung mit dem Innwerk über die Schaffung von Ersatzwegen treffen, die durch die Stromtrasse notwendig wurden.
  34. Bürgermeister Baumann an den Landrat, Bebauung des Burgerfeldes in Wasserburg am Inn, Schreiben, 08.05.1941, StadtA Wasserburg a. Inn, II 2531 (= II. Alte Registratur, Akten, Stadtrat: Die Bebauung des Burgerfeldes, 1924 - 1925, 1927, 1930, 1938 - 1941, 1943). Darin steht auch der Vermerk mit dem Baubeginn nach Kriegsende. Im Akt ist ein Aufteilungs- und Bebauungsplan für das Nordwestliche Burgerfeld (dat. 25.04.1939) und eine Änderung (dat. 05.03.1940) enthalten.