Lateinisches Schulhaus
Autor: Gerald Dobler
Lateinisches Schulhaus, später Mesnerhaus, (Kirchhofplatz 3)
Einführung
Ein Schulmeister wird in Wasserburg zum ersten Mal um 1250 genannt. (Brunhuber, Geschichte, 7) Die Schule stand, wie in dieser Zeit üblich, in engster Verbindung mit der Stadtpfarrkirche St. Jakob, da an jeder größeren Kirche auch eine Schule angesiedelt war. (Brunhuber, Beiträge 1912, 1) Ab dem Ende des 14. Jahrhunderts ist dann auch eine Bruderschaft der Schüler nachweisbar ("Schülerzeche"), die im 17. Jahrhundert in die Allerseelenbruderschaft überging. (Brunhuber, Geschichte, 7) In das Jahr 1434 fällt die erste Erwähnung eines Schulhauses, das neben der Jakobskirche angesiedelt war. (Brunhuber, Geschichte, 8. Dies ergibt sich daraus, dass ein Knecht arme Schüler, die in der Schule übernachteten, "auf dem Friedhof um die Pfarrkirche herumjagte".) 1447 werden in der Baurechnung der Stadtpfarrkirche 200 Kacheln (Ofenkacheln?) für die Schule genannt. (Brunhuber, Geschichte, 9) 1490 werden eine alte und eine neue Schule genannt. Zumindest eine der beiden Schulen, aber eher wohl beide befanden sich im Bereich der späteren Lateinschule, da als Lage in diesem Jahr an der Friedhofsmauer zur Schmidzeile angegeben wird. (Brunhuber, Geschichte, 9) 1556 wird erstmals explizit ein lateinischer Schulmeister genannt. (Brunhuber, Geschichte, 9) Um 1560 hatte dieser 30 Schüler und wurde im Pfarrhof verpflegt. (Brunhuber, Geschichte, 10) Der "Tisch" im Pfarrhof endete 1618. (Brunhuber, Geschichte, 12) Der lateinische Schulmeister war neben seiner Unterrichttätigkeit auch für den Chor der Pfarrei zuständig ("Chorregent"). (Brunhuber, Geschichte, 11) 1562 verfasste der Wasserburger Stadtphysikus Leonhard Alber eine verbesserte Schulordnung für die Lateinschule, nach dem Muster der Schulordnung Philipp Melanchtons. (Brunhuber, Geschichte, 10) Um 1560 werden neben dem lateinischen erstmals auch vier deutsche Schulmeister genannt, die zusammen in eigenen Räumen 88 Schüler unterrichteten. (Brunhuber, Geschichte, 13, 16) Im Gegensatz zu den deutschen Schulmeistern, die selbstständig arbeiteten, wurde der lateinische von der Stadt besoldet.
Geschichte / Baugeschichte
Ein Pfarrhof wird zum ersten Mal 1416 in einer Kaufurkunde zum Nachbargebäude erwähnt. [1] 1496/97 erfolgte ein Neubau (Ziegelbau) unter der Leitung Wolfgang Wisers. [2] 1592 erneuerte der Maler Christoph Faber einen Wappenlöwen, ob an einer Wand oder an einem Ausstattungsteil, ist nicht bekannt. [3] 1604 wurde ein Brunnen gebaut, für den die restlichen Steine aus dem Bau des Salzstadels Verwendung finden sollten. [4] 1626 wird eine "cammer des obern stübels an den saal" erwähnt, die die Corporis Christi-Bruderschaft innehatte und in der sie zumindest einen Teil ihres Archives verwahrte. [5] 1630 wurde ein Bad eingerichtet. [6] 1812 erfolgten Reparaturen am Pfarrhof für 400 fl. 26 x. Dabei wurden Zimmer für die beiden Hilfspriester hergestellt. [7] 1843 wurde der Pfarrhof renoviert. [8] 1905 war eine Trockenlegung des Pfarrhofs und der Einbau von Toiletten geplant. [9] 1951 erfolgte ein größerer Umbau des Pfarrhofs, bei dem zwei Mansardwohnungen für die beiden Kooperatoren ausgebaut wurden, [10] 1952/53 folgten Umbauten im Keller des Pfarrhofes, [11] 1957 offenbar eine Außenrenovierung. [12] 1961 baute man einen Tank und eine unterirdischen Leitung für die Heizung der Pfarrkirche ein, 1975 wurde der Heizkanal neu angelegt. [13]
Baubeschreibung
Der Pfarrhof (alte Hausnummer 99) ist ein mächtiges, etwa in Ost-West-Richtung orientiertes rechteckiges Gebäude mit zwei Vollgeschossen über einem hohen Sockel, hinter dem sich der Keller verbirgt, und einem hohen, steilen Krüppelwalmdach. Der Haupteingang befindet sich in der Mitte der Südseite, dahinter liegt eine mittige Erschließung in Nord-Süd-Richtung. Die unterschiedliche Form der Kellergewölbe - im östlichen und mittleren Teil ein verputztes vierjochiges Kreuzgratgewölbe mit einem mächtigen Mittelpfeiler und gefasten Gurtbögen, im westlichen Teil zwei unverputzte Tonnengewölbe aus Ziegeln in Ost-West-Richtung - lässt vermuten, dass der mittlere und östliche Teil des Kellers noch aus der Zeit vor 1496/97 stammt. Ansonsten ist der Bau weitestgehend noch im Zustand von 1496/97 erhalten: im Erd- und Obergeschoss jeweils mit einem Saal im Südwesten, mit einem beide Geschosse übergreifenden Bodenerker an der Südseite und beschnitzten Balken-Bohlendecken über Unterzügen. Die meisten übrigen Räume in den beiden Geschossen besitzen einfache Balken-Bohlen-Decken, der südöstliche Raum im Erdgeschoss eine beschnitzte Decke in der Art der Saaldecken, nur die beiden östlichen Räume im Obergeschoss jüngere Kassettendecken des 17. Jahrhunderts. Ein Raum nördlich des Saals im Erdgeschoss weist schließlich ein Tonnengewölbe auf, es handelt sich wohl um die frühere Küche.
Quellen
StadtA Wasserburg a. Inn, II948.
StadtA Wasserburg a. Inn, II681.
Kirmayer, Chronik.
Literatur
Brunhuber, Beiträge zur Geschichte der lateinischen Schule Wasserburg.
Brunhuber, Dokumente zur Schulgeschichte Wasserburgs.
Brunhuber, lateinische und deutsche Schule Wasserburg.
Empfohlene Zitierweise:
Gerald Dobler, Lateinisches Schulhaus, publiziert am 30.01.2021 [=Tag der letzten Änderung(en) an dieser Seite]; in: Historisches Lexikon Wasserburg, URL: https://www.historisches-lexikon-wasserburg.de/Lateinisches_Schulhaus (31.10.2024)
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- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, I1a48, Kaufurkunde, 19.7.1405: ihr Haus und Hofstatt in Wasserburg, welches zwischen dem Pfarrhaus St. Jakob und dem Haus des Abtes am Friedhof von St. Jakob liegt.
- ↑ Nadler, St. Jakob, 83f., unter Berufung auf StadtA Wasserburg a. Inn, I2c22, Kirchenrechnung 1496 und StadtA Wasserburg a. Inn, I2c23, Kirchenrechnung 1497; Kirmayer, Chronik, Bd. 1, 1496 u. 97, unter Verweis auf Wasserburger Anzeiger 1884 Nr. 27; Kirmayer, Chronik, Bd. 24, 144. Peter v. Bomhard datierte das Gebäude in der heutigen Gestalt nach Kirmayer in das 16. oder frühe 17. Jh. Die Denkmalliste gibt um 1496 an.
- ↑ Nadler, St. Jakob, 102, unter Berufung auf StadtA Wasserburg a. Inn, I2c74, Kirchenrechnung 1592.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, II948.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, I2b166.
- ↑ Nadler, St. Jakob, 125, unter Berufung auf die Kirchenrechnung 1633.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, II726, Schreiben vom 16.2.1813.)
- ↑ Kirmayer, Chronik, Bd. 1, 1843, 14. Juni, unter Verweis auf Hübschmann "Schreibkalender 1843".
- ↑ Kirmayer, Chronik, Bd. 1, 1905, 21. Dezember, unter Verweis auf Wasserburger Anzeiger 1905 Nr. 146.
- ↑ Kirmayer, Chronik, Bd. 24, 144.
- ↑ StadtA Wasserburg a. Inn, V620.
- ↑ Kirmayer, Chronik, Bd. 4, 16.5.1957.
- ↑ Nadler, St. Jakob, 32f., 336, 341.